DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-01-2019 17:01
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kalt, vielerorts Dauerfrost, nachts bei Aufklaren auch strenger Frost. Im Westen
bis Mittwochvormittag etwas Schnee. Freitag im Westen eventuell aufkommende
Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich die Osthälfte Deutschlands weiterhin im
Einflussbereich eines markanten, aber mit nur kurzer Wellenlänge ausgestatteten
Höhenrückens, der im Laufe der Nacht gegen den umfangreichen Höhentrog über
Nordosteuropa anläuft und somit kaum mehr nach Osten vorankommt. Blockierend
wirkt diese Konstellation auch auf einen Höhentrog über Westeuropa, der quasi
nach Süden ausweichen muss und sich bis Mittwochfrüh über die westliche Nordsee
und Frankreich hinweg bis zum Löwengolf ausweitet. Weite Teile des
Vorhersagegebietes befinden sich somit auf dessen Vorderseite unterhalb einer
südsüdöstlichen Höhenströmung (in 500 hPa).
Markante Hebung ist im Laufe der Nacht und morgens eigentlich nur an der
Südflanke eines entstehenden Cut-Off-Tiefs über dem Norden und später auch der
Mitte Frankreichs auszumachen, über dem Vorhersagegebiet fällt der dynamische
Hebungsantrieb nur gering aus.
Im Bodenfeld ist die Okklusion eines mit dem Trog korrespondierenden
Tiefdruckgebietes südöstlich von Island auf Benelux und den Osten Frankreichs
übergegriffen. Da der Trog aber nicht mehr nach Osten vorankommt, sondern sich
nach Süden ausweitet, fehlt jegliche Schubkomponente und sie kommt nicht weiter
nach Osten voran. Von Ostfriesland über das Emsland, West-NRW bis zum Saarland
bzw. zur Südpfalz haben leichte Schneefälle eingesetzt, dort kann es bis
Mittwochfrüh über mehrere Stunden hinweg schneien. Allerdings kommen kaum mehr
als 1 bis 5 cm zusammen, die aber in den dicht besiedelten Regionen entlang des
Niederrheins, vor allem im westlichen Ruhrgebiet und im Raum Köln durchaus zu
Verkehrsproblemen führen können. Nicht ausgeschlossen, dass Köln morgen Früh die
höchste Schneehöhe aller Großstädte des Landes vermelden kann.
Mit Annäherung der Okklusion ist im Westen und Nordwesten der Wind aus Süd bis
Südost aufgefrischt. Abends reicht es vor allem im Nordseeumfeld bzw. auf den
Inseln noch für einzelne steife Böen (Bft 7), eventuell auch im Lee von Eifel
und Hohem Venn. Im Laufe der Nacht fächert der Gradient aber wieder auf und der
Wind nimmt ab.
Im übrigen Land dominiert - trotz des noch anhaltendem, aber immer schwächer
werdenden Druckfalls - weiterhin schwacher Hochdruckeinfluss, die Advektion
bodennah trockenkalter Festlandsluft von Osten bzw. Südosten her dauert an. In
850 hPa bewegen sich die Temperaturen um -5 Grad, die Inversion befindet sich
knapp darunter. Da sich das Hoch über Osteuropa etwas verstärkt, verschärft sich
vor allem ab den Frühstunden im Südosten der Druckgradient ein wenig und mit
Unterstützung durch die Orographie ("Böhmischer Wind") bzw. durch lokale Low
Level Jets frischt in den östlichen bzw. ostbayerischen Mittelgebirgen der Wind
aus Südost auf. Ob es für warnrelevante Böen reicht, ist aber fraglich.
Im Süden hält sich in den Niederungen vielerorts Hochnebel, im Westen und
Nordwesten dagegen oft dichtes, frontales Gewölk. Im Osten und Nordosten, aber
auch in höheren Lagen Süddeutschlands sowie im höheren Alpenvorland ist es
dagegen oft gering bewölkt oder klar. Dort kann es erneut strengen Frost geben,
ansonsten sinken die Temperaturen in den mäßigen, im Westen und Nordwesten auch
leichten Frostbereich. Glätte tritt nur stellenweise durch leichtes
Schneegrieseln oder Industrieschnee auf.

Mittwoch ... vollzieht sich der Abtropfprozess über Frankreich, das Cut-Off-Tief
zieht bis zum Abend zur Rhonemündung. Hierdurch wird über dem Golf von Genua im
Tagesverlauf eine kräftige Zyklogenese generiert. Der Höhenrücken über dem
östlichen Mitteleuropa kann sich dadurch wieder nach Westen ausbreiten, wobei
eine eigenständige Höhenzyklone mit Schwerpunkt über Südschweden entsteht. Somit
dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf Südost, wobei ein vom
abgetropften Höhentief ausgehender Randtrog abends auf die Alpen übergreift.
Die Okklusion knapp westlich des Vorhersagegebietes löst sich auf bzw. verlagert
sich mit ihrem Nordteil ein wenig nach Westen. Nennenswerte Niederschläge bringt
sie somit ab dem Vormittag nicht mehr.
Infolge der Zyklogenese südlich der Alpen kommt durch "herumgeholte" Warmluft
über dem Südosten Deutschlands von Südosten her leichtes Aufgleiten in Gang,
dabei kann es vom Böhmischen Becken her vor allem im Vogtland und in Oberfranken
etwas schneien, die Mengen bleiben aber gering. Durch die schwachen
Hebungsprozesse wird die Inversion von Süden her allmählich angehoben, so dass
die Temperatur in 850 hPa zu sinken beginnt, bis zum Abend auf Werte zwischen -5
Grad im Nordwesten und -10 Grad in Nordbayern.
Insgesamt setzt sich wieder leichter Druckanstieg durch. Ausgehend vom sich
verstärkenden Hochdruckgebiet über dem Westen Russlands weitet sich ein Keil
Richtung südliche Ostsee aus. Dadurch kann sich der Gradient vor allem über dem
Osten und Südosten Deutschlands vorübergehend etwas verschärfen und in den
Kammlagen der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge steigt die
Wahrscheinlichkeit für einzelne Böen Bft 7 etwas an. Ob das Ganze warnrelevant
wird, ist aber fraglich.
Während es in der Südhälfte bis in den östlichen und zentralen Mittelgebirgsraum
mit den Aufgleitprozessen, aber auch durch Hochnebel meist stark bewölkt bis
bedeckt bleibt und auch im Westen die Wolken nur zögernd Lücken bekommen,
scheint im Nordosten häufiger die Sonne. Verbreitet gibt es leichten Dauerfrost,
lediglich in den Niederungen west- und Südwestdeutschlands steigen die
Temperaturen gebietsweise auf knapp über 0 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief über Südfrankreich
unter weiterer Intensivierung in den Raum Korsika, das Bodentief erreicht
morgens mit einem Kerndruck von unter 985 hPa den Süden Sardiniens bzw. das
Tyrrhenische Meer. Für den Mittelmeerraum ist somit einmal mehr spannendes
Wetter garantiert. Ganz anders hierzulande: Das Höhenhoch über Südskandinavien
verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Baltikum. Von Nordwesten her
wird dabei die über die Nordsee hinweg südwärts verlaufende flache
Potenzialrinne durch einen Trogvorstoß von Nordwesten her wieder regeneriert,
der mit einer recht scharfen Achse ausgestattete Trog befindet sich morgens über
der nördlichen bzw. westlichen Nordsee. Der flache Randtrog über dem Alpenraum
kommt nach Südostdeutschland voran. Die schwachen Aufgleitprozesse an dessen
Nordflanke werden allerdings kaum durch PVA unterstützt, so dass sich die vom
Vogtland auf den zentralen Mittelgebirgsraum ausweitenden sowieso nur geringen
Schneefälle wieder abschwächen bzw. ganz nachlassen. Auch im Bereich des
Randtroges - in Süddeutschland - kann es gebietsweise etwas schneien bzw. aus
dem etwas angehobenen Hochnebel heraus etwas Schneegriesel geben. Für mehr als 1
cm Neuschnee sollte es aber kaum reichen.
Der Bodenhochkeil über der südlichen Ostsee verstärkt sich noch ein wenig und
weitet sich auch auf Nord- und Westdeutschland aus, so dass auch im Nordwesten
und Westen die Wolken zeitweise auflockern können. Gebietsweise ist es in der
Nordhälfte auch gering bewölkt. Verbreitet gibt es mäßigen, bei klarem Himmel
örtlich auch strengen Frost.

Donnerstag ... erreicht das Höhentief Sizilien. Von ihm ausgehend reicht ein
flacher Randtrog weiterhin bis in den Südosten des Landes. Das Höhenhoch über
dem Baltikum wird wieder abgebaut, der Trog über der Nordsee kann am Abend auf
den Nordwesten des Landes übergreifen. Allerdings liefert diese Konstellation
nur wenig dynamische Hebungsimpulse. Es reicht zwar vor allem im Süden und Osten
für einen vielerorts bedeckten Himmel, überwiegend durch tiefe Bewölkung bzw.
Hochnebel, aus dem es gebietsweise etwas schneien kann, bevorzugt in der
Südhälfte. Nennenswerte Neuschneehöhen kommen nach wie vor nicht zustande.
Im Bodendruckfeld hält sich eine Hochbrücke, die, ausgehend von einem Hoch
nördlich der Azoren zu einem Hoch über Lappland und Karelien gerichtet ist.
Absinken in deren Bereich lässt im Norden und Westen der Sonne die größten
Chancen. Die Tageshöchsttemperaturen verbleiben meist im Bereich leichten, im
höheren Bergland mäßigen Frostes. Allenfalls in Rheinnähe kann der Gefrierpunkt
erreicht oder geringfügig überschritten werden.

In der Nacht zum Freitag zieht der Höhentrog über Norddeutschland hinweg
ostwärts. Dahinter weitet sich - gestützt durch WLA vorderseitig eines von
Island Richtung Norwegische See ziehenden Troges - ein Höhenrücken von den
Britischen Inseln nordostwärts Richtung Nordsee aus und greift morgens mit
seiner Achse auf den Nordwesten Deutschlands über. Damit ergibt sich über
Mitteleuropa Geopotenzialanstieg, der Randtrog über Süddeutschland wird
allmählich zugeschüttet.
Im Bodenfeld kann sich die Hochdruckbrücke mit Annäherung des Rückens noch etwas
verstärken und verlagert ihre Achse ein wenig nach Süden. Die Britischen Inseln
werden vom Frontensystem eines mit dem Islandtrog korrespondierenden
Tiefdruckgebiets südöstlich von Island überquert, die Warmfront greift morgens
auf die Nordsee über, tangiert das Vorhersagegebiet aber noch nicht weiter.
Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Vor allem im Süden und Osten
hält sich vielerorts Hochnebel, aus dem aber nur gebietsweise etwas
Schneegriesel fällt. In den übrigen Landesteilen klart der Himmel zumindest
gebietsweise auf. Verbreitet gibt es mäßigen, bei klarem Himmel auch strengen
Frost.

Freitag ... erreicht der Höhentrog die Norwegische See und weitet sich nach
Südskandinavien aus. Der Höhenrücken wird dadurch nach Süden, bis zum Abend nach
Süddeutschland abgedrängt. Somit kann die Frontalzone im Tagesverlauf auch auf
Norddeutschland übergreifen und es stellt sich dort eine recht kräftige
westnordwestliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kann sich das mit dem Trog korrespondierende Tiefdruckgebiet noch
verstärken und erreicht abends in etwa die Färöer-Inseln. Somit setzt auch im
Vorhersagegebiet Druckfall ein, die Hochdruckbrücke wird Richtung Alpen
abgedrängt und abgebaut. Die Warmfront greift dann auf den Nordwesten und Westen
Deutschlands über, vorderseitig setzen im Laufe des Nachmittags oder Abends
Niederschläge ein, zunächst oft Schnee, später in Regen übergehend, auch
Glatteis ist möglich.
Mit Annäherung des Frontensystems geht vor allem im Norden und in der Mitte eine
Gradientverschärfung einher, an den Küsten gibt es steife bis stürmische Böen
aus südlichen Richtungen, in den Hochlagen einiger Mittelgebirge kann es
stürmische Böen oder Sturmböen geben.
Im Süden und Osten sowie in den mittleren Landesteilen dominiert dagegen noch
ruhiges Winterwetter, teilweise bleibt es bedeckt durch Hochnebel, gebietsweise
setzt sich aber auch die Sonne durch. Im Westen und Nordwesten steigen die
Temperaturen auf knapp über 0 Grad, sonst gibt es im Einflussbereich kalter
Festlandsluft weiterhin Dauerfrost.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Bis einschließlich der Nacht zum Freitag sind so gut wie keine prognose- und
warnrelevanten Unterschiede zwischen den Modellen auszumachen. Unsicherheiten
ergeben sich lediglich bzgl. der räumlichen Verteilung des Hochnebels.
Am Freitag zeigt vor allem das GFS eine vom ICON abweichende Entwicklung: Der
von den Britischen Inseln zur Nordsee reichende Höhenrücken erweist sich als
stabiler und kann zunächst nicht nach Süden abgedrängt werden. Somit würde sich
am Freitag die über Deutschland hinweg verlaufende Hochdruckbrücke sogar noch
ein wenig verstärken, Tiefausläufer könnten vorerst nicht auf Mitteleuropa
übergreifen, das trockenkalte Winterwetter würde zunächst noch anhalten.
IFS von 00 UTC zeigte eine dem ICON ähnliche Entwicklung, allerdings ließ das
dann bereits okkludierte Frontensystem erst etwa 12 Stunden später auf
Mitteleuropa übergreifen. Das kanadische GEM-Modell tendierte im 00 UTC-Lauf
Richtung GFS.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff