DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-05-2024 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.05.2024 um 10.30 UTC



Unbeständig und mäßig warm mit Schauern, Gewittern und lokalem Starkregen. Am
Wochenende Gefahr von teils ergiebigem Dauerregen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.06.2024


Auch in der Mittelfrist, die heute den Zeitraum ab Donnerstag (30. Mai)
markiert, setzt sich das sehr unbeständige und allenfalls mäßig warme
Wettergeschehen fort. Zumeist konvektiv geprägte (Stark-)Niederschläge prägen
das Tagesgeschäft, regional sind aber auch sehr ergiebige Dauerregenfälle
möglich, was für stets latente Hochwassergefahr sorgt.

Verantwortlich dafür zeigt sich das fortwährend gestörte Zirkulationsmuster.
Zwischen den zwei hochreichenden und wenig mobilen Hochdruckgebieten mit
Schwerpunkten über Westrussland und dem nahen Ostatlantik befindet sich
Deutschland bis mindestens einschließlich des kommenden Wochenendes im
Einflussbereich eines über dem östlichen West- oder Mitteleuropa abtropfenden
Höhentroges bzw. der damit korrespondierenden, sehr diffusen, aber auch breit
angelegten Tiefdruckzone. In der einfließenden, stark erwärmten und durch
Höhenkaltluft labilisierten subpolaren Meeresluft entwickeln sich zahlreiche
Schauer und Gewittern, wobei den Zellen in der gemäßigten Luftmasse meist nur
wenige Hundert J/kg CAPE zur Verfügung stehen. Die hochreichende Scherung ist in
der Peripherie des mit mehreren Drehzentren ausgestatteten Cut-Offs durchaus
leicht erhöht, sodass auch mal etwas organisiertere Konvektion mit Hagel und
Sturmböen möglich ist. Innerhalb der primären Trogachse sind Strömung und
Scherung dagegen sehr flau, sodass in der Regel der Starkregen im Fokus steht.
Auch wenn der Gehalt niederschlagbaren Wassers nicht sonderlich hoch ist, sind
durch geringe Verlagerungsgeschwindigkeiten und rückseitiges Anbauen der Zellen
auch lokale Unwetter wahrscheinlich. Das bezogen auf das Vorhersagegebiet recht
weit westliche Abtropfen des Troges ermöglicht, dass es am Rande der sich eher
über dem östlichen Mitteleuropa befindlichen Tiefdruckzone zu Aufgleitprozessen
und länger anhaltenden, ergiebigen Regenfällen kommen könnte, die ebenfalls
erhöhtes Unwetterpotenzial aufweisen. Der jüngste IFS-Lauf zum Beispiels
simuliert für den Süden Gesamtniederschlagsmengen von 100 bis 250 mm!

Eine Regionalisierung und Quantifizierung der konvektiven und skaligen
Niederschläge ist aber unter gebührender Berücksichtigung der Unsicherheiten
nicht wirklich sinnvoll. In erster Linie scheinen der Süden und Osten eher von
etwaigen, ergiebigen Regenfällen betroffen zu sein, währenddessen vor allem nach
Westen zu das konvektive Niederschlagsregime vorherrschend sein dürfte.

In der erweiterten Mittelfrist zu Beginn der nächsten Woche deutet sich eine
zögerliche Wetterberuhigung an. Ausgehend von dem Hoch über dem Ostatlantik
erstreckt sich ein Rücken bzw. Hochkeil ostwärts, dessen Achse sich von
Nordwesten her nähert und im Verlauf wahrscheinlich auch auf Deutschland
übergreift. Wie schnell das passiert und ob der Südosten vielleicht sogar noch
unter Trogeinfluss verbleibt, ist noch unklar.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Vorhersage des für die mittelfristige Wetterentwicklung entscheidenden
Cut-Off-Tiefs unterliegt großen Unsicherheiten, die Konsistenz der IFS-Läufe ist
schon in den ersten Tagen der Mittelfrist als eher schlecht zu bezeichnen. Die
Position der einzelnen Drehzentren variiert um 500 bis 800 km, entsprechend
variabel gestaltet sich auch die Vorhersage der korrespondierenden
Tiefdruckzone. Damit steht und fällt auch die Verteilung von konvektiven Stark-
und/oder Dauerregenfällen. Der IFS Lauf von gestern (00Z) simulierte das
Cut-Off-Tief im Laufe des Wochenendes beispielsweise noch weiter nordwestlich
als die beiden Folgeläufe, sodass etwaige Aufgleitprozesse und
Dauerniederschläge nicht nur den Süden und Osten, sondern auch Teile des Nordens
und Westens erfasst hätten. Unwetterartige, teils extreme Regenmenge hatten alle
Läufe irgendwo im Programm, nur eben räumlich teils stark versetzt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch zwischen den anderen, vorliegenden Modellen weist die Vorhersage des
Höhentiefkomplexes eine hohe Variabilität auf, auf die an dieser Stelle nicht en
detail eingegangen werden soll. Im Bezug auf die teils extrem ergiebigen
Dauerniederschlägen fällt aber auf, dass sowohl ICON als auch GFS und UK10 neben
dem Alpenrand auch Teile des Nordens und Westens in den Fokus nehmen, so, wie es
schon die gestrigen IFS-Modellläufe gezeigt haben.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis Donnerstag sind die Rauchfahnen des IFS-EPS für Temperatur und Geopotenzial
noch ziemlich eng gebündelt, danach nimmt der Spread aber sukzessive und
deutlich zu. Das Geopotenzial steigt nach Durchschreiten der Talsohle am
Donnerstag (Trogvorstoß/Abtropfprozess) zwar wieder an, allerdings bei einer
Standardabweichung von teils 4-8 gpdam (Unsicherheiten Lage/Ausprägung Cut-Off).
Bei der Temperatur zeigen die meisten Member einem geringfügigen, nach Osten zu
etwas deutlicheren Anstieg im Laufe des Wochenendes (WLA von Osten), einige
wenige rutschen aber auch nach unten ab (KLA von Nordwesten). Der
deterministische Lauf ist sowohl bei Temperatur als auch bei Geopotenzial eher
im oberen Bereich der Memberschar einsortiert, was auf ein vergleichsweise
schnelles südliches/östliches Durchschwenken des Cut-Offs hindeutet, während ihn
andere länger über Mittel-/Westeuropa halten.

Im Zeitraum +72-84 h werden 2 Cluster gebildet, die aufgrund der recht starken
positiven Geopotenzialanomalie über Nordeuropa dem BLOCKING-Regime zugeordnet
werden. Bereits leichte Unterschiede ergeben sich im Hinblick auf die Position
des Cut-Offs über West-/Mitteleuropa.
Im Zeitraum +120-168 h stehen 3 Cluster auf dem Plan, in denen sich das
BOCKING-Regime jeweils fortsetzt. C1 und C2 (32/51 Member, inkl. det. Lauf und
CL) unterscheiden sich mit Fokus auf Mitteleuropa nur wenig, das Cut-Off bzw.
der Trog schwenkt verhältnismäßig schnell südostwärts durch und von Nordwesten
kann ein Rücken überrgeifen. In C2 (19/51) vollzieht sich das etwas langsamer.
Im Zeitraum +192-240 h vollziehen C1 und C2 (35/51, inkl. det. Lauf und CL) den
Übergang zu NAO+ (C2 über ATLANTIC RIDGE). Der Rücken wird schnell südwärts
durchgereicht und wir gelangen auf die Südflanke eines breiten Nordeuropatroges
in eine westliche, eher leicht zyklonale Strömung. C3 geht über in ATLANTIC
RIDGE. Deutschland befindet sich dabei am unmittelbaren Rand und damit im
Einflussbereich eines kräftigen blockierenden Hochs über dem nahen
Nordostatlantik.

FAZIT:
Auch mittelfristig setzt sich das mäßig warme und wechselhafte Wettergeschehen
mit zumeist konvektiven Niederschlägen und zunächst nur regionaler
Starkregengefahr fort. Ab Freitag nimmt allerdings auch das Potenzial für
flächigere Dauerniederschläge zu. Eine genaue Regionalisierung und
Quantifizierung sind zwar noch nicht möglich, es besteht aber durchaus die
Gefahr unwetterartiger oder gar extremer Regenmengen und damit einhergehenden
Hochwassers.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER/STARKREGEN:
Auch mittelfristig muss täglich mit der Ausbildung von Schauern und teils
kräftigen Gewittern gerechnet werden. Schwache Signale im EFI-CAPE/SHEAR zeugen
teilweise (am ehesten im Osten und Norden) von etwas mehr Dynamik, was auf
organisierte Konvektion (mit Hagel und Sturmböen) hindeutet. Insgesamt dürften
aber "sumpfige" Bedingungen und die allseits bekannten Starkregengewitter mit
lokalen Unwettern vorherrschend bleiben. Auch mehrstündiger Starkregen kann
immer mal auftreten.
Erst zu Beginn der nächsten Woche zieht sich die Schauer- und Gewittertätigkeit
langsam nach Südosten zurück.

DAUERREGEN:
Vor allem ab Freitag nimmt auch das Potenzial für nicht-gewittrige, länger
anhaltende und ergiebige Regenfälle zu. Der EFI liefert verwaschene, aber
durchaus schon signifikante Hinweise auf ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen
für die Südosthälfte im Laufe des Wochenendes. Auffällig sind die hohen Werte
des SOT (teils 2-5), was von den wenigen, aber durchaus sehr extremen
Berechnungen innerhalb des EPS zeugt. Das IFS-EPS liefert im 48-Zeitraum bis
Sonntagabend für den Süden beispielsweise Wahrscheinlichkeiten von 30 bis 50 %
für mehr als 40 mm und 10 bis 30 % für mehr als 60 mm, was in Anbetracht des
Vorhersagehorizontes ein deutliches Signal für Unwettermengen ist. Der
deterministische IFS-Lauf mit den bereits angesprochenen Mengen von 100 bis 250
mm im Süden nimmt innerhalb des EPS eine Spitzenposition ein, das 90%-Perzentil
zum Beispiel liegt mit 60 bis 100 mm bereits um einiges niedriger. Aber auch
damit Läge man im Unwetterbereich!
Während im IFS-EPS nennenswerte Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen eher nur die
Südosthälfte betreffen, rechnet das COMSO-LEPS erhöhte Werte auch für Teile der
Mitte und des Westens.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Modell-Mix (IFS/ICON), IFS-EPS, anfangs auch MOS-Mix für Sonne und Temperatur.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser