DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-05-2024 15:30
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.05.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im Westen und Südwesten zunehmende Gewittergefahr mit starkregen, lokal auch
heftigem starkregen, sonst anhaltendes ruhiges Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... dominiert in Deutschland verbreitet noch ein Rücken, der sich vom
zentralen Mittelmeerraum nordwärts bis nach Norwegen und Schweden erstreckt und
dessen Achse einmal über Deutschland verläuft. Bodennah korreliert der Rücken
mit dem Hoch UWE über der Ostsee, sodass Deutschland auf dessen Südwestflanke in
der einer schwachen südöstlichen Grundströmung liegt, mit der trocken warme Luft
ins Land transportiert wird. Grundsätzlich scheint damit die Sache klar und das
sonnige Hochdruckwetter gebucht. Dem ist leider nicht ganz so. Zum einen bewegt
sich ein kleines Höhentief vom Erzgebirge ins Passauer Land und labilisiert die
Troposphäre im Osten Bayerns und dem Vogtland. Allerdings ist die Luft einfach
zu trocken. Aufgrund des trockenen Fußes müssen die Luftpakete erstmal auf etwa
850 bis 900 hPa gehoben werden, um von der labilen Schichtung und somit dem
freien Aufstieg zu profitieren. Des Weiteren setzt die trockene Luft aus höheren
Schichten in rund 600 bis 700 hPa einen Deckel. Entsprechend werden zwar hier
und da orografisch getriggert Schauer generiert, deren Aufstieg aber meistens
nicht für ein Gewitter reicht. Die zweite Baustelle des Frühsommers ist im
Südwesten zu finden. Dort nähert sich eine Tiefdruckrinne an bzw. greift schon
auf die Regionen vom Saarland und der Pfalz bis zum Hochrhein über. Die
eingebettet Konvergenzlinie ist zwar noch weit entfernt über Frankreich zu
finden, dennoch kann mit Interaktion von kurzwelligen Anteilen aus der Höhe auf
der Vorderseite des Troges über dem Ostatlantik, grenznah zu Frankreich, Hebung
generiert werden. Aber auch hier stellt sich die trockene Luftmasse als
bedeutender Gegenspieler heraus. Oberhalb von 700 bis 800 hPa ist es noch
staubtrocken. Und auch darunter ist man weit von einem gesättigten Temp.
entfernt. Erst zum Abend und der Nacht kann von Westen langsam etwas feuchtere
Luft in die Region geschoben werden. Aufgrund des aber recht hohen NFK muss noch
die Orografie helfen. Daher könnte sich das leichte Blubbern über dem
Schwarzwald und den Vogesen bis in die Nacht hinein verstärken und der eine oder
andere Blitz möglich sein. Auch sonst steigt in der labil geschichteten und
zunehmend feuchteren Luft die Schauerneigung. Zum Morgen soll sich die
Tiefdruckrinne schon so weit in den Südwesten geschoben haben, dass auch die
Konvergenzlinie etwa von der Eifel über Rheinland-Pfalz bis zum Hochrhein
reicht. Somit würden sich die Hebungsprozesse weiter verstärken. Reicht die
Unterstützung aus der Höhe aus, sind auch nachts einzelne Gewitter möglich,
sonst sollte teils schauerartig verstärkter Regen vom Niederrhein bis zum
Hochrhein und an den Alpen gebietsweise auf der Agenda stehen. In der
Südwesthälfte sind schließlich auch die höchsten Temperaturen in 850 hPa von 10
bis 12 Grad zu verzeichnen, sonst werden von Nordost nach Südwest 5 bis 10 Grad
erwartet. Der Wind spielt allenfalls im Umfeld von Gewittern eine Rolle und weht
sonst kaum nennenswert. Die Eisheiligen stehen derzeit auch eher auf der
Ausfallliste, da man auch nachts nun weit von Frost oder Bodenfrost entfernt
ist. Niedrige einstellige Temperaturen im Bodenniveau werden höchsten lokal bei
längerem Aufklaren im Osten erreicht.

Montag ... kann sich der Rücken zwar weiter stärken und an Wellenlänge zulegen.
Da er sich aber gleichzeitig ostwärts verlagert, profitiert Deutschland kaum von
der Entwicklung. Das Höhenhoch nistet sich über Schweden ein und die Achse
verläuft davon ausgehend bis zur Cótes-d'Azur. Das bodennah Hoch verlagert dabei
seinen Schwerpunkt etwas Richtung Baltikum und beeinflusst hauptsächlich noch
den Nordosten Deutschlands. Die Südwesthälfte wird nun komplett von der
Tiefdruckrinne eingenommen. Da sich der Trog über dem Ostatlantik unter
Verkürzung der Wellenlänge nach Süden amplifiziert, bleibt auch das
korrelierende Bodentief südlich von Irland liegen. Somit sind Hebungsimpulse aus
der Höhe grundsätzlich rar und allenfalls regional zwischen Niederrhein und
Hochrhein sowie am Alpenrand anzufinden. Da die Luft innerhalb der Rinne nun
ordentlich mit Feuchte angereichert ist, blubbert es in dem genannten Streifen
vor sich hin. Die vereinzelten Gewitter gehen dabei aufgrund von PPW von 20 bis
28 mm und einer geringen Verlagerungstendenz mit Starkregen bis 25 l/qm/h
einher, lokal kann auch heftiger Starkregen (UNWETTER) bis 40 l/qm/h nicht
ausgeschlossen werden. Auch über mehrere Stunden bei wiederholten Schauern und
Gewittern sind markante bis unwetterartige Regenmengen zwischen 20 und 50
l/qm/6h möglich. Bei Cape-Werten von örtlich 500 bis 1000 J/kg ist auch
kleinkörniger Hagel oder Hagel bis 1,5 cm wahrscheinlich. Da beim Wind die
Unterstützung aus der Höhe fehlt, sollten durch Eigenproduktion wohl meist nur
Windspitzen von 50 bis 75 km/h (Bft 7-8) auftreten. In der Nacht zum Dienstag
bleibt zwar die Tiefdruckrinne bestehen, allerdings sorgt die bodennahe
Stabilisierung und der fehlende Antrieb aus der Höhe für ein weitgehendes
Abklingen der konvektiven Niederschläge. Wenn es dann aufklart, ist eher der
Nebel in der feucht warmen Luft ein Thema. Insgesamt kann der Ost- bis
Südostwind auf der Südwestflanke des Hochs das Vorankommen der Rinne bzw.
potentieller Frontensysteme weiter blocken. Die Musik spielt westlich von
Deutschland über Westfrankreich und Spanien, wo die Kaltfront mit kräftiger PVA
Hilfe ordentliche Umlagerungen generiert. Bei den Temperaturen in 850 hPa werden
hierzulande 6 bis 12 Grad erwartet. Der Wind spielt abseits von Gewittern weiter
keine tragende Rolle und auch die Eisheilgen werden Ihrem Namen weiter nicht
gerecht (kein Frost oder Nachtfrost).

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... ändert sich an der Wetterlage nahezu nichts. Höhenhoch und
Bodentief sind nahezu stationär und auch die Tiefdruckrinne kommt nicht voran.
Allenfalls der beginnende Abtropfprozess des Troges über dem Ostatlantik ist
noch erwähnenswert. Durch die südwärtige Verlagerung und Amplifizierung kommt
auch das Bodentief nicht vom Fleck und wandert ebenfalls höchstens nach Süden.
Somit kann der kräftige Ostwind hierzulande die Rinne sogar eher westwärts
drücken. Entsprechend werden vor allem westlich von Nieder- und Mittelrhein
sowie im Umfeld von Ober- und Hochrhein ausreichend Hebungsimpulse produziert,
sodass dort wiederholt Schauer und einzelne Gewitter auftreten. Bei den
Begleiterscheinungen ändert sich nicht viel, aufgrund von PPW-Werten zwischen 20
und 26 und einer langsamen Verlagerung bleibt der Starkregen im Fokus. Dabei
sind Mengen bis 25 l/qm/h wahrscheinlich, bis 50 l/qm/h möglich. Mehrstündig
werden vor allem im Südwesten und Westen Mengen zwischen 20 bis 40 l/qm/6h,
lokal begrenzt bis 60 l/qm/6h prognostiziert. Zudem sind auch weiter
kleinkörniger Hagel und Windspitzen Bft 7-8 ein Thema. Am Dienstag kann der Wind
aber auch abseits der Gewitter nicht vernachlässigt werden. Zwischen den
Druckgebilden soll sich über Deutschland eine konfluente Strömung ausbilden. Der
Gradient könnte sich zusätzlich durch die Entstehung eines kleinen Tiefs über
dem Südwesten verstärken. Entsprechend sind vor allem in einem Streifen vom
Erzgebirge und Bayerischen Wald bis zur Nordsee einzelne Windböen bis 60 km/h
(Bft 7), in Gipfellagen auch stürmische Böen bis 75 km/h (Bft 8) möglich. Die
Temperaturen in 850 hPa bewegen sich zwischen 7 und 14 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die deterministischen Modelle simulieren die großskalige und auch kleinskalige
Geopotential- und Luftdruckverteilung vergleichbar. Auch die räumliche
Einordnung der Niederschläge wird sehr ähnlich bewertet. Auch die
Windentwicklung am Dienstag ist modellübergreifend übereinstimmend simuliert.
Nur der Vergleich zwischen Probabilistik und Deterministik gibt interessante
Auffälligkeiten preis. Mehr als die Hälfe aller EPS-Läufe stützt erstmal den
Hauptlauf bei der räumlichen Einordnung der konvektiven Ausbreitung. Allerdings
gerade die stärksten (intensivsten Niederschläge) EPS-Läufe zeigen vor allem am
Dienstag ein deutlich weiteres Vorankommen nach Osten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel