DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
09-07-2025 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 09.07.2025 um 10.30 UTC
Anfangs vereinzelt, ab Sonntag vermehrt kräftige Gewitter mit lokalem Starkregen
teils bis in den Unwetterbereich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 16.07.2025
Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Samstag liegen wir im
Einflussbereich eines hochreichenden Tiefs über Polen, das dort bis dahin für
zum Teil extreme Regenmengen gesorgt haben dürfte. Es zieht allmählich ostwärts
und befindet sich am Sonntag über dem Nordosten Deutschlands. Um das Tief herum
wird eine feuchte-warme Luftmasse, die ihren Ursprung im östlichen
Mittelmeerraum hat, in die Nordosthälfte gelenkt. In der Folge sind dort am
Wochenende (vor allem aber wohl am Sonntag) gebietsweise schauerartig verstärkte
und mitunter gewittrige Regenfälle zu erwarten, die örtlich durchaus
Starkregenpotenzial besitzen.
Regelrecht umarmt wird das Höhentief von einem Rücken, der sich vom Kaukasus bis
nach Skandinavien aufwölbt und einem Weiteren über Südwesteuropa, der mit
erstgenanntem "anbandelt". Im Laufe des Sonntags bildet sich über Skandinavien
sogar ein eigenständiges Höhenhoch, das ein Bodenhoch mit Zentrum über
Nordfinnland stützt, von dem wiederum ein Keil über die Norwegische See bis nach
Frankreich ragt. Sehr unattraktive, blockierende Bedingungen für einen
atlantischen Trog, der seine Weiterreise nach Europa einstellt und aus lauter
Verzweiflung beginnt, westlich der Britischen Inseln abzutropfen. Noch ein Wort
zum Temperaturniveau, das ein Südwest-Nordost-Gefälle aufweist und sich im
Südwesten mit niedertroposphärisch bis zu 14 Grad sommerlich warm präsentiert,
wogegen es im Nordosten bei 8 Grad eher mit mäßig warm zu betiteln ist.
Am Montag zieht das hochreichende Tief unter Abschwächung wieder zurück nach
Polen, der sich zwischen ihm und dem ebenfalls hochreichenden Tief über dem
Atlantik aufwölbende Rücken schwenkt zwar zu uns herein, wird aber von einem
Kurzwellentrog überlaufen. Ein weiterer Randtrog umläuft das atlantische
Höhentief und schwenkt am Dienstag zur Nordsee. Beide sorgen dafür, dass die ab
der Nacht zum Dienstag von Westen auf uns übergreifende teilokkludierte Front
des Atlantiktiefs schauerartige Regenfälle mit sich bringt, die am Dienstag
ostwärts über uns hinweg ziehen.
Am Mittwoch tropft der Randtrog über der Nordsee ab und zieht ostwärts nach
Polen, wo er mit dem dort immer noch befindlichen Höhentief eine Verbindung
eingeht. Während sich das skandinavische Geopotenzial abschwächt, wölbt sich
ausgehend von der Iberischen Halbinsel der nächste Rücken auf. Dadurch steigt
der Luftdruck rückseitig der durchgezogenen Front nicht nur an, sondern bildet
sogar eine eigenständige Hochdruckparzelle über Deutschland aus.
Kurzer Blick in die erweiterte Mittelfrist: Das Höhentief, das mittlerweile
knapp nördlich von Schottland liegt, trogt deutlich aus, wodurch sich der Rücken
zwar weiter aufwölbt, gleichzeitig aber auch ostwärts über uns hinweg verlagert.
Wir gelangen damit auf die Trogvorderseite und mit der straffen südwestlichen
Höhenströmung gelangt heiße Subtropikluft ins Land. Damit würde mit Durchgang
eines Kurzwellentroges am Freitag wohl die nächste Schwergewitterlage anstehen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des 00-UTC-Laufs vom heutigen Mittwoch kann vor allem im
Vergleich mit dem gestrigen 12-UTC-Lauf als sehr gut bezeichnet werden. Das gilt
zunächst auch für den gestrigen 00-UTC-Lauf, dessen Entwicklung ab Montag
beginnt, etwas von den beiden jüngeren Läufen abzuweichen. Demnach würden wir
weiterhin im Einflussbereich des mitteleuropäischen hochreichenden Tiefs
bleiben, wobei sich zwischen diesem und einem Hoch über den Britischen Inseln
eine nordwestliche bis nördliche Strömung hätte einstellen sollen. Mittlerweile
wird das Hoch deutlich südlicher und das Tief schwächer prognostiziert. In der
sich einstellenden, tendenziell eher westlichen Strömung, stünde nun ein
Frontdurchgang am Dienstag an.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch der Vergleich mit anderen Globalmodellen (ICON, GFS, UK10) offenbart
zunächst keine wesentlichen Unterschiede, was die großräumigen Strukturen
angeht. Dass das Höhentief über Polen/Nordostdeutschland im Detail
unterschiedlich behandelt wird (genaue Verlagerung und Ausprägung) liegt in der
Natur der Sache. Deutlich vielfälltiger zeigen sich die Lösungsvorschläge ab
Dienstag. Während das atlantische Höhentief bei IFS nur einen Randtrog zur
Nordsee ziehen lässt, darf es bei ICON und GFS einfach direkt zu uns kommen.
UK10 verfolgt einen Mittelweg und schickt das Höhentief bis Mittwoch zur
Nordsee, von wo aus ein Trog über uns hinwegschwenkt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte stützen die Entwicklung des
IFS-Hauptlaufs über die gesamte Mittelfrist und das sogar mit einem relativ
geringen Spread. Interessant wird es eigentlich erst in der zweiten
Wochenhälfte. Das Heranführen der heißen Subtropikluft auf der Trogvorderseite
hat eigentlich nur der Hauptlauf im Programm und bildet damit den oberen Rand
des Ensembles an. Die anderen Member zeigen zwar tendenziell auch einen leicht
ansteigenden Verlauf, bleiben großteils aber doch deutlich unter dem Hauptlauf.
Die Vorübergehende Wetterberuhigung am Mittwoch wird vom Ensemble nicht
mitgetragen, wobei der Spread dann doch ein gutes Stück größer wird.
Der letzte Satz spiegelt sich auch beim Clustering wider, wo sich Haupt- und
Kontrolllauf im Zeitraum von Montag bis Mittwoch mit 10 weiteren Membern nur in
Gruppierung drei wiederfinden. Cluster 1 und 2 (17 und 14 Member) belassen uns
im Einflussbereich des atlantischen Höhentiefs, das in C2 wie auch bei ICON und
GFS Richtung Deutschland gesteuert wird. Cluster 4 (8 Member) blockt das
Höhentief durch einen massiven südwest-/westeuropäischen Rücken ab und belässt
uns im Einflussbereich des mitteleuropäischen Höhentiefs. Allen Clustern gemein
ist dagegen, dass sie nahezu durchweg dem Blocking-Regime zugewiesen wurden
(skandinavisches Höhenhoch).
Von Donnerstag bis Samstag (erweiterte Mittelfrist) stehen drei, relativ gleich
verteilter Cluster zur Verfügung (19, 17, 15 Member), von denen C2 Haupt- und
Kontrolllauf beinhalten und damit den Durchgang des Randtrogs samt vorgelagerter
Heißluftzufuhr zeigen. Davon wollen C1 und 3 nicht wissen. Dort wird das
Höhentief über dem nahen Ostatlantik durch einen mehr (C1) oder weniger (C3)
stark ausgeprägten Westeuroparücken abgeblockt.
FAZIT: Bis Anfang nächster Woche scheint der grobe Wetterablauf klar zu sein.
Zunächst rückt uns das hochreichende Tief über Polen auf die Pelle, ab Dienstag
reden dann auch die atlantischen Vertreter dieser Zunft ein Wörtchen mit. Auf
der Warnkarte stehen damit kräftige Gewitter mit/und Starkregen. Wie es zur bzw.
ab Mitte der Woche weitergeht, ist sehr unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der Fokus bei den signifikanten Wettererscheinungen liegt klar auf der
Gewittertätigkeit beziehungsweise beim Starkregen. Während am Samstag zunächst
nur vereinzelte Gewitter und diese am ehesten im Osten zu erwarten sind, dürfte
diese am Sonntag in der Nordosthälfte sowie an den Alpen deutlich häufiger
auftreten. ICON lässt die PPW-Werte im Nordwesten auf knapp 40 mm ansteigen,
wodurch besonders dort auch lokale Unwetter durch heftigen Starkregen nicht
überraschen würden. Ähnliches Spiel wohl auch am Montag. Durch das Eindrehen der
Niederschläge um das hochreichende Tief herum, muss regional auch mehrstündiger
Starkregen mit ins Kalkül gezogen werden. Auch hier wären lokale Mengen bis in
den Unwetterbereich vorstellbar.
Am Dienstag könnte - Stand Mittwochvormittag - auch die bisher wohl überwiegend
ausgesparte Südwesthälfte von kräftigen Gewittern betroffen sein.
Die für Mittwoch vom IFS-Hauptlauf angedachte Wetterberuhigung steht auf sehr
wackeligen Beinen. Nach ICON und GFS müsste man sich mit Aufzug des Höhentiefs
auf weitere Gewitter einstellen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON(-EPS), GFS, UK10, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz