DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-10-2019 17:01
SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhige Spätherbstlage, kaum markante Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland zwischen einem Höhentief mit Zentrum über
Katalonien und einem Höhenrücken, der sich vom Ionischen Meer bis nach Polen
erstreckt. Bedingt durch einen Kurzwellentrog, der von diesem Höhentief
ausgehend die Pyrenäen überquert, ergibt sich über Deutschland eine sich
allmählich verstärkende süd- bis südwestliche Strömung, mit welcher oberhalb der
Grundschicht sehr warme (mit 850-er Temperaturen im Süden Deutschlands bis 20
Grad) Luft advehiert wird. Mit dieser Strömung kommt Föhn auf, so dass auf
exponierten Gipfeln und auch in den hierfür anfälligen Tälern Böen bis
Sturmstärke auftreten können. Eine entsprechende Warnung ist bereits aktiv. Bis
Donnerstagfrüh zerfällt das Höhentief in zwei Kerne. Der nördliche Kern
verlagert sich zur Bretagne, der südliche zu den Balearen.
Im Bodendruckfeld sind die Luftdruckgegensätze gering. Somit bleibt die feuchte
Grundschicht weitgehend unangetastet. Dort, wo es aktuell noch klar ist, kann
sich teils dichter Nebel bilden. Sonst verdichtet sich noch vorhandener Nebel
oder Hochnebel. Da sich das wetterbestimmende Bodenhoch allmählich weiter nach
Südosteuropa zurückzieht, ist dies vor allem in den für eine östliche bis
südöstliche bodennahe Strömung anfälligen Tallagen der Fall.

Donnerstag ... wird das "nördliche" der Höhentiefs in einen Trog einbezogen, der
auf die Britischen Inseln übergreift. Dieser Trog reicht bis nach
Nordfrankreich. Vorderseitig sorgt Druckfall für eine flache Tiefdruckrinne, die
in das Föhntief hineinläuft. Hierdurch dürfte der Föhn zusammenbrechen, so dass
sich hinsichtlich der für die Hochlagen der Alpen bestehenden Warnungen kein
Verlängerungsbedarf mehr besteht. Im Sommer würde dieses Szenario eine
ausgewachsene Gewitterlage ergeben. Die derzeitige Lage bringt jedoch kaum
Niederschlag; auch ein Luftmassenwechsel ist, da im Süden Deutschlands kaum eine
Gradientzunahme erfolgt, nicht in Sicht.
Das südlichere der Höhentiefs verlagert sich allmählich in Richtung Sardinien
und ist somit für unser Wettergeschehen nicht mehr relevant.
Auflockerungen kommen am ehesten in den östlichen Mittelgebirgen, in deren Lee
sowie am östlichen Alpenrand zustande. In diesen Gebieten steigt die Temperatur
auf 17 bis 22 Grad. Ansonsten hält sich vielfach Hochnebel, dessen Auflösung zum
Teil durch darüber liegende mittelhohe und hohe Wolkenfelder unterbunden wird.
Dort sind Nachmittagstemperaturen zwischen 11 und 15 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der Trog in den Nordwesten und Norden
Deutschlands. Da Kaltluftadvektion bis weit auf die Trogvorderseite vorstößt,
flacht der Trog ab. Nachfolgend bringt sich über dem Ostatlantik ein weiterer
Trog in Position.
Mit der Passage der Kaltfront, die dem Trog vorgelagert ist, legt der Gradient
von der Küste bis zu den Mittelgebirgen zu, was in diesen Gebieten zu einem
Luftmassenwechsel führt. Bis ins küstennahe Binnenland hinein können Windböen
auftreten, an der Küste sind stürmische Böen, exponiert an der Nordsee sowie auf
höheren Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.
Nennenswerte Niederschläge sind auf die Nordseeküste und den Alpenrand (wo ein
paar, aber weniger als 5 mm zusammenkommen können) beschränkt.
Im Süden kommt zwar auch eine westliche bodennahe Windkomponente in Gang, die
jedoch für das Ausräumen der feuchtkalten Grundschicht zu schwach ist.

Freitag ... führt von Westen übergreifende kräftige Warmluftadvektion, die auch
den Norden Deutschlands erfasst, zum Geopotentialgewinn und somit zu einer
Glättung der west-südwestlichen Strömung. Bedingt durch die Nähe zur Frontalzone
bleibt im Nordwesten und Norden ein vergleichsweise kräftiger Gradient bestehen,
so dass im küstennahen Binnenland weiterhin Windböen und an der See stürmische
Böen auftreten. Zudem kräftigt sich von Frankreich her der antizyklonale
Einfluss in Form eines Bodenhochkeils, der durch eine Brücke hohen Geopotentials
gestützt wird. Somit werden im Süden Deutschlands die geringen
Luftdruckgegensätze zunächst konserviert.
Gleichzeitig entwickelt sich aus einer kräftigen Welle ein Sturmtief, das in der
Frontalzone eingelagert ist und über die Britischen Inseln in die mittlere
Nordsee gesteuert wird. An dessen Südostflanke verschärft sich der Gradient, so
dass zum Abend hin in den westlichen Mittelgebirgen und in hierfür anfälligen
Tallagen warnrelevante Böen auftreten können. Da zuvor der Gradient auffächert
und der bodennahe Wind mehr auf südliche Richtungen rückdreht, flaut der Wind im
Norden ab, so dass dann an der Nordseeküste nur noch Windböen auftreten und an
der Ostsee warnrelevante Böen wenig wahrscheinlich sind.
Auflockerungen sind im Nordosten und im Lee der Mittelgebirge am
wahrscheinlichsten. In diesen Gebieten sind noch einmal Temperaturmaxima bis
knapp 20 Grad vorstellbar. Ansonsten bewegen sich die Temperaturen je nach
Auflösung von Nebel oder Hochnebel zwischen 12 und 18 Grad.
In der Nacht zum Samstag verlagert sich das Sturmtief mit nur geringfügig
weiterer Intensivierung in den Oslofjord. Die Kaltfront dieses Tiefs liegt
annähernd strömungsparallel und nähert sich der Nordseeküste, ohne aber auf das
Festland überzugreifen. Präfrontal legt der Wind erneut zu, so dass im
küstennahen Binnenland erneut Windböen, an der See stürmische Böen und an der
Nordseeküste (vor allem an der Nordfriesischen Küste) Böen bis Sturmstärke
aufkommen. Auf exponierten Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge sind schwere
Sturmböen vorstellbar.
Auch nach Süden hin kommt eine leichte Gradientzunahme in Gang. Wenngleich diese
für einen Luftmassenwechsel noch nicht hinreichend ist, so dürfte die
Nebelneigung, was warnrelevanten Nebel betrifft, jedoch zusehends geringer
werden.

Samstag ... greift ein weiterer, relativ breiter Trog auf die Britischen Inseln
über. Hierdurch wird die vorderseitig schleifende Kaltfront zögernd nach Süden
gedrückt und erreicht zum Abend hin die Nordseeküste. Mit der Annäherung der
Kaltfront kommen im Nordwesten und im Norden Niederschläge auf, die nicht
warnrelevant sind, aber immerhin einige, in Nordfriesland auch mehr als 5 mm
ergeben können. Präfrontal sind im Nordwesten und im nördlichen Binnenland
weiterhin Wind- und einzelne stürmische Böen und an der Nordsee sowie im höheren
nördlichen Bergland Böen bis Sturmstärke zu erwarten. Da aber die Kaltfront von
Kaltluftadvektion überlaufen wird und eine Frontalwelle, die nach Dänemark
gesteuert wird, daher kaum Entwicklungspotential aufweist, wird mit Annäherung
der Front der Gradient wieder auseinandergezogen, so dass der Wind etwas
abflaut. Zum Abend hin sollten im küstennahen Binnenland und an der See nur noch
Windböen und an der Nordfriesischen Küste allenfalls stürmische Böen auftreten.
Auf höheren Berggipfeln muss jedoch nach wie vor mit Böen bis Sturmstärke
gerechnet werden.
Bedingt durch die generelle leichte Gradientzunahme dürfte in weiten Teilen
Deutschlands die Grundschicht in Bewegung kommen. Nebel und Hochnebel sollten
sich daher, abgesehen von einigen Tallagen wie Teilen der Donauniederung, dem
Bodenseegebiet und dem Werratal, weitgehend auflösen, so dass längere sonnige
Abschnitte zu erwarten sind. Dabei wird es mit 17 bis 22 Grad noch einmal sehr
mild, wogegen unter dichter Bewölkung im Nordwesten und ganz im Norden sowie bei
zähem Hochnebel nur 10 bis 16 Grad zu erwarten sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante Unterschiede
ableiten. Erst zum Ende des Vorhersagezeitraumes hin ergeben sich leichte
Unterschiede. Während nach ICON-EU die Kaltfront am Abend die Nordseeküste
erreicht, dringt nach GFS diese Front bereits weit in den Nordwesten
Deutschlands vor. EZMW(00) verzögert die Kaltfront, was einer weiteren
Frontalwelle geschuldet ist, die die anderen Modelle nicht im Programm haben.
Demnach wäre eine gegenüber ICON-EU um 150 bis 200 km nah Norden verschobene
Frontenlage zu erwarten. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes positioniert
diese Welle im Vergleich zur EZMW-Vorhersage sogar noch ein wenig weiter nach
Norden verschoben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann