DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-01-2019 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.01.2019 um 10.30 UTC



Mehrheitlich mild, vorübergehend aber Wetterberuhigung. Weder nachhaltiges
Tauwetter noch markante Neuschneemengen in den Katastrophengebieten!
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 18.01.2019


Nach einem windigen und regnerischen Wochenende kann es in der kommenden Woche
mittelfristig doch nur besser werden, oder?

Nun ja, am Montag starten wir schon mal mit einer Lage, die uns aus den
vergangenen Tagen oder gar Wochen bestens bekannt ist. Einer hochreichenden
Antizyklone über der Biskaya mit Keil Richtung Island steht ein umfangreicher
Tiefdruckkomplex gegenüber, der sich von Skandinavien bis zum östlichen
Mittelmeer erstreckt. Deutschland liegt somit in einer nordwestlichen
Höhenströmung, in der erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs zu uns gelangt (T850
hPa zwischen -4 Grad im Südwesten und -9 Grad im Nordosten). Diese ist gut
durchmischt und leicht, in der Osthälfte auch hochreichend labil geschichtet
(dort T500 hPa unter -30 Grad, im Nordosten sogar bis an die -40 Grad). Auf der
regionalen Skala kommt es dabei erneut zu einer breiten Palette meteorologischer
Vielfalt. Für die meisten trifft wechselhaftes Wetter mit Regen-, Schnee- und
Graupelschauern, vereinzelt auch kurzen Gewittern zu. Diese werden vor allem im
Norden und Osten von stürmischen Böen begleitet. Im Stau von Harz, Erzgebirge
und Alpenrand schneit es oberhalb etwa 400 Meter, im Süden eher 600 Meter auch
längere Zeit. 5 bis 10 Zentimeter Neuschnee, an den Alpen um 20 cm werden dabei
wohl wieder "spielerisch" erreicht. Im Lee der Mittelgebirge bleibt es hingegen
weitgehend trocken. Wegen der guten Durchmischung sind Glätteerscheinungen bei
Höchstwerten von 3 bis 7 Grad tagsüber maximal kurzzeitig in kräftigeren
Schauern, ansonsten eher nur im höheren Bergland ein Thema. Aufgrund der
Anströmungsrichtung und des vorhandenen Gradienten ist zusätzlich noch
Skandinavienföhn in einem ("klassischen") Streifen von Flensburg bis zur Altmark
und Prignitz wirksam.
Bei nachlassendem Wind und gebietsweise größeren Auflockerungen muss in der
Nacht zum Dienstag bei leichtem Frost aber stellenweise mit Glätte durch
Überfrieren oder noch abklingenden Schneeschauern gerechnet werden.

Am Dienstag schwenkt der Trog langsam ostwärts und verlagert seinen Schwerpunkt
mit der höhenkältesten Luft unter -40 Grad zum Balkan. Zeitgleich schwenkt der
Keil von Island nach Südskandinavien, womit über dem Nordwesten Deutschlands
niedertroposphärisch schon wieder Warmluftadvektion einsetzt (Anstieg T850 hPa
auf 0 Grad). Die dadurch induzierte Hebung wird aber durch die keilvorderseitige
negative Vorticityadvektion größtenteils noch kompensiert, so dass wohl maximal
leichte Niederschläge in Küstennähe auftreten. Je nach Zeitpunkt des
Übergreifens ist Richtung Vorpommern kurzzeitig noch die feste Phase oder auch
gefrierender Niederschlag denkbar. Auch in den östlichen Mittelgebirgen treten
staubedingt noch letzte Schneefälle auf, die allerdings nur noch wenige
Zentimeter Neuschnee bringen, da auch am Boden der Druck von Westen steigt. Bei
nur langsamer Winddrehung von Nordwest auf West bleibt es sonst nicht nur mild,
sondern auch wolkenreich mit maximal kurzen Auflockerungen.

Am Mittwoch verbleibt Mitteleuropa unter einem flachen Höhenkeil, wobei sich das
Zentrum der Antizyklone von der Biskaya allmählich südostwärts zum Löwengolf
verlagert. In der westlichen Strömung bildet sich leebedingt über dem Oslofjord
ein neues Tief, dessen sich formierende Kaltfront im Tagesverlauf auf den
Nordwesten Deutschlands übergreift. Grundsätzlich lässt sich die Wetterlage im
Norden daher als west zyklonal (Wz), im Süden eher als west antizyklonal (Wa)
mit Auflockerungen beschreiben. Das ist insofern auch entscheidend, als dass
sich zwar landesweit mildere Atlantikluft (T850 hPa um 0 Grad, also Anstieg der
0 Grad Grenze auf ca. 1500 Meter) durchsetzt, im Süden aber aufgrund der
niedrigen Taupunkte trotzdem kein starkes Tauwetter einsetzt.

Am Donnerstag findet rückseitig der gerade erwähnten Kaltfront in der Höhe ein
massiver Trogvorstoß Richtung Nordfrankreich statt, womit die Strömung mit
Winddrehung auf Südwest über Deutschland vorübergehend etwas aufsteilt. Größere
Schnittwinkel zwischen Isohypsen und Isothermen deuten auf größere Beträge an
KLA im Norden hin, womit die 850 hPa Temperaturen auch wieder unter auf -5 Grad
zurückgehen. In Süddeutschland hingegen erfolgt diese durch die Aufsteilung und
damit Strömungsparallelität samt Wellenbildung über Frankreich etwas verzögert.
Gleichwohl sinkt die Schneefallgrenze infolge der Niederschlagsabkühlung wieder
auf Lagen um oder knapp unterhalb von 1000 Metern ab.

Zum Ende der Mittelfrist setzt sich die Zufuhr mäßig kalter Meeresluft aus
Nordwesten weiter bis zu den Alpen fort. Damit sinkt die Schneefallgrenze wieder
bis in tiefe Lagen ab, wobei aufgrund mangelnder Hebungsantriebe kaum noch
Niederschläge auftreten. Von Südwesten erfolgt erneuter Druckanstieg. Für das
Flachland bedeutet das zunächst weiterhin keine wirklichen Winteroptionen. Die
kurzzeitig angetauten, komprimierten Schneemassen in den östlichen
Mittelgebirgen und an den Alpen bekommen ein zartes Häubchen an Neuschnee und
werden in der Folge konserviert. Nach tagelanger Mildphase rücken zumindest
Nachtfröste wieder landesweit mehr in den Fokus.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zu Wochenmitte ist sind die jüngsten EZMW Läufe halbwegs konsistent. Danach
wird in den neuesten Läufen tendenziell der Hochdruckeinfluss von Südwesten
etwas mehr betont. Im Vergleich zum gestrigen 0z Lauf wird der Druck am nächsten
Freitag über Vorpommern (größte Nähe zum Tief) beispielsweise um 5 hPa höher
gerechnet. Der Trend zu weitgehend antizyklonal geprägten Wettergeschehen setzt
sich auch zum Wochenende fort.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Abgesehen von einem deutlich zyklonalerem Einschnitt am Dienstag (Frontalzone
statt über Südskandinavien genau über Süddeutschland), geht ICON im Vergleich
zum EZ weitgehend konform. GFS stimmt dagegen am Dienstag noch gut mit dem EZ
überein, reist aber in der Folge durch eine progressive Verlagerung der
Trog-Keilstrukturen (kurzwelliger) aus. So greift die Kaltfront demnach am
Mittwoch schon in den Mittagsstunden auf die mittleren Landesteile über (kein
Warmsektortag!) und der nachfolgende Trog orientiert sich nicht nach
Nordfrankreich, sondern schwenkt direkt über Deutschland hinweg. Dadurch käme es
vor allem an den Alpen zu einem deutlich früheren Absinken der Schneefallgrenze
wieder bis in tiefe Lagen. Das kanadische GEM simuliert im Mittelfristzeitraum
weitgehend analog zum EZ, in der erweiterten Mittelfrist aber ähnlich wie das
GFS deutlich zyklonaler.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Abfolge, anfangs nasskalt, vorübergehend höhenmild, zum Ende wieder nasskalt
lässt sich auch in den deutschlandweiten Rauchfahnen wiederfinden. Haupt- und
Kontrolllauf reagieren dabei gleichgeartet und finden jeweils auch deutliche
Mehrheiten in den Ensembles. Der Anstieg der 0 Grad auf vorübergehend 1500 Meter
zur Wochenmitte gilt demnach als relativ gesichert - wie bereits weiter oben
aber beschrieben ohne durchgreifendes Tauwetter aufgrund der geringen
Durchmischung und vergleichsweise niedriger Taupunkte.
In den Niederschlagsverteilungen sind die Signale da schon deutlich diffuser,
von daher ist die Art der Ausprägung (Grenze zyklonaler Norden/antizyklonaler
Süden) noch mit Unsicherheiten behaftet. In den 15 Tage-Meteogrammen fällt bei
den Windrosen auf, dass die Dominanz der westlichen Winde in der erweiterten
Mittelfrist bröckeln könnte.

In der Clusterung sind im Zeitraum +120-168h (Mi-Fr) 5 Cluster gebildet worden.
Dabei dominiert über Südskandinavien der Tiefdruckeinfluss (Cluster 1-3 sogar
mit ordentlichen Sturmtiefs) und der Hochdruckeinfluss beschränkt sich auf
jeweils schwache Keile, die sich ausgehend vom Azorenhoch über Frankreich in den
Alpenraum "vorbohren". Ein weiter nach Nordosten ausgreifender antizyklonaler
Einfluss ist demnach unwahrscheinlich.
Cluster 4 und 5, die nur Außenseiterchancen besitzen, lassen am Freitag ein Tief
von den Britischen Inseln nach Frankreich abtropfen, womit die bodennahe
Strömung auf Süd drehen würde. Bei Übergreifen der Niederschläge von Westen
würde sich dadurch die Chance auf winterliche Erscheinungen (teils Schnee, teils
gefrierender Regen) erhöhen.

Im einzigen Folgecluster der erweiterten Mittelfrist ist eine Winkelwestlage
simuliert. Das würde den östlichen und südlichen Landesteilen und insbesondere
auch einmal der Südflanke des Alpenhauptkammes winterliche Optionen eröffnen.


FAZIT:
In der kommenden Woche im Flachland weiterhin allenfalls nasskalt (Montag und
eventuell zum Wochenende), sonst mild mit vorübergehender Wetterberuhigung -
Ausnahme Küste.

In den Krisengebieten bis Dienstag Früh noch einmal markante Neuschneemengen.
Nach kurzer Tauphase im Verlauf des Montags wieder absinkende Schneefallgrenze
bis in tiefe Lagen. Im Anschluss Wetterberuhigung, weitgehend trocken und
leichtes, aber kein durchgreifendes und erst recht kein nachhaltiges Tauwetter.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE/VERWEHUNGEN:

Am Montag in den östlichen und südlichen Mittelgebirgen oberhalb rund 400 Meter
5 bis 10 cm Neuschnee binnen 12 Stunden. An den Alpen anhaltendes UNWETTER durch
weitere Schneefälle. Dabei nochmals 24h-stündige Neuschneemengen zwischen 10 und
20 cm, in exponierten Staulagen bis 30 cm wahrscheinlich. Nach COSMO-Leps im
Harz und Erzgebirge nur 10-20 % für mehr als 20 cm, im Südschwarzwald 30-50%, am
Alpenrand in Staulagen 70-90% (EZ-EPS dort ähnlich). Signifikante EFI-Signale
für die Alpen (Werte bis 1) und kleine Hotspots in Harz und Erzgebirge (sollte
in etwa Lagen oberhalb 800 Meter entsprechen). Erhöhte Lawinengefahr! Zudem
starke Verwehungen. In der Folge Wetterberuhigung.

STURM:
Am Montag nach COSMO-LEPS im Norddeutschen Tiefland 30-50% Wahrscheinlichkeit
für stürmische Böen 8 Bft aus West bis Nordwest, im Bergland (insbesondere Harz
und Erzgebirge) und an der See 70 bis 90% und damit nahezu sicher. Das deckt
sich zugleich mit erhöhten EFI-Werten von 0.7 bei positiver SOT an der Nordsee
sowie von Vorpommern bis nach Oberfranken.

In der Folge nur an exponierten Küstenabschnitten und auf exponierten
Berggipfeln noch höhere Wahrscheinlichkeiten bis 50% für stürmische Böen.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen