Thema des Tages

29-10-2025 14:50


Wetter aktuell

Rekordschneefälle in Reykjavík



Am gestrigen Dienstagmorgen wurde in der isländischen Hauptstadt
Reykjavík die höchste Schneehöhe im Oktober seit Beginn der
Wetteraufzeichnungen gemessen. Mehr dazu und zum Klima in dieser
Region erfahren Sie im heutigen Thema des Tages.



Während das Wetter bei uns in Deutschland aktuell eher unspektakulär
und schmuddelig verläuft, geht es in anderen Regionen der Welt
aktuell ordentlich zur Sache. Über den extrem heftigen Hurrikan
MELISSA, der Jamaika verheerende Verwüstungen brachte, wurde an
dieser Stelle bereits berichtet. Doch auch anderswo war das Wetter in
den letzten Tagen sehr ungewöhnlich. Ein Beispiel sind die für die
Jahreszeit ungewöhnlichen Schneefälle im Südwesten Islands. Wie der
isländische Wetterdienst "Veðurstofa Íslands" verkündete, wurde am
gestrigen Dienstag, den 28. Oktober 2025, in der isländischen
Hauptstadt Reykjavík mit weitem Abstand die höchste Schneedecke seit
Beginn der dortigen Wetteraufzeichnungen aus dem Jahre 1921 gemessen.
Stolze 27 cm wurden um 9 Uhr Ortszeit von einer Mitarbeiterin des
Wetteramts per Hand gemessen. Der bisherige Oktober-Rekord von 15 cm
liegt schon über 100 Jahre zurück und wurde am 22.10.1921 gemessen,
gefolgt von 13 cm am 13.10.2013. Auch am etwa 40 km südwestlich
gelegenen internationalen Flughafen Keflavík wurde mit 18 cm eine
beachtliche Schneedecke gemessen, der Rekord von 25 cm vom 29.10.2005
wurde dort aber nicht ganz erreicht.

Ursache für die ungewöhnlich heftigen Schneefälle war ein günstiges
Zusammenspiel von mehreren Tiefs. Bereits am vergangenen Samstag zog
knapp südlich von Island ein Tief ostwärts. Auf dessen Rückseite
konnte aus Norden arktische Kaltluft nach Island einfließen. Ein
zweites Tiefdruckgebiet zog am Montag auf einer ähnlichen Zugbahn
ostwärts, sodass die Kaltluft über Islands nicht ausgeräumt werden
konnte. An diesem Tief war noch ein kleines Randtief gebunden, das
feuchte Atlantikluft in den Südwesten Islands führte, die auf die
dort liegende Kaltluft traf. Durch die Hebung des Randtiefs konnte
die Atlantikluft aufgleiten, was in der Folge zu heftigen
Schneefällen in dieser Region führte.

Vielleicht vermag es Sie verwundern, dass es sich bei einer
vermeintlich so niedrigen Schneedecke in einem Land im hohen Norden
bereits um einen Allzeitrekord handelt. Daher werfen wir einen Blick
auf die dortigen Klimabedingungen. Island ist zwar bekannt für sein
raues Klima mit teils heftigen Schneefällen, die in Kombination mit
Sturm mitunter für Blizzard-artige Bedingungen sorgen.
Straßensperrungen wegen hohen Schneeverwehungen sind auf Island im
Winterhalbjahr daher an der Tagesordnung. Island ist aber auch stark
vom warmen Golfstrom beeinflusst, sodass es im Vergleich zu anderen
Regionen in ähnlichen Breiten auf Island vergleichsweise mild ist.
Gerade der Südwesten Islands, wo auch die Hauptstadt des Landes
liegt, ist im Winter eine klimatisch eher milde Region.

Kommt die Luft dort aus Südwesten, sind selbst im Winter deutliche
Plusgrade keine Seltenheit. Daher sind sogar die Wintermonate
Dezember bis Februar im Südwesten Islands oft tagelang schneefrei.
Ein Bespiel war der diesjährige Februar. Eine scheinbar nicht enden
wollende Folge von zahlreichen Orkantiefs schaufelte beständig milde
Meeresluft nach Island, sodass das Land mit Ausnahme des Hochlands
zeitweise komplett schneefrei war. In diesem Monat betrug die
Monatsmitteltemperatur in Reykjavík 3,1 °C. Damit war es im Februar
dieses Jahres in Reykjavík vergleichbar mild wie zur gleichen Zeit in
den wärmsten Regionen Deutschlands. Frankfurt am Main verzeichnete
damals eine Monatsmitteltemperatur von 3,2 °C, in Köln waren es 3,8
°C. In Berlin war es mit 1,2 °C sogar rund zwei Grad kälter als in
der isländischen Hauptstadt, obwohl der Februar auch in Deutschland
mehr als ein Grad zu mild ausfiel.

Abbildung 2 verdeutlicht, dass die mittleren Temperaturen der
Wintermonate (Dezember, Januar, Februar) in Reykjavík vergleichbar
mit denen deutscher Großstädte sind. In Berlin und München weichen
die Monatsmitteltemperaturen nur wenige Zehntel Grad von denen in
Reykjavík ab; ein durchschnittlicher Januar ist in München (-1,1 °C)
sogar kälter als in Reykjavík (-0,6 °C). Nur in den wärmsten Regionen
Deutschlands, beispielsweise in Köln, verläuft der Winter im
Durchschnitt milder als im Südwesten Islands. Die Sommermonate sind
hingegen in Deutschland deutlich wärmer als auf Island.

Übrigens - auch bei den gemessenen Schneedecken-Rekorden können
deutsche Großstädte mit Reykjavík mithalten: Reykjavík: 55 cm
(18.1.1937), Berlin: 42 cm (28.12.2010), München: 73 cm (17.2.1942).


Dr. rer. nat. Markus Übel

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.10.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst