DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-07-2025 17:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.07.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
In der Nacht von der südlichen Mitte bis in den Südosten weitere Schauer und
Gewitter, teils in Verbindung mit Starkregen und Sturmböen, anfangs lokal
Unwetter durch Starkregen nicht ausgeschlossen. Am Donnerstag und Freitag
Schwerpunkt der Schauer und Gewitter im Norden, Osten und Südosten.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... reicht eine Geopotentialrinne von Grönland und dem Nordostatlantik
über Schottland und ME hinweg bis nach Russland. Darin eingelagert ist ein
abgeschlossenes Höhentief mit Kern aktuell über dem Osten Deutschlands. Es wird
sich in der kommenden Nacht nur sehr langsam weiter ostwärts Richtung Polen
verlagern. Im Bodendruckfeld findet sich eine umfangreiche Tiefdruckzone über
Osteuropa bzw. dem östlichen ME, in die mehrere flache Tiefkerne eingebettet
sind und deren Einfluss bis nach Deutschland reicht. An dessen Westflanke ist
mit einer nordwestlichen bis westlichen Strömung Meeresluft zu uns eingeflossen.

Im Bereich des Höhentiefs und hochreichend labiler Kaltluft haben sich heute bei
CAPE-Werten von wenigen hundert J/kg mit Ausnahme des äußersten Nordens vermehrt
Schauer und Gewitter entwickelt. Mit Weiterziehen des Höhentiefs und einem daran
gekoppelten Randtrog wird sich der Schwerpunkt der Schauer- und
Gewittertätigkeit nun von der Mitte in Richtung südliche Mitte und weiter
Richtung Süden und dort insbesondere Richtung Bayern verlagern. Bei PPW Werten
zwischen 20 und knapp 30 mm und nur geringer Zuggeschwindigkeit ist dabei
weiterhin Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit möglich. In Schauerstraßen oder
beim Verclustern von Schauern sind punktuell auch unwetterartige Regenmengen um
30 mm in kurzer Zeit nicht ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeiten
diesbezüglich nehmen seitens I-D2 EPS aber am Abend und in der Nacht deutlich
ab. Hinzu kommt aber, dass an der Südflanke des Höhentiefs und somit über dem
Süden deutlich mehr Dynamik vorzufinden ist. Zum einen verläuft dort vom Westen
bis in den Süden ein gut ausgeprägtes Jetmaximum. Dieses interagiert mit der
feuchten Luftmasse und reichlich Scherung in den unteren Schichten, sodass bei
organsierterer Konvektion auch Sturmböen Bft 8 bis 9 auftreten können. Dabei ist
insbesondere eine Linie im Fokus, die sich aktuell (Stand 18:30 MESZ) über
Franken gebildet hat und mittlerweile bis in die Pfalz reicht. Sie läuft in ein
Gebiet mit mehr Einstrahlung hinein, sodass dort mit entsprechender
Durchmischung auch die erwähnten Sturmböen als Begleiterscheinung auftreten
könne. Das HKN liegt zwar nicht gar so tief, dennoch sind bei erhöhter Scherung
einzelne Tornadoentwicklungen nicht ausgeschlossen.
Mit Vorankommen der Niederschläge in der Nacht in Richtung Südostbayern und
Alpenrand kann es durch Staueffekte und einer recht strömungsparallelen Zugbahn
zu teils länger anhaltendem, schauerartig verstärktem und anfangs sicherlich
noch gewittrigem Regen kommen. Die höher auflösenden Modelle und I-D2 EPS deuten
etwa vom Münchner Raum bis zum östlichen Alpenrand auf Regenmengen zwischen 25
und 35 mm in 6 bis 9 Stunden hin, sodass dort über die Ausgabe einer länger
laufenden markanten Gewitterwarnung nachgedacht werden kann.
Ein weiterer Randtrog schwenkt von der Ostsee kommend in den äußersten Norden
und Nordosten Deutschlands, sodass dort nach kurzer Wetterberuhigung ausgangs
der zweiten Nachthälfte wieder schauerartiger Regen aufkommt. Eventuell reicht
es in Küstennähe für ein kurzes Gewitter.
In den weiteren Landesteilen setzt sich schwacher Hochdruckeinfluss durch und es
kommt zu einer Wetterberuhigung. Gebietsweise lockert die Bewölkung auch mal
größer flächig auf.
Der Druckgradient fächert wieder auf und der Wind lässt im Süden nach, wobei er
ohnehin unter den Erwartungen geblieben ist. Scheinbar hat bislang doch die
Durchmischung nicht ausgereicht, bzw. bleiben die Böen abgesehen vom Bergland an
die Konvektion gekoppelt. Einzig im Alpenvorland könnte der Wind durch einen
Leitplankeneffekt nochmal böig auffrischen. Die Temperatur sinkt auf 15 bis 8
Grad ab.

Donnerstag ... zieht das Höhentief noch ein Stückchen weiter südostwärts
Richtung Slowakei, vor allem der Norden und Osten verbleiben aber im
Einflussbereich des Höhentiefs. Dabei schwenkt der Randtrog, der dann im
Bodendruckfeld mit einer flachen Tiefbildung über Nordostdeutschland verbunden
ist, vom Norden im Tagesverlauf über den Osten Deutschlands hinweg. Damit
verbunden sind meist kleinere Regengebiete, die gerade zum Nachmittag hin im
Norden mit dem Aufbau von etwas CAPE auch in gewittrige Schauer übergehen
können. Mit reichlich feuchter Luft (PPW 30 bis 40 mm), die von Norden
landeinwärts gebracht wird, ist dann Starkregen wahrscheinlich, lokal bei
langsamer Verlagerung bis in den Unwetterbereich. Dabei deuten ICON und IFS auf
einen Korridor von Schleswig-Holstein über Sachsen-Anhalt bis nach Thüringen und
Sachsen hin, wo der meiste Niederschlag fallen soll. IFS zeigt sogar regional
Hinweise auf markante Mengen im Bereich Sachsen-Anhalt/Sachsen. ICON-EU ist
zurückhaltender. I-D2 EPS zeigt aber erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Mengen
über 20 mm in 6 Stunden, sogar ansatzweise für > 35 mm, allerdings im Raum
Schleswig-Holstein, Hamburg, nordöstliches Niedersachsen. GFS und UK10
prognostizieren den Schwerpunkt ohnehin weiter östlich. Insofern sind bezüglich
der Schwerpunkte also noch einige Unsicherheiten vorhanden.
Relativ sicher ist aber, dass sich im Westen und Süden mit Hoch EDELTRAUD
schwacher Zwischenhocheinfluss durch- bzw. fortsetzt. Dabei handelt es sich
genau genommen um einen Keil des Azorenhochs. Von der Nordsee über den Westen
bis in den Süden bleibt es meist trocken. Ausgenommen sind der Osten/Südosten
Bayerns, wo das Höhentief mit etwas Regen noch seine Finger im Spiel hat.
Besonders von der Eifel bis nach Oberschwaben zeigt sich auch längere Zeit die
Sonne.
Im äußersten Westen und Südwesten sind Höchstwerte zwischen 25 und 27 Grad zu
erwarten, sonst zwischen 19 und 24 Grad.

In der Nacht zum Freitag sorgt das Höhentief vor allem im Osten für weitere
Niederschläge, die aber allmählich von Norden nachlassen und sich in Richtung
Sachsen und Nordostbayern zurückziehen. Bis Freitagfrüh können im Stau des
Erzgebirges lokal 10 bis 15 mm in 12 Stunden fallen, sonst sind die Mengen
geringer. Sonst bleibt es unter dem Einfluss von EDELTRAUD trocken, teils ist es
klar. Die Tiefstwerte liegen unter dichteren Wolken bei 18 bis 12 Grad, bei
längerem Aufklaren vor allem im Südwesten sinkt die Temperatur auf 12 bis 8 Grad
ab.

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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... ergeben sich zur Frühübersicht keine signifikanten Unterschiede. Der
Norden und Osten verbleiben unter zyklonalem Einfluss mit Schauern und einzelnen
Gewittern. Die genaue Niederschlagsausprägung wird aber von den Modellen noch
unterschiedlich vorhergesagt. Richtung Westen und Süden bleibt es wie
beschrieben bei viel Sonne überwiegend trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundsätzliche Wetterentwicklung wird von den Modellen ähnlich gesehen. Im
Detail ergeben sich nach wie vor ab Donnerstag noch Unterschiede hinsichtlich
der Position des Höhentiefkerns, was wiederum Auswirkungen auf die
Niederschlagsschwerpunkte hat, wie oben im Text bereits beschrieben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger