DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-06-2025 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.06.2025 um 10.30 UTC



Starke bis extreme Wärmebelastung. Zunehmende Gewitterneigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 05.07.2025


FAZIT vorweg: Der Mittwoch stellt nach aktuellem Stand den Höhepunkt der
Hitzewelle dar. Wie schnell die markante Abkühlung (Kaltfrontdurchgang + teils
unwetterartige Gewittertätigkeit) im Anschluss erfolgt ist noch sehr unsicher.
Es ist durchaus vorstellbar, dass die Hitze zumindest Richtung Süden und Osten
auch noch am Donnerstag anhält.

Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Dienstag liegen wir unter einem
breit angelegten Rücken, der vom westlichen/zentralen Mittelmeerraum bis nach
Lappland reicht. Seine Achse verlagert sich im Tagesverlauf langsam ostwärts und
verläuft abends über die Osthälfte Deutschlands. Stromauf schließt sich ein
Langwellentrog an, der sich ausgehend von einem Höhentief über dem Nordmeer bis
zu den Azoren erstreckt. Am Boden sind zwei Hochdruckgebiete zu finden, eines
über dem östlichen Mitteleuropa und ein weiteres, großräumiges knapp westlich
der Azoren. Dazwischen befindet sich eine meridional orientierte Tiefdruckrinne
über Frankreich. In der Folge weitet sich die über der Süd- und Südwesthälfte
Deutschlands bereits vorhandene Heißluft auf das gesamte Bundesgebiet aus. T850
liegt von Nordost nach Südwest zwischen 16 und 21 Grad, was verbreitet
Höchstwerte über 30 Grad, im Südwesten lokal bis knapp 38 Grad erwarten lässt.
Die Luftmasse labilisiert von Südwesten her zunehmend. Da aus der Höhe aber
keine Unterstützung zu erwarten ist und die Rinne noch auf Abstand bleibt, muss
die Orografie herhalten, um v.a. im Südwesten und an den Alpen Gewitter
auszulösen. Mangels Scherung und Zuggeschwindigkeit liegt der Fokus einerseits
auf dem Starkregen (bis in den Unwetterbereich), durch die zum Teil stark
ausgeprägte Inverted-V-Struktur (trockene Grundschicht) besteht allerdings auch
die Gefahr lokaler Downbursts.

Am Mittwoch verlagert sich die Trog-Rückenstruktur weiter ostwärts, sodass die
Rückenachse nun östlich von uns liegt. Der Trog macht dabei vor allem in seinem
Südteil Boden nach Osten gut, wodurch die Strömung etwas aufsteilt. In der Folge
steigt T850 nun nahezu bundesweit auf Werte um 20 Grad. Verbreitet muss also mit
Höchstwerten um oder über 35 Grad gerechnet werden. MOSMIX (so viel sei bereits
an dieser Stelle verraten) hat im Südwesten die 39 Grad im Programm und das ICON
MOS entlang des Rheins lokal sogar die 40 Grad! Allerdings gibt es Hinweise
darauf, dass auch etwas Saharastaub über unseren Köpfen schweben könnte. Viel
soll es nach aktuellem Stand zwar nicht sein, vielleicht reicht es aber doch, um
einen leicht dämpfenden Einfluss auf die eben geschriebenen Höchstwerte zu
haben. Die mit sehr feuchter Luft angereicherte Rinne kippt und verläuft nun
über den Nordwesten Deutschlands. Aus der Höhe erfolgt nach wie vor kein
Hebungsimpuls. Ob die dort nur spärlich vorhandene Orografie oder das
konvergente Windfeld in der Rinne ausreicht, um den Deckel zu durchbrechen, ist
fraglich. Die Numerik ist diesbezüglich sehr zurückhaltend. Anders sieht es im
Bergland aus (v.a. im Süden und Westen), wo einzelne kräftgie Gewitter bis in
den Unwetterbereich zu erwarten sind (Begleiterscheinungen wie am Dienstag).

Am Donnerstag verlagert sich die Rinne über uns ostwärts hinweg samt
nachfolgender Kaltfront. In der Höhe läuft in der nun auch bei uns zunehmenden,
südwestlichen Höhenströmung ein Kurzwellentrog über die Nordsee ab. Ein weiterer
greift später auf Süddeutschland über. In der Folge muss mit kräftigen
Gewittern, an den Alpen eventuell auch mehrstündigem Starkregen bis in den
Unwetterbereich gerechnet werden. Hinter der Kaltfront strömt deutlich kühlere
Meeresluft ein, so dass die Hitzewelle ein Ende findet. T850 liegt abends im
Nordwesten bei nur noch 6 Grad, im Südosten dagegen noch bei 17 Grad.

Am Freitag nähert sich von Westen der Haupttrog, der am Samstag direkt über uns
liegt. Trotz des sich hinter der Kaltfront breit gemachten Azorenhochkeils
bleibt es in der Folge leicht unbeständig. Dieser Wettercharakter würde uns nach
Lesart des Hauptlaufs auch in der erweiterten Mittelfrist erhalten bleiben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00-UTC-Laufs des IFS kann zunächst als ziemlich gut
bezeichnet werden. Beim Wetterumschwung am Donnerstag verfolgte der gestrige
12-UTC-Lauf dagegen eine eigene Lösung. Zwar steht ebenfalls der
Kaltfrontdurchgang an, der Randtrog ist aber deutlich südlicher positioniert und
zieht unter Intensivierung samt bodennaher Sturmtiefentwicklung über die
Deutsche Bucht nordostwärts. Davon möchten die ihn einrahmenden 00-UTC-Läufe
aber nichts wissen. Anschließend kommt der 12er Lauf wieder auf Kurs, wobei er
wie auch der aktuelle 00er Lauf nun bei einem leicht unbeständigen
Wettercharakter bleiben (Trogdurchgang am Samstag), während der gestrige
00-UTC-Lauf auf weitgehend trockenes Hochdruckwetter setzte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wie bei der IFS-internen Konsistenzbetrachtung zeigt auch der Vergleich mit
weiteren Globalmodellen (ICON, GFS, UK10) zunächst keine nennenswerten
Unterschiede. Knackpunkt wird letztlich dann die Entwicklung am Donnerstag, bei
der der heutige IFS-00-UTC-Lauf tatsächlich eher eine Außenseiterrolle einnimmt.
Die anderen Modelle gehen tendenziell eher in Richtung gestriger
IFS-12-UTC-Lauf. Auch sie zeigen den Randtrog deutlich weiter südlich und
zumindest ICON und GFS lassen ihn unter Intensivierung von der Biskaya in die
Nordsee ziehen. Am Boden kommt es an der Kaltfront zu einer Tiefdruckentwicklung
(nicht ganz so stark wie der gestrige 12er Lauf des IFS, zumindest an der
Nordsee aber mit Sturmböen), wodurch der Kaltfrontdurchgang erst am Freitag
anstünde. Statt Abkühlung würde uns die Hitze also am Donnerstag nicht nur
erhalten bleiben (mit leichten Abstrichen verglichen zum Mittwoch), die Schwüle
würde dazu wohl noch deutlich zunehmen. UK10 belässt uns übrigens auch noch am
Freitag im Warmsektor.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte zeigen zwar allesamt den
markanten Temperaturrückgang in der zweiten Wochenhälfte, wann genau ist aber
noch sehr unsicher. Im Angebot steht ein Zeitraum zwischen Mittwochabend und
Nacht zum Freitag (und der Blick in die weitere Modellwelt zeigt auch noch
spätere Optionen, wie im Modellvergleich beschrieben). Danach geht der Spread
vor allem im Süden deutlich auf, wenngleich tendenziell eine erneute
Aufwärtsbewegung erkennbar ist. Niederschlagssignale sind vor allem am bzw. ab
Donnerstag zu sehen. Davor gibt es ab Montag hauptsächlich in Süddeutschland
tagsüber leichtes Gezappel (Bergland-/Hitzegewitter).

Das Clustering zeigt für den Zeitraum von Donnerstag bis Samstag (jeweils 00
UTC) drei Gruppierung (Verteilung 20, 18 und 13 Member), wobei C1 durchweg NAO+,
C3 durchweg Blocking und C2 den Übergang von NAO+ zu Blocking repräsentiert.
Nachdem der Hauptlauf im Vergleich mit anderen Globalmodellen ja bereits eine
"Außenseiterlösung" darstellte, sind er und der Kontrolllauf auch modellintern
im schwächsten Cluster (C3) vertreten. Auch C1 und C2 zeigen den Randtrog am
Donnerstag ähnlich verhalten wie C3, lassen ihn aber locker 12 Stunden früher
über die Nordsee ziehen.

Auch für Sonntag bis Dienstag (erweiterte Mittelfrist) liegen drei Cluster vor
(25, 13 und 13 Member), die uns mehr oder weniger allesamt unter dem Einfluss
des Haupttroges (siehe Ende des Haupttextes) belassen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis mindestens Mittwoch hält die Hitzewelle an und verschärft sich dabei von Tag
zu Tag. Demnach besteht eine starke bis extreme Wärmebelastung, was nicht nur
allein auf die Tageshöchstwerte, sondern auch auf die mangelnde/fehlende
nächtliche Abkühlung zurückzuführen ist. Ob am Donnerstag die Abkühlung kommt
oder die Hitze uns auch dann noch im Griff hat, ist unsicher, wenngleich
letzteres mit Blick in den Modellvergleich wohl etwas wahrscheinlicher ist.

Dazu sind am Dienstag und Mittwoch besonders in der Südwesthälfte ausgehend vom
Bergland einzelne kräftige Gewitter mit lokalem Unwetterpotenzial durch heftigen
Starkregen, (schweren) Sturmböen (Bft 9-10) und Hagel oder Hagelansammlungen zu
erwarten, die am Donnerstag und eventuell auch am Freitag in ihrer Verbreitung
und wohl auch Intensität (ansteigende Scherung) zunehmen. Die zeitliche (und
natürlich auch allgemeine) Entwicklung ist aber noch sehr unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON(-EPS), GFS, UK10, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz