DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-05-2025 18:01
SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.05.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Bis in die Nacht hinein in der Südhälfte und der östlichen Mitte starke,
vereinzelt schwere Gewitter (Unwetter). Am Sonntag nur noch im äußersten Süden
Potential für stärkere Gewitter. An den Küsten starke bis stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
----------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen der Südflanke eines
mehrgliedrigen Langwellentroges über Nordeuropa und einem Höhenrücken über dem
westlichen Mittelmeerraum. Flankiert wird letzterer im Westen durch ein
Cut-Off-Tief bei der Iberischen Halbinsel. Im Laufe der Nacht weitet sich der
thermisch besser ausgeprägte Teil des Höhentroges zur Mitte Deutschlands hin
aus. Im Bodenniveau ist die Lage gekennzeichnet durch eine markante
Luftmassengrenze, die im Laufe der Nacht als Kaltfront weiter Raum nach Süden
gewinnt, den äußersten Süden Deutschlands aber noch nicht erreicht. Im Vorfeld
ist dabei feuchte Subtropikluft wetterbestimmend, postfrontal strömt kühlere
Meeresluft subpolaren Ursprungs heran.

Die Ausweitung der kühleren Luftmasse nach Süden passiert auf der Rückseite
eines flachen Wellentiefs, das im Isobarenfeld nur mehr sehr schwer erkennbar
ist. Dieses zog im Laufe des Nachmittags über die Mitte Deutschlands hinweg und
erreicht am Abend die Grenze zu Polen. Entlang der Luftmassengrenze und in
dessen Vorfeld entwickelte sich in den letzten Stunden durch Feuchtefluss- und
Windkonvergenzen schauerartiger und teils gewittrig verstärkter Regen, der
phasenweise auch stärkere Gewitterentwicklungen hinsichtlich Starkregen aufwies.
Im Bereich von gut sichtbaren Bow-Echos waren außerdem häufig schwere Sturmböen
gemessen worden. Diese Gewitterschwerpunkte ziehen am Abend und eingangs der
Nacht zum südlichsten Brandenburg und nach Sachsen weiter. Das
Starkregenpotential durch ein- oder mehrstündigen Starkregen ist dabei trotz
einer gewissen Zuggeschwindigkeit weiterhin gegeben (ppw's 25 bis 30 mm). Es ist
auch weiterhin erhöhte Scherung vorhanden (20 bis 25 m/s DLS, um 15 m/s LLS),
stärkere Einzelentwicklungen durch Hagel und Sturmböen sind dabei weiterhin
nicht ausgeschlossen.

Im Vorfeld der Kaltfront bildeten sich außerdem im Süden von RLP und dem
Saarland her Einzelzellen bzw. Multizellenkomplexe, die sich nun in den Norden
Baden-Württembergs und Bayerns ausweiten. Die Gewitterzutaten liefern dort ein
ML-CAPE von etwa 500 J/kg, eine DLS von 15 bis 20 m/s, eine LLS von 15 m/s und
ppw's in den mittleren 20-ern. Daher sind dort auch einzelne starke
Entwicklungen möglich. Der Fokus sollte demnach auf 1-stündigen Starkregen bis
in den Unwetterbereich, Hagel bis 3 cm und schwere Sturmböen bis 100 km/h gelegt
werden.

Im weiteren Verlauf der Nacht verlagern sich die Regenfälle und Gewitter immer
weiter südwärts, wobei deren Intensität zunächst beibehalten wird. Erst nach
Mitternacht sollte aufgrund von nachlassender Labilität auch die
Wahrscheinlichkeit für starke Entwicklungen deutlich zurückgehen. Am längsten
muss man wahrscheinlich noch auf den Starkregen ein kritisches Auge werfen (ein-
und mehrstündig). Unwetterartige Entwicklungen sind nach Mitternacht nur noch
gering wahrscheinlich. ICON-D2-EPS weist in der zweiten Nachthälfte keine
Wahrscheinlichkeiten mehr für über 35 l/qm in 6 Stunden auf, für den markanten
mehrstündigen Starkregen liegt noch das Oberallgäu im Fokus.

Postfrontal gewinnt nun deutlich kältere Meeresluft an Raum, die T850 hPa liegen
in der Nordhälfte nur noch zwischen 0 und -2 Grad, an den Alpen ausgangs der
Nacht noch bei +5 Grad. Dabei kommt es im Norden zunehmend zu Auflockerungen.
Meist ist es dort trocken, an der Küste sind aber einzelne Schauer möglich.
Besonders im Bereich der Nordsee kommt es während der Nacht am Rande eines
Bodentiefs über der Ostsee zu einer Gradientverschärfung, sodass der
Nordwestwind dort auf steife Böen auffrischt. Ausgangs der Nacht sind auch
einzelne stürmische Böen möglich. Die Tiefstwerte liegen im Norden zwischen 8
und 5 Grad, im zentralen Mittelgebirgsraum bei 3 Grad, in Südbayern bei 12 Grad.


Sonntag ... kommt die Progression des Langwellentroges nach Süden etwas ins
Stocken und weitet sich nach Westen hin aus. Die neu formierte Achse erreicht
dabei in den Abendstunden Benelux. Am Boden zieht die Kaltfront von Franken und
dem Norden Baden-Württembergs weiter in Richtung Süden und schmiegt sich
schließlich an die Alpen. Die Kaltluftadvektion sorgt damit in weiten
Landesteilen für starkes Absinken, so dass sich eine Absinkinversion ausbildet.
Die Sonnenanteile werden sich aber wegen der deutlichen Bewölkungsausbildung
weitgehend in Grenze halten. Im Bereich der Höhenkaltluft können sich darüber
hinaus wegen fehlender Inversion auch Schauer bilden, auch einzelne Gewitter
sind möglich.

Im Süden ist es noch etwas spannender. Im Vorfeld der Kaltfront kommt es dort
vorübergehend zu einer Windverstärkung mit einzelnen starken Böen. Außerdem kann
sich dort vor der Kaltfront und im Umfeld derselben noch etwas Labilität halten
bzw. noch einmal aufbauen. Vor allem im unmittelbaren Alpenbereich verstärken
sich schauerartige Regenfälle und Gewitter im Tagesverlauf noch einmal und
Starkregen mit Mengen bis 20 l/qm in kurzer Zeit oder 30 l/qm in wenigen Stunden
wird noch einmal wahrscheinlich. Unwetterartige Entwicklungen sollte es wohl
nicht mehr geben, auch Hagel und Sturmböen stehen nicht mehr im Fokus. Zum
späteren Nachmittag drückt die Kaltfront dann immer weiter in die Berge rein und
räumt die Reste der Warmluft langsam aus, so dass sich die Regenfälle immer
weiter in die Alpen zurückziehen. In den übrigen Landesteilen bleibt es meist
trocken. Die Höchstwerte erreichen am Hochrhein und im Chiemgau noch einmal
Grad, sonst meist nur noch 13 bis 16 Grad, im Bergland und an der Nordsee bleibt
es noch kühler. Im Umfeld von Nord- und Ostsee weht der Nordwest- bis Nordwind
teilweise mit steifen Böen. Sonst weht er oftmals mäßig bis frisch.

In der Nacht zum Montag gelangt noch etwas kältere Luft von Nordosten ins Land
und im Nordosten geht die 850-hPa-Temperatur auf -4 Grad zurück. Dabei muss in
Küstennähe mit weiteren Schauern gerechnet werden. Unmittelbar an den Alpen geht
die Temperatur nur auf etwa +4 Grad in 850 hPa zurück. Dort hält ein Tief über
Oberitalien dagegen. Von diesem ausgehend greifen im Laufe der Nacht wieder
Hebungsprozesse auf die Gebiete nördlich der Alpen aus, so dass bei einer
klassischen Gegenstromlage Regenfälle aus den Alpen heraus auf das gesamte
Alpenvorland übergreifen sollen, wobei durchaus 5 bis 10 l/qm fallen können.
Sonst bleibt es weitgehend trocken und regional kommt es zu größeren
Aufklarungen. Der noch recht lebhafte Wind verhindert ein allzu starkes Absacken
der Temperatur und die Tiefstwerte pendeln sich meist bei 6 bis 1 Grad ein, was
aber bedeutet, dass es im Norden und in der Mitte schon hier da Frost in
Bodennähe geben kann. Etwas milder mit 9 bis 6 Grad bleibt es noch ganz im
Südosten und an der Nordsee.

----------------------------------------------------------------

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag ... wird auf den Frühbericht verwiesen.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die synoptischen Basisfelder liefern eine weitgehend einheitliche Linie. Der
Teufel steckt bei solchen Gewitterlagen wie immer im Detail. Die
Wahrscheinlichkeiten für die Überschreitung von ein- oder mehrstündigen
Starkregenwarnschwellen aus den EPS reduzieren sich im Laufe der Nacht deutlich.
Auch die Wahrscheinlichkeiten für warnrelevante Böen verhalten sich ähnlich. Bei
kräftigen Entwicklungen sind diese aber während der ersten Nachthälfte noch
möglich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri