DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-10-2025 17:30
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.10.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Kommende Nacht Kaltfrontpassage, am Donnerstag vor allem in der Nordosthälfte
klassisches Rückseitenwetter.
Auf den Bergen stürmische Böen bzw. Sturmböen, an den Küsten am Donnerstag
vorübergehend stürmische Böen. In der Nordosthälfte tagsüber einzelne Gewitter
mit Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... hat sich an der Südflanke eines Höhentiefkomplexes über Nordwest-
und Nordeuropa hierzulande eine mehr oder weniger zyklonale West- bis
Südwestlage eingestellt mit einer zunehmend mäandrierenden Frontalzone, die
inzwischen bis weit nach Osteuropa reicht. Darin eingebettet, überquert in der
kommenden Nacht ein bis zur Iberischen Halbinsel amplifizierender Höhentrog
Frankreich und die Nordsee und greift in den Frühstunden des Donnerstags auf den
Westen des Vorhersagegebietes über. Somit dreht die Höhenströmung nach
Durchschwenken eines flachen Rückens auf Südwest zurück und nimmt eine zunehmend
diffluente Kontur an. Entsprechend kann unmittelbar vorderseitig durch PVA
markante dynamische Hebung generiert werden, die ab der zweiten Nachthälfte
zunehmend auch im Vorhersagegebiet wirksam werden kann und anfangs auch durch
WLA gestützt wird.
So klar sich die Geopotenzialverteilung in der Höhe darstellt - bei Betrachtung
der Bodenfelder ergibt sich aufgrund einer recht einheitlichen Luftmasse, was
wiederum die Frontenanalyse erschwert, über West- und Mitteleuropa ein anderes,
deutlich diffuseres Bild. Dabei hat sich das heute für weite Teile des Landes
wetterbestimmende Zwischenhoch inzwischen vom Alpenraum nach Südosteuropa
zurückgezogen und wir gelangen auf die Vorderseite eines Tiefs ("LOTHAR") über
der nördlichen Nordsee. Das Tief interagierte im Tagesverlauf zunehmend mit
einem wellenden Frontenzug eines sich im Einflussbereich des Rückens inzwischen
weitgehend aufgefüllten Tiefs über Südfinnland. Dieser verlief anfangs noch
weitgehend zonal ausgerichtet über die Mitte Deutschlands hinweg, hat sich aber
inzwischen bei großräumiger WLA zumindest über dem Vorhersagegebiet aufgelöst.
Mit Annäherung des oben genannten Höhentroges konnte sich aber weiter westlich
über dem Süden der Britischen Inseln entlang der Front eine weitere Welle
etablieren, die inzwischen als Kaltfront an Tief "LOTHAR" angedockt hat. Diese
Kaltfront schleift und verwellt aktuell über der Deutschen Bucht, wobei die
präfrontale Hebung für eine Intensivierung der schauerartigen Regenfälle im
Frontbereich sorgt, die inzwischen auch zumindest das nördliche Nordfriesland
streifen.
Damit nicht genug: Kräftige Hebung vorderseitig des südlichen Trogbereiches im
Zusammenspiel mit der Orographie haben zur Ausbildung einer weiteren
Frontalwelle geführt, die aktuell bereits auf Zentral- bzw. Nordfrankreich
übergegriffen hat. Im Laufe der Nacht kommt letztere nordostwärts voran und
bremst zunächst die Kaltfront weiter nördlich über der Deutschen Bucht ein, ehe
sie mit ihr interagiert und letztendlich von ihr inkludiert wird. Unser
Nordseetief füllt sich dabei vor der Südwestküste Norwegens auf, allerdings
etabliert sich im Laufe der zweiten Nachthälfte im Lee des Norwegischen
Küstengebirges bei gleichzeitiger Interaktion mit der Frontalwelle rasch ein
weiteres Tief, das morgens in etwa im Bereich des Kattegats aufschlägt und mit
einem scharfen Bodentrog ausgestattet ist.
Vor allem in der ersten Nachthälfte schleift die Kaltfront noch längere Zeit
über der Deutschen Bucht, vor allem in Nordfriesland kann es auch mal kräftiger
regnen. Die aktuellen Läufe simulieren die intensivsten Niederschläge allerdings
ein wenig weiter nördlich als die Früh- und Vormittagsläufe, so dass fraglich
ist, ob dort (am ehesten auf Sylt und an der Grenze zu Dänemark) die
Warnschwellen für Dauerregen überhaupt erreicht werden.
Im Westen und Südwesten Deutschlands setzen bereits präfrontal bzw. mit
Annäherung der Welle von Frankreich im Laufe der ersten Nachthälfte ebenfalls
Regenfälle ein, im Südschwarzwald kann es dann auch kräftiger regnen. Im
weiteren Verlauf, wenn der Inklusionsprozess der Welle abgeschlossen ist und der
Trog nah genug heranrückt, nimmt die Kaltfront dann deutlich an Fahrt auf und
erfasst bereits in den Frühstunden die Osthälfte und den Südosten bzw. Süden
Bayerns. Die höchsten Mengen fallen im Nordwesten, Westen und Südwesten, wobei
es auch im Südschwarzwald modelltechnisch in Staulagen Signale für ein
kleinräumiges Überschreiten der Warnschwellen für Dauerregen gibt. Sonst fallen
meist 5 bis nahe 15 l/qm, in einigen Lee-Lagen etwas weniger, in Staulagen ein
wenig mehr. Nach Osten zu kommen aufgrund der höheren Zuggeschwindigkeit der
Front nur noch geringe Mengen an, in der Oberlausitz und am Alpenrand (hier
bleibt es noch länger föhnig) bleibt es gebietsweise noch trocken. Postfrontal
lockern die Wolken morgens im Westen und Südwesten wieder auf und es bleibt
trocken.
Warntechnisch von Relevanz ist einmal mehr der Wind. Der Gradient verschärft
sich mit der Zyklogenese über der westlichen Nordsee und der Annäherung bzw.
Passage des Bodentroges deutlich. Vor allem mit Frontpassage kann es auch mal in
tiefen Lagen die ein oder andere steife Böe geben, wobei der Wind von Südsüdwest
auf West bis Nordwest dreht. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge ist
häufiger mit stürmischen Böen und Sturmböen zu rechnen, auf dem Brocken kann es
auch schwere Sturmböen geben.
An den Alpen weht anfangs noch der Föhn mit Sturmböen um Süd auf den Bergen. Im
Laufe der zweiten Nachthälfte und morgens sollte er dann von West nach Ost
zusammenbrechen, dann kann es in den Gipfellagen Sturmböen, exponiert kurzzeitig
auch schwere Sturmböen aus West geben.
Im Südosten Bayerns bleibt es noch länger gering bewölkt, so dass es dort
gebietsweise auf unter 5 Grad abkühlt. Ansonsten liegen die Minima meist
zwischen 11 und 6 Grad.

Donnerstag ... passiert der nach wie vor scharf konturierte Trog bis zum frühen
Nachmittag bereits das gesamte Vorhersagegebiet ostwärts. Es folgt ein kräftiger
Höhenrücken, der sich - gestützt durch WLA vorderseitig eines sich über dem
nahen Ostatlantik knapp westlich von Irland etablierenden zentralsteuernden
Sturmtiefs - über den Britischen Inseln nordwärts aufwölbt und bis zum Abend
nach Frankreich bzw. zur Nordsee vorankommt. Somit stellt sich über dem
Vorhersagegebiet eine nordwestliche Höhenströmung ein und vor allem über dem
Westen und Süden des Landes steigt der Luftdruck durch das Absinken kräftig und
bis zum Abend verlagert das neue Hoch "URMI" seinen Schwerpunkt von Frankreich
nach Bayern. Tief "LOTHAR" hingegen zieht ohne großartige Intensitätsänderung
(Kerndruck um 990 hPa) weiter zur mittleren Ostsee. Mit dem kräftigen
Druckanstieg kann sich vor allem über der Nordosthälfte des Landes der Gradient
vorübergehend deutlich verschärfen und der Wind frischt auch in den Niederungen
deutlich aus westlichen Richtungen auf. Von NRW bis nach Oberfranken und
nordöstlich davon gibt es verbreitet steife, in freien Lagen bzw. in Schauernähe
auch einzelne stürmische Böen (Bft 7 bis 8). An den Küsten muss häufiger mit
stürmischen Böen gerechnet werden, vor allem an der Ostsee bei auflandigem Wind
auch mit Sturmböen. Ebenso gibt es in den Kamm- und Gipfellagen vor allem der
nördlichen, östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge, anfangs auch der Alpen
stürmische Böen und Sturmböen, auf dem Brocken anfangs einzelne schwere
Sturmböen. Im Südwesten und in den Niederungen Süddeutschlands spielt der Wind
warntechnisch voraussichtlich keine großartige Rolle, und bereits am späten
Nachmittag beginnt der Gradient auch weiter nordöstlich allmählich aufzufächern,
so dass der Wind langsam abflaut.
Mit dem Trog gelangt in den Norden und Osten auch ein Schwall höhenkalter Luft
(-25 bis -28 Grad in 500 hPa, um 0 Grad oder knapp darunter in 850 hPa). Diese
ist aber nur mäßig labil geschichtet mit einer sehr schmalen Labilitätsfläche.
Somit fällt vormittags im Nordosten, Osten und Südosten vorübergehend noch
schauerartiger Regen, der bis zum frühen Nachmittag Richtung Polen abgezogen
sein sollte, danach entwickeln sich dann aber nur noch einzelne Schauer, am
ehesten von Niedersachsen/Schleswig-Holstein bis nach Brandenburg/Vorpommern.
Vereinzelte kurze Graupelgewitter können nicht ausgeschlossen werden; bei 40 bis
50 kn in 850 hPa sind dann auch stürmische Böen bzw. Sturmböen möglich.
Im Westen und Süden setzt sich dagegen neben lockeren Quellwolken (markante
Absinkinversion meist um 800 bis 850 hPa) häufiger auch mal die Sonne durch und
es bleibt trocken. In der einströmenden erwärmten Polarluft, die zudem gut
durchmischt ist, erreichen die Höchsttemperaturen Werte zwischen 12 und 16 Grad,
im Bergland darunter, am Oberrhein darüber.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken langsam über das
Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, das Bodenhoch verstärkt sich weiter und
verlagert seinen Schwerpunkt mit etwa 1020 hPa nach Tschechien bzw. zur
Slowakei. Tief "LOTHAR" zieht weiter ins Baltikum und beginnt sich aufzufüllen,
so dass der Gradient auch im Nordosten auffächert und der Wind weiter abflaut.
Spätestens im Laufe der zweiten Nachthälfte ist er dann auch an der
vorpommerschen Ostseeküste und auf dem Brocken nicht mehr warnrelevant.
Währenddessen greift ein erstes, teilokkludiertes Frontensystem des Zentraltiefs
nordwestlich von Irland auf die Britischen Inseln über. Vorderseitig setzt auch
über dem Westen und Nordwesten des Vorhersagegebietes Druckfall ein und der Wind
dreht in höheren Lagen bzw. im Bereich der Deutschen Bucht auf südliche
Richtungen zurück, weist aber keine Warnrelevanz auf.
Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Auch im Nordosten lockern die
Wolken mehr und mehr auf, im Westen und Nordwesten ziehen mit der zunehmenden
WLA hohe und mittelhohe Wolken auf, es bleibt aber trocken. Dazwischen ist es
oft gering bewölkt, nach Südosten zu auch klar, wobei sich in einigen
Niederungen Nebelfelder ausbreiten. Im Nordwesten, Nordosten sowie am
Niederrhein liegen die Minima wohl meist zwischen 8 und 5 Grad, an den Küsten
auch darüber. Sonst kühlt es auf 5 bis 0 Grad ab, in einigen Senken,
Mittelgebirgs- und Alpentälern gibt es leichten Frost.

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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... gibt es gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht keine
signifikanten Änderungen. Ein ruhiger und vor allem im Süden und Osten außerhalb
teils zäher Nebelfelder auch recht sonniger Tag steht ins Haus, während über den
Westen und Norden Wolkenfelder ziehen, die am Nachmittag/Abend im Emsland und an
der Nordsee vielleicht auch ein paar Regentropfen bringen. Der Wind kommt in den
Niederungen nur schwach aus Südost, frischt in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie über der Nordsee böig auf, ist aber voraussichtlich nicht
warnrelevant, erst in der Nacht zum Samstag könnte er es exponiert eventuell
werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung steht außer Frage und auch im Detail ergeben sich keine
signifikanten Modellunterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff