DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-09-2025 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.09.2025 um 10.30 UTC



Nach teils hochsommerlichem Wochenende mit Durchgang von Tiefausläufern
deutliche Abkühlung, dabei erhöhtes Gewitterpotenzial vor allem bezüglich
Starkregen. Danach im weiteren Wochenverlauf "High-over-Low" möglich.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 24.09.2025


Der Sommer (für die Meteorologen ist ja bereits seit dem 1. September Herbst)
gibt noch einmal kurz Vollgas und beschert Deutschland zum Wochenende hin
schweißtreibende Temperaturen bis 31 Grad. Spätestens zum kalendarischen
Herbstbeginn am 22. September 2025 am kommenden Dienstag werden die Temperaturen
aber wieder zusammengestutzt. Ob der damit verbundene Wetterwechsel "knackig"
wird, ist noch zu klären.

Ausgangspunkt ist zum Beginn der Mittelfrist am kommenden Samstag ein opulenter
Rücken, der weite Teile Kontinentaleuropas überdeckt, dessen Achse mit positiver
Neigung auf einer Linie Sardinien - Weißrussland - Nordwestrussland aber schon
östlich von uns liegt. Als Gegenspieler fungiert ein Trog westlich der
Britischen Inseln, der ebenfalls positiv geneigt ist und im Nordmeer Anschluss
zu einem Langwellentrog hat. In der südwestlichen Strömung wird warme bis heiße
Luft mit T850 hPa von 12 bis 22 Grad zu uns verfrachtet. Bodennah korrespondiert
der Trog mit einem Tief, dessen Ausläufer im Tagesverlauf bereits den Nordwesten
mit leichten Regenfällen oder ersten Gewittern touchieren.

Am Sonntag amplifiziert der Trog in Richtung Britischen Inseln bzw. Biskaya,
wobei er vom nur langsam ostwärts ziehenden Höhenrücken aufgehalten wird. Im
Zuge dessen verlagert sich das Bodentief in die westliche Nordsee, womit seine
Ausläufer langsam weiter in den Norden und Westen Deutschlands vordringen
können. In der eher noch antizyklonalen Höhenströmung bleibt die Hebung meist
überschaubar, die PPWs sind mit 30 bis 40 mm allerdings hoch, sodass
Starkregenpotenzial gegeben ist. Inwieweit der anfangs eher skalige Regen im
Tagesverlauf konvektiv wird, muss sich noch zeigen, MU-CAPE ist mit bis zu 600
J/kg nicht überbordend und die Labilität nimmt mit Ankunft der Ausläufer bereits
ab. Das höchste Gewitterpotenzial herrscht sowieso über dem Südosten
Deutschlands, wobei MU-CAPE zwar bis über 2000 J/kg erreicht, durch den starken
Deckel mit CIN-Werten von 150 bis 450 J/kg aber kaum eine Aktivierung zu
erwarten ist.

Am Montag erreicht der Trog, der zeitweise mit 2 Kernen ausgestattet ist, das
westliche Frankreich. Das Bodentief verschwindet dann zwar aus den Karten, die
Ausläufer dringen nun aber bis in den Osten und Südosten Deutschlands vor.
Erneut wird die Frage sein, wie und wo die weiterhin sehr feuchte Luftmasse
aktiviert werden kann, weil im Bereich der Ausläufer die Labilität weiterhin
geringer ist als präfrontal. Somit verbleibt das höchste Gewitterpotenzial in
Südostbayern, der Deckel ist aber nicht mehr ganz so stark wie am Vortag. Dort
könnten also die stärksten Gewitter auftreten, während sonst vor allem der
Starkregen zu beachten ist. Bei postfrontal einfließender kühlerer Meeresluft
sinken die T850 hPa auf 3 bis 7 Grad.

Am Dienstag tropft der Trog über Frankreich und der Iberischen Halbinsel ab,
dahinter wölbt sich ein neuer Rücken zu den Britischen Inseln auf und induziert
dort ein neues Bodenhoch. Während über dem Süden noch Reste der Ausläufer des
ehemaligen Tiefs liegen, ist im Nordosten im Bereich des durchschwenkenden
Trogresiduums mit Konvektion zu rechnen. Dazwischen macht sich schon ein Keil
des neuen Hochs bemerkbar.

Am Mittwoch kippt der Rücken von den Britischen Inseln in die Nordsee, womit
sich auch das Bodenhoch dorthin ausweitet. Das Höhentief wandert derweil in den
Golf von Genua und lenkt weiterhin feuchte Luft in den Süden Deutschlands. Dort
gibt es daher zeitweilige Niederschläge, während sonst der Hochdruckeinfluss
überwiegt. Die T850 hPa liegen dann nur noch zwischen 0 Grad im Norden und 6
Grad im Süden.

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag ändert sich an dem "High-over--Low"
nicht viel, die feuchte Luft kann aber voraussichtlich wieder etwas bis in die
Mitte des Landes ausgreifen. Die T850 hPa sinken in nunmehr östlicher Strömung
auf 0 bis 2 Grad.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz von EZMW ist nur bis zum Sonntag noch gut, danach zunehmend
schlechter. Sollten wir im gestrigen 0 und 12 UTC-Lauf am Montag noch im
Warmsektor des Rückens verbleiben, dringen die Ausläufer des Tiefs nun bereits
bis in den Südosten Deutschlands vor und leiten die Abkühlung daher früher ein.
Damit stellt sich auch die Frage, inwieweit Niederschläge skalig oder konvektiv
auftreten und welches Gewitter- und Starkregenpotenzial daraus resultiert. Im
weiteren Verlauf zieht das Höhentief im neuesten Lauf zum zentralen Mittelmeer
und leitet ein "High-over-Low" ein. In den beiden gestrigen Läufen verblieb es
über Frankreich und den Britischen Inseln. Der von Norden ansteigende Druck bei
nachlassenden Niederschläge ist ein Resultat davon, im Süden bleibt es aber
ähnlich wechselhaft wie zuvor. Mit der sich einstellenden östlichen Strömung ist
die Abkühlung noch deutlicher als in den Vorläufen (rund 3 bis 6 Kelvin
niedriger).
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Überraschenderweise sind sich ICON, GFS und UK10 einig, dass am Montag die
Ausläufer schneller bis in den Südosten Deutschlands vordringen, EZMW ist dabei
sogar noch am langsamsten. GFS geht auch in der Folge den EZMW-Weg mit, während
UK10 und ICON das Höhentief über Frankreich belassen. Das würde dem zunehmenden
Hochdruckeinfluss von Norden her entgegenstehen.
In der KI-Welt herrscht bis Montag Einigkeit mit dem EZMW, danach wird der Zug
des Höhentiefs unterschiedlich entwickelt. Bei FourCast ML und Aurora ML zieht
es sogar nach Deutschland, bei AIFS und Pangu-Weather in den Alpenraum und bei
GraphCast ML nach Benelux. Folglich wäre das "High-over-Low" nordwärts
verschoben und das Wetter bei uns allgemein wechselhafter.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW bestätigen für diverse Städte durch einen engen Verlauf
mit gut im Median eingebetteten Kontrolllauf den Hauptlauf. Ab Montag fällt in
T850 hPa bei sich etwas öffnenden Kurven aber auf, dass Kontrolllauf und Median
an den unteren Rand der Rauchfahnen laufen. Ob die Abkühlung also so deutlich
wird, wie vom Hauptlauf angenommen, ist noch unsicher.

CLUSTER:
5 Cluster werden von Montag 0 UTC bis Mittwoch 0 UTC benötigt (Regime am Ende
unklar), um die Unsicherheiten im Ensembleraum zu beschreiben. C1 bis C3 sind
dem Hauptlauf ähnlich, bei C4 und C5 mit insgesamt 15 Mitgliedern hängt das
Höhentief wie beim gestrigen 0 UTC-Lauf über Frankreich und Spanien zurück.
Diese Lösung ist also noch nicht ganz vom Tisch.
Zwischen Donnerstag 0 UTC und Samstag 0 UTC werden sogar die vollen 6 Cluster
ausgeschöpft. Der unklare Weg des Höhentiefs wird durch unterschiedliche
Lösungen in allen 6 Clustern deutlich, nur 13 Mitglieder in C2 weisen die
gleiche Lage wie im Hauptlauf auf. Das verleiht der Vorhersage eine größere
Unsicherheit in diesem Zeitraum.

FAZIT:
Das teils hochsommerliche Wetter am Wochenende mit Temperaturen lokal bis knapp
über 30 Grad wird durch das Vordringen von Tiefausläufern bereits ab
Samstagabend, spätestens aber bis Montagabend wieder beendet. Die feuchtwarme
Luft birgt dabei Potenzial für kräftige Gewitter und Starkregen. Die Details
dazu sind noch zu klären, die Numerik ist derzeit (noch?) eher zurückhaltend.
Die postfrontal deuliche Abkühlung hingegen ist sicher. Ob es dann im weiteren
Verlauf zu einem "High-over-Low" mit Hochdruckeinfluss im Norden und eher
tieferem Druck im Süden kommt, bleibt abzuwarten. Nicht wenige Lösungen anderer
Modelle oder Ensembles zeigen anhaltenden Tiefdruckeinfluss auch im Norden an.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER/STARKREGEN:
Von Samstag bis Montag sind im Zuge des Wetterwechsels beim Ausräumen der
feuchtwarmen Luft Gewitter zu erwarten, die angesichts hoher PPWs vor allem
Starkregengefahr bergen. Darüber hinaus deutet EFI beim CAPE, CAPE-Shear und
Niederschlag erhöhtes Potenzial für die Gewitterlage an, deren Details aber noch
zu klären sind.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler