DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
01-05-2025 07:30
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.05.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Übergang zu Wz
Am Freitag über der nördlichen Mitte markante Gewitterlage mit lokal
Unwetterpotential durch großen Hagel und schweren Sturm. Am Samstag über der
Mitte vor allem Gefahr durch mehrstündigen Starkregen bis in den
Unwetterbereich.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich der Vorhersageraum unter einem kräftigen Höhenrücken
und damit Absinken. Unter schwachen Druckgegensätzen hat sich im Norden
gebietsweise teils dichter Nebel ausgebildet. Die bodennahe Feuchteschicht ist
aber nur sehr dünn (siehe 00 UTC Sounding Schleswig), sodass sich die
Nebelfelder im Vormittagsverlauf rasch lichten sollten. Dann ist es auch in
diesen Regionen, wie im Rest des Landes freundlich mit viel Sonnenschein.
Im Tagesverlauf können sich einige Quellwolken bilden, die im Bergland auch mal
etwas dichter sind. Im östlichen und südöstlichen Bergland (Erzgebirge bis
Bayerwald) können sich ein paar Schauer bilden. Da die mittlere Troposphäre aber
durch einen Warmluftbuckel bei 600 hPa gedeckelt ist (siehe Progsoundings ID2)
dürften diese nur schwach ausfallen und sich nicht zu Gewittern entwickeln.
Im Nordosten bleibt es etwas kühler mit 20 Grad auf Rügen und 23 bis 25 Grad von
Vorpommern bis nach Ostbrandenburg. Sonst werden teils hochsommerliche Werte
zwischen 25 und 30 Grad erwartet. Dabei bleibt der Wind schwach.
In der Nacht auf Freitag flacht der Rücken deutlich ab und die Höhenströmung
bekommt, ausgehend von dem Höhentief über dem Nordmeer, auch über Deutschland in
zonaler Orientierung einem zyklonalen Touch. Gleichzeitig nähert sich die
Kaltfront eines Tiefs über Nordschweden an und greift am Morgen auf Dänemark
über.
Im Vorfeld werden bereits Feuchtefelder in den Norden von Deutschland advehiert.
Diese machen sich durch teils dichte mittelhohe Bewölkung bemerkbar (Sättigung
700 hPa aufwärts, siehe Progsoundings), bringen aber zunächst noch keinen Regen.
Damit liegen die Minima im Norden bei 16 bis 10 Grad, sonst werden abseits von
Städten, Ballungszentren und Flussniederungen, einstellige Tiefstwerte erwartet.
Am mildesten bleibt es in den westlichen Ballungszentren mit Werten um 16 Grad.
Freitag... verbleibt Deutschland in einer zonalen Strömung mit zyklonalem Touch,
sodass sich über Deutschland eine Luftmassengrenze aufbauen kann. Während im
Norden am Abend die 5 Grad Isotherme in 850 hPa ankommt, werden im Süden über 15
Grad erwartet. Damit liegen die Maxima im Norden auch nur zwischen 17 und 24
Grad. Sonst werden nochmal hochsommerliche Werte zwischen 25 und 31 Grad
erwartet, mit den höchsten Werten im Südwesten.
Im Tagesverlauf kann sich entlang einer sich entwickelnden zonal orientierten
Bodentiefdruckrinne zunehmend Feuchte anreichern (gut zu erkennen an der Tendenz
der spezifischen Feuchte). Bei gleichzeitig steilen Lapse Rates im mittleren
Troposphärenbereich, kann sich CAPE in der Größenordnung von 300 bis 800 J/kg
aufbauen.
Interessant wird es im Laufe des Nachmittags, wenn sich von Westen ein
kurzwelliger Höhentroganteil nähert. Dieser ist am besten in 300 hPa zu erkennen
und weist ein Maximum im IPV Feld auf. Zudem ist der der Trog flankiert von
einem Jetmaximum in 300 hPa, auf dessen linke Ausgangseite die feuchtlabile
Region gelangt. Im Westen kommt dieser schon recht früh rein (Mittagszeit), da
ist der Tagesgang noch nicht so weit fortgeschritten. Seine volle Wirkung kann
das Hebungsmaximum dann weiter östlich im Laufe des Nachmittags und abends
entfalten.
Schauen wir auf die möglich Wettergefahren, so sieht man, dass die Gewitter
aufgrund der lebhaften Höhenströmung rasch ziehen können. Damit ist Starkregen
kein größeres Thema. Bei ppw-Werten um 25 mm, kann es aber freilich auch mal für
markante Mengen reichen.
Viel interessanter ist hingegen der Aspekt, dass die Labilitätsenergie gut mit
starker Scherung überlappt. Im Bereich zwischen 0 und 3 km beträgt diese 15 bis
20 m/s. Damit können sich die Gewitter besser organisieren und das Potential für
Superzellen steigt. Dies wird auch gestützt durch die prognostizierten UH tracks
vom ICON-D2 EPS, die einige Spuren zeigen. Hauptsächlich betroffen sind das
östliche NRW und Südniedersachsen und dann ostwärts fortsetzend bis nach
Brandenburg und Sachsen. Die Wahrscheinlichkeiten für Hagel >2cm vom Archamo
(stormforecast.eu) sind folgerichtig auch deutlich erhöht. Die Hodographen sind
recht geradlinig, was nicht ideal ist, aber Hagelgrößen von 3 bis 4 cm
erscheinen durchaus realistisch.
Bleibt der noch der Wind, der sicherlich die Hauptrolle spielen wird. Sowohl
dynamisch (hohe Zuggeschwindigkeit, kräftige 0-3 km Scherung in Zugrichtung),
als auch thermodynamisch (inverted-V, DCAPE-Werte vor allem am Südrand über 500
J/kg), gibt es klare Indizien für starken Wind. Es muss mit Sturmböen und auch
einzelnen schweren Sturmböen gerechnet werden (siehe dazu auch
Wahrscheinlichkeiten von ID2 EPS). Ob es auch für noch mehr reicht, bleibt
abzuwarten.
Am späteren Nachmittag bis in die erste Nachthälfte hinein, beginnen die
Gewitter zunehmend zu verclustern. Der Hebungsimpuls führt dann zu recht
verbreiteter Auslöse und auch sonst lässt sich kein Deckel finden.
Es sei noch erwähnt, dass ID2 ziemlich zurückhaltend in der Auslöse ist und nur
wenige Zellen simuliert, während diese im SuperHD zahlreich zu finden sind.
Zudem simuliert SHD sehr weit nördlich Gewitter, während der deterministische
ICON-Lauf deutlich südlicher ist. Aber das ID2 EPS deckt auch die nördlichere
Schiene ab. Die südlichste Erstreckung der Aktivität dürfte Nordhessen,
Nordthüringen und die Nordosthälfte von Sachsen sein.
Bis Mitternacht ziehen die Gewitter ostwärts aus Deutschland ab, dann gibt es im
Bereich der Konvergenz über der Mitte des Landes oft nur noch Schauer. Im Rest
des Landes bleibt es trocken. Postfrontal kann es im Norden auch mal stärker
auflockern. Auf der warmen Seite gehen die Werte auf 17 bis 9 Grad zurück, in
Schleswig-Holstein sind auch bis 4 Grad möglich.
Samstag... verbleibt Deutschland in einer neutralen zonalen westlichen
Höhenströmung. Ein Trog liegt bei den Britischen Inseln und wird ab dem Abend
und in der Nacht auf Sonntag über die Nordsee bis nach Norddeutschland ziehen.
Tagsüber liegt noch eine zonale Tiefdruckrinne über der Mitte Deutschlands.
Diese trennt sommerlich warme Luftmassen im Süden (23 bis 27 Grad) von kühlen
Luftmassen im Norden (13 bis 16 Grad) und zeichnet sich durch eine ausgeprägte
Windkonvergenz aus. Fraglich ist, inwieweit es im Vorfeld noch Einstrahlen kann.
Im Vergleich zu den gestrigen Prognosen scheint es viel stärker gedeckelt, mit
nur wenigen Sonnenchancen. Der Input von Wüstenstaub muss dahingehend auch
berücksichtigt werden. Demnach soll sich auch kaum CAPE aufbauen und die
Gewittertätigkeit wäre stark eingeschränkt. Sollte es aber für Einstrahlung
reichen und sich etwas CAPE entwickeln, sind die Scherungsbedingungen ideal für
organisierte Konvektion und Superzellen. Gerade auch im unteren Bereich schauen
die Hodographen ideal aus. Leicht gekrümmt sind 0-1 km Scherungswerte bis 15 m/s
prognostiziert. Dann wäre neben Hagel und Wind auch das Tornadorisiko
gebietsweise erhöht. Diesbezüglich müssen die weiteren Modellläufe aufmerksam
gemonitort werden.
Auch ohne diskrete Zellen besteht eine erhöhte Gefahr von markanten oder gar
Unwetterwarnungen. Entlang der Feuchtflusskonvergenz würden sich länger
andauernde, konvektive und teils auch gewittrig durchsetzte Starkniederschläge
entwickeln (6 stündig). Die hochauflösenden Modelle geben klare Hinweise für
Mengen über 20 l/qm in 3-6h, örtlich auch über 40 l/qm im gleichen Zeitraum.
Auch über der Stundenkriterium könnten die Warnstufen erreicht werden, der Fokus
liegt aber klar auf mehrstündige Ereignisse.
In der Nacht auf Sonntag bekommt die Luftmassengrenze durch den Trog eine
Schubkomponente und wandert als Kaltfront in den Süden Deutschland. Das
Vorankommen wird in den neuen Läufen deutlich progressiver gerechnet, als noch
gestern siehe ICON00 oder EZ00 und 12). Die schauerartig und anfangs auch noch
gewittrig durchsetzten Starkniederschläge konzentrieren sich damit in der
zweiten Nachthälfte vornehmlich auf den Süden. Dabei mit die Starkregengefahr
sukzessive ab.
In der Nordhälfte wird es eine frische Nacht mit Tiefstwerten im einstelligen
Bereich, während nach Süden zweistellige Minima erwartet werden.
Der Wind der schon tagsüber im Küstenumfeld stark böig aufleben kann, weht in
den auflandigen Regionen der Nord- und Ostseeküste (Nordwestwind) in Böen
zeitweise stürmisch. Auch in höheren Mittelgebirgslagen in der Mitte und im
Süden kann es tags wie nachts Windböen und exponiert stürmische Böen geben.
Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird sehr einheitlich prognostiziert. Unsicher ist
noch, inwiefern es am Samstag noch Einstrahlen kann und die Entwicklung
diskreter Zellen über der Mitte möglich ist. Das Superzellen- und
Unwetterpotential wäre dann deutlich erhöht. Im Vergleich zu den gestrigen
Prognosen wurde das Potential aber aufgrund starker Bewölkung und damit kaum
CAPE, deutlich reduziert.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer