DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-08-2016 11:00
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNA
Am Alpenrand und im Südschwarzwald Gewitter mit Starkregen, lokal
Unwettergefahr. Im Nordosten einzelne, zumeist schwache Gewitter. Ab Donnerstag
im gesamten Südwesten steigende Gewittergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... lässt sich in der Höhe eine Omegawetterlage diagnostizieren, wobei
das hohe Geopotential von den Britischen Inseln bis zum Nordmeer reicht. An
seiner westlichen Flanke sitzt ein Trog mit eigenständigem Höhentiefzentrum
südlich von Grönland. Die davon ausgehende Trogachse unterwandert am Südrand den
Hochkeil und erstreckt sich bis nach Nordfrankreich. An der Ostflanke des Keils
befindet sich ein umfangreicher und kräftiger Trogkomplex über Osteuropa und
Westrussland.

Ein mit dem östlichen Trog in Verbindung stehendes Teil(höhen)tief liegt zum
Mittagstermin über der polnischen Ostsee. Seine Trogachse läuft im Tagesverlauf
allmählich in Richtung Süden und beeinflusst damit auch den Osten und Nordosten
des Landes mit feuchteren Luftmassen. Infolge der Höhenkaltluft mit T500er
Werten bis -22 Grad kommt es im Verlaufe des Tages in den angesprochenen
Gebieten zu einer deutlichen Labilisierung mit Schauerbildung. Auch einzelne
Gewitter sind durchaus möglich. Bei recht guten Scherungsbedingungen (0-6 km: 20
bis 25 m/s) sind bei sonst nur mäßigen Winden in der mittleren Troposphäre
durchaus auch einzelne Böen Bft 7, vielleicht sogar Bft 8 möglich.

Zum osteuropäischen Höhentief gehört auch ein Bodentief, welches sich über dem
südlichen Finnland befindet. Die davon ausgehende Kaltfront erstreckt sich zonal
orientiert über Deutschland bis nach Frankreich und verbleibt dort auch am
heutigen Tage nahezu stationär. Diese Quasistationarität erklärt sich durch den
Trog, der das hohe Geopotential von Westen her über Frankreich unterwandert und
damit die Front zurückhält. Zudem liegt die Front nahezu strömungsparallel mit
einer fehlenden frontensenkrechten Komponente. Die Luftmassengrenze trennt
feuchtwarme und labil geschichtete Luft über dem Süden Deutschlands von deutlich
trockenerer und stabiler Luft nördlich davon. Dementsprechend können sich in der
zweiten Tageshälfte in Richtung Alpenrand und im Südschwarzwald einige Gewitter
bilden. CAPE-Werte von 1000 bis 1500 J/kg werden in diesen Regionen nur wenig
gedeckelt vorhergesagt. Allerdings ist die Höhendynamik äußerst schwach. Kaum
hochreichende Scherung und geringe Höhenwinde sollten pulsierende Konvektion
getriggert von Orographie zu Folge haben, die sich nur wenig bewegt. In
Kombination mit ppw-Werten zwischen 25 und 30 l/qm ist insbesondere mit
Starkregen und Hagel bis 2 cm zu rechnen. Prognosesoundings deuten eine etwas
trockenere Grundschicht (rel. Feuchte) an, sodass im Anfangsstadium auch die
eine oder andere stärkere Fallböe (Bft 9) möglich erscheint. Das Hauptaugenmerk
ist aber in jedem Fall auf den Starkregen zu richten und kann in diesem
Zusammenhang auch zu unwetterartigen Entwicklungen führen, was auch von COSMO-DE
EPS und anderen Lokalmodellen angedeutet wird. Allerdings simuliert COSMO-DE
deterministisch wie auch probabilistisch Schauer/Gewitter, die im Laufe des
Vormittages vom Schwarzwald bis zum Allgäu ziehen sollen. Dies passt allerdings
so gar nicht zur Diagnose. Insofern ist das Nowcasting wohl heute die größere
Hilfe.

Abgesehen von den beiden angesprochen Baustellen im Nordosten und Süden wird der
Dienstag erneut ein freundlicher Tag mit viel Sonnenschein und Höchstwerten die
von 20 Grad im Nordosten und bis 31 Grad am Hochrhein reichen.

In der Nacht auf Mittwoch wandert die Trogachse des osteuropäischen
Trogkomplexes südwärts und trifft dabei auf die über Süddeutschland liegende
Luftmassengrenze. Die damit in Verbindung stehenden Hebungsimpulse dürften dazu
führen, dass die zunächst in den Abendstunden etwas abnehmende Schauer- und
Gewitteraktivität im weiteren Verlauf wieder angefacht wird. Damit sind auch in
der zweiten Nachthälfte im Südschwarzwald und entlang des Alpenrandes weiter
Gewitter möglich. Zwar nimmt nun auch die hochreichende Scherung etwas zu.
Tagesgangbedingt sollte aber der Großteil der Konvektion vom Boden entkoppelt
sein, sodass bei gleichzeitig auch etwas zunehmender Höhenströmung die Gefahr
für unwetterartige Entwicklungen abnimmt und die Gewitter sich zumeist im
markanten Bereich bewegen sollten.

Die Schaueraktivität im Nordosten und Osten lässt nach. Allerdings halten sich
noch dichtere Wolken. Im Rest des Landes gibt es nur wenige Wolken und bei
abseits der Gewitter schwachen Winden sind je nach Bedeckungsgrad minimal 16 bis
7 Grad zu erwarten.

Mittwoch... wird das Höhenhoch vollends abgeschnürt und verlagert sein
Schwerpunkt etwas weiter nach Norden. Damit kann das Höhentief über Osteuropa
seinen Einflussbereich stärker in Richtung Mitteleuropa ausweiten. Die
Höhenströmung über Deutschland weist damit einen zyklonalen Charakter auf. Vom
Boden bis in das 850 hPa Niveau erstreckt sich hingegen noch ein Hochkeil bis
nach Deutschland, ausgehend vom Hochschwerpunkt über Lappland. Demnach wird auch
der Mittwoch in vielen Regionen sonnig, wenngleich sich im Vergleich zum Vortag
in Richtung Nachmittag ein paar mehr Quellwolken zeigen.

Teil stärker bewölkt ist es durch die Trognähe im äußersten Osten und Nordosten,
aber auch dort bleibt es bei einzelnen schwachen Schauern. Die größten Probleme
macht nach wie vor der Süden. Dort liegen weiterhin die Reste der feuchtwarmen
Luftmasse mit ppw-Werte um oder etwas über 25 mm. Zwar ist die Labilität etwas
niedriger als noch am Vortag, dafür ist der Hebungsantrieb durch die
trogvorderseitige Lage idealer. Kurzum gibt es schon aus der Nacht heraus einige
Gewitter, die nach dem mittäglichen Minimum am Nachmittag wieder aufleben
können. Die Höhenströmung ist etwas stärker, als noch am Vortag, nimmt aber im
Tagesverlauf wie auch die hochreichende Scherung wieder ab. Zumeist sollten sich
die Gewitterwarnungen im markanten Bereich abspielen. Starkregen um 20 mm, Bft 8
und kleinerer Hagel sind am wahrscheinlichsten. Die Unwettergefahr ist durch die
abnehmende Labilität und die etwas stärkere Hintergrundströmung als tags zuvor,
nur gering.

Die Maxima bewegen sich in einem Südwest-Nordost-Gefälle zwischen 20 und 28
Grad.

In der Nacht auf Donnerstag nimmt der zyklonale Einfluss auch im unteren
Atmosphärenniveau zu. Das hat zur Folge, dass die Feuchtefelder des über dem
Baltikum befindlichen Bodentiefs sich allmählich (in Form einer Okklusion) in
den Norden und Nordosten des Landes verschieben. Bewölkungsverdichtung und erste
Niederschläge in der zweiten Nachthälfte sind die Folge. Auch die schauerartigen
Niederschläge in den Resten der feuchtwarmen Luft in Richtung Alpenrand kommen
nicht vollends zum Erliegen. Die Wahrscheinlichkeit von Gewittern nimmt aber
deutlich ab. Im großen Rest des Landes verläuft die Nacht weitgehend
bewölkungsarm. Bei oft nur schwachem Wind werden in den Gebieten mit wenigen
Wolkenfeldern 11 bis 6 Grad erwartet. Wo sich viele Wolken liegen die Werte
zwischen 15 und 10 Grad.

Donnerstag... hält die Entwicklung hin zu stärker zyklonalem Einfluss an. Das
Höhenhoch liegt über dem nördlichen Skandinavien und das Höhentief verschiebt
sich ganz allmählich weiter in Richtung deutsche Ostsee. Damit stellt sich
insgesamt eine High-over-Low Lage ein, wobei diese recht weit im Norden liegt.
Das Bodentief liegt unter Abschwächung nahezu achsensenkrecht unter dem
Höhentief. Seine Okklusion kommt mit den Feuchtefeldern noch etwas weiter
südwärts in Richtung Mitte des Landes voran.

Die Grenze zwischen sonnigem Wetter und eher stärkere Bewölkung mit zeitweiligen
schauerartigen Niederschlägen verläuft etwa von der Niederlausitz bis zum
Emsland. In dem südwärts anschließenden freundlichen Streifen zeichnet sich die
Luftmasse durch geringe Werte an spezifischer Feuchte aus, sodass in diesen
Regionen die Sonne überwiegt.

Von Frankreich kommend greifen im Tagesverlauf ganz allmählich feuchtere und
labil geschichtete Luftmassen auf den Südwesten über, sodass zum Nachmittag die
Möglichkeit von Schauern und Gewittern besteht. Wie schnell diese bis zum Abend
in Richtung Nordosten ausgreifen ist indes noch unsicher. In Richtung Alpenrand
liegen ohnehin noch die Reste der feuchtwarmen Luft, sodass dort wie auch an den
Vortagen im Laufe des Tages Schauer und Gewitter zu erwarten sind. Von den
Randbedingungen ist die Dynamik, mit verhältnismäßig schwachen Höhenwinden und
nur geringen hochreichender Scherung bei ppws um 25 mm, ähnlich wie an den
Vortagen. Unwetterartige Entwicklungen an den Alpen sind zwar nicht
ausgeschlossen, aber aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Die Maxima
bewegen sich wie gewohnt von Nordost nach Südwest zwischen 20 und 28 Grad, bei
abseits der Konvektion nur schwachen Winden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung der Großwetterlage wird von den verschiedenen Modellen recht
ähnlich vorhergesagt. Die größte Unsicherheit besteht bezüglich der
Fragestellung, wie schnell und weit die feuchtwarme Luft von Frankreich kommend
schon am Donnerstag in Richtung Nordosten ausgreifen kann. Insgesamt ist die
Modellwelt da schon deutlich weniger progressiv aufgestellt, wie noch an den
Vortagen simuliert. Das betrifft insbesondere die deutsche Modellkette, die
Konvektion kaum bis nach Deutschland vorankommen lässt, während bei den
Amerikanern diese bis fast zur Mitte möglich ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer