DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-07-2020 07:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z
Heute zunächst an der Nordsee und später auch exponiert an der Ostsee stürmische
Böen Bft 8. Am Sonntag von der See im Tagesverlauf bis ins Binnenland
ausgreifend in freien Lagen stürmische Böen, an der Nordsee teils Böen bis
Sturmstärke, an der Ostsee weiterhin stürmische Böen, in der Nacht zum Montag an
der Nordsee andauernd. Dort in der Nacht zum Montag aufkommend kurze Gewitter
mit Sturmböen.
Am Montag im Norden und in Teilen der Mitte stürmische Böen, an der Küste und in
höheren Berglagen Sturmböen. Außerdem im Küstenbereich wiederholt, im Norden und
in der Mitte einzelne kurze Gewitter, dabei ebenfalls Sturmböen. In der Nacht
zum Dienstag im Binnenland abflauender Wind, anfangs an der Nordsee und bis
Dienstagfrüh auch an der Ostsee weiterhin stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland unter einer leicht zyklonalen westlichen Strömung.
Ein darin eingelagerter schwacher und kaum wetterwirksamer Kurzwellentrog wird
nach Nordostdeutschland gesteuert. Das korrespondierende Bodentief vermag sich
daher kaum zu entwickeln. Nachfolgend greift Warmluftadvektion von Nordwesten
her auf Deutschland über, was im Nordwesten und Norden und später bis in die
Mitte Niederschläge aufkommen lässt. Aufgrund der Nähe zur Frontalzone frischt
dort der Wind auf, so dass an der Küste Wind- und stürmische Böen und bis ins
Binnenland hinein und in Leelagen Windböen aufkommen. Dabei überwiegt stärkere
Bewölkung. Im Osten und Süden sowie in Teilen der Mitte hält sich schwacher
antizyklonaler Einfluss, was dort längere sonnige Abschnitte ergibt. Dies lässt
die Temperatur auf 23 bis 27 Grad steigen, wogegen in den anderen Gebieten unter
mehrschichtiger Bewölkung nur 17 bis 22 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Sonntag läuft ein weiterer Kurzwellentrog in die Nordsee
hinein. Dieser induziert über der nördlichen Nordsee eine markante Zyklogenese.
Im Norden und in der Mitte bleibt daher der Gradient unverändert kräftig, so
dass der Wind nur weiter landeinwärts abflaut. Während im Binnenland abseits der
Gebirge dann kaum noch warnrelevante Böen auftreten, treten an der Küste nach
wie vor Wind- und an der Nordsee stürmische Böen auf.

Sonntag... wird der Kurzwellentrog weiter nordostwärts bis nach Südskandinavien
geführt. Das korrespondierende Bodentief liegt entwicklungsgünstig und
entwickelt sich zu einem für diese Jahreszeit ungewöhnlich kräftigen Tief mit
einem Kerndruck unterhalb von 985 hPa, das in den Oslofjord gesteuert wird. Der
nachfolgende, kräftigere Trog greift auf die Britischen Inseln über. Dies lässt
die Strömung auf Südwest rückdrehen, so dass die Kaltfront des sich
entwickelnden Tiefs sich zwar bis in den Nordwesten vorarbeitet, dort aber
beginnt, leicht zu schleifen.
Insgesamt wird aber die Frontalzone etwas nach Süden gedrückt. Hierdurch frischt
gegenüber den Vortagen der Wind merklich auf. Abgesehen vom Süden und Südosten
sind verbreitet Windböen, an der See und in freien Lagen (vor allem in den
Leegebieten der Mittelgebirge) stürmische Böen zu erwarten. An der
nordfriesischen Küste muss mit Sturmböen und auf exponierten Gipfeln (Brocken)
mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Zudem setzen auch über dem westlichen
und nördlichen Mittelgebirgsraum geringe Niederschläge ein. Mehrschichtige
Bewölkung dürfte dann auch auf die Regionen südlich der Mittelgebirgsschwelle
übergreifen, so dass längere sonnige Abschnitte auf die Gebiete zwischen
Schwarzwald, Alpen und Bayerischen Wald sowie auf die Lausitz und das
Erzgebirgsvorland beschränkt bleiben. Mit Höchsttemperaturen zwischen 24 bis 28
Grad wird es noch einmal recht warm. Im Küstenbereich und im Nordwesten, d.h.
unter stärkere Bewölkung, sind 19 bis 23 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Montag schwenkt der Haupttrog über die Nordsee bis in die
Deutsche Bucht hinein, was die frontsenkrechte Windkomponente zunehmen lässt.
Die Kaltfront des Sturmtiefs verlagert sich folglich beschleunigt nach Südosten
und erreicht bis Montagfrüh die Linie Nordschwarzwald - Oberlausitz, was auf
eine etwas raschere Verlagerung der Kaltfront hindeutet, als am Vortag
anzunehmen war. Mit Passage der Kaltfront sind bis in tiefere Lagen einzelne
Windböen möglich, auch kommen Niederschläge auf, die nicht warnrelevant sind.
Zudem ist die Schichtung im Frontbereich stabil, so dass sich keine konvektiven
Umlagerungen abzeichnen.
Mit Annäherung des Troges kommt ganz im Nordwesten, d.h. in Nordseenähe und in
Schleswig-Holstein, Labilität ins Spiel, so dass dort wiederholt Schauer und
auch kurze Gewitter aufkommen. Bereits ohne Konvektion dürfte ausgangs der Nacht
in diesen Gebieten der Gradient für Wind- und stürmische Böen und über der
Nordsee für Böen bis Sturmstärke hinreichend sein. In Verbindung mit kräftigeren
Schauern und kurzen Gewittern können durchaus noch um 1 Bft höhere Böen
auftreten.

Montag... stellt sich eine ausgewachsene Troglage ein. Das korrespondierende
Bodentief etabliert sich über dem Bottnischen Meerbusen. Die Kaltfront dieses
Tiefs erreicht die Alpen und vermag den Alpenhauptkamm noch nicht so recht zu
überqueren, was am Alpenrand länger andauernde Niederschläge zur Folge hat.
Allerdings wird das gesamte Geschehen von Kaltluftadvektion überlaufen, Signale
für Dauerregen sind nur anhand der Probabilistik erkennbar.
Im Bodendruckfeld ergibt sich an der Nordflanke eines nach Süddeutschland
vorstoßenden Keils eine nordwest- bis westliche kräftige und zyklonal geprägte
Strömung. Gegenüber dem Wochenende legt der Wind weiter zu. Abgesehen vom Süden
und Südosten (dort nur in höheren Berglagen) sind durchweg Wind- im Norden und
in der Mitte auch verbreitet stürmische Böen zu erwarten. An der Küste und auf
höheren Berggipfeln besteht die Gefahr von Sturmböen.
Der nunmehr auf Deutschland übergreifende Trog bewirkt eine Labilisierung, so
dass im Norden zum Teil wiederholt und auch bis in den Mittelgebirgsraum hinein
mit einzelnen kurzen Kaltluftgewittern zu rechnen ist. Aufgrund des kräftigen
Oberwindes, der im 850 hPa-Niveau bis 35 kt erreicht, können dabei bis in den
nördlichen Mittelgebirgsraum hinein Sturmböen auftreten.
Südlich der Mittelgebirge und im Osten (aber deutlich abgesetzt von den Alpen)
sollte es nach Passage der Kaltfront weitgehend niederschlagsfrei bleiben. Das
aus der Kaltluftadvektion resultierende Absinken unterdrückt dabei die
Konvektion, so dass sich ein Wechsel zwischen Sc-Feldern und größeren
Auflockerungen einstellt. Gegenüber den Vortagen erfolgt ein merklicher
Temperaturrückgang. Während im Nordwesten und Norden in Abhängigkeit von der
Entfernung zur Nordsee 15 bis 19 Grad zu erwarten sind, werden in den anderen
Gebieten 19 bis 24 Grad erreicht.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt der wetterbestimmende Trog nach Polen.
Nachfolgend stellt sich eine relativ glatte nordwestliche Strömung ein.
Kaltluftadvektion bewirkt eine weitere Kräftigung des nach Süddeutschland
reichenden Bodenhochkeils. Gleichzeitig beginnt sich das über dem Bottnischen
Meerbusen liegende Tief aufzufüllen, so dass der Gradient zusehends
auseinandergezogen wird. Ab dem Abend flaut daher im Binnenland der Wind alsbald
ab, an der Küste treten jedoch bis in die erste Nachthälfte hinein noch Wind-
und stürmische Böen auf. Danach wird auch an der Nordsee der Wind schwächer.
Windböen treten dann nur noch an der nordfriesischen Küste auf. An der
Ostseeküste sind bis Dienstagfrüh Wind- und exponiert stürmische Böen zu
erwarten.
Mit dem Herausschwenken des Troges setzt zunächst an der Nordsee und ausgangs
der Nacht auch an der Ostsee Stabilisierung ein, was ein Nachlassen der
Schauertätigkeit bewirkt. Gewitter sollten dann nicht mehr auftreten. Die über
dem Ostalpenraum schleifende und dort möglicherweise sogar noch wellende
Kaltfront lässt die Niederschläge vor allem am östlichen Alpenrand noch
andauern.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder ergeben sich keine prognoserelevanten
Unterschiede. Gegenüber den Modellrechnungen der Vortage zeichnet sich in der
Nacht zum Montag jedoch ein etwas rascheres Übergreifen der Kaltfront ab.
Hinsichtlich der Temperaturen scheint MOS etwas zu hohe Werte anzubieten. Bei
Temperaturen, die im 850 hPa-Niveau im Nordwesten deutlich unter 5 Grad liegen
und zudem bei rasch wechselnder bis starker Bewölkung dürften die
Temperaturmaxima nur wenig über 15 Grad und nicht in der Nähe von 20 Grad
liegen.
In Bezug auf Dauerregen am Montag und in der Nacht zum Dienstag ergeben sich vor
allem am östlichen Alpenrand anhand von COSMO-LEPS und ICON-EU EPS, nicht aber
bei den verfügbaren deterministischen Modellen, Signale, die weiter zu monitoren
sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann