DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-06-2025 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.06.2025 um 10.30 UTC



Berg und Talfahrt der Druckgebilde mit schwergewitterlage am Donnerstag.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 29.06.2025


Zu Beginn der Mittelfrist befindet sich Deutschland zwischen zwei recht stabilen
Druckverhältnissen. Zum einen sorgt eine umfangreiche und hochreichende
Antizyklone über Südeuropa für eine zonale Westanströmung, die mehr oder weniger
bis zum Ende des Mittelfristbereiches andauert. Über Nordeuropa, dem
europäischem Nordmeer via Grönland und bis nach Kanada reichend erstreckt sich
eine ebenfalls umfangreiche Zone niedrigen Geopotenzials. Eingelagerte Tröge
bzw. Höhentiefs versuchen immer wieder nach Süden vorzustoßen, werden aber von
dem Hoch blockiert.

Mittwoch 00 UTC befindet sich ein Höhentief über Portugal. An dessen Vorderseite
werden sehr heiße und potenziell instabile Luftmassen zunächst nach Frankreich
gelenkt. Über den bottnischen Meerbusen und Finnland befindet sich ebenfalls ein
Höhentief, dessen Trogachse streift im Laufe des Tages Nordostdeutschland und
sorgt für eine Verschärfung des Druckgradient. Auch die Luftmassengrenze, die
warme Luftmassen im Süden von etwas kühlen im Norden trennt, liegt Mittwoch 12
UTC diagonal vom Wattenmeer bis zur Lausitz.
Mit Annäherung eines atlantischen Langwellentrogs wölbt sich zum einen das
südeuropäische Hoch in Richtung Nordsee auf, weiterhin gerät das Höhentief in
den Einflussbereich des atlantischen Trogs und verlagert sich weiter nach
Nordosten, bis es als Randtrog indessen Trogkonfiguration übergeht. Die
schwülheißen Luftmassen gelangen so sukzessive über Frankreich auch nach
Deutschland. Im Vorfeld des Troges kommt es zu kräftigen Vertikalbewegungen und
zur Ausbildung einer flachen Tiefdruckrinne bzw. einer Konvergenz. Entlang der
Luftmassengrenze bleibt es teils stark bewölkt, so dass die Einstrahlung etwas
gemindert ist und nicht so viel Cape aufgebaut werden kann. Im Südwesten und
Süden indes bleibt es heiter und die MU-CAPE Werte können auf teils deutlich
über 1000 J/Kg steigen, gleichzeitig ist auch die Scherung stark ausgeprägt, so
dass im äußersten Südwesten auch im Vorfeld der Konvergenz, orografisch
getriggert (da die Dynamik noch fehlt) kräftige Konvektion ausgelöst werden
könnte.
In der Nacht zu Donnerstag greift auf der Vorderseite des Randtrogs die
Konvergenz bzw. die erste Kaltfront von Frankreich/Benelux-Staaten auf
Deutschland über und kann Ausgangs der Nacht bereits bis zur Mitte vorstoßen.
Hinter der Kaltfront stabilisiert es sich etwas, das Temperaturniveau in 850 hPa
bleibt aber um 14 Grad.

Am Donnerstag verlagert sich der Randtrog mit der vorlaufenden Tiefdruckrinne
und den teils schweren Gewittern rasch ostwärts. Im Südosten hält sich am
längsten die schwül-heiße und zu Gewittern neigende Luftmasse. In der Nacht zu
Freitag kann aber die Trogachse mit der vorlaufenden Kaltfront auf Deutschland
übergreifen und mit etwas Gepolter die Luftmasse auch im Südosten ostwärts
verdrängen.

Am Freitag wölbt sich hinter dem Trog und ausgehend von dem südeuropäischen Hoch
erneut ein Keil in Richtung Skandinavien auf. Es fließen deutlich kühlere und
trockenere Luftmassen mit 850 hPa Temperaturen bis 7 Grad ein. Nach dem
aktuellen IFS Lauf soll sich das Wetter am Freitag entspannen. Über dem Atlantik
entwickelt sich für die Jahreszeit eher unüblich ein Sturmtief, dass aber im
aktuellen Lauf von dem Hoch im Süden blockiert wird (gestriger IFS Lauf sah dies
etwas anders). Dabei gelangen wieder etwas mildere Luftmassen um 10 Grad in 850
hPa nach Deutschland.

Am Samstag wird Norddeutschland von der dazugehörigen Kaltfront gestreift, viel
Wetter sollte demnach aber nicht auftreten, da kräftiger Hochdruckeinfluss dafür
sorgt, dass sie rasch unter Absinken gerät.

Auch am Sonntag hält sich der kräftige Hochdruckeinfluss, so dass es vielfach
sonnig und trocken bleibt.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt anfangs das Hoch wetterbestimmend, bevor
Dienstag erneut ein Langwellentrog mit vorlaufendender Hitze und schweren
Gewittern auf Mitteleuropa übergreifen soll.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


An sich ist die Konsistenz recht gut, es ergeben sich bei den Trogdurchgängen
aber jeweils leichte Unterschiede in der genauen Trogkonfiguration bzw. in den
Randtrögen. Ab der Nacht zu Donnerstag muss verbreitet mit schweren Gewittern
gerechnet werden. Nach dem Abzug des Troges in der Nacht zu Freitag, simuliert
der aktuellen Lauf, anders als der gestrige 00 UTC IFS Lauf die
Sturmtiefentwicklung deutlich weiter nördlicher, so dass Deutschland nicht mehr
davon betroffen wäre.
Nachfolgend stellt sich wieder Hochdruckeinfluss, wobei die Luftmassengrenze
weiterhin im Norden für teils starke Bewölkung sorgt und auch der Druckgradient
weiterhin lebhaft bleibt.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Den Trogdurchgang am Donnerstag haben die verschiedenen Globalmodelle recht
ähnlich, jedoch kommt es nach GFS am Freitag zu einem Cut-Off Prozess über der
Ostsee, wobei dieses in der Nordosthälte für ein starkes Windfeld sorgt. UK10
ist noch ein Verfechter der Sturmlage am Freitag über Deutschland, bei der die
Zugbahn einer kräftigen Zyklone südlicher als bei GFS, ICON und IFS verlaufen
soll. ICON und IFS simulieren bereits ab Freitag den zunehmenden
Hochdruckeinfluss.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


In den Plumes ist gut zu erkennen, dass der Spread bis Donnerstag relativ eng
ist. Ab Freitag gibt es aber teils deutlichen Unterschiede, wobei die meisten
Member auf eine deutliche Zunahme des Geopotenzials hinweisen. Im Ensemble des
GFS ist eine ähnliche Berg und Talfahrt zu erkennen.

In der Clusteranalyse des ECMWFs gibt es im Zeitbereich 120 bis 168 Stunden 6
Cluster. Der Operationelle und der Kontrolllauf befinden sich mit insgesamt 10
Membern in Cluster 2. Fast alle Cluster weisen eine positive NAO auf, wobei in
Cluster 1 für Samstag das Blocking vorherrschend ist. Nach dem Ensemble des
ECWMF wäre die Sturmlage am Freitag raus und Hochdruckwetter relativ sicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wärmebelastung:
Am Mittwoch muss vor allem im Südwesten mit einer starken Wärmebelastung
gerechnet werden.

Gewitter:
Am Mittwochnachmittag gibt es im äußersten Südwesten und Süden Signale für
einzelne schwere Gewitterentwicklungen mit größerem Hagel, Starkregen und
Sturmböen.
In der Nacht zu Donnerstag und am Donnerstag gibt es erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für organisierte und linienhaft angeordnete Gewitter mit
Starkregen, Sturm- oder schweren Sturmböen und größerem Hagel. Im Laufe des
Donnerstags verlagern sich diese langsam nach Osten bzw. Südosten.

Wind:
ICON simuliert mit Frontpassage am Donnerstag auch ein kräftigen Druckgradient,
so dass verbreitet, jedoch nur zeitweise starke bis stürmische Böen, auch
abseits der Gewitter auftreten könnten. Andere Modelle simulieren aber vor allem
konvektionsgebundene Böen.
Die Sturmlage am Freitag ist aktuell bei IFS und dem Ensemble komplett
rausgerechnet. Einzig UK10 hat noch Signale für eine flächige Sturmlage in
Deutschland.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christina Speicher