DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-08-2016 09:00
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu Wa (West antizyklonal)

Im Laufe des Tages an der Nordsee, später auch an Ostsee auffrischender SW-Wind
mit Böen 7 Bft. Am Samstag im Norden weitere Windzunahme, an der See sowie in
einigen Hochlagen der Mittelgebirge stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland vorderseitig eines breiten, von der
Iberischen Halbinsel bis zur Norwegischen See gerichteten Höhenrücken unter
einer relativ glatt konturierten nordwestlichen Höhenströmung. Der Rücken wird
von WLA überlaufen, die derzeit landesweit für kompakte Bewölkung und Regenfälle
bzw. Sprühregen sorgt. In der Bodenwetterkarte findet man entsprechend eine
Warmfront, die zu einem mehrkernigen Tief zwischen Island (dort liegt der
Schwerpunkt) und Norwegen gehört. Aufgrund ihrer höhenströmungsparallelen
Ausrichtung kommt die Warmfront nur langsam ostwärts voran, gleichwohl dürfte
sie den Vorhersageraum spätestens zum Tagesende vollständig passiert haben. Bei
gleichzeitig sich abschwächender WLA werden die Regenfälle im Tagesverlauf von
Westen her schwächer respektive verlagern sich mehr und mehr in den Osten und
Südosten. Betrachtet man die bis heute Abend berechneten 12h-Mengen, so liegt
das Maximum eindeutig am östlichen Alpenrand, was mit Staueffekten zu erklären
ist. Ob dabei aber tatsächlich die untere Warnschwelle für 12- oder gar
24h-Dauerregen gerissen wird, ist nach wie vor mehr als fraglich, die Hinweise
der Numerik fallen diesbezüglich eher dürftig aus. Trotzdem könnte das in
exponierten Staulagen punktuell der Fall sein, was aber noch keine flächige
Warnung rechtfertigen würde.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass es heute in der sehr feuchten und
eigentlich warmen (T850 am Abend in der gesamten Westhälfte um oder etwas über
10°C) Atlantikluft nur wenige Chancen auf Sonnenschein gibt. Am ehesten ist das
später im äußersten SW und NW der Fall, ansonsten dominieren Grautöne das
Geschehen. Durch die z.T. niedrigen Wolkenbasen kommt es in den Hochlagen der
Mittelgebirge zu Sichtbehinderungen durch aufliegende Wolken. Das
Temperaturniveau in 2 m Höhe bleibt aufgrund der fehlenden Einstrahlung merklich
gedämpft, so dass die von MOS-Mix (Basis 03 UTC) angebotenen Tageshöchstwerte
von 20°C und mehr (Ausnahme Teile der Küste sowie Ost- und Südostdeutschlands)
in den meisten Fällen um einige Grad zu hoch ausfallen dürften.
Warntechnisch wäre noch der Wind anzusprechen, denn zwischen der o.e.
Tiefdruckzone nördlich von uns und dem sich etwas kräftigenden Azorenhochkeil im
Süden baut sich ein mäßiger Gradient auf. So frischt der südwestliche Wind im
Laufe des Nachmittags an und auf der Nordsee soweit auf, dass dort mit einzelnen
Böen 7 Bft zu rechnen ist. Und auch in einigen exponierten Hochlagen sind 7er-,
auf den Alpengipfeln hier und da sogar 8er-Böen möglich.

In der Nacht zum Samstag wandert der Rücken langsam ost-südostwärts über
Deutschland hinweg. Später erreicht ein flacher KW-Trog die Nordsee, dem die
Kaltfront des mittlerweile mit seinem Hauptkern über Mittelnorwegen
positionierten Bodentiefs vorgeschaltet ist. Sie bleibt bis zum Morgen noch
draußen auf der Nordsee liegen, so dass Deutschland quasi komplett in den
Warmsektor dieses Tiefs gelangt. Da die WLA weitgehend zum Erliegen kommt,
schwächen sich auch die Hebungsprozesse soweit ab, dass kaum noch Niederschläge
auftreten. Für etwas Regen oder Nieselregen in den östlichen Landesteilen, im
Mittelgebirgsraum (außer W und SW) sowie an den Alpen reicht es aber schon noch,
schließlich braucht es nicht viel, um aus dieser feuchten Luftmasse etwas
rauszuholen.
Im W und S, wo die Wolkendecke teilweise aufreißt, bildet sich in der feuchten
Grundschicht Nebel. Der SW-Wind legt nach Norden eher noch etwas zu (7er-Böen
auch auf die Ostseeküste übergreifend, dazu Sturmböen 8-9 Bft auf Brocken und
Fichtelberg), schwächt sich dafür aber auf den süddeutschen Bergen etwas ab.


Samstag... stellt sich rückseitig des inzwischen über dem östlichen Mitteleuropa
angelangten Höhenrückens eine relativ glatte Zonalströmung ein, mit der besagter
KW-Trog über den äußersten Norden ostwärts gesteuert wird. Von der Nordsee her
greift im Laufe des Vormittags die Kaltfront des am Mittag mit etwas unter 1000
hPa über Mittelnorwegen positionierten Bodentiefs auf den äußersten NW über, von
wo aus sie sich langsam südwärts vorarbeitet. Bis Mitternacht hat sie die
Norddeutsche Tiefebene überquert und nähert sich langsam dem nördlichen
Mittelgebirgsraum an.
Rückseitig strömt ein Schwall erwärmter Meereskaltluft aus subpolaren Breiten in
den Norden Deutschlands, in der sich einzelne Schauer entwickeln. Auch an der
Kaltfront selbst kommt es gebietsweise zu überwiegend leichten schauerartigen
Regenfällen. Für Gewitter wird es sehr wahrscheinlich nicht reichen, weil es
sowohl prä- als auch postfrontal an ausreichend Labilität fehlt.
Während sich Norddeutschland also auf einen wechselhaften Samstag einstellen
muss, dürfen sich der Süden und auch die Mitte über einen freundlichen Augusttag
freuen. Aus dem Azorenhochkeil spaltet sich eine eigenständige Hochparzelle mit
etwas über 1025 hPa ab, die zur Mittagszeit weite Teile des Alpen überdeckt,
deren Einfluss aber bis in die mittleren Landesteile reicht. Zwar ist die
Grundschicht zunächst noch recht feucht und indifferent bis leicht labil
geschichtet, ihre vertikale Mächtigkeit ist aber stark limitiert. Zwischen 900
und 850 hPa etabliert sich eine Inversion bzw. Isothermie, die ein Anwachsen
möglicher Quellbewölkung verhindert. Auch gibt es keine Anzeichen dafür, dass es
zu einer signifikanten Ausreitung der Quellungen an der Inversion kommen könnte,
so dass eine großflächige und damit stark strahlungsmindernde Bildung von
Stratocumulus cumulogenitus nicht zu erwarten ist. Oder anders ausgedrückt, es
scheint häufig die Sonne, auch wenn sich hin und wieder ein paar flache
Quellungen davorschieben.
Die Temperatur steigt im Süden und in der Mitte mit Ausnahme höherer Berglagen
verbreitet auf 25 bis 30°C (T850 erreicht 10 bis 15°C), wobei die 30°C am
ehesten im Oberrheingraben bzw. am Hochrhein auftreten dürften. Nach Norden hin
(T850 meist bei 6 bis 9°C) stehen 2m-Maxima von 18 bis 24°C auf der Karte.
Der südwestliche bis westliche Wind legt im Norden nicht zuletzt auch mit
Unterstützung des Tagesgangs noch etwas zu und erreicht an der Küste sowie im
Landesinnern SHs Spitzen bis 8 Bft, etwas weiter südlich im küstennahen
Binnenland bis 7 Bft. Auf dem Brocken und dem Fichtelberg bleibt es in Böen
stürmisch (8-9 Bft), in den Hochlagen der nördlichen und zentralen Mittelgebirge
sind ebenfalls 7er-Böen wahrscheinlich.

In der Nacht zum Sonntag verbleibt Deutschland am S-SW-Rand des umfangreichen
nordeuropäischen Tiefs, das seinen Kern langsam aber sicher via Mittelschweden
und den südlichen Bottenbusen gen Finnland verlagert. Aufgrund ihrer
strömungsparallelen Ausrichtung tut sich die ohnehin nicht besonders
wetterwirksame Kaltfront schwer, Boden nach Süden hin gutzumachen, so dass sie
den zentralen Mittelgebirgsraum wohl nicht überqueren wird. Nennenswerte
Regenfälle sind an der Front nicht zu erwarten, was etwaige Niederschläge bei
uns auf ein paar wenige Schauer im Norden (insbesondere über See und in
unmittelbarer Küstennähe) reduziert. Dort nimmt auch der Wind allmählich ab,
weil mit Verlagerung des Tiefs der Gradient von Westen her beginnt aufzufächern.
Am längsten dürften Böen 7 Bft, anfangs vereinzelt 8 Bft noch an der Ostseeküste
und dort Richtung Vorpommern auftreten. Im windschwachen Süden hingegen bilden
sich bei häufig klarem Himmel einige Nebelfelder.

Sonntag... erreicht das Bodentief den Westen Finnlands. Die zugehörige Kaltfront
"muckelt" in den mittleren Landesteilen weiter vor sich hin, ohne dass sie sich
aber auflöst. Für mehr Wolken als tags zuvor sowie hier und da ein paar
Spritzer Regen reicht es allemal, zudem wird in Süddeutschland Druckfall
ausgelöst, so dass sich die am Samstag noch präsente Hochparzelle über den Alpen
auflöst. Präfrontal sickert im Süden etwas labilere Warmluft ein, in der die
ML-CAPE-Werte an der einen oder anderen Stelle bis nahe 500 J/kg ansteigen. Da
diese aber im Wesentlichen gedeckelt ist (CIN teils im dreistelligen Bereich),
spricht derzeit nicht allzu viel für die Auslöse von Gewittern, auch nicht mit
Hilfe der Orografie. Ganz ausgeschlossen sind vereinzelte Gewitter (maximal
markant) aber auch nicht, wobei vor allem die Alpen als potenzielles Areal in
Frage kommen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass in den südlichen
Landesteilen auch am Sonntag trotz einiger Quell- und/oder Cirruswolken häufig
die Sonne scheint. Dabei steigt die Temperatur auf 25 bis 30°C, im S und SW
Baden-Württembergs punktuell auch etwas darüber.
Weiter im Norden gestaltet sich der Wetterablauf nach wie vor eher wechselhaft,
wenn auch nicht durchweg unfreundlich. So wird auch dort ab und zu die Sonne zum
Vorschein kommen, wenn in der Regel auch nicht so häufig und lange wie im Süden.
Zudem können sich einzelne Schauer entwickeln, wobei dem üblichen Tagesgang noch
ein von der Nordsee und den Niederlanden in den NW hereinschwenkender KW-Trog
hebungsfördernd zur Seite stehen könnte. Für Gewitter wird es mangels
ausreichend Labilität (es fehlt u.a. an der nötigen Höhenkaltluft) sehr
wahrscheinlich nicht reichen. Temperaturmäßig reicht es für 18/19°C im Falle
auflandigen Windes an Nord- und Ostsee und bis zu 25°C im weiter südlich
gelegenen Binnenland.
Apropros Wind, der spielt - weiterhin aus westlichen Richtungen kommend - auch
an der Küste keine substanzielle Rolle mehr, zumindest im Laufe des Tages.
Einzig in Vorpommern könnte es auch am Nachmittag noch für einzelne Böen 7 Bft
reichen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung wird von den anderen Modellen sehr ähnlich gesehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann