DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-08-2016 09:00
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ab dem Abend im Süden, später auch im Osten teils unwetterartiger Dauerregen,
sowie einzelne teils kräftige Gewitter. Am Freitag und Samstag vor allem im
Westen und Norden Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Mitteleuropa in einer westlichen Grundströmung, die
zunehmend auf Südwest dreht. Verantwortlich dafür ist ein sich im Tagesverlauf
amplifizierender Trog bei den Britischen. Damit steilt die Strömung stromabwärts
weiter auf, sodass sehr warme Luftmassen mit einer 850 hPa Temperaturen zwischen
15 bis nahe 20 Grad in den Süden von Deutschland geführt werden. Dementsprechend
erwartet die dortige Region heute ein hochsommerlicher Tag mit Spitzenwerten bis
32 Grad entlang und südlich der Donau.

Über dem Norden und Nordwesten ist hingegen eher kühler Meeresluft
wetterwirksam. Die 850 hPa Temperatur liegt zwischen 6 und 9 Grad, sodass bei
nur zeitweiligem Sonnenschein höchstens 20 bis 24 Grad erwartet werden. Die
beiden Luftmassen werden von einem Frontensystem getrennt, das zu einem Tief
gehört, welches im Tagesverlauf zur Norwegischen Küste zieht. Durch das
Aufsteilen der Strömung wird das Vorankommen der Front mit Hilfe
trogvorderseitiger, kurzwelliger Anteile durch Wellenbildung zunächst
ausgebremst. Die Front verbleibt tagsüber in einem Streifen von Rheinland Pfalz
bis nach Brandenburg, sodass dort entsprechend mit zeitweiligen Niederschlägen
gerechnet werden muss, die zum Teil auch konvektiv verstärkt sein können.

Zum Nachmittag kommt das Thema Gewitter in der Warmluftmasse im Süden in den
Diskussionsbereich. Allerdings sind die Signale dafür zunächst wenig
überzeugend. Zwar ist im Süden die Labilität deutlich erhöht, insbesondere durch
die südliche Anströmung. Andererseits führt die sich dadurch entwickelnde leicht
föhnige Komponente aber auch dazu, dass sowohl relativ wie auch absolut die
Feuchtigkeit in den unteren Schichten nur begrenzt ist. Es ergibt sich also
keine ideale Überlappung. Auch die Zutat Hebung ist zunächst begrenzt.
Die Situation bessert sich ab dem späten Nachmittag bzw. Abend von Westen her,
wenn der sich weiter amplifizierende Trog und die damit in Verbindung stehenden
Hebungsprozesse sich langsam annähern. Zudem bricht dann allmählich auch der
Föhn von Westen her zusammen. Die Signale der Modelle für Konvektion sind
aufgrund der oben angesprochenen Dinge auch eher bescheiden. Wenn sich
allerdings gegen Abend einzelne Gewitter ausbilden, können diese auch kräftiger
ausfallen. Dies ergibt sich vor allem wegen recht kräftiger hochreichender
Scherwerte. Zudem hat der Föhn zur Abtrocknung in der unteren Troposphäre
gesorgt. Die Gewitter können also von Starkregen und zum Teil schweren Sturmböen
begleitet sein. Letzteres aufgrund Verdunstungsabkühlung, trotz eher schwacher
850 hPa Winde.
Bei organisierter Konvektion sollte auch die Unwetterschwelle in Bezug auf
Starkregen (>25 mm) in Reichweite sein. Insgesamt bleibt diese Gefahr aber im
Großteil der Fälle eher begrenzt.

Bleibt noch der Wind. Dieser frischt vor allem im Küstengebiet und im Bergland
im Tagesverlauf durch den sich kräftigenden Gradienten auf. Auf den
Nordseeinseln und den Bergkuppen sind Bft 8 im Bereich des Möglichen. Stichwort
Föhn in den Alpen: Das sich entwickelnde Leetief über Südbayern ist derart
positioniert, dass der stärkste Gradient eher über den zentralen Alpen zu finden
ist und damit nur die Alpengipfel bzw. Täler in den zentralen Alpen von Föhnböen
betroffen sein dürften.

In der Nacht auf Freitag stößt der sich weiter amplifizierende Trog nach
Mitteleuropa und Deutschland vor, sodass nun die bisher schleifende Front Fahrt
aufnimmt und nach Süden vorankommt. Gleichzeitig stößt am Boden ein Keil des
Azorenhochs nach Süddeutschland vor. Damit ergeben sich ideale Scherbedingungen
in der unteren und mittleren Troposphäre. Während bodennah der Wind auf
nördliche Richtungen dreht, weht dieser in der mittleren Troposphäre aus Süd bis
Südwest. Die anfänglich noch weiter konvektiv geprägten Niederschläge gehen
damit im weiteren Verlauf in Dauerregen über. Die Modelle geben durch die Bank
weg klare Signale für das Überschreiten der markanten Dauerregenschwelle,
wenngleich die genauen Schwerpunkte schwanken. Hauptsächlich betroffen davon ist
die Schwäbische Alb und der Alpenrand und zum Teil der Südschwarzwald.
Für den direkten Alpenrand werden auch Mengen im Unwetterbereich von mehr als 40
l/qm in 24 h vorhergesagt, die auch von den Ensembles wie COSMO-LEPS und
ECMW-EPS gestützt werden mit Wahrscheinlichkeiten bis 50 %. Hauptsächlich
betroffen davon sind das Allgäu und das Berchtesgadener Land. Dort ist also wohl
eine Unwetterwarnung notwendig. Zu beachten ist noch, dass der Großteil der
Menge innerhalb von 12 h fallen soll, sodass der genaue Zeitraum der Warnung
noch zu diskutieren ist.

Das einst im Lee induzierte Bodenief zieht dynamisch gestützt trogvorderseitig
weiter nach Tschechien. An der Nordseite ergibt sich damit teils kräftige WLA,
die auch die östlichen Teile von Thüringen, Nordostbayern, sowie Sachsen und
Brandenburg erfasst. Dort setzen dann ebenfalls teils kräftige Niederschläge
ein. Zu Beginn sind diese auch noch von Gewitter durchsetzt. Damit sind bei
ppw-Werten deutlich über 30 mm auch kurzzeitig Niederschlagssummen bis hart an
den Unwetterbereich denkbar. Innerhalb von 12 h simulieren die Modelle 20 bis 40
l/qm. Einzelne Modelllösungen wie ICON-Nest bringen auch Signale für Unwetter.
Letzteres scheint derzeit unter Berücksichtigung der Ensembles eher
unwahrscheinlich. Für markanten Dauerregen gibt es ebenso vom ECMW-EPS deutliche
Signale. Die einzige Frage ist, ob diese evtl. auch mit Starkregen durch
konvektive Verstärkungen oder Gewitter abgehandelt werden kann (6 h).

Im Rest des Landes ist wenig Wetteraktivität zu erwarten, wenn man von einzelnen
Kaltluftgewittern im Nordseeumfeld absieht.

Freitag... schiebt sich die recht markante Trogachse nach Deutschland.
Rückseitig wird Kaltluft advehiert und das Wettergeschehen beruhigt sich rasch.
Aus der Nacht heraus gibt es noch teils ergiebige Niederschläge, die sich am
Nachmittag zum östlichen Alpenrand zurückziehen. Auch im Osten sind die
kräftigen Niederschläge nur am Vormittag wirksam, ehe diese mit Verlagerung des
Bodentiefs nach Polen langsam ostwärts abziehen.

In großen Teilen von Deutschland ergibt sich damit typische Trogwetter mit rasch
wechselnder Bewölkung. Zudem gibt es häufige Schauer und auch einzelne Gewitter
vor allem im Westen und Nordwesten. Im Bodendruckfeld sind zudem einzelne
Trogstrukturen eingelagert, sodass es durchaus denkbar ist, dass die Konvektion
zum Teil besser und linienhaft organisiert auftreten kann. Die Höhenströmung und
damit auch die Scherung sind nur gering. Windtechnisch sollten die Gewitter im
gelben Bereich bleiben. Allerdings sind die ppw-Werte noch recht hoch (20 bis 25
mm). Dadurch muss bei geringen 500 hPa Winden vereinzelt mit Starkregen
gerechnet werden. Zudem besteht im Trogsektor (geringe 500 hPa Winde) bei den im
Tagesverlauf sich entwickelnden lokalen Konvergenzen die Gefahr einzelner Typ-II
Tornados. Das wird insbesondere auch dadurch gestützt, dass gleichzeitig das HKN
um oder unter 1000 m vorhergesagt wird.

Der Wind spielt abgesehen von einzelnen Berggipfeln im Südosten und Süden, wie
auf den Nordseeinseln, keine nennenswerte Rolle.

In der Nacht auf Samstag gelangen große Teile von Deutschland auf die
Trogrückseite bei sich bodennah kräftigendem Hochdruckeinfluss. Letzte
Niederschläge sollten damit am Ostalpenrand nachlassen und die Schauer/Gewitter
im Westen und Nordwesten fallen tagesgangbedingt ebenfalls bald zusammen. Der
Luftdruckgradient ist nach Norden am stärksten, sodass dort an der See einzelne
Böen Bft 7 möglich sind. Sonst ist es nur schwachwindig. Damit kann sich das
eine oder andere dichtere Nebelfeld bilden.

Samstag... liegt Deutschland weiterhin auf der Trogrückseite in einer
nordwestlichen Höhenströmung. Die Labilität ist dabei mit der höhenkalten Luft
nach Norden und Nordosten am höchsten. Die Schaueraktivität sollte entsprechend
vornehmlich die Nordhälfte betreffen. Auch das eine oder andere Gewitter ist
noch möglich. Allerdings ist die Höhenströmung deutlich kräftiger als am Vortag,
sodass langsam ziehende Gewitter und damit Starkregen wohl allgemein kein Thema
mehr sein sollten. Gleichwohl sind Windböen im Bereich des Möglichen. Mit
einzelnen gelben Gewitterwarnungen sollte man also über die Runden kommen. In
der Südhälfte ist die Höhenströmung leicht antizyklonal konturiert und auch am
Boden ist der Hochdruckeinfluss kräftiger. Entsprechend gestaltet sich das
Wetter dort meist freundlich und trocken.

Erwähnenswert ist noch der Wind, der mit dem kräftigen Gradienten insbesondere
an der Ostsee in Böen teils stürmisch aus West bis Nordwest weht. Sonst
gestaltet sich der Tagesverlauf warntechnisch eher ruhig.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Großwetterlage konsistent und in guter
Übereinstimmung. Unterschiede ergeben sich aber noch im Detail. Während die
Dauerniederschläge im Süden recht konsistent vorhergesagt werden, ergeben sich
noch größere Fragezeichen für die Regionen in Richtung Osten (Thüringen,
Nordostbayern, Sachsen, Brandenburg). Dort gibt es durchaus Modellösungen, die
die Niederschlagsmengen nicht so hoch ansetzen, wie beispielsweise die deutsche
Modellkette. Auch ließe sich überlegen, ob die Warnungen nicht eher im
sechsstündigen Bereich zu finden sind, wie die Mehrheit der Modelle andeutet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer