DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-05-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.05.2020 um 10.30 UTC



Zusammenbruch der Omegalage, Übergang zu Trog West- oder Mitteleuropa mit großen
Unsicherheiten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 06.06.2020


Die nordhemispherische Zirkulation ist derzeit stark gestört, sodass eine
meridionale Zirkulation deutlich überwiegt. Die auffälligste Struktur zum Beginn
der Mittelfrist am Dienstag, ist ein Atlantikkeil mit ungewöhnlich hohem
Geopotential, der am Dienstag vorderseitig eines Langwellentroges mit seiner
Achse weit nach Norden bis Grönland vorstößt. Dabei hat sich ein
korrespondierendes Bodenhoch aufgebaut, das ab Dienstagabend einen Kerndruck von
über 1035 hPa erreicht. An seiner Ostflanke entwickelt sich stromabwärts ein
Trog über dem Nordmeer, der im weiteren Verlauf für uns Wetterentscheident wird.

Über Europa, dominiert immer noch das alte Omega-Muster, das langsam zu
schwächeln beginnt. Deutschland befindet sich dabei unter Hochdruckeinfluss.
Durch Absinken und Warmluftadvektion auf der Vorderseite eines schwachen
Höhentiefs über Frankreich, hat sich die 850-hPa-Temperatur auf 14 °C im
Südwesten und bis 7 °C im Osten erwärmt.

Am Mittwoch entwickelt sich der Trog stromabwärts weiter und greift auf
Groß-Britannien über. Das Omega wird zwischen den neuen Trog und einem
osteuropäischen Langwellentrog immer mehr eingequetscht. Vorderseitig des
britischen Troges setzt über Frankreich Druckfall ein. Somit dreht die
Bodenströmung bei uns auf Süd, wodurch sich die WLA verstärkt. Die
850-hPa-Temperatur steigt im Südwesten auf 15 °C, sodass der erste heiße Tag mit
Höchstwerten über 30 °C erwartet werden kann. Die Luftmasse wird im Westen
zunehmend feuchter und labiler. Einzelne Gewitter sollten vornehmlich noch auf
die westlichen Mittelgebirge beschränkt bleiben.

Am Donnerstag bildet der Trog einen Cut-Off über der Biskaya, während der
nördliche Teil des Troges nach Skandinavien schwenkt. Dabei erfasst die
zugehörige Kaltfront den Nordwesten. Vorderseitig der Kaltfront wird feuchte und
labile Subtropikluft in die Südosthälfte Deutschlands advehiert, in der sich
Schauer und Gewitter bilden. Bei mäßiger Scherung besteht somit
Unwetterpotenzial.
In der Nacht zum Freitag wird die Front durch das Cut-Off-Tief, dass nun
Richtung Frankreich zieht, zurückgehalten und gerät über der Mitte Deutschlands
ins Schleifen.

Am Freitag verstärkt sich der Trog, dessen Zentrum westlich von Skandinavien
liegt, weiter. Dabei werden mit einer nördlichen Strömung arktische Luftmassen
über das Nordmeer nach Groß-Britannien bis in den Norden Deutschlands geführt.
Gleichzeitig hält das Cut-Off-Tief über Frankreich dagegen und versorgt den
Süden Deutschlands mit labiler subtropischer Luft, in der sich im Tagesverlauf
wieder kräftige Gewitter bilden. Die Konfiguration wirkt frontogenetisch, wobei
sich die Schleifzone der Front über den Norden Deutschlands mit stratiformen
Regen befindet.

Zum Wochenende zieht dann das Cut-Off-Tief nach Italien ab und macht den Weg
frei für den skandinavischen Trog. Die Kaltfront zieht Südostwärts über
Deutschland, sodass die etwas erwärmte arktische Luftmasse einfließen kann. Uns
würde dann typisches Rückseitenwetter erwarten.

Zu Beginn der neuen Woche schiebt sich der Keil des Atlantikhochs über die kühle
Luftmasse in Mitteleuropa, sodass sich langsam wieder Hochdruckeinfluss
durchsetzt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Eine Umstellung der Wetterlage mit Zusammenbruch der Omegalage wird von allen
Modellläufen gezeigt. Wetterentscheident für Deutschland ist jedoch die genaue
Position der Kaltfront, die maßgeblich von der Position des Cut-Off-Tiefs über
Westeuropa bestimmt wird. Diesbezüglich weißen die Modellläufe deutliche Sprünge
auf.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS rechnet schon im Vorfeld ab Dienstag mit Schauern und Gewittern in
Deutschland, wobei diese Konvektion auf den für GFS typisch zu hohen Taupunkt
zurück zu führen ist und deshalb nicht allzu ernst genommen werden sollte. Ab
Mittwoch lässt dann GFS das Cut-Off-Tief von der Biskaya mit der Bodenströmung
an der Südostflanke des Atlantiktiefs Südwestwärts auf den Atlantik ziehen,
sodass am Donnerstag noch schwacher antizyklonaler Einfluss dominiert,
nachfolgend aber die Front dennoch ins Schleifen Gerät, da die Achse des
Gesamtsystems in SW-NO-Richtung kippt. Dabei setzt sich das Zentrum des Troges
am Wochenende über der Ostsee fest. Im weiteren Verlauf bleibt es bei der
Nordlage mit einem Trog über dem westlichen Mitteleuropa.
ICON lässt den Trog mit samt Cut-Off über Westeuropa austrogen. Ganz Deutschland
verbleibt dabei in der labilen Subtropikluftmasse in einer Süd- bis
Südwestströmung. (Anhaltende Gewittersumpflage)
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von ECMWF und GFS sehen bis Mittwoch recht gebündelt aus. Ab
Donnerstag gehen sie dann ins Chaos über. Hatten die meisten ENS-Mitglieder in
den Vorläufen noch einen verzögerten Frontdurchgang berechnet, ist nun eine
knappe Mehrzahl der Mitglieder im neuen Lauf auf die kältere Variante
gesprungen.

Als Fazit, lässt sich festhalten, dass es sicher ist, dass die Omegalage
zusammenbricht. Ebenfalls sicher ist, dass sich ein Trog Stromabwärts Richtung
Mittel- bzw. Westeuropa entwickelt und wir ab Donnerstag einen eher
wechselhaften Witterungsabschnitt zu erwarten haben. Ob warm mit Gewittern oder
kühles Schauerwetter hängt maßgeblich von der genauen Position der Kaltfront ab,
die maßgeblich von der Entwicklung und der Zugbahn des Cut-Off-Tiefs über
Westeuropa bestimmt wird. Diese ist zurzeit aber derart unsicher, dass die
Prognose ab Donnerstag kaum möglich ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Gegen Ende der Woche steigt die Wahrscheinlichkeit schwerer Gewitter
insbesondere im Süden deutlich an. Je nach ENS-Mitglied sind auch einige
ausgeprägt Schwergewitterlagen dabei.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Donnerstag ECMWF-Hauptlauf, MOS-MIX; ab Donnerstag ECMWF-ENS-Mittel,
wahlweise tut es dann auch ein Würfel.

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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold