DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-06-2016 21:00
SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.06.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Südosten bis in die späteren Abendstunden noch kräftige Gewitter möglich. An
der Nordsee am Freitag stürmische Böen. Am Samstag im Südosten erneut kräftige
Gewitter, Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin auf der Vorderseite eines
Langwellentroges über dem Nordostatlantik unterhalb einer relativ glatt
konturierten westsüdwestlichen Höhenströmung. Ein darin eingelagerter
kurzwelliger Anteil überquert aktuell noch den äußersten Südosten des Landes,
ein weiterer greift ausgangs der Nacht auf den Nordwesten über.
Im Bodenfeld wird der Südosten aktuell von der Kaltfront eines flachen
Tiefdruckgebietes über der mittleren Ostsee überquert, womit auch dort die
instabile Luftmasse erst einmal wieder verdrängt wird.
Somit lässt dort die Schauer- und Gewittertätigkeit in Südostbayern spätestens
nach Mitternacht nach. Anfangs kann es dabei als Begleiterscheinungen der
Gewitter noch lokal eng begrenzt Starkregen und kleinen Hagel geben, die
Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Entwicklungen ist eher als gering
einzustufen, wenngleich nicht komplett ausgeschlossen. COSMO-EU simuliert im
nördlichen Oberbayern bis nach Niederbayern punktuell sogar Mengen bis über 40
mm in sechs Stunden (18 bis 00 UTC), auch COSMO_DE zeigt - noch kleinräumiger -
in der Region unwetterartige Mengen, die anderen Modelle (ICON-Nest, GFS...)
wollen davon aber gar nichts wissen.
Postfrontal weitet sich von Frankreich her ein flacher Höhenrücken nach Süd- und
Südostdeutschland aus und sorgt somit in den südlichen und mittleren
Landesteilen für einen wettermäßig ruhigen Nachtverlauf. Gebietsweise kann sich
bei teils klarem Himmel Nebel bilden.
Der Nordwesten wird dagegen im Laufe der Nacht von einem verwellenden
Frontensystem überquert, wobei es - unterstützt durch den oben erwähnten
Kurzwellentrog - dort zu meist schauerartigen, aber nur wenig ergiebigen
Regenfällen kommt. Kurze Gewitter können dabei nicht ausgeschlossen werden,
dürften aber mangels Labilität nur die Ausnahme bleiben. Vor allem in den
Schauern frischt der Wind stärker auf, ebenso ausgangs der Nacht im
Nordseeumfeld. Dort reicht es dann eventuell auch für warnwürdige Böen (Bft. 7)
aus Südwest.

Freitag ... wird der nordostatlantische Langwellentrog in seinem Südteil
regeneriert, wodurch sich das Drehzentrum bis zum Abend in etwa zum Seegebiet
nördlich der Hebriden verlagert. Insgesamt weitet sich der Trog etwas nach Süden
aus und die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht mehr auf Südwest.
Der Kurzwellentrog über Norddeutschland zieht rasch nordostwärts ab, vor allem
über Süddeutschland nimmt das Isohypsenfeld in 500 bzw. 300 hPa bei leichtem
Potenzialgewinn eine eher antizyklonale Kontur an.
Mit dem Aufsteilen der Höhenströmung gelangt auch mittel- und
niedertroposphärisch sehr warme Luft vor allem in den Süden und Südosten des
Landes. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte etwa zwischen 7
Grad auf Sylt und 17 Grad am Alpenrand.
Im Bodenfeld verbleibt der Nordwesten im Einflussbereich eines verwellenden
Frontensystem, erst zum Abend hin kann die Kaltfront etwas ins Landesinnere
vordringen. Vor allem im Warmsektor verschärft sich der Druckgradient
vorübergehend, so dass es im Nordseeumfeld, in Schleswig-Holstein sowie in
einigen Mittelgebirgslagen starke, exponiert auch stürmische Böen (Bft. 7 bis 8)
aus Südwest gibt. Zum Abend hin und in der Nacht zum Samstag nimmt der Wind
wieder ab.
Vor allem im Bereich des Frontensystems, aber auch nordwestlich oder südöstlich
davon gibt es im Norden und Westen im Tagesverlauf weitere Schauer, die sich
auch noch auf die mittleren Landesteile ausweiten können. Angesichts marginaler
ML-CAPE von etwa 100 bis 300 J/kg ist die Gewitterwahrscheinlichkeit zwar nicht
allzu hoch, dennoch können einzelne nicht ausgeschlossen werden. Bei ppw-Werten
um 30 mm kann Graupel/kleiner Hagel nicht ausgeschlossen werden, lokal eng
begrenzt sind eventuell auch Starkregen und stürmische Böen möglich, meist
dürfte sich die Qualität der Schauer und Gewitter aber im "gelben" Warnbereich
abspielen.
Im Süden und Osten dominiert trotz beginnenden leichten Druckfalls leichter
Hochdruckeinfluss. Dort scheint überwiegend die Sonne, vor allem südlich des
Mains und in der Lausitz. Die ehemalige Luftmassengrenze befindet sich noch über
den Alpen, wo sich im Tagesverlauf erneut Gewitter entwickeln, die zum Abend hin
eventuell auch auf den bayerischen Alpenraum übergreifen können.
Begleiterscheinungen dürften dann vor allem Starkregen und kleiner Hagel sein.
Meist bleibt es aber trocken.
Es wird vor allem im Osten und Süden wärmer, die Höchstwerte liegen zwischen 18
und 23 Grad im Nordwesten und 23 bis 28 Grad in den übrigen Regionen, im
südlichen Oberrheingraben, im Alpenvorland und in der Oberlausitz kann es
gebietsweise noch etwas wärmer werden.

In der Nacht zum Samstag kommt der Langwellentrog mit seiner Achse etwas nach
Osten voran, wodurch sich die Höhenströmung über Deutschland verstärkt.
Kurzwellige Anteile überqueren vor allem den Norden und Westen des Landes und
führen dort zu kleinräumigen Hebungsprozessen.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront eines zur Norwegischen See ziehenden Tiefs
bis Samstagfrüh den Nordwesten und Westen mit schauerartigen Regenfällen, wobei
auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen, angesichts der recht stabilen
Schichtung aber wenig wahrscheinlich sind. Die simulierten Niederschläge liegen
meist zwischen 5 und 10 mm, gebietsweise auch darüber (je nach Modell bis 15
mm), aber somit unterhalb jeglicher Warnrelevanz.
Mit sich verstärkender Hebung wird auch die über den Alpen liegende
Luftmassengrenze wieder etwas wetteraktiver, wobei weiterhin auch einzelne
Gewitter auf die Bayerischen Alpen übergreifen können. Vor allem GFS deutet dort
von Lauf zu Lauf punktuell stärkere Niederschläge an, andere Modelle haben nur
schwache Signale auf der Karte.
Der Wind schwächt sich weiter ab, warnwürdige Böen sind wohl nur noch auf
exponierten Mittelgebirgsgipfeln (Brocken) zu erwarten.
Ansonsten sollte die Nacht im Süden und Osten ruhig verlaufen, wobei sich bei
teils klarem Himmel örtlich Nebel bilden kann.

Samstag ... greift der Langwellentrog von Westen her auf Deutschland über, bis
zum Abend erreicht dessen Achse in etwa die mittleren Landesteile.
Trogvorderseitig kommt es vor allem aufgrund von PVA verstärkt zu Hebung in Ost-
und Südostdeutschland, allzu üppig fällt die Hebung zumindest über dem
Vorhersagegebiet aber nicht aus, da der Trog bereits von KLA überlaufen wird.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront des Tiefs über der Norwegischen See im
Tagesverlauf weiter südostwärts voran und überquert spätestens bis zur ersten
Hälfte der Nacht zum Sonntag den gesamten Vorhersagebereich. Präfrontal gelangt
dabei noch einmal eine potentiell instabile Luftmasse in den Südosten des Landes
mit einer simulierten ML-Cape von 1000 J/kg oder knapp darüber im Südosten
Bayerns bzw. Sachsens bei ppw-Werten von über 35 mm. Dort sind im Tagesverlauf
durchaus noch einmal kräftigere Gewitter denkbar, eventuell entwickelt sich auch
eine der Kaltfront vorlaufende Konvergenz. Lokal eng begrenzt sind auch Unwetter
nicht ausgeschlossen, vor allem bzgl. Starkregens und Hagels.
Die genaue räumliche Verteilung der Gewittertätigkeit kann nach aktuellem Stand
der Dinge natürlich nur schwer abgeschätzt werden, eventuell könnten die
Gewitter auch bereits etwas weiter westlich ansetzen. Recht unisono wird aber
von den Modellen ein rasches Ausräumen dieser instabilen Luftmasse bis zum
späteren Abend simuliert.
Im unmittelbaren Frontbereich kommt es ebenfalls zu schauerartigen Regenfällen
mit allerdings nur geringer Gewitterwahrscheinlichkeit. Mit Frontpassage frischt
der Wind vorübergehend aus West auf, vor allem in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge kann es starke bis stürmische Böen geben.
Postfrontal gelangt erwärmte maritime Polarluft nach Nord- und Westdeutschland,
bis zum Abend sinkt die Temperatur dort in 850 hPa auf etwa 5 Grad. Vor allem
dort ist die Luftmasse auch hochreichend labil geschichtet mit Temperaturen bis
an die -25 Grad in 500 hPa. Somit dürften sich dort im Tagesverlauf verbreitet
Schauer und eventuell auch kurze Gewitter entwickeln. Dabei werden im Norden und
Westen bis in die mittleren Landesteilen etwa 100 bis an die 500 J/kg ML-Cape
simuliert bei allerdings recht niedrigen ppw-Werten von 15 bis 20 mm. Die
hochreichende Scherung lässt durchaus linienförmig organisierte konvektive
Strukturen in Form von Schauerstaffeln erwarten. Lokal eng begrenzt kann es dann
starke, vereinzelt auch stürmische Böen geben, Graupel bzw. kleiner Hagel ist
ebenfalls nicht ausgeschlossen, während das Starkregenkriterium wegen der recht
hohen Verlagerungsgeschwindigkeit eher eine untergeordnete Rolle spielen dürfte.

Im Südosten und äußersten Osten steht eventuell noch einmal ein sommerlich
warmer Tag mit Höchstwerten zwischen 24 und 28 Grad ins Haus - auch abhängig
davon, wieviel präfrontales Gewölk die Einstrahlung eventuell schon verhindert.
Ansonsten bleibt es mit Höchstwerten zwischen 17 und 23 Grad - im Frontbereich
auch darunter - kühler als bisher, wobei sich postfrontal am ehesten im
Nordseeumfeld und im äußersten Westen auch mal länger die Sonne zeigen kann.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Kaltfront meist rasch nach Osten voran,
lediglich an den Alpen bleibt sie "hängen". Somit klingen die Schauer und
Gewitter im Südosten rasch ab. An den Alpen kann es ab den Abendstunden noch
länger anhaltend schauerartig regnen, wobei die Modelle nur schwache Signale für
Stark- oder Dauerregen geben (am ehesten noch GFS im äußersten Südosten
Bayerns). Bereits in der zweiten Nachthälfte sollen diese aber abklingen.
Ansonsten weitet sich von Westen her der Keil eines Azorenhochs vor allem nach
Süddeutschland und bis in die mittleren Landesteile aus. Im Bereich der
höhenkältesten Luft über Norddeutschland gibt es noch einzelne Schauer, vor
allem im Nordseeumfeld auch mal ein kurzes Gewitter.
Im übrigen Land lockern die Wolken stärker auf, gebietsweise klart es auch auf,
wobei sich dann wieder Nebel bilden kann.

Sonntag ... verbleibt vor allem die Nordhälfte im Einflussbereich des
umfangreichen Langwellentroges, dessen Drehzentren sich Sonntagabend in etwa
über dem Nordmeer und der nördlichen Norwegischen See befinden. Ein kurzwelliger
Anteil zieht im Tagesverlauf über Norddeutschland hinweg ostwärts, ein weiterer
erreicht am Abend die westliche Nordsee.
Im Bodenfeld weitet sich die flache Hochdruckbrücke über Süddeutschland noch
etwas weiter nach Norden aus. Somit steht in weiten Teilen Süd- und
Ostdeutschlands, eventuell auch bis in die mittleren Landesteile, ein
wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Dort wechseln sich Sonne und Quellwolken
ab, Schauer sollte es kaum geben. Die Quellwolken breiten sich tagsüber
gebietsweise verstärkt horizontal unterhalb der Absinkinversion aus, was dann
einen eher bewölkten Witterungscharakter hinterlässt.
Nach Norden und Nordwesten zu entwickeln sich innerhalb der labilen
Meeresluftmasse - unterstützt durch den Tagesgang und den oben erwähnten
Troganteil - erneut Schauer und auch kurze Gewitter. Dabei kann es starke Böen
geben, markante Begleiterscheinungen sind dagegen wohl voraussichtlich eher
selten anzutreffen.
Die Sonne dürfte sich am ehesten in Ost- und Süddeutschland länger zeigen, auch
an der Nordsee lockern die Wolken später verstärkt auf. Die Höchstwerte bewegen
sich in der einströmenden erwärmten polaren Meeresluft (4 bis 8 Grad in 850 hPa,
von Nord nach Süd ansteigend) zwischen 16 und 22 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren eine der deutschen Modellkette ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Unterschiede gibt es hauptsächlich bzgl. der
räumlichen Verteilung der konvektiven Niederschläge.
In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass die die COSMO-Kette (COSMO-EU und -DE) im
nördlichen Oberbayern und in Teilen Niederbayerns im Zeitraum von heute 18 bis
00 UTC RR-Mengen bis über 40 mm simuliert. Auch der aktuellste EPS-Lauf des
COSMO-DE zeigt Wahrscheinlichkeiten von knapp über 20 % für Mengen über 35 mm in
6 Stunden. ICON-Nest und GFS simulieren dagegen deutlich geringere Mengen
abseits jeglicher Warnrelevanz.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff