DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-10-2025 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.10.2025 um 10.30 UTC



Milde, hochdrucklastige Südwestlage sorgt für ruhiges Herbstwetter
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 06.11.2025


Am Sonntag, dem 02. November liegen wir auf der Vorderseite eines recht scharfen
Troges, der von Ostengland bis zu den Balearen reicht. Ihm vorgelagert ist ein
wellendes Frontensystem, wobei nahezu ganz Deutschland inzwischen auf der kalten
Seite in einer erwärmten Meereskaltluft angekommen sein sollte (T850 etwas über
0°C). Die Welle liegt im Bereich Niederbayern, Tschechien, Österreich und mündet
südwärts in Tief über Oberitalien. Infolge der Windscherung bekommt die Front
Anacharakter und es regnet von Baden-Württemberg bis zur Oder teils kräftig und
längere Zeit. Postfrontal folgen im Trogbereich aus Westen neben Auflockerungen
einzelne Schauer oder kurze Gewitter nach bei einem mäßigen Wind aus Süd bis
Südwest. Die Höchstwerte liegen zwischen knapp 10°C im Dauerregen und rund 15°C
bei etwas Sonne.

In der kommenden Woche stellt sich die Wetterlage um, wofür sich auch der
zerstörerische Ex-Hurrikan MELISSA mitverantwortlich zeichnet. Dieser erreicht
zum Wochenbeginn als außertropisches Orkantief das Seegebiet südwestlich von
Island und pumpt einen Schwall subtropischer Warmluft (eher advektiv, die
Warmluft im Kern ist relativ schnell aufgebraucht) via Britische Inseln gen
Südskandinavien und fördert so einen Potentialanstieg über Mitteleuropa sowie
als unmittelbare Folge ein Abtropfen des Troges vom Sonntag über Österreich. Was
mit diesem im weiteren Verlauf passiert, ist noch reichlich unsicher (stationär,
süd- oder ostwärts ziehend), ist für das Wettergeschehen bei uns aber spätestens
ab Dienstag irrelevant.

Während es am Montag vor allem im Osten Bayerns und am Erzgebirge noch etwas
regnen kann, zeigt sich sonst neben lockeren Wolkenfeldern schon länger mal die
Sonne. Die Frontalzone kann lediglich mal das Nordseeumfeld streifen, was sich
in wenigen Tropfen, aber vor allem auffrischenden Südwestwind mit teils
stürmischen Böen über der offenen See bemerkbar macht. Bei den Höchstwerten
ändert sich zunächst kaum etwas. Sie liegen meist zwischen 10 und 15°C. In der
Nacht zum Dienstag muss bei Aufklaren im Süden lokal mit leichtem Frost
gerechnet werden. Sonst liegen die Frühwerte meist zwischen 9 und 3°C.

Bis zum Ende der Mittelfrist - vermutlich sogar bis zum Ende der Woche
(erweiterte Mittelfrist) ändert sich an der vielfach antizyklonal geprägten
Südwestlage wenig. Schubweise gelangt dabei im Grenzschichtniveau mildere Luft
zu uns, wobei die T850er zeitweise auf >10°C ansteigen können. Aufgrund der
vielfach schwachen, ageostrophisch bedingt süd- bis südöstlichen bodennahen
Strömung ist aber fraglich, ob die Erwärmung auch bis zum Boden durchschlagen
kann. In den Alpen besteht an latentes Föhnpotential, meist aber auf die
Gipfellagen beschränkt. Sollte er doch einmal durchbrechen, sind rasch 20°C am
Alpenrand erreicht. Allgemein gesprochen ändert sich am Temperaturniveau jedoch
wenig. Die Sonne zeigt sich bis auf den Nordwesten (der immer mal von
herannahenden, aber sich dann rasch abschwächenden Tiefausläufern gestreift
wird) längere Zeit. Mit Verschärfung der Inversion steigt aber auch gerade in
Flussniederungen die Nebel- und Hochnebelneigung allmählich an, wobei wir im
November zu einer Jahreszeit angelangt sind, wo sie sich nicht mehr überall
auflösen werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Auch wenn der Umgang mit dem Cut-Off über Österreich von Lauf zu Lauf sehr
unterschiedlich bewertet wird, für Deutschland steht der Fahrplan halbwegs mit
einem wechselhaften Start mitsamt Trogpassage und dem nachfolgenden Aufbau der
milden, antizyklonal geprägten Südwestströmung.

Ob es aus Nordwesten wirklich mal ein Ausläufer der Frontalzone zu uns hinein
schafft (wie vor allem im gestrigen 12z Lauf für Donnerstag nächster Woche
simuliert, in Ansätzen auch noch im 0z Lauf von heute zu sehen), ist sehr
fraglich und selbst wenn, dürfte das kaum größere Regenmengen zur Folge haben.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Es zeichnen sich modellübergreifend 2 Problemfelder ab. Zum einen der Umgang mit
Ex-Hurrikan MELISSA als steuerndes Zentraltief und neuen Randtiefentwicklungen
an der Südflanke sowie zum anderen der Cut-Off über Österreich und dem Balkan.
Glücklicherweise liegen wir dabei zwischen den Systemen, so dass die
Modellunterschiede weniger relevant für den Wetterablauf bei uns sind, der sich
immer mehr hin zu kleinräumigen Grenzschichtprozessen
(Nebel-/Hochnebelproblematik) verlagern dürfte.

Einigkeit besteht auch darin, dass es für den Nordwesten allenfalls kleinere
Streifschüsse gibt, die sich mehr mehrschichtiger, hochbasiger Bewölkung und in
Sturmböen an der Nordsee als in Regenfällen äußern.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Nach einem erneuten vorübergehenden Abfall nach Trogpassage in der Nacht zum
Montag mit Werten nahe 0°C pendeln sich die 850er Temperaturen mit leicht
zunehmender Unsicherheit im milden Bereich zwischen +5 und +10°C ein im Laufe
der nächsten Woche. Die Niederschlagssignale nehmen dabei deutlich ab, je
schneller und nachhaltiger je weiter man in den Süden und Osten Deutschlands
schaut.

CLUSTER:
Alle 3 gebildeten Cluster im Mittelfristzeitraum zeigen den zaghaften, aber
stetigen Aufbau eines flachen Rückens über Mitteleuropa, der sich zum Ende der
Mittelfrist (nächsten Do) etwas amplifiziert und mit seiner Achse etwas ostwärts
Richtung Ostsee und Baltikum schwenkt.

Damit stellt sich unweigerlich die Frage, ob in der erweiterten Mittelfrist die
Strömung "lediglich" aufsteilt oder allmählich wieder der Weg für atlantische
Tiefausläufer freigemacht wird? Die Verteilung der Member der zwei Cluster sowie
die Verteilung der möglichen Wetterregime spricht aktuell eher leicht für
Variante 1 - also einer Fortdauer des meist trockenen und ruhigen Herbstwetters.



FAZIT:
Nach durchwachsenem Start am Sonntag steht bis auf weiteres recht ruhiges und
mildes Herbstwetter ins Haus. Dazu scheint gebietsweise auch mal längere Zeit
die Sonne und es bleibt trocken, nur der Nordwesten wird zeitweise von schwachen
Tiefausläufern gestreift, was von Zeit zu Zeit zu Böen bis Sturmstärke auf den
Nordseeinseln führt. Zur Wochenmitte nimmt allerdings auch die Neigung zu teils
zähen Nebel- und Hochnebelfeldern zu. Leicht föhnig sind am Alpenrand und an den
Nordrändern der Mittelgebirge bis 20°C möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


DAUERREREGN:
Am Sonntag gibt es an den Alpen geringe Signale (sämtliche Ensembleverfahren mit
10-20%) für Dauerregen mit Mengen knapp oberhalb der Warnschwelle von 30 l/m²
binnen 24 Stunden. Die Schneefallgrenze liegt anfangs noch über 2000 m und sinkt
bis Montagfrüh bei gleichzeitig abklingendem Niederschlag auf rund 1200 m ab.
Interessant ist, dass der EFI auch für Lagen bis Unterfranken und in die Lausitz
hinein (schleifende Front) anspringt, dies aber weder von den deterministischen
Modellprognosen als auch von den übrigen Ensembles gestützt wird.

STURM:
Im Zuge der nahen Frontalzone über der Nordsee kommt aus auf einigen
Nordseeinseln (insbesondere Helgoland und Sylt) immer mal wieder zu einzelnen
stürmischen Böen Bft 8 aus Südwest bis Süd. Schwerpunkt ist der späte Montag und
die Nacht zum Dienstag, wo auch einzelne Sturmböen Bft 9 nicht ausgeschlossen
sind.
Auch die Alpengipfel können leicht föhnig ab Dienstag zeitweise auf Sturmböen
anspringen.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen