DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-01-2019 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.01.2019 um 10.30 UTC



Winterlich kalt, aber kaum Schneefälle.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 25.01.2019


Die kommende Woche startet mit vergleichsweise ruhigem Hochdruckwetter. Dabei
erstreckt sich eine schwache Hochdruckbrücke ausgehen vom kräftigen und
hochreichenden Hoch über den Azoren über Frankreich und Mitteleuropa hinweg bis
zur Ukraine. Im Westen wird es auch in der Höhe durch einen Keil gestützt,
dessen Achse zur Mittagszeit über England zu finden ist. Demgegenüber steht ein
breiter Trogkomplex über Nord- und Osteuropa, dessen ausgedehnte Achse sich bis
ins westliche Mittelmeer und zum Atlasgebirge erstreckt. Im Bereich der Brücke
lagert dabei über Deutschland eine kontinental und winterlich geprägte Luftmasse
mit 850 hPa Temperaturen zwischen -5 und -8 Grad. Da die Hochachse quer über der
Mitte des Landes verläuft, sind dort die größten Sonnenanteile zu verbuchen.
Nördlich davon läuft ein flacher Randtrog über Jütland ostwärts ab und initiiert
dort zunächst leichte Schnee-, mit Winddrehung auf West bis Nordwest eher
leichte Regenfälle. Mit viel Wohlwollen und filigraner Hand (bzw. heutzutage
Maus) lässt sich ausgehend vom flachen Tief über dem Kattegat sogar eine kleine
Okklusion Richtung Ostfriesland konstruieren. Zumindest sind im Theta- und
Feuchtefeld dünne Schlieren auszumachen. Ebenfalls nicht ganz astrein verhält es
sich im Süden, wo vom Wochenende noch eine etwas feuchtere Luftmasse lagert. Aus
der starken Bewölkung fallen am Alpenrand auch noch ein paar Schneeflocken. Im
Südosten und im Bergland herrscht vielfach leichter Dauerfrost. Sonst werden 0
bis 4 Grad erreicht.

Am Dienstag tropft ein Tief vom Seegebiet südlich von Island nach Frankreich ab
und baut damit den eingangs erwähnten Keil rasch ab. Damit setzt auch über
Deutschland Druckfall ein und im Tagesverlauf greifen auf den Westen Wolken und
Niederschläge einer Okklusion über. Durch das südwärts gerichtete Abtropfen und
den auffrischenden (trockenen), präfrontalen Südostwind kommen die Niederschläge
allerdings kaum ostwärts voran. Als derzeit wahrscheinlichstes Szenario
beschränken sie sich auf die Gebiete westlich des Rheins sowie entlang der Ems.
Die Phase sollte dabei überwiegend die feste Form sein, allenfalls bei
schlechtem Timing zur wärmsten Tageszeit könnten die Niederschläge am
Niederrhein auch mal vorübergehend mit Regen vermischt sein. Während es in
tiefen Lagen somit eher die kurz matschig wird, gibt es wohl vorrangig in der
Eifel oberhalb von 200-300 Metern eine dünne Neuschneedecke von wenigen
Zentimetern. Weiter östlich ist es teils neblig-trüb (wo die Windauffrischung
noch nicht greift, prädestiniert z.B. Donauniederungen), oft aber auch
aufgelockert und trocken. Mit Frontannäherung treten auf den Nordseeinseln
einzelne Windböen 7 Bft auf.

Am Mittwoch setzt sich der Abtropfvorgang in den bereits "vorgefertigten" Trog
über dem westlichen und zentralen Mittelmeerraum fort, womit dieser regeneriert
wird. Deutschland verbleibt somit auf dessen Vorderseite in einer kalten
südöstlichen Strömung. Leichte geringe Schneefälle klingen im äußersten Westen
und Südwesten damit rasch ab. Bei wieder nachlassendem Wind steigt die Neigung
zu zähen Hochnebelfeldern etwas an, im Lee der Mittelgebirge sind aber weiterhin
größere Auflockerungen vorhanden. Im Osten und Süden herrscht oft leichter
Dauerfrost, nur im Westen und Nordwest geht es noch rauf bis +3 Grad. In den
Nächten muss vor allem bei größeren Auflockerungen verbreitet mit mäßigem Frost
gerechnet werden, bei Aufklaren über Schnee auch strenger Frost unter -10 Grad.


Am Donnerstag und Freitag formiert sich aus dem erwähnten Abtropfvorgang
dynamisch (linker Jetausgang) und thermisch (warmes Mittelmeerwasser mit
Temperaturen zwischen 13 und 16 Grad, in 500 hPa Temperaturen unter -30 Grad)
ein kräftiges Zentraltief mit einem Kerndruck um 980 hPa! Gleichzeitig wölbt
sich durch nordwärts gerichtete WLA über dem nahen Ostatlantik ein neuer Keil
auf, der für Druckanstieg über dem Nordmeer und Skandinavien sorgt. Spätestens
jetzt ist die Druckkonstellation für nachhaltiges winterliches Wettergeschehen
über Mitteleuropa gegeben. Inwiefern sich von Südosten und Osten Optionen für
leichte Aufgleitschneefälle ergeben, bleibt noch abzuwarten. Die zyklonale
Isobarenkrümmung über Deutschland deutet bei dieser "High-over-Low" Lage aber
zumindest leichte Wetteraktivität an. Die Zufuhr kalter und zugleich nicht
knochentrockner Polarluft aus Osten ist in jedem Falle gesichert - womöglich zum
nächsten Wochenende gar mit der Option auf die Zufuhr direkter Arktikluft aus
Nordwestrussland mit 850 hPa Temperaturen um -15 Grad und deutschlandweitem
Dauerfrost. Zugleich muss man bei der Anströmungsrichtung Lakeeffekte an der
Ostsee im Auge behalten, die mit Wassertemperaturen von immerhin noch 3 bis 5
Grad einiges an diabatischem Wärmeaustausch zu bieten hat. Passend dazu gehen
die Temperaturen auch im 500 hPa Niveau auf -35 Grad zurück (macht 40K zwischen
Boden und 5 km = labile Schichtung).

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


In Sachen leichter Schneefälle im Westen am kommenden Dienstag vollzieht der
aktuelle EZ Lauf einen ordentlichen Sprung nach Osten. So sollten die
Niederschläge in den gestrigen Läufen noch irgendwo im Raum Paris und damit rund
400 km weiter westlich "verenden". Hier ist das letzte Wort definitiv noch nicht
gesprochen. An der grundsätzlichen Umstellung zu einem nachhaltig winterlich
geprägten Zirkulationsmuster bestehen trotz Unterschieden in Timing und
Ausprägung des Abtropfvorgangs nebst seinen Folgen aber keinerlei Zweifel.
Spannend bleibt die Frage nach etwaigen Schneefällen - nicht nur die frontal
gebunden am Dienstag sondern insbesondere eventuelle Aufgleitprozesse ab der
Wochenmitte von Südosten und Osten. Trotz teilweise unterschiedlicher
Niederschlagssimulationen eint die Läufe untereinander die ohnehin nur sehr
geringen Intensitäten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der oben beschriebene Ablaufplan hin zu einer winterlichen High-over-Low Lage
mit einer kalten östlichen Strömung ist in allen gängigen Globalmodellen
abgebildet. Unterschiede ergeben sich im Detail, insbesondere was die
Niederschlagsprognosen anbelangt. So agiert das GFS nicht nur im 0z auch im
aktuellen 6z Lauf nach wie vor sehr forsch, was die Ausbreitung der Schneefälle
am Dienstag ostwärts sowie deren Intensität anbelangt. Zumindest hinsichtlich
der Konsistenz kann man dem amerikanischen Modell dahingehend keinen Vorwurf
machen. Gleiches gilt für die nachfolgenden Aufgleitvorgänge von Osten, die das
Modell stärker betont als das EZ und ICON. GEM allerdings, das im Vergleich zum
GFS nicht im Verdacht steht durch den "Shutdown" in den USA eventuell noch immer
performancetechnisch negativ beeinflusst zu sein, springt dem GFS zur Seite und
simuliert die Schneefälle am Dienstag auch bis zur Mitte.

Auch hier gilt wie in der Konsistenzbetrachtung: Winterliches Wetter ist
gesichert, die Details bezüglich regionaler leichter Schneefälle sind aber noch
mit großen Unsicherheiten behaftet! So "kahlfrostlastig" wie in den gestrigen
Läufen schaut die Wetterlage nächste Woche aber bei weitem nicht mehr aus.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen haben sich im Vergleich zu den gestrigen Modellläufen nicht
großartig verändert. Haupt- und Kontrolllauf zeigen im Mittelfristzeitraum ein
weitgehend ähnliches Verhalten und auch die Ensemblemschar vergrößert erst in
der zweiten Hälfte der nächsten Woche ihren Spread deutlich. Während in den
meisten Temperaturkurven in 850 hPa ein Abfall von -5 auf -10 Grad zum Freitag
zu beobachten ist, fällt in den Süddeutschen Rauchfahnen ein kurzzeitiger
Anstieg in der Nacht zum Mittwoch auf Werte nahe 0 Grad auf (ohne
Niederschläge). Im Zuge des Abtropfens und der vorübergehend zunehmenden
südöstlichen Strömung kommt es im Lee der Alpen durch Absinken zu dem
Temperaturanstieg. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit schärferer Inversionen und
damit längerlebige ausgedehnte Stratusfelder in Süddeutschland. Der weitere
Abfall auf -15 Grad in der erweiterten Mittelfrist findet vom Kontrolllauf und
auch vom EPS nicht mehr die ganz große Unterstützung.

Auch in den 5 gebildeten Clustern, in denen es vorrangig um die genauen Abläufe
des Abtropfens geht, setzt alles zum Mittwoch etwas weiter östlich an, so dass
leichte Schneefälle im Westen wahrscheinlich sind. Nachfolgend ergeben sich
keine prognoserelevanten Unterschiede.

Die erweiterte Mittelfrist ist komplett konfus in den Clustern, weshalb sich ein
belastbarer Ausblick auf das Wochenende und darüber hinaus verbietet. Die
Mehrheit der deterministischen Lösungen tendiert aber zu einer Fortsetzung des
Winterwetters.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wettertechnisch turbulent dürfte es mit dem massiven Cut-Off über dem westlichen
Mittelmeer vor allem über der Iberischen Halbinsel, den Balearen bis nach
Italien zugehen. Dabei stehen laut EFI-Signalen voraussichtliche Schneefälle
samt Verwehungen im spanischen Bergland, schwere Sturmböen von der Iberischen
Halbinsel bis zur nordafrikanischen Küste, sowie gebietsweise gewittrige
Starkregenfälle zwischen Korsika/Sardinien und der Adria auf der Karte.

Hierzulande sind keine markanten Wettererscheinungen zu erwarten. Regionale
leichte Schneefälle bleiben in jedem Falle in der gelben Warnkategorie.
Lediglich der sich einstellende Dauerfrost (zunächst bevorzugt im Osten und
Süden, später immer mehr auch im Norden und Westen) ist erwähnenswert. In den
Nächten muss verbreitet mit mäßigen Frösten, bei Aufklaren über Schnee mit
strengen Frösten gerechnet werden. Die zunehmend (dünne) Vereisung flacherer,
kleiner Seen in Ost- und Süddeutschland ist infolge der Dauerfrostperiode bis
Ende nächster Woche zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen