DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
31-08-2025 17:01
SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.08.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Morgen im Osten sommerlicher Herbstbeginn. Sonst von Westen her unbeständiger
(ULRICH) mit nächtlicher Starkregengefahr ganz im Westen. Zudem einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite des hochreichenden
Zentraltiefs ULRICH, das mit unter 980 hPa im Kern (heute Mittag konnte die
Analystin noch eine 975-hPa-Kernisobare ausmachen) quasistationär dicht westlich
der Hebriden parkt. Ausgestattet ist ULRICH mit einem veritablen Potenzialtrog,
der weit nach Süden über die Iberische Halbinsel hinweg bis nach NW-Afrika
ausholt. Flankiert wird der Trog im Osten von einem Rücken, dessen Achse heute
Abend leicht bogenförmig vom westlichen Mittelmeer über die Osthälfte
Deutschlands bis ins Seegebiet westlich der Lofoten reicht. Der Rücken sorgte
heute im Verbund mit einem relativ unscheinbaren Bodenhoch für
Zwischenhocheinfluss, der sich am letzten Tag des meteorologischen Sommers
durchaus sehen lassen konnte. Vor allem im Osten und Süden schien längere Zeit
die Sonne, die die Temperatur in der gestern eingeflossenen subpolaren
Meeresluft (mPs) vielerorts auf 25°C oder etwas mehr erwärmte. Ein Ausstand nach
Maß, wenn man so will, auch wenn es nach Westen und Nordwesten hin gewisse
Abstriche zu akzeptieren gab. Grund war z.T. breitgelaufene Quellbewölkung,
teils aber auch mehrschichtiges Gewölk im Vorfeld eines okkludierenden
Frontensystems. Womit wir wieder bei ULRICH wären, dem Absender der Fronten.
Der Warmsektor ist mittlerweile getilgt, trotzdem kommt die teilokkludierte
Kaltfront nur langsam ostwärts voran. Die nahezu höhenströmungsparallele
Exposition sowie verschiedene Wellenbildungen entpuppen sich als Bremsklötze, zu
denen auch die blockierende Wirkung des nur langsam weichenden Höhenrückens
gehört. Nichtsdestotrotz, bis zum montag-morgendlichen Berufsverkehr wird sich
die Front bis in den äußerten Westen der Nation vorgekämpft haben. Schaut man
auf das prognostizierte Windfeld - die Front ist in einen solide ausgeprägten
Bodentrog bzw. in eine flache Rinne eingebettet -, liegt sie um 06 UTC etwa auf
einer Linie Wesermündung-Sauerland-Baar. Ihr unmittelbar auf den Fersen ist der
vordere Ast des Höhentrogs, in den ein Jetstreak eingelagert ist. Dieser
respektive sein rechter Eingangsbereich interagiert recht fruchtbar mit der
Kaltfront, was ein lineares, wenn auch leicht durchbrochenes Hebungsmaximum zur
Folge hat. Wahrscheinlich ist auch noch eine sehr brauchbare frontale
Querzirkulation mit am Start. Hinzu kommt eine deutliche Feuchteflusskonvergenz
im Frontbereich, welches das PPW auf 35 mm oder etwas mehr ansteigen lässt. Die
Soundings sind hochreichend gesättigt, so dass es nicht verwundert, dass im
äußersten Westen und Nordwesten ein äußerst prominentes Regenband aufschlägt. Im
Grenzbereich zu Benelux können dabei durchaus 10 bis 20, lokal um oder etwas
über 25 l/m² in 6 bis 12 Stunden zusammenkommen. Mit Unterstützung konvektiver
Verstärkungen kann lokal das mehrstündige Starkregenkriterium gerissen werden.
Für eine prophylaktische Warnung sind die numerischen Signale aber zu unscharf
(Gefahr einer zu hohen FAR), so dass entweder kurzfristig gehandelt oder in
Grenzfällen durchgewunken werden muss. Ob es am Ende vielleicht sogar für ein
kurzes Gewitter reicht, wie der Modellinterpretation von ICON-D2 zu entnehmen
ist, ist angesichts der doch eher stabilen Schichtung äußerst fraglich.
Ansonsten bliebe nur noch zu konstatieren, dass die Nacht in der gesamten
Osthälfte gering bewölkt oder klar verläuft mit wenigen Nebelfeldern.
Tiefsttemperatur: im Nordwesten um 16°C, im Südosten (Bayern) bis zu 7°C.
Montag ... füllt sich Meister ULRICH geringfügig auf, bringt kurz vorm
Mittagessen aber immer noch etwas unter 985 hPa auf die barische Waage. Dabei
nähert er sich etwas den Hebriden an, von echter Bewegung kann aber nicht die
Rede sein. Da ist der Südteil des Höhentrogs etwas mobiler, verlagert er sich
doch über die Biskaya und die Iberische Halbinsel hinweg in Richtung
Frankreich/westliches Mittelmeer. Dort, genauer vor der Ostküste Spaniens bzw.
unweit der Balearen wird bereits in der Nacht beginnend ein flaches Tief
generiert, das im Tagesverlauf Korsika und Sardinien ansteuert. Dabei kommt es
im erweiterten Grenzbereich zwischen Frankreich und Italien sowie in Teilen der
Süd-/Südostschweiz (Schwerpunkt Tessin) zu kräftigen, mit Gewittern durchsetzten
Regenfällen.
Bei uns hingegen nimmt die Intensität der Regenfälle gegenüber der Nacht
vorübergehend ab. Der Jetstreak schwächt sich ab, was die Zusammenarbeit mit der
nur langsam nach Osten vorankommenden Front zunehmend erschwert. Hinzu kommt
leichte KLA oberhalb etwa 850 hPa, welche die Front überlagert sowie ein
rückseitig nachstoßender Bodenhochkeil. Kurzum, das Regenband beginnt auf seinem
Weg nach Osten zu schwächeln, vor allem nach Süden hin in Teilen sogar
auseinanderzubröseln. Starkregen ist dann kein Thema mehr, es sei denn, dass am
Nachmittag aus der Schweiz und dem Vorarlberg heraus einige gewittrige Schauer
den Weg auf deutsches Hoheitsgebiet finden (konkret Oberschwaben/westliches
Oberbayern) finden, was immer wieder angedeutet wird, aber auch weiterhin
unsicher ist.
Trocken sowie über weite Strecken auch sonnig bleibt es bis zum Abend präfrontal
zwischen Vorpommern und Erzgebirge/Zittauer Gebirge sowie im östlichen Bayern.
Dort erwärmt sich die Luft ungeachtet des ersten meteorologischen Herbsttages
auf satte 26 bis 29°C (T850 um 13°C). So warm wird es im Westen freilich nicht,
was am dortigen Luftmassenwechsel liegt. In der frisch einfließenden maritimen
Subpolarluft (mPs) geht T850 auf etwas unter 10°C zurück, was am Ende für 19 bis
23°C reicht. Nach Abzug des Regenbandes lockert die Wolkendecke auf, so dass es
zeitweise einstrahlen kann. Das führt zu einer leichten Labilisierung der
frischen Meeresluft. Bis zum Nachmittag werden wenige hundert Joule pro
Kilogramm CAPE generiert, die vor allem mit Hilfe des Tagesgangs in einzelne
Schauer oder kurze Gewitter umgesetzt werden. Bei mäßiger Labilität und Feuchte
aber guter Scherung dürften die Gewitter im einfachen bis markanten Bereich
anzusiedeln sein (max. Böen 7-8 Bft, mit geringer Wahrscheinlichkeit lokaler
Starkregen um 20 l/m² wegen pomadiger Zuggeschwindigkeit der Zellen).
In der Nacht zum Dienstag schiebt sich der Höhentrog noch etwas dichter an den
Vorhersageraum heran, was in der mittleren und oberen Troposphäre eine
lupenreine Südströmung induziert. Derweil ziehen Bodenfront und Rinne ostwärts
aus Deutschland raus (nur im Süden hinkt die Front noch etwas hinterher), was
den Wind im unteren Troposphärenbereich auf westliche Richtungen drehen lässt.
Dadurch stellt sich eine leidliche Gegenstromsituation mit Anafrontcharakter
ein, die im Osten bis zum Morgen gebietsweise 5 bis 10, lokal bis 15, im
Westerzgebirge vielleicht sogar bis zu 20 l/m² Regen produziert. Noch etwas mehr
könnte örtlich im Süden, vornehmlich südlich der Donau fallen, wo das in
Richtung Oberitalien ziehende Tief peripher mitmischt. Stellenweise besteht dort
Starkregengefahr, wahrscheinlich ungewittrig.
Ansonsten lockert die Bewölkung von Westen her auf, Schauer oder Gewitter fallen
kaum noch (am ehesten im Südwesten). Hier und da bildet sich Nebel. Die
Tiefstwerte liegen meist zwischen 15 und 10°C. Nur im Osten sowie direkt an der
See bleibt es etwas milder.
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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
Dienstag ... siehe Frühübersicht.
Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundsätzlichen Abläufe werden modellübergreifend weitgehend kongruent
abgebildet. Dass bei einer derart undynamischen Lage mit schleifener/wellender
Front und nur langsam nachrückendem Höhentrog Unschärfen im Timing und der
genauen räumlichen Positionierung der beteiligten Systeme auftreten, ist
handelsüblich. Auffällig ist die sehr offensive Gewitteraffinität von ICON-D2 in
der subjektiven Wetterinterpretation. So sind die für morgen früh im Westen
apostrophierten Gewitter angesichts der Rahmenbedingungen (kaum Labilität, auch
abgehoben nicht) mehr als fraglich. Andere Modelle jedenfalls, darunter auch das
hauseigene ICON-Nest, favorisieren nicht-elektrischen Regen.
Und noch was, die 12-stündigen RR-Prognosen für die kommende Nacht im Westen
wurden von beiden ICONen inkl. des EPS nach oben korrigiert. Das Maximum
betrifft einen schmalen Korridor, der von der Eifelregion über das Rheinland bis
hoch ins Emsland reicht. Strichweise werden hier 25 bis 35, lokal um 40 l/m²
innert 12 h angeboten.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann