DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
10-07-2025 16:01
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.07.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Mit Annäherung eines Höhentiefs vor allem in der Osthälfte unbeständig mit
Schauern und Gewittern, dabei vor allem am Samstag steigendes Potenzial für
Starkregen.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Westflanke eines Höhentiefs mit
Drehzentrum im Grenzgebiet Ukraine/Weißrussland/Polen unterhalb einer leicht
zyklonal konturierten nördlichen Höhenströmung.
Das korrespondierende Bodentief "GABRIEL" befindet sich unter dessen
Nordostquadranten und hat inzwischen mit einem Kerndruck von knapp über 1000 hPa
den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht, wird aber nach wie vor mit
einigermaßen energiereicher feuchtwarmer, ehemals aus dem Mittelmeerraum
stammender Luft "gefüttert" und füllt sich zunächst kaum auf.
Als Gegenpart fungiert ein Höhenrücken über Südwest- und Westeuropa, der
gestützt wird durch beständige WLA vorderseitig eines umfangreichen
Langwellentroges über dem Nordatlantik (Drehzentrum in etwa über der
Irmingersee). Ausgehend vom Rücken erstreckt sich ein Höhenkeil über die
nördliche Nordsee und Skandinavien, kann sich im Laufe der Nacht etwas
verstärken bzw. nordostwärts ausweiten und nimmt Verbindung auf mit einem
weiteren Höhenrücken über dem Südwesten Russlands.
Der Rücken stützt wiederum ein Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt bei den
Britischen Inseln bzw. über der Nordsee ("DORLE"), von dem aus ein Keil bis nach
West- bzw. Südwestdeutschland reicht.
Somit befindet sich der Großteil des Vorhersagegebietes im Einflussbereich
maritim erwärmter Polarluft, die sich vor allem im Südwesten und Westen - dort
dominiert schwaches Absinken - bei oft nur gering bewölktem bzw. wolkenlosem
Himmel kräftig erwärmen konnte. Die Mittagsaufstiege zeigten im Westen und Süden
850 hPa-Temperaturen zwischen 9 und 11 Grad, im Nordosten bzw. Osten dagegen
Werte um 8 Grad. Während die Luftmasse neben dem Südwesten auch im Nordosten
durch den Skandenföhn deutlich abtrocknen konnte (PPWs dort teils unter 20 mm),
ist sie ansonsten noch, ihrem Ursprung entsprechend, relativ feucht und vor
allem nach Osten und Südosten zu bis in etwa 550 bis 500 hPa reichend leidlich
labil geschichtet. Dabei konnten mit Einstrahlung gebietsweise 200 bis 500 J/kg
Cape generiert werden, zudem lieferten kurzwellige Troganteile vor allem in
Brandenburg und Sachsen, aber auch im Osten Bayerns ein wenig dynamischen
Hebungsantrieb. Entsprechend konnten sich linienförmig organisierte Schauer- und
Gewitter entwickeln, die zeitweise auch strömungsparallel zogen, so dass der
Starkregen als Begleiterscheinung im Fokus stand bzw. auch noch steht. Die PPWs
überschreiten die 25 mm kaum, so dass die Regenmengen grade so markanten
Warnkriterien genügten und für einige Regionen - allerdings nur sehr kleinräumig
- für eine willkommen Linderung der Trockenheit sorgten.
Insgesamt schwächer und mangels Scherung auch unorganisierter fielen bzw. fallen
die Schauer und vereinzelten Gewitter im Südosten Bayerns aus. Hier wurden die
markanten Kriterien nirgendwo erreicht.
Ein dichteres Stratus-/Stratocumulusfeld hat sich von der Nordsee her bereits in
der vergangenen Nacht über den Nordwesten des Landes ausgebreitet, bekam aber im
Tagesverlauf durch Entrainment trockenerer Luftmassen und durch leichtes
Absinken mehr und mehr Lücken. Gebietsweise fiel dort auch etwas Regen oder
Nieselregen ohne nennenswerte Mengen.
Mit Sonne konnte sich die Luftmasse vor allem im Südwesten bereits wieder auf
sommerliche Werte zwischen 24 und 28 Grad erwärmen, aber auch sonst war es mit
21 bis 25 Grad recht angenehm, lediglich an den Küsten, im Bergland und an den
Alpen reichte es lediglich für knapp 20 Grad, wenn überhaupt.
Im Laufe der Nacht kommt das Höhentief langsam Richtung Nordostpolen voran und
befindet sich Freitagfrüh nahezu achsensenkrecht oberhalb des Bodentiefs.
Gleichzeitig kann sich die Brücke zwischen den beiden Hochdruckgebieten über GB
bzw. der Nordsee und über dem Nordwesten Russlands etwas verstärken. Somit
verändert sich an der Druckkonstellation über dem Vorhersagegebiet nur wenig,
insgesamt setzt sich mit Annäherung des Tiefs von Osten her der schwache
Druckfall, der nach Osten zu etwas stärker ausfällt als im Westen, weiter fort.
Zwar verschärft sich der Druckgradient vor allem im Nordosten etwas, der
Tagesgang wirkt dem aber entgegen, so dass der Wind auch an der Ostseeküste weit
unterhalb jeglicher Warnrelevanz bleibt.
Die Schauer und einzelnen Gewitter klingen somit im Laufe der Nacht zwar ab,
kommen aber nicht ganz zum Erliegen. Schuld daran ist ein sehr kleinräumiger,
aber durchaus markanter kurzwelliger Troganteil, der im laufe der Nacht vom
Nordwesten Polens her auf die Osthälfte Deutschlands übergreift und bis
Freitagfrüh etwa zum Vogtland bzw. nach Thüringen vorankommt. Gleichzeitig
driftet das "Feuchtefeld" über dem Nordwesten allmählich weiter südostwärts in
die mittleren Landesteile. Auch dort steigen die PPWs und die spezifische
Feuchte etwas an, so dass die Nacht dort wolkenreicher als die vergangene
ausfällt. Die nur noch leichten Schauer über der Osthälfte kommen noch etwas
nach Westen bis in die mittleren Landesteile, vielleicht sogar noch bis ins
mittlere Niedersachsen bzw. bis nach Westfalen voran, schwächen sich aber ab und
bringen kaum mehr nennenswerte Mengen. Auch im Vogtland, an den ostbayerischen
Mittelgebirgen sowie am östlichen Alpenrand kann es noch gebietsweise etwas
regnen oder einzelne Schauer geben.
Locker bis gering bewölkt bleibt es dagegen weiterhin im Nordosten sowie im
Südwesten, wobei vor allem dort das Fenster mit geringer Bewölkung von Nordosten
her etwas kleiner wird. Entsprechend fällt in der Mitte und im Südwesten die
Nacht auch etwas milder als die vergangene aus mit Minima zwischen 16 und 9
Grad, lediglich in den Tälern der südwestdeutschen Mittelgebirge wird es noch
etwas frischer.
Freitag ... ändert sich an der Konstellation kaum etwas: Das Höhentief zeigt
eine nur sehr geringe Verlagerungstendenz Richtung Zentralpolen. Die
Potenzialbrücke zwischen den beiden Höhenrücken bzw. -antizyklonen (über GB und
dem Südwesten Russlands) kann sich über dem mittleren Skandinavien noch etwas
verstärken. Die Hochdruckzone im Bodenfeld verlagert somit ihren Schwerpunkt von
den Britischen Inseln langsam Richtung nordwestliche Nordsee bzw.
Mittelnorwegen/Haltenbank, während der Schwerpunkt über dem Weißen Meer nur
geringfügig nach Osten vorankommt.
"GABRIEL" füllt sich kaum auf und zieht bis zum Abend allmählich Richtung
Danziger Bucht. An dessen Westflanke kann sich der Gradient über der Osthälfte
Deutschlands aber nur wenig verschärfen, da gleichzeitig auch weiter westlich
mit Rückzug des Hochs leichter Druckfall vorherrscht. Der Wind frischt zwar aus
Nordwest auf, für warnrelevante Böen reicht es aber auch an der vorpommerschen
Küste wohl nicht.
Der kurzwellige Troganteil über dem Vogtland zieht am Vormittag/Mittag über
Bayern hinweg südwärts, sorgt dort aber für eine hochreichendere Labilisierung
der Luftmasse. Die Labilitätsfläche reicht in Bayern und im Osten von BaWü auf
teilweise über 500 hPa und im Tagesverlauf können etwa 100 bis 400 J/kg Cape
generiert werden. Ein weiterer kurzwelliger Troganteil folgt mittags/nachmittags
von Norden her, wobei die Labilitätsfläche in den östlichen Landesteilen
(Sachsen, Brandenburg, Thüringen) nicht ganz so hoch reicht. Dennoch dürften
sich im Tagesverlauf sowohl in Teilen Bayerns (ausgenommen am ehesten
Unterfranken) und im äußersten Osten Baden-Württembergs, also auch in Thüringen,
Sachsen und Südbrandenburg bzw. südliches Sachsen-Anhalt neben Schauern auch
einzelne Gewitter entwickeln. Am ehesten fallen diese in Bayern markant aus,
wobei der Fokus auf Starkregen als Begleiterscheinung gerichtet ist,
kleinkörniger Hagel bzw. aufgrund der inverted-V Profile stürmische Böen aber
nicht ausgeschlossen werden können.
Im Nordosten macht sich zunehmend WLA an der Westflanke des Höhentiefs
bemerkbar. Dort zieht Schichtbewölkung auf und zum Abend hin kann es von Polen
her etwa von Ostvorpommern bis zur Niederlausitz gebietsweise schauerartig
regnen.
Im Rest des Landes verläuft der Tag wettertechnisch ruhig. Sowohl im Südwesten
bis in die westliche Mitte als auch im Nordosten (ehe die Wolken dort von Osten
her dichter werden) scheint vielfach die Sonne, dazwischen ist es
unterschiedlich bewölkt, aber trocken. An der Luftmasse ändert sich gegenüber
heute nur wenig (lediglich im Osten wird es vielleicht ein/zwei Grad wärmer in
850 hPa), und ähnliches gilt auch für die Höchstwerte.
In der Nacht zum Samstag kommen Boden- und Höhentief weiter bis nach
Nordwestpolen voran, wobei "GABRIEL" dort mit einem Kerndruck von etwa 1005 hPa
aufschlägt. Mit Annäherung des Tiefs nehmen auch die dynamischen Hebungsantriebe
zu - zunächst vor allem aufgrund von WLA, später - vor allem im Bereich des
Okklusionspunktes des Frontensystems - auch durch PVA.
Bis Samstagfrüh weiten sich somit schauerartige Niederschläge auf nahezu die
gesamte Osthälfte aus. Der ehemals mediterrane Charakter der involvierten und
gehobenen Luftmasse spiegelt sich gut anhand der hohen PPWs von teils über 30 mm
wider, zudem steht später auch noch etwas abgehobene MU-Cape zur Verfügung.
Somit sind die Regenfälle gebietsweise konvektiv durchsetzt, also schauerartig
verstärkt. In der zweiten Nachthälfte kann auch ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen werden, wenngleich die Wahrscheinlichkeit dafür nur gering ist.
Mehr als 5 l/qm in 12 Stunden werden bis Samstagfrüh allerdings lediglich in
Teilen Vorpommerns und Brandenburgs simuliert, vor allem nach Lesart des IFS
(von 00 UTC) aber auch noch weiter östlich. Durch konvektive Einlagerungen sind
aber vor allem im Osten Brandenburgs (I-D2) vielerorts mehr als 10 bis örtlich
nahe 20 l/qm zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeiten für ein lokales
Starkregenereignis sind aber noch sehr gering.
Der Gradient an der Nordwestflanke des Tiefs verschärft sich weiter, allerdings
wirkt dem erneut der Tagesgang entgegen. Eventuell gibt es entlang der
vorpommerschen Ostseeküste aber einzelne steife Böen aus Nord bis Nordost,
zumindest an exponierten Abschnitten.
Im Rest des Landes passiert erneut nicht viel. Im Südosten klingen die Schauer
und Gewitter alsbald ab, dann bleibt es auch dort meist trocken. Die dichtere
WLA-Bewölkung kommt noch weiter in den Westen/Nordwesten bzw. in die Mitte
voran, im Südwesten und später auch im Süden bleibt es dagegen aufgelockert bis
gering bewölkt. Die Minima liegen erneut meist zwischen 16 und 9 Grad, im
Südwesten in einigen Mittelgebirgstälern darunter.
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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Samstag ... hat sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nichts
Wesentliches geändert.
Nach wie vor mit Differenzen bzgl. räumlicher Verteilung und Intensität
behaftet, kommen die schauerartigen Regenfälle noch ein wenig nach Westen, etwa
bis zu den mittleren Landesteilen voran, nach Lesart einiger Modelle auch bis in
den Westen bzw. Nordwesten. Flächig werden vor allem in Teilen Brandenburgs,
Sachsens und Sachsen-Anhalts häufig 10 bis 20 l/qm in 12 Stunden simuliert,
lokale Starkregenereignisse, teils auch von Gewittern begleitet, sind aber
durchaus zu erwarten.
An den Küsten kommt bei lebhaftem, an einigen Abschnitten eventuell auch
warnrelevantem Nordostwind kaum mehr etwas an, im Südwesten und in Teilen
Süddeutschlands bleibt es generell trocken (und recht wahrscheinlich auch im
äußersten Westen und Nordwesten).
Bei viel Sonnenschein wird es im Südwesten und Süden sommerlich warm mit
Höchstwerten zwischen 23 und 28, im südlichen Oberrheingraben vielleicht sogar
nahe 30 Grad. Sonst werden meist 18 bis 24 Grad erreicht.
An der Konstellation ändert sich auch in der Nacht zum Sonntag kaum etwas,
Boden- und Höhentief bleiben irgendwo über dem Osten Brandenburgs nahezu
quasistationär. Somit ergeben sich im 24-Stundenzeitraum in Teilen der Osthälfte
durchaus flächig Mengen zwischen 10 und 30 l/qm, kleinräumig auch mehr.
Je weiter man nach Westen und Süden kommt, desto geringer fallen die
Niederschlagsmengen aus, nach Lesart der meisten Modelle bleibt es im äußersten
Westen/Nordwesten sowie im Südwesten komplett trocken.
Modellvergleich und -einschätzung
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An den Modelldifferenzen bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität der
Niederschläge hat sich auch mit den aktuellen Läufen nur wenig geändert.
Ansonsten fahren die Modelle aber einen einheitlichen Kurs.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff