DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-10-2024 07:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.10.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M;
Zunächst verbreitet unbeständiges, eher kühles Herbstwetter, heute über der
Mitte lokal Gewitter mit Starkregen, an der See exponiert steife bis stürmische
Böen. In der zweiten Wochenhälfte zumindest in der Nordwesthälfte
Hochdruckeinfluss, nach Südosten zu weiterer Regen, an den Alpen ab der Nacht
zum Freitag Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Langwellentroges,
der von Skandinavien bis nach West- und Mitteleuropa reicht. Ein darin
eingebettetes Drehzentrum verlagert sich im Tagesverlauf von Südwest- nach
Mittel- und Ostdeutschland. Mehrere kurzwellige Troganteile umkreisen das
Höhentief, wobei die beiden markantesten von Großbritannien nach Frankreich
südwärts bzw. über Süddeutschland und den Alpenraum ostwärts schwenken.
Letzterer stützte eine flache Frontalwelle EILEEN (ursprünglich eine
Warmfrontwelle des Ex-Hurrikans ISAAC), die dem Süden und äußersten Südwesten
Deutschland in der vergangenen Nacht teils ergiebigen Regen gebracht hatte. Das
Tief zieht in den Frühstunden nach Österreich ab und dreht tagsüber nordostwärts
nach Tschechien und Südpolen ein. Unser ehemals wetterbestimmendes Tief DAGMAR
dagegen löst sich über Frankreich auf, sodass über weiten Teilen West- und
Mitteleuropas ein eher gradientschwacher Tiefdrucksumpf vorzufinden ist. Die
Tiefdruckzone wird im Norden flankiert von einer vom nahen Nordostatlantik bis
nach Skandinavien reichenden Hochdruckzone, die durch einen auf die Britischen
Insel und die nördliche Nordsee übergreifen Rücken in ihrem Westteil eine
Intensivierung erfährt (Hoch URBAN).

Zwischen der Tiefdruckzone und diesem erstarkenden Hoch mit Kern über Schottland
wird im Küstenumfeld ein nennenswerter Gradient aufrechterhalten, sodass der
Nordostwind zeitweise auffrischt mit Böen Bft 7, exponiert 8.
In weiten Teilen des Landes bleibt dabei heute feuchte, schwach labile
Meeresluft wetterbestimmend. PVA, teils aber auch konvergente Windfelder
(Nordwesten) stützen mehrere Gebiete mit schauerartig verstärkten Regenfällen,
die um das Höhentief herumgeführt werden. In der Peripherie der Regengebiete
beginnt es im Tagesverlauf wieder leicht zu brodeln. Bevorzugt unterhalb des
Höhentiefs (also vor allem über der Mitte) zeigen sich in den Prognosesoundings
schmale, aber hochreichende Labilitätsflächen, sodass neben kräftigeren Schauern
auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen werden können. Aufgrund der flauen
Strömung verlagern sich diese Einzelzellen nur langsam und können trotz
moderater PPWs 15-20 mm) lokal Starkregen bringen.
Ein paart sonnige Momente gibt es am ehesten einigen Mittelgebirgs-Leelagen
sowie im äußersten Norden und Nordwesten, wo im Tagesverlauf bereits trockenere
Luft einfließt.
Hinter der langsam ostwärts schwenkenden Trogachse gelangt niedertroposphärisch
etwas kühlere Luft aus Nordosten zu uns (T850 auf 5 bis 0 Grad absinkend),
sodass die Temperaturen im Vergleich zu den Vortagen zurückgehen. Die Maxima
liegen zwischen 11 Grad in Vorpommern und 18 Grad in Rheinhessen.

In der Nacht zum Donnerstag wandert das Höhentief-Zentrum nach Polen ab und
nimmt dort Verbindung mit der ehemaligen Frontalwelle EILEEN auf, die nunmehr
das neue, hochreichende und steuernde Tief darstellt. Da der Trog weit nach
Südwesten zurückhängt und auf das westliche Mittelmeer übergreift, bleiben weite
Teile des Landes in dessen Einflussbereich. Vor allem im Osten und Nordosten, wo
durch den großen Nordostfetch über der Ostsee eine veritable Feuchtezufuhr
besteht, muss mit weiteren schauerartigen Regenfällen gerechnet werden. Aber
auch sonst lässt die Schauertätigkeit nur zögerlich etwas nach. Wenn die
Bewölkung mal aufreißt, was eher die Seltenheit ist, kann sich vor allem im
windschwachen Süden gebietsweise dichter Nebel bilden.
Lediglich im Norden und Nordwesten macht die trockenere Luft langsam weiter
Boden gut und die Bewölkung reißt weiter auf, teils ist es klar.
Während der Gradient über der Nordsee und westlichen Ostsee auffächert und der
Wind nachlässt, verschärft er sich an der Westflanke des Tiefs über der
südlichen Ostsee eher sogar noch, wodurch vornehmlich an der vorpommerschen
Küste weiterhin mit Böen Bft 7, teils auch 8 gerechnet werden muss.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 10 Grad an der See und 3 Grad im
südlichen Bergland.



Donnerstag... verlagert sich der Trog nur wenig weiter nach Osten, wobei das
flache Höhentiefzentrum bis Tagesende nach Kaliningrad wandert. Durch Um- und
Überströmungseffekte der Alpen bildet sich über Oberitalien ein neues Höhentief
aus. Vorderseitig des davon ausgehenden Troges wird ein neues Tiefdruckgebiet
gestützt, das nach Italien bzw. zur Adria zieht. Der flankierende Rücken über
den Britischen Inseln und der Nordsee schwenkt ebenfalls nur langsam südostwärts
und stützt dabei weiterhin das umfangreiche, sich bis nach Nordfrankreich und
Nordwestdeutschland ausweitende Bodenhoch.

Im Norden, Nordwesten und Westen, wo sich die trockenere Luft und Absinken
weiter durchsetzt, bleibt es weitestgehend trocken und neben lockeren Wolken
scheint teils auch längere Zeit die Sonne.
Ansonsten driften mit weiterhin großem Nordostfetch von der Ostsee her
ausgedehnte Feuchtefelder in den Nordosten und Osten des Landes, sodass es oft
wolkenverhangen ist und gebietsweise leicht regnet. Auch an den Alpen hält sich
feuchte Luft, die orographisch gehoben wird und etwas Regen bringt. Zudem setzt
an der Nordflanke des Mittelmeertiefs WLA ein, was die Niederschläge
insbesondere an unmittelbaren Alpenrand abends intensiviert.
Zwischen dem Hoch über der Nordsee und dem Tief über dem östlichen Mitteleuropa
bleibt über der südlichen Ostsee ein veritabler Gradient erhalten, sodass an der
Küste Vorpommerns fortwährend mit Böen Bft 7-8 gerechnet werden muss.
Das Temperaturniveau ändert sich kaum.

In der Nacht zum Freitag tropft der Trog über dem zentralen Mittelmeer ab, der
Rücken schwenkt zur südlichen Nordsee. Das Hoch zieht mit seinem Schwerpunkt zum
Ostausgang des Ärmelkanals und weitet sich vor allem über Frankreich weiter nach
Süden aus.
Damit dreht die Strömung mehr auf Nord, womit der Zustrom feuchter Ostseeluft
langsam abreißt. Dennoch bleibt die Bewölkung in weiten Teilen der Südosthälfte
dicht, insbesondere in Staulagen der östlichen Mittelgebirge fällt etwas Regen.
An den Alpen verstärkt sich die WLA an der Nordflanke des
Mittelmeer-/Balkantiefs, womit auch die Niederschläge weiter an Intensität
gewinnen und sich tendenziell auch weiter nach Norden ausdehnen. Diese Aufgleit-
und Staulage hält voraussichtlich über den Freitag hinweg bis in die Nacht zum
Samstag an. Vor allem ICON6 und UK10 simulieren im Alpenstau 40 bis 60 l/qm
innerhalb von rund 36 Stunden. Bei 850-hPa-Temperaturen von nur wenig über 0
Grad schneit es aber auch bis auf 1500 m oder knapp darunter. Da andere Modelle
darüber hinaus auch weniger Niederschlag rechnen, ist noch unklar, ob es
tatsächlich eine Dauerregen-Warnung benötigt.
Im Norden und Westen geht es teils gering bewölkt in die Nacht, bevor sich dann
Nebel und Hochnebel bilden.
Die Frühtemperaturen liegen zwischen 9 Grad unter den Wolken im Osten und 2 Grad
in der Eifel. Bei längerem Aufklaren ist Bodenfrost möglich.


Freitag... greift der Rücken auf die Deutsche Buch über, das Hoch verlagert
seinen Schwerpunkt nach Westdeutschland. Die Nordwesthälfte profitiert davon,
sodass sich nach mitunter sehr zäher Nebelauflösung die Sonne längere Zeit
durchsetzt und es trocken bleibt.
Die Südosthälfte liegt dagegen im Einflussbereich des zum östlichen Alpenraum
ziehenden Cut-Off-Tiefs. WLA, im äußersten Süden und Südosten auch PVA, sorgen
für Hebungsimpulse und teils länger anhaltende Regenfälle (etwaiger
Dauerregen/Schneefall an den Alpen, siehe oben).
Im Dauerregen werden nur Höchstwerte um 8 Grad erreicht, sonst meist 10 bis 16
Grad.

In der Nacht zum Samstag entfernt sich das Cut-Off-Tief langsam und es setzt
rückseitig KLA ein. Folglich werden die Niederschläge schwäche und ziehen sich
in den Südosten zurück.
Im übrigen Land verläuft die Nacht zunächst teils wolkig, teils klar, bevor sich
wohl verbreitet Nebel und Hochnebel bilden.
Je nach dem, wie schnell und verbreitet sich der Nebel bilden, könnte es gerade
um Westen und Nordwesten stark abkühlen auf Werte wenig über 0 Grad. Vor allem
in der Eifel deutet sich leichter Luftfrost an, Bodenfrost könnte aber relativ
verbreitet auftreten. Unter den Wolken im Süden und Osten bleibt es selbstredend
deutlich milder.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren insgesamt sehr ähnlich. Bezüglicher der Stauniederschläge
an den Alpen ab der Nacht zum Freitag bestehen noch einige Unsicherheiten (siehe
Text).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser