DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-03-2024 18:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.03.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im höheren Bergland zeitweise Sturmböen, an den Alpen häufig Föhn, teils mit
Böen bis Orkanstärke auf höheren Berggipfeln.
Karfreitag im Westen regnerisch, im Süden einzelne starke Gewitter. Samstag im
Westen einzelne starke Gewitter nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Randbereich eines Höhentiefkomplexes, das einen
steuernden Kern im Raum Irland aufweist. Dieser wird von mehreren kurzwelligen
Trögen umlaufen, die für einen wechselhaften Wettercharakter sorgen. Einer
dieser Kurzwellentröge schwenkt aktuell über Deutschland hinweg nordostwärts, in
dessen Bereich sind wiederholt kräftige Schauer und kurze Gewitter aktiv. Im 850
hPa-Niveau liegt die Temperatur bei 0 Grad, in 500 hPa knapp unter -30 Grad, so
dass die Schichtung für kleinzellige Konvektion hinreichend labil ist. Im
Bodendruckfeld zeichnet sich zudem ein kräftiger Gradient ab, so dass nahezu
deutschlandweit Windböen Bft 7, im Bergland und in Verbindung mit kräftigerer
Konvektion Sturmböen Bft 8/9 auftraten. Auf exponierten Gipfeln wurden schwere
Sturmböen beobachtet.

Am Abend und in der Nacht zum Freitag kommt mit dem Herausschwenken des Troges
und einsetzender Warmluftadvektion sowie der hieraus resultierenden
Stabilisierung die Konvektion zum Erliegen. In tieferen Lagen ist, abgesehen von
der Nordseeküste und einigen Leelagen, der Wind nicht mehr warnrelevant, auf
höheren Berggipfeln kommt es nach wie vor zu Sturmböen Bft 8/9. In den Alpen
setzt Föhn mit teils schweren Sturmböen auf höheren Berggipfeln ein. Im
Nordosten wie auch im Südosten kann es vorübergehend aufklaren, aufgrund des
noch vorhandenen Gradienten ist die Nebelneigung gering, leichter Frost ist auf
die alpennahen Gebiete beschränkt.
Warmluftadvektion lässt von Südwesten her rasch mehrschichtige Bewölkung über
die Mitte hinweg ostwärts übergreifen, von Westen her breitet sich Regen bis in
die mittleren Regionen hinein aus.

Freitag ... setzt rasch in ganz Deutschland kräftige Warmluftadvektion ein.
Diese steht in Verbindung mit einer offenen Welle, die über Nordfrankreich und
die Benelux-Staaten und weiter über den Norden Deutschlands hinweg nordostwärts
gesteuert wird. An deren Scheitel und erst recht im Bereich der schleifenden
Kaltfront sind zeitweise, im Westen auch länger andauernde Regenfälle zu
erwarten. In den Staulagen einiger westlicher Mittelgebirge, etwa vom Saarland
bis zum Pfälzer Bergland, können in Staulagen die Schwellenwerte für Dauerregen
erreicht werden. Aufgrund der relativ trockenen Vorgeschichte drängt sich eine
Dauerregenwarnung nicht auf.
In der vorgelagerten Warmluft, d.h. im Süden und Südosten Deutschlands, etwa von
der Donauregion aus nordwärts bis nach Niederbayern und in die Oberpfalz hinein,
können einzelne starke Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Diese können bei
einem CAPE (KK) bis knapp über 500 J/kg immerhin mit kleinerem Hagel und
Sturmböen einhergehen. Im Alpenvorland ist für konvektive Umlagerungen die
Luftmasse föhnbedingt zu sehr ausgetrocknet.
Während abgesehen von einzelnen möglichen Gewittern im Süden und Osten aufgrund
des schwachen Gradienten warnrelevante Böen mit Bft 8/9 auf höhere Berglagen
beschränkt sind, erfolgt nördlich der Mittelgebirgsschwelle und im Westen wieder
eine leichte Gradientzunahme. Windböen Bft 7 kommen daher dort darüber hinaus
auch im Lee der dortigen Mittelgebirge und in einigen freien Lagen auf.
Ein weiterer Kurzwellentrog, der den o.g. Höhentiefkomplex umläuft, schwenkt vom
nahen Ostatlantik zur Iberischen Halbinsel. Die ohnehin kräftige südwestliche
Strömung beginnt hierdurch aufzusteilen. Hierdurch setzt an und in den Alpen
Föhn ein. Wenngleich die stärksten Böen im Bereich des Alpenhauptkammes
auftreten, so sind auch auf deutschen Alpengipfeln schwere Sturm- bis
orkanartige Böen zu erwarten, auf exponierten Gipfeln können Orkanböen nicht
ausgeschlossen werden. In föhnanfälligen Tälern muss mit Wind- und stürmischen
Böen gerechnet werden.
Größere Auflockerungen sind auf den Süden und Südosten, die Nordseeküste sowie
auf die östlichen Landersteile beschränkt. Ansonsten dominiert mehrschichtige
Bewölkung. Während unter der weitgehend geschlossenen Wolkendecke nur 9 bis 14
Grad erreicht werden, steigt sonst die Temperatur auf 15 bis 20, in Alpennähe
und im Südosten föhnbedingt bis auf 22 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt ein erster, aus dem über der Iberischen
Halbinsel liegenden Trog herauslaufender Kurzwellentrog nordostwärts und
überquert die Pyrenäen. Dies lässt ein flaches Tief im Bereich des
Zentralmassivs entstehen. Durch dieses Tief wird die über dem Westen
Deutschlands schleifende Kaltfront als Warmfront rückläufig, so dass die
Niederschläge im Westen Deutschlands spätestens mit Beginn der zweiten
Nachthälfte nachlassen.
Bedingt durch diese Tiefentwicklung weicht der Gradient etwas auf, so dass
allenfalls noch in exponierten Kamm- und Gipfellagen Wind- und stürmische Böen
zustande kommen. Auch schwächt sich der Föhn an und in den Alpen etwas ab. Mit
Sturmböen Bft 8/9 auf höheren Berggipfeln muss jedoch weiterhin gerechnet
werden.
Gebietsweise kann es aufklaren, in windgeschützten Lagen können sich flache
Nebelfelder bilden.

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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag ... wird der Kurzwellentrog vom Zentralmassiv zu den Benelux-Staaten
gesteuert. Das an dessen Vorderseite entwicklungsgünstig liegende flache Tief
intensiviert sich noch leicht und gelangt zum Ijsselmeer. Von diesem Tief
ausgehend erstreckt sich eine flache Tiefdruckrinne in den Südwesten
Deutschlands. Insgesamt ist jedoch die Lage als eher schwachgradientig zu
bezeichnen. Somit sind Wind- und einzelne stürmische Böen auf exponierte Kamm-
und Gipfellagen vor allem der östlichen Mittelgebirge beschränkt.
In dieser über dem Westen Deutschlands nach Süden reichenden Tiefdruckrinne
entwickeln sich an einer Konvergenz im Tagesverlauf starke Gewitter. CAPE (MU,
KK und leicht gedeckelt) erreicht in deren Bereich wie auch im Norden
Deutschlands 1000 bis über 1500 J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 20
bis 25 mm. Da die nahezu südliche Strömung leicht "flattert", ist die Hebung für
konvektive Umlagerungen hinreichend, so dass der Deckel durchbrochen werden kann
und somit konvektive Umlagerungen zustande kommen können. Zudem liegt das
Kondensationsniveau bei 800 bis 900 hPa, die Auslösetemperatur, die zwischen 17
und knapp über 20 Grad liegt, sollte erreichbar sein. Eine kräftige
niedertroposphärische wie auch hochreichende Scherung ist als Indiz für
organisiertere Strukturen hoch reichender Konvektion zu sehen, bei einer
entsprechenden Querzirkulation sind Superzellen bis hin zum Unwetter, vor allem
durch größeren Hagel und (schwere) Sturmböen, nicht auszuschließen. Signale
hierfür lassen sich bei ICON und EZMW finden, nicht aber bei GFS und UK10. Dies
dürfte den Beginn der konvektiven Saison 2024 einleiten.
Bedingt durch das Aufsteilen der Strömung und deren Drehung nahezu auf Süd kommt
der Föhn an und in den Alpen erneut in Gang - dieses Mal mit Schwerpunkt eher am
östlichen Alpenrand. Wiederum liegt das Böenmaximum am Alpenhauptkamm, aber
selbst auf deutschen alpengipfeln wird in Böen Sturmstärke erreicht, auf höheren
Gipfeln sind schwere Sturm- und orkanartige Böen nicht auszuschließen. In
föhnanfälligen Tälern ist der Wind mit Böen Bft7 und vereinzelten stürmischen
Böen ebenfalls warnrelevant.
In der Mitte und im Osten sind längere sonnige Abschnitte zu erwarten, wogegen
über dem Westen und Südwesten alsbald (konvektive) Bewölkung aufzieht.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen frühsommerliche 20 bis 26 Grad, wobei es
von Mittelfranken bis in die Lausitz hinein am wärmsten wird. Im Westen sowie im
Küstenbereich sind 14 bis 19 Grad zu erwarten.

Am Abend und in der Nacht zum Sonntag wird das flache Tief in die Nordsee
gesteuert und beginnt sich dort aufzufüllen. Dessen Kaltfront vereinigt sich mit
der vorlaufenden Konvergenz, die rasch nach Osten vorstößt. Der Föhn an den
Alpen bricht daher von der Bodenseeregion beginnend und ab der zweiten
Nachthälfte dann auch am östlichen Alpenrand alsbald zusammen. Bis dahin gibt es
aber noch auf höheren Alpengipfeln Sturm- und schwere Sturmböen und zumindest
Windböen Bft 7 in den hierfür anfälligen Tälern.
Kaltluftadvektion dürfte den schwachen Hebungsantrieb, der durch weitere, nach
Norden ablaufende Kurzwellentröge generiert wird, kompensieren, so dass die
Konvektion allmählich bei Verlagerung des flachen Tiefs über die Mitte
Deutschlands hinweg zur Nordsee zum Erliegen kommt. Dabei dürfte es sich bis in
die erste Nachthälfte hinein hinsichtlich der Konvektion hauptsächlich um
abgehobene Entwicklungen handeln. Die Kaltfront, die sich dann schleifend bis in
die Mitte Deutschlands vorarbeitet, nimmt Anacharakter an. Bei Frontpassage sind
vor allem in der ersten Nachthälfte einzelne Windböen und im Bergland stürmische
Böen möglich. Kaltluftadvektion dämpft auch deren Wetterwirksamkeit, so dass die
frontalen Niederschläge fernab von jeglicher Warnrelevanz sind. Da die
Luftdruckgegensätze insgesamt sehr gering sind, können sich dort, wo es zuvor
viel geregnet hatte, flache Nebelfelder bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis etwa Samstagmittag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Am Samstag wird dann das Übergreifen der flachen Tiefdruckrinne nebst
Konvergenz von EZMW und GFS rascher simuliert als von ICON und UK10. Während
EZMW und ICON das flache Tief in der Nacht zum Sonntag in die Nordsee verlagern,
wird von UK10 und GFS eine Zugbahn nach Nord- bzw. Nordostdeutschland
angenommen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann