DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
11-07-2025 16:01
SXEU31 DWAV 111800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.07.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
DORLE vs. GABRIEL - zunächst vor allem nach Osten hin, am Sonntag dann auch
zunehmend im Norden unbeständig mit Regenfällen und Gewittern. Im Süden und
Südwesten viel Sonne und sommerlich warm.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
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Aktuell ... hat sich an der Großwetterlage erwartungsgemäß wenig bis gar nichts
getan. Noch immer ist die Zirkulation nachhaltig gestört, was sich so schnell
auch nicht ändern wird. Protagonisten auf der Wetterkarte sind das
hochreichende, inzwischen mit nahezu senkrechter Achse ausgestattete Tief
GABRIEL, heute Abend mit Drehzentrum und knapp unter 1005 hPa Kerndruck über dem
Nordostzipfel Polens gelegen. Ihm gegenüber steht DORLE, ihres Zeichens
umfangreiches Hochdruckgebiet, das sich bogenförmig von UK/Irland via
Nordskandinavien bis nach Nordwestrussland erstreckt (dort auch der Schwerpunkt
mit etwas über 1025 hPa) und von einem nicht minder gekrümmten Rücken gestützt
wird (komisch, im menschlichen Leben sind krumme Rücken ja eher Last als Stütze,
aber das nur nebenbei).
In den nächsten Stunden verlagert sich das Tief in homöopathisch anmutenden
Geschwindigkeitsschritten ostwärts, wodurch der Luftdruck bei uns fällt. Und da
er das im Nordosten des Landes etwas intensiver tut als weiter westlich, nimmt
auch der Gradient vornehmlich im Norden etwas zu. An den Küsten bekommt der
nördliche Wind dadurch einen leichten Push, der z.T. aber durch den Tagesgang
gedämpft wird. Kurzum, vielleicht reicht´s auf Usedom, Rügen und dem Darß
vielleicht mal für die ein oder andere steife Böe 7 Bft, eine Windwarnung drängt
sich deswegen aber nicht auf.
Interessanter als der Wind ist ohnehin das Niederschlagsgeschehen, welches im
Wesentlichen von kurzwelligen, um das Höhentief herumkreiselnden Sekundärtrögen
nebst derer zugehöriger PVA-Maxima getriggert wird. Hinzu kommt ab den
Abendstunden von der Ostsee her ein kleines WLA-Gebiet, das sich im weiteren
Verlauf west-südwestwärts verlagert. Insgesamt nehmen die synoptisch-skaligen
Antriebe in der Nacht also etwas zu, wohingegen der Tagesgang in die andere
Richtung arbeitet. Heraus kommen am Ende überwiegend konvektiv geprägte,
mitunter aber auch mal stratiform gefärbte (WLA) Regenfälle, die vor allem die
östlichen Bundesländer beglücken (nicht ironisch, sondern wörtlich gemeint).
Zwar verirren sich auch weiter westlich (vornehmlich östliches NDS, HH,
östliches SH) ein paar Tropfen bis ganz runter, doch reicht das wohl kaum, um
eine nachhaltige anthropogene Gartenbewässerung zu ersetzen. Im Osten dagegen
darf man sich gebietsweise auf 5 bis 10, lokal um 15 l/m² innert 12 Stunden
freuen. Bedingt durch abgehobene Labilität steht etwas MU-CAPE zur Verfügung,
welches für konvektive Verstärkungen, mit geringer Wahrscheinlichkeit aber auch
für einzelne Gewitter genutzt werden kann. Dabei besteht lokal eine leicht
erhöhte Starkregenwahrscheinlichkeit.
Der Rest ist schnell erzählt. In Bayern turnen noch ein paar Schauer rum, die
Gewitterwahrscheinlichkeit nimmt hingegen ab. Nach Westen und Südwesten zu
bleibt es bei teils wolkigen, teils klaren Verhältnissen trocken. Tiefstwerte 17
bis 8°C.
Samstag ... erreichen Höhen- und Bodentief, genau genommen deren Vertikalachse,
spätestens am Nachmittag das Oderhaff. Beide haben mit leichten
Substanzverlusten zu kämpfen - Mr. GABRIEL bringt es nur noch auf knapp unter
1010 hPa -, was ihren Einfluss auf unser Wetter aber keinesfalls schmälert. Hoch
DORLE verlagert ihren Schwerpunkt derweil mehr und mehr in den fennoskandischen
Raum, was der Wetterkarte das typische High-over-low-Muster verleiht. Trotz
Nordverlagerung hält DORLE bei uns noch ein paar Aktien, namentlich im Südwesten
sowie im äußersten Süden. Dort scheint abgesehen von einigen lockeren Wolken die
Sonne bei sommerlichen 24 bis 29°C.
Weniger warm (18 bis 24°C) wird es im großen Rest der Nation, wo sich mehr oder
weniger das o.e. Tief bemerkbar macht. Im Grunde ist es immer wieder das gleiche
Prozedere. Kurze Wellen kreiseln um das Haupthöhentief, um das sich zusätzlich
eine sehr feuchte und leicht labil geschichtete (gebietsweise wenige hundert
Joule pro Kilogramm skinny MU-CAPE) Warmluft ostmediterranen bzw.
südosteuropäischen Ursprungs wickelt. Das PPW geht hoch auf locker über 30 mm,
was nicht ohne Folgen auf das Niederschlagsgeschehen bleibt. Vor allem im Osten
respektive der östlichen Mitte kommt es schubweise zu schauerartigen Regenfällen
und einzelnen Gewittern, die sich südwärts verlagern. Stellenweise besteht
Starkregengefahr, sei es in kurzer Zeit oder aber mehrstündig. Selbst lokale
Unwetter können nicht ganz ausgeschlossen werden, doch wollen wir den Teufel
nicht gleich wieder an die Wand malen. Heben wir vielmehr, was leider zu selten
passiert, den positiven Effekt der Regenfälle hervor, die gerade im Osten
dringend nötig sind. In den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Brandenburg (inkl. Berlin) können gebietsweise 10 bis 20 l/m² innert 12 Stunden,
punktuell auch etwas mehr zusammenkommen. In der Peripherie dieser drei Länder
regnet oder schauert es zwar auch zeitweise, allerdings mit geringerer
Intensität. Gewitter sind da weniger wahrscheinlich, am ehesten rumst es noch im
Bajuwarischen Wald.
Zwar frischt der auf Nordost drehende Wind an der Ostsee mitunter stark böig
auf, Böen 7 Bft dürften aber nicht in inflationären Mengen auftreten. Gleichwohl
ist nicht ausgeschlossen, dass morgen für Usedom, Rügen und den Darß sowie
aufgrund des Fetches für Küstenabschnitte der Mecklenburger Bucht eine kleine
Windwarnung ausgegeben wird.
In der Nacht zum Sonntag erreicht das Tief den Nordosten Deutschlands. Der Wind
an der Ostsee dreht weiter zurück auf Nordost bis Ost und lässt dabei wieder
nach. Ansonsten kommt es um den Tiefkern herum zu weiteren Hebungs- respektive
Niederschlagsprozessen mit eingelagerten Gewittern. Weiterhin besteht lokale
Starkregengefahr, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür tendenziell abnimmt.
Weitgehend trocken bleibt es im Süden und auch im Westen kommt nicht viel von
den Geschehnissen weiter östlich an. Die Temperatur geht auf 17 bis 9°C zurück.
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Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Sonntag ... Der neueste Lauf von ICON (12 UTC) zeigt keine durchgreifenden
Änderungen gegenüber seinen jüngsten Vorgängern. Die Ausführungen in der
Frühübersicht behalten ihre Gültigkeit.
Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle bewerten die Gesamtlage sehr einheitlich. Kleine Schwankungen beim
Niederschlag bzw. bei der Konvektion liegen im handelsüblichen Varianzbereich.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann