DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-07-2025 16:01
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.07.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Wechselhaft und sommerlich warm. Bei Gewittern vor allem lokal Starkregengefahr,
regional auch mehrstündiger Starkregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... ist das Bodentief GABRIEL im Begriff die Oder zu überqueren und
macht es sich die Kurzfrist über in Norddeutschland bequem. GABRIEL ist an ein
Höhentief gekoppelt, dessen Einzugsgebiet der Feuchte wahrlich als umfangreich
beschrieben werden kann. Im geschichteten Produkt des niederschlagbaren Wassers
(PW) erkennt man für den Bereich 600 hPa aufwärts eine Feuchteschliere, die sich
vom Höhentief über das östliche Weißrussland südwärts bis in den Bereich
Irak/Aserbaidschan/Turkmenistan erstreckt und mit PW Anomaliewerten bis 200% zur
Klimatologie aufwartet. Diese Feuchte wird zwar auf ihrem langen Weg wiederholt
durch Konvektion und teils auch Durchmischung abgeschwächt, sorgt aber weiterhin
zentrumsnah von GABRIEL für PW Werte um 30 mm - ausreichend für Starkregen dank
nur geringer Zellverlagerung (06Z/12Z Lindenberg mit PW von rund 33 mm). Neben
einem breiteren Aufgleitschirm, der mittlerweile die Mitte von Deutschland
erreicht hat (13Z), richtet sich der Fokus nun mehr auf die zentrumsnahe
Konvektion. Trotz dichter Bewölkung ist die Luftmasse geringfügig labil, sodass
die Niederschläge lokal konvektiv verstärkt, hier und da auch gewittrig
ausfallen. Die hochaufgelösten Modelle heben dabei 6-std. das Potenzial für
punktuelle Mengen von 25 bis 35 l/qm im Nordosten hervor. Dies wird aber nur im
Nowcast zu bewarnen sein. Ansonsten fallen bis heute Abend grob zwischen
Elbe/Spree und Fichtelgebirge 6-std. Mengen zwischen 5 und regional 15 l/qm.
Jeder Liter ist hier willkommen und sollte auch bei der Bandbekämpfung helfen.
Regional wurde bereits eine Dauerregenwarnung ausgegeben, die sicherlich hier
und da noch von Gewitter- und/oder Starkregenwarnungen flankiert wird.

Abgesehen davon gestaltete sich der Tag dank kompensatorischem Absinken im
Westen und Süden der Republik freundlich oder sonnig und meist trocken. Hier
quillt es zwar teils stärker, meist ist aber noch vor der Vereisungsphase
Schluss, was einerseits durch lokale AMDARs, andererseits durch wasserdominante
Wolken im RGB Wolkentyp hervorgehoben wird. Zum Abend reicht es von der Südpfalz
bis zur Fränkischen Alb für einzelne schwache Schauer, östlich der Alb in
Richtung Fichtelgebirge/Oberpfälzer Wald fallen die Schauer nicht nur kräftiger,
sondern lokal/kurzzeitig auch mal gewittrig aus, dank einer besseren
Grenzschichtfeuchte. Schwache Scherung und geringe Labilität dürften diese
Gewitter aber meist nur kurz aufflammen lassen.

Die abendlichen Werte liegen im stark bewölkten und häufig verregneten Osten bei
15 bis 18 Grad und sonst je nach Sonnenanteil im Süden und Westen zwischen 22
und 27 Grad, mit den höchsten Abendwerten am Oberrhein. Der West bis
Nordwestwind weht meist nur mäßig bis frisch, im Umfeld der Ostsee teils auch
böig (Bft 6 bis 7). Küstennah ist noch bis in die Nacht eine Böenwarnung gültig.


In der Nacht zum Sonntag ändert sich nicht viel an der Ausgangslage. GABRIEL
zieht ganz gemächlich in Richtung Ruppiner Land/Havelland und bringt, gefüllt
mit feuchter und leicht labiler Luftmasse, weitere, teils konvektiv verstärkte
Regenfälle. Bei unveränderten PW-Werten dürfte sich einzig die kaum vorhandene
Labilität hemmend gegen ein größeres Regenereignis auswirken, sodass die meisten
Modelle in der Fläche inhomogen verteilte 5 bis 15 l/qm in 12 Stunden andeuten.
Man darf sich aber nichts vormachen - Nowcast ist die Nacht über von größerer
Bedeutung, denn kleinräumig können stationäre Schauer oder zusammenwachsende
Regengebiete auch mal für 20 bis 30 l/qm in wenigen Stunden gut sein, was auch
Berlin betreffen kann. Die Platzierung möglicher Schwerpunkte hängt aber von
Feinheiten ab, die jetzt noch nicht absehbar sind, teils auch erst durch die
Nachmittagskonvektion vorbereitet werden. AROME hebt zentrumsnah um Berlin hohe
Mengen hervor, liegt aber damit recht alleine und ist auch in sich von Lauf zu
Lauf sehr inkonsistent. Die meisten anderen Modelle fokussieren etwas mehr den
südwestlichen Quadranten von GABRIEL, der sich vor allem in Richtung
Sachsen-Anhalt, Thüringen bis Sachsen ausbilden soll. Hier wird regional etwas
mehr Labilität aufgebaut und bei recht strömungsparalleler Verlagerung der
Schauer und einzelnen Gewitter sind regional Starkregenmengen nicht
ausgeschlossen. ICON RUC hebt vor allem Thüringen mit 6-std. Mengen lokal bis 30
l/qm hervor, ICON-D2 eher den Bereich der Leipziger Tieflandsbucht, aber auch
hier gilt - Konsistenz sieht anders aus. Unter dem Strich sollte man in der
Nacht im gesamten Nordosten und Osten regional auf eine mehrstündige
Starkregenwarnung gefasst sein.

Ansonsten verläuft die Nacht im Westen recht bewölkt, im Süden meist klar und
trocken bei Tiefstwerten zwischen 16 und 8 Grad (die höchsten Minima im Norden,
die niedrigsten im Umfeld er Schwäbischen Alb). Der Wind weht schwach bis mäßig
um das Bodentief herum und die Böen aus Nord bis Nordost im Umfeld der Ostsee
schwächen sich allmählich ab.


Sonntag ... wabert GABRIEL weiter nach Westen und dürfte zum Abend im Umfeld der
Lüneburger Heide/Wendland aufschlagen. Großartig muss GABRIEL jetzt nicht mehr
auseinandergenommen werden, ändert sich doch an den Ausgangsbedingungen nur sehr
wenig.

Somit baut sich im Tagesverlauf etwas Labilität im Norden und auch zentrumsnah
von GABRIEL auf (MUCAPE bis 400 J/kg, PW um 30mm und sehr geringer
Zellverlagerung), sodass lokal Starkregen der Hauptfokus sein sollte. Allerdings
fällt innerhalb der Deterministik, wie auch in den Ensembleverfahren eine eher
zurückhaltende Herangehensweise auf, was neben der bereits von Konvektion
durchwälzten (und dank Freisetzung latenter Wärme stabilisierten) mittleren
Troposphäre auch an einer etwas stabiler geschichteten Luftmasse innerhalb der
Grenzschicht liegen dürfte, die aus Nordost herangeführt wird. Regional ist aber
an mesoskalig ausgeprägten Windkonvergenzen Starkregen nicht ausgeschlossen.

Ein Streifen über der östlichen Mitte (Thüringen ostwärts) dürfte ein regionaler
Schwerpunkt für einige Gewitter sein dank etwas Labilität und der Passage einer
schwachen Höhenwelle peripher des Höhentiefs. Diese Gewitter werden wohl dank
schwacher Scherung nur von kräftigem Regen und Windböen begleitet.

Daran anschließend wird grob zwischen Main und Donau ein freundlicher und
trockener Sonntag erwartet.
Südlich der Donau sickert aus Südwest im Tagesverlauf jedoch eine immer
feuchtere und labil geschichtete Luftmasse ein (MUCAPE um 1000 J/kg,
hochreichende Scherung 10 bis 15 m/s), allerdings zeigt die aktuelle Numerik
hauptsächlich inneralpine Konvektion mit Streifschüssen am direkten Alpenrand.
Bei kräftigen Zellen können neben Hagel und Starkregen auch einzelne stürmische
Böen ein Thema sein. Innerhalb der Ensembleverfahren springen jedoch einige
Member auf einzelne Gewitter im Umfeld des Schwarzwaldes und der Schwäbischen
Alb an und ID2 entwickelt doch einige kräftige Gewitter, die ostwärts ins
südliche Bayern ziehen. Ein lokales Unwetter (besonders durch Starkregen) kann
nicht ausgeschlossen werden.

Die Maxima liegen im Norden dank der Bewölkung meist zwischen 20 und 24 Grad und
sonst über der Mitte und dem Süden zwischen 25 und 31 Grad, mit den höchsten
Werten in Richtung Oberrhein, Südpfalz und Rhein-Main Gebiet.

In der Nacht zum Montag driftet GABRIEL unter Auflösungserscheinungen nach
Norden in Richtung Kieler Bucht. Somit ziehen sich die zahlreichen Schauer über
Norddeutschland immer weiter zur Küste zurück, lokal Starkregen (markant) ist
hier und da noch möglich (neben einzelnen Gewittern im Umfeld der Kieler Bucht).
Ansonsten verläuft die Nacht überwiegend aufgelockert bewölkt oder klar und
trocken. Ausgangs der Nacht verdichtet sich die Bewölkung im Südwesten erneut
und nachfolgend sind teils kräftige Schauer und erste Gewitter besonders
zwischen Eifel und Pfalz sowie aus der Schweiz heraus nicht ausgeschlossen (bei
PW um 30 mm ist der Starkregen der Hauptfokus). Die Minima liegen zwischen 17
und 12 Grad.

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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... hat sich GABRIEL endgültig nach Dänemark verabschiedet und wir
gelangen auf die Vorderseite eines Troges über Nordwesteuropa und somit in den
Zustrom feucht-warmer Luftmassen. 850 hPa Temperaturwerte von 15 bis 17 Grad
beeinflussen dabei besonders Süddeutschland. Hochreichende Scherung bis 15 m/s
und 800 bis 1500 J/kg MUCAPE sind ausreichend für einen aktiven Gewittertag im
Süden, der in der Früh im Südwesten beginnt und sich im Süden bis in die erste
Nachthälfte erstreckt. Auslöser für die Gewitteraktivität dürfte eine
Kurzwellenpassage sein, die bereits zur Mittagszeit die Mitte und den Süden
komplett erfasst und zügig weiter nach Osten zieht. Wiederholt sollten sich
teils kräftige Gewitter entwickeln mit einer Mischung aus pulsierenden Zellen
und Multizellen. Bei einem niederschlagbaren Wassergehalt um 30 mm steht
weiterhin der Starkregen im Fokus, wenngleich nun aber auch Hagel und stürmische
Böen dank zunehmender Scherung und Dynamik ein Thema sein sollten, sodass etwas
häufiger die Ausgabe einer Unwetterwarnung zu erwarten ist. ICON hebt regional
auch recht günstige Bedingungen für organisierte Konvektion hervor (MUCAPE um
2000 J/kg mit ausreichend hochreichender Scherung), aber diese Feinheiten lassen
sich wohl erst mit Annäherung an das Ereignis herausarbeiten.

Im Norden entwickeln sich bei häufigem Sonnenschein im Tagesverlauf einige
Schauer und kurze Gewitter, die besonders den Nordosten betreffen, allerdings
aus heutiger Sicht recht kurzlebig und schwach ausfallen.

Anders sieht es zum Abend im Westen aus, wo ebenfalls eine feucht-labile
Luftmasse herangeführt wird und unter den linken Auszug eines kräftigen
Höhenjets über Südengland/Nordfrankreich gelangt. Somit nimmt auch hier die
Gewitteraktivität im Verlauf des späten Nachmittags immer weiter zu und betrifft
bis zum Abend wohl den ganzen Westen. Starkregen, lokal Hagel und stürmische
Böen sind zu erwarten.

Die Maxima liegen meist zwischen 24 und 29 Grad und der Wind kommt mäßig bis
frisch aus Südwest, im Nordosten aus West bis Nordwest.

In der Nacht zum Dienstag im Westen weitere, teils kräftige Schauer und Gewitter
mit Starkregenpotential, ggf. auch Ausbildung eines größeren Gewitterclusters
(dank zunehmender Höhendivergenz), während sonst im Süden und Osten nur einzelne
Schauer unterwegs sind. Hier wechseln sich dichte Wolkenfelder mit längeren
klaren Abschnitten ab und das bei Minima zwischen 18 und 13 Grad. Der
Südwestwind kommt meist nur schwach bis mäßig daher.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist wird numerisch sehr gut erfasst, sodass es zu keinen größeren
Abweichungen kommt. Allerding streuen die Modelle erheblich bei der Lage
regionaler Niederschlagsschwerpunkte peripher von GABRIEL, was jedoch dank der
überwiegend konvektiven Natur des Niederschlags nicht weiter verwundert.
Interessant ist, dass einige Modelle wie AROME ihren Konvektionsschwerpunkt
recht zentrumsnah um GABRIEL sehen, während andere Modelle diesen eher an dessen
Randbereich legen. Somit ergibt sich eine breite Fläche, wo punktuell Starkregen
auftreten kann, wobei die Schwerpunkte aber erst kurzfristig abgeschätzt werden
können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy