DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-07-2016 21:00
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.07.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Küsten und im östlichen Bergland stürmische Böen, ansonsten vor allem im
Süden zunehmender Hochdruckeinfluss und Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines von Skandinavien
über Mitteleuropa bis ins Mittelmeer reichenden Langwellentroges. Auf dessen
Vorderseite verlagert sich ein hochreichendes Tiefdruckgebiet von Zentralpolen
nordwärts zur östlichen Ostsee, während ein weiterer Randtrog über Südfrankreich
(in 500 hPa) bzw. über Südwestdeutschland (in 300 hPa) Richtung Mittelitalien
zieht und im weiteren Verlauf dort abtropft Dabei kommt die Achse des Troges
etwas nach Osten voran, weiter stromaufwärts wölbt sich ein Höhenrücken von der
Biskaya über die Britischen Inseln und der westlichen Nordsee auf.
Im Bodenfeld verlagert sich das Vb-Tief weiter ins Baltikum, so dass die
anhaltenden Regenfälle im äußersten Osten in den Abendstunden rasch nachlassen
und die Dauerregenwarnungen nicht mehr verlängert werden müssen.
Gleichzeitig weitet sich ein Hochkeil von Frankreich her nach Südwestdeutschland
aus.
Somit dürfte die Schauertätigkeit im Südwesten mehr und mehr zum Erliegen
kommen, Gewitter sollte es ab der ersten Nachthälfte kaum mehr geben. Die von
der Nordsee her landeinwärts ziehenden schauerartigen (Sprüh)regenfälle weiten
sich allmählich südostwärts bis in den Mittelgebirgsraum aus, wobei meist
weniger als 1 mm in 12 Stunden fallen, lediglich in den Nordweststaulagen der
Mittelgebirge und an der Nordsee können wenige mm zusammenkommen.
Auch an den Alpen dauern die teils schauerartigen Niederschläge staubedingt
weiter an, wobei die nur noch leichte, maximal mäßige Intensität der Regenfälle
keine Dauerregenwarnung mehr rechtfertigen. Bis Freitagfrüh kommen in den
Staulagen etwa 5 bis 10 mm zusammen, in exponierten Lagen auch noch mehr.
Die Advektion polarer Meeresluft erreicht ihren Höhepunkt, die Temperaturen in
850 hPa sinken auf 2 bis 5 Grad. Somit kann es an den Alpen stellenweise bis in
Lagen unterhalb von 2000 m schneien.
Der Wind schwächt sich zwar im Binnenland tagesgangbedingt ab, der Druckgradient
bleibt aber mit dem Vorrücken des Keiles recht scharf ausgeprägt, bzw.
verschärft sich an den Küsten sogar noch ein wenig. Dort gibt es verbreitet - im
Laufe der Nacht dann auch an der vorpommerschen Ostseeküste - starke Windböen
Bft. 7 aus Nordwest, im Nordseeumfeld vorübergehend auch stürmische Böen (Bft.
8). Auf exponierten Gipfeln einiger Mittelgebirge kann es ebenfalls stürmische
Böen oder Sturmböen (Bft. 8 bis 9) geben.

Freitag ... tropft das Höhentief über Mittelitalien ab und zieht allmählich
ostwärts. Der verbleibende Resttrog zieht nach Nordosteuropa. Der Höhenrücken
kommt mit seiner Achse noch etwas weiter nach Osten, etwa bis zur mittleren
Nordsee voran, so dass die Höhenströmung auf dessen Vorderseite über dem
Vorhersagegebiet allmählich auf nördliche Richtungen dreht.
Im Bodenfeld weitet sich der Hochkeil - ausgehend von einem Hochdruckgebiet über
der Biskaya - über Frankreich und den Süden Deutschlands hinweg weiter ostwärts
bis nach Polen und die Ukraine aus. Somit gelangt von Nordwesten her weiterhin
leicht labil geschichtete Meeresluft polaren Ursprungs nach Deutschland, die vor
allem nach Westen und Südwesten zu unter dem Einfluss des Höhenrückens stark
gedeckelt ist. Die Absinkinversion befindet sich dort in etwa zwischen 800 und
750 hPa. Somit bilden sich dort im Tagesverlauf zwar Quellwolken, diese breiten
sich dann aber an der Inversion eher horizontal aus ("stratocumulus
cumulugenitus"), so dass es kaum mehr für Schauer reichen dürfte. Im Norden und
Osten sind dagegen noch leichte Schauer ohne nennenswerte Niederschlagsmengen
möglich. An den Alpen kommt es aufgrund der nieder- und mitteltroposphärisch
nördlichen Anströmung zu weiteren, teils schauerartigen Stauniederschlägen,
Gewitter sind dabei aber wenig wahrscheinlich. Erneut werden 5 bis 10 mm in 12
Stunden simuliert, COSMO_EU und ICON-Nest haben auch Mengen über 10 mm auf der
Karte.
Von Warnrelevanz bleibt somit eigentlich nur der Wind. An der Nordostflanke des
Hochkeils bleibt der Druckgradient zunächst noch relativ scharf ausgeprägt und
mit Unterstützung durch den Tagesgang dürfte es im Tagesverlauf im Nordosten
auch im Binnenland wieder starke Windböen aus Nordwest geben. An den Küsten sind
exponiert anfangs auch noch stürmische Böen möglich, auch auf den Gipfeln
insbesondere der östlichen Mittelgebirge kann es stürmische Böen geben. Zum
Abend hin fächert der Gradient aber deutlich auf und der Wind nimmt ab.
Die Sonne macht sich generell rar, am häufigsten dürfte sie sich noch im
Südwesten sowie an den Küsten zeigen. Die Temperaturen in 850 hPa bewegen sich
um 5 Grad, so dass es mit Höchstwerten zwischen 15 und 20 Grad - im Stau der
Alpen darunter, entlang des Rheins auch knapp darüber - für die Jahreszeit zu
kühl bleibt.

In der Nacht zum Samstag weitet sich die Frontalzone von den Britischen Inseln
bis nach Südskandinavien aus, wodurch der Höhenrücken nach Südosten gedrückt
wird und sich Samstagfrüh über Norddeutschland befindet. Gestützt wird dieser
noch durch kräftige und hochreichende WLA.
Im Bodenfeld wird der Hochkeil, der sich bis in die Mitte des Landes ausgeweitet
hat, wieder etwas nach Süden abgedrängt. Auf den Nordwesten greift die Warmfront
eines Tiefs südöstlich von Island über, macht sich aber hauptsächlich anhand
dichter Wolkenfelder bemerkbar, Niederschläge werden daran auch im Nordseeumfeld
kaum simuliert.
An den Alpen lässt die Staukomponente nach, so dass die Regenfälle im Laufe der
Nacht allmählich aufhören dürften. Insgesamt werden auch in Staulagen maximal
noch wenige mm simuliert. Somit steht eine ruhige und weitgehend warnfreie Nacht
ins Haus. Im Nordwesten und Westen bleibt es aufgrund der WLA weitgehend stark
bewölkt bis bedeckt, sonst klart der Himmel gebietsweise auf. Dann kann sich
örtlich Nebel bilden. Vor allem in höher gelegenen Tälern der süd- und
ostdeutschen Mittelgebirge ist auch Bodenfrost oder gar leichter Luftfrost nicht
komplett ausgeschlossen.

Samstag ... kann die Frontalzone auf den äußersten Norden Deutschlands
übergreifen, die Achse des Höhenrückens verläuft am Abend in etwa über der
"nördlichen Mitte".
Auch im Bodenfeld wird der Hochkeil noch etwas nach Südwesten abgedrängt. Die
Warmfront dringt mit dichten Wolkenfeldern, aber höchstens nur sehr leichten,
nicht nennenswerten Niederschlägen bis in die mittleren Landesteile vor. Die
Kaltfront des allmählich Richtung Norwegische See ziehenden Tiefs kommt mangels
Schubkomponente unter Wellenbildung nur langsam nach Süden voran und greift am
Abend mit schauerartigen Regenfällen auf die Deutsche Bucht bzw. auf
Schleswig-Holstein über, warnwürdige Regenmengen sind aber nicht zu erwarten.
Nach Süden und Osten zu überwiegt Hochdruckeinfluss. Etwa südlich von Mosel und
Main sowie am Erzgebirge und in der Lausitz scheint häufig die Sonne. Ein
leichtes Schauer- und Gewitterrisiko besteht an den Alpen, die sich im
Einflussbereich leicht labiler Luftmassen am Nordwestrand des Höhentiefs über
dem Balkan befinden.
Mit der auf Westsüdwest drehenden niedertroposphärischen Strömung gelangt
deutlich wärmere Luft aus dem Biskayaraum ins Vorhersagegebiet mit Temperaturen
um, im Westen und Nordwesten über 10 Grad in 850 hPa. Entsprechend steigen die
Temperaturen vor allem im Südwesten mit Sonne wieder auf sommerliche Werte um 25
Grad, während unter den dichten Wolken im Norden kaum 20 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich ein Höhentrog, der von der Norwegischen See
zur Nordsee reicht, noch ein wenig nach Süden aus, wodurch die Kaltfront auf den
Nordwesten und Norden Deutschlands übergreifen kann. Die frontgebundenen
schauerartigen Regenfälle kommen etwa bis zum Nordrand der Mittelgebirge voran,
lediglich COSMO_EU lässt sie unter leichter Wellenbildung ein wenig weiter im
Norden zurückhängen. Die simulierten Mengen liegen meist zwischen 1 und knapp
über 5 mm, COSMO_EU simuliert im Süden Schleswig-Holsteins bis knapp über 10 mm.

Der etwa von Ostfrankreich bis nach Südpolen reichende Höhenrücken wird von WLA
überlaufen, wodurch auch die Wetteraktivität der inzwischen im Südosten
Deutschlands angelangten Warmfront vorübergehend etwas verstärkt wird, so dass
es auch in Sachsen und Südostbayern vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte
zu leichten Regenfällen kommen kann.
Postfrontal gibt es im Nordseeumfeld einzelne Schauer, wobei ein kurzes Gewitter
nicht ausgeschlossen ist (es wird etwas Cape simuliert), aber wohl als gering
wahrscheinlich einzuschätzen ist.
Auch, wenn der Wind mit Kaltfrontpassage etwas aus West auffrischt, dürfte es
kaum für warnrelevante Böen reichen.

Sonntag ... wird der Höhenrücken über Süddeutschland mehr und mehr "abgehobelt"
und der Trog weitet sich bis in die mittleren Landesteile aus. Dynamische
Hebungsprozesse sind dabei aber über dem Vorhersagegebiet kaum auszumachen.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront des inzwischen nach Nordskandinavien gezogenen
Tiefs weiterhin nur zögernd südostwärts voran und erreicht bis zum Abend die
mittleren Landesteile. Nach wie vor gibt es im Frontbereich schauerartige
Niederschläge. Vor allem präfrontal können sich in der potentiell instabilen
Biskayaluftmasse auch einzelne Gewitter entwickeln. COSMO_EU simuliert vor allem
über Nordostbayern und Sachsen auch eine ML-Cape von mehreren 100 J/kg, GFS auch
weiter südwestlich mit bis knapp über 500 J/kg. Bei ppw-Werten von 25 bis 30 mm
sind als Begleiterscheinungen der Gewitter vor allem Starkregen und Hagel
denkbar.
Insgesamt werden - recht unisono von allen vorliegenden Modellen, aber
naturgemäß mit leicht unterschiedlicher räumlicher Verteilung - 12-stündige
Niederschlagssummen bis zu 10 mm simuliert.
Postfrontal gelangt relativ stabil geschichtete subpolare Meeresluft nach
Norddeutschland. Dabei entwickeln sich höchstens vereinzelte Schauer, bevorzugt
an der Küste.
Der Südwesten und äußerste Süden verbleiben noch unter schwachem
Hochdruckeinfluss. Dort scheint überwiegend die Sonne. Auch im Norden und
Nordosten lässt sich die Sonne zeitweise blicken. Die Temperaturen steigen
präfrontal bei 850 hPa-Werten zwischen 11 und 14 Grad auf sommerliche 22 bis 28
Grad, im Norden werden - bei 850 hPa- Temperaturen unter 10 Grad - mäßig warme
19 bis 23 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die externen Modelle simulieren eine der deutschen Modellkette sehr ähnliche
Wetterentwicklung im Kurzfristbereich. Prognoserelevante Unterschiede sind kaum
auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff