DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-12-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 18.12.2018 um 10.30 UTC



Regnerisch und mild, zeitweise sehr windig. Im Laufe der Feiertage etwas kühler,
im Flachland aber unwinterlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 25.12.2018


Am regnerischen und milden Wetter bis zu den Feiertagen bestehen keinerlei
Zweifel mehr. Doch was passiert danach? Zumindest für die Mittelgebirge besteht
die berechtigte Hoffnung auf eine Rückkehr des Winters!

Zu Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums, der auf den kommenden Freitag
fällt, haben wir es vom Atlantik bis nach Mitteleuropa mit einer strammen
zonalen Strömung zu tun. Entlang des 50. Breitengrades lässt sich ein gut
definierter Jet mit Geschwindigkeiten über 100 kt finden, wobei sich im Bereich
des linken Ausgangs entwicklungsgünstig ein Tief über der Nordsee befindet.
Davon ausgehend erstreckt sich eine über Westdeutschland bis zur Biskaya
verlaufende (weitgehend okkludierte) Front, die aufgrund der präfrontalen
südlichen Windkomponente bodennah Warmfrontcharakter besitzt. Das ehemals
blockierende Hoch hat sich unterdessen weit nach Sibirien zurückgezogen. Je
nachdem, wie effektiv die nächtliche Ausstrahlung wirksam war, ist im
Erzgebirge, Zittauer Gebirge und Bayerischen Wald mit Erreichen der
Niederschläge vorübergehend nochmal eine Glättesituation durch nassen Schnee
oder gefrierenden Regen denkbar. Für die meisten von uns steht aber ein trüber,
regnerischer und milder Tag ins Haus. Im Weststau der südlichen Mittelgebirge
regnet es auch ergiebig und länger anhaltend (Dauerregen-/Tauwetterwarnungen
wahrscheinlich). Während sich die Milderung präfrontal noch schwer tut (im Osten
um 5 Grad) setzt sich postfrontal gut durchmischte milde Atlantikluft durch
(T850 hPa bis +5 Grad), in der die Höchstwerte entlang von Rhein und Mosel auf
über 10 Grad ansteigen. Nicht zu vernachlässigen ist zudem der Gradient an der
Südflanke des Tiefs, der zunächst westlich des Rheins, im Tagesverlauf auch
südlich der Donau verbreitet für starke bis stürmische Böen (7-8 Bft) sorgt. Im
höheren Bergland muss mit schweren Sturmböen (10 Bft) gerechnet werden.

Am Samstag verlagert sich das Bodentief nach Nordpolen, womit Deutschland auf
dessen Rückseite gelangt. Dabei fließt niedertroposphärisch geringfügig kühlerer
Luft zu uns (T850 hPa >0 Grad nördlich der Mittelgebirge), die weiterhin gut
durchmischt, wenn auch nicht sonderlich labil geschichtet ist. Infolge der guten
Durchmischung schlägt sich der seichte Temperaturrückgang kaum in den 2m
Temperaturen nieder. Gleichwohl reicht es gebietsweise für "flache"
Regenschauer, die nur in den Kammlagen auch mit Schnee vermischt sind. Der
stärkste Gradient verlagert sich allmählich in den Osten, wobei insbesondere in
Schauernähe nach wie vor starke, exponiert stürmische Böen zu erwarten sind.
Auflockerungen oder gar sonnige Abschnitte sind weiterhin "Mangelware". Am
ehesten treten diese am Nachmittag im Westen auf, wenn sich von Frankreich ein
flacher Höhenrücken nähert.

Am Sonntag setzt sich die zyklonal geprägte Westwetterlage fort. Der flache
Rücken, dessen Achse weiterhin knapp westlich des Vorhersagebereichs zu finden
ist, wird rasch von kräftiger WLA überlaufen. Diese kündigt die Annäherung eines
neuen Wellentiefs über England an, dessen Warmfront im Tagesverlauf von Westen
übergreift. Damit findet einen Tag vor Heiligabend also der nächste, kräftige
Warmluftvorstoß statt, der die letzten Hoffnungen auf eine weiße Bescherung
begräbt. So wird die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa in den Nordosten abgedrängt und
im Westen und Südwesten "geht's wieder hoch" auf über 5 Grad.

Der Montag (Heiligabend) verläuft vielerorts nass, windig und mild. Das hängt
damit zusammen, dass das Tief über England eine recht nördliche Zugbahn über
Schleswig-Holstein bis nach Nordpolen beibehält. Weniger die Zugbahn als
vielmehr die -geschwindigkeit ist aber noch mit Unsicherheiten behaftet. Im
"günstigsten" Fall ist das Tief am Abend bereits über Nordpolen angelangt und
auf der Rückseite gehen die schauerartigen Niederschläge (T850 hPa < 0 Grad)
zumindest auf dem Kahlen Asten, dem Brocken und dem Fichtelberg in Schnee über.
Alleine diese Erwähnung verdeutlicht schon die Hoffnungslosigkeit. Immerhin
ebnet aber ein Trogvorstoß mit höhenkalter Luft unter -30 Grad über Frankreich
südwärts wohl eine nachhaltige Winddrehung auf Nordwest in höheren
Luftschichten.

An den Weihnachtsfeiertagen liegt Deutschland zwischen einer hochreichenden
Antizyklone über dem nahen Ostatlantik und einem Tiefdruckkomplex, der sich vom
Baltikum bis zum zentralen Mittelmeer erstreckt in einer nordwestlichen
Strömung. Dabei gelangt vorübergehend subpolare Meeresluft zu uns, in der bei
850 hPa Temperaturen um -5 Grad im Flachland wintertechnisch zwar weiterhin
wenig geht. In den Mittelgebirgen sinkt die Schneefallgrenze vorübergehend aber
immerhin auf 500-600 Meter ab. Sonderlich hohe Niederschlagsmengen kommen aber
bei leichtem Absinken nicht mehr zustande, am ehesten noch am Erzgebirge und
Alpenrand mit einer dünnen Neuschneeauflage.

In der erweiterten Mittelfrist ist Winterwetter bis ins Flachland weiterhin
nicht absehbar. Die absurd-milde Witterung mit zweistelligen Temperaturen ist
aber höchstwahrscheinlich fürs Erste passe.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im zu beurteilenden Zeitraum verhält sich der aktuelle EZ 00 UTC Lauf halbwegs
konsistent. Zumindest bestehen an der zyklonalen Westlage und damit milder bis
sehr milder Witterung bis Weihnachten keine Zweifel. Auch der Tiefdruckeinfluss
an Heiligabend mit nördlicher Zugbahn und damit milder Südflanke bei uns ist
ziemlich sicher. Sah es nach dessen Durchgang im gestrigen 0z Lauf vorübergehend
sogar nach einer Nordströmung aus (Tiefkern über Südpolen) zum 1.
Weihnachtsfeiertag aus, ist in den letzten Läufen eine Zugbahn zum Baltikum und
damit nordwestlicher Höhenströmung wahrscheinlicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Den oben beschriebenen Fahrplan stützen letztendlich mehr oder weniger alle
gängigen Globalmodelle. Unterschiede bestehen zum Ende der Mittelfrist - sprich
zu den Feiertagen. Dort ist die Varianz allerdings lediglich zwischen mild/sehr
mild beziehungsweise zwischen mehr/weniger nass. ICON lässt das Heiligabendtief
schneller nach Osten durchrutschen, womit die Kaltluftzufuhr für die höchsten
Berggipfel in jedem Fall rechtzeitig zur Bescherung einsetzen würde. Noch ein
wenig auf der Außenseiterschiene fährt das GFS, das den Trogvorstoß nicht über
Frankreich simuliert, sondern bereits über dem Atlantik abtropfen lässt. In der
Konsequenz verzögert sich dadurch die Zufuhr subpolarer Meeresluft (antizyklonal
einfließend) auf den 2. Weihnachtsfeiertag.

FAZIT: Bis Weihnachten regnerisch und zeitweise windig. Mild, im Südwesten
teilweise sehr mild. Bis in die Kammlagen Tauwetter. An den Feiertagen aus
Norden/Nordwesten kühler, absinkende Schneefallgrenze bis 500m, aber kaum noch
Niederschlag. Genaues Timing noch etwas unsicher, im Flachland aber weiterhin
kein Winterwetter.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis zum Heiligabend sind die Rauchfahnen für sämtliche Städte und Parameter gut
gebündelt mit einer entsprechend hohen Vorhersagesicherheit. Im Anschluss nimmt
der Spread deutlich zu. Der Abfall der 850 hPa Temperatur zum 01.
Weihnachtsfeiertag wird dabei vom Kontrolllauf und dem Großteil der Member
zeitlich und räumlich gestützt. Sie befinden sich aber am unteren Rand der
Verteilung, weshalb auch aufgrund der Herkunft der Luftmasse kältere
Temperaturen und verbunden ein Absinken der Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen
so gut wie ausgeschlossen werden kann. Die wenigen milden Lösungen
repräsentieren gewissermaßen die GFS-Variante (Außenseiterlösung).

In den 3 gebildeten Clustern (120-168h, So-Di) sind die synoptischen Strukturen
allesamt ähnlich, wobei im Cluster 1 (mit Haupt- und Kontrolllauf und 26 von
insgesamt 51 Membern) der Trog mit gekoppelter Abkühlung am stärksten gerechnet
ist. Die GFS Variante mit Abtropfen im Bereich der Azoren und nur noch flachem
Trog über Jütland wird in Cluster 3 repräsentiert (nur 8 Member). Eine
Zwischenlösung zeigt Cluster 2.

Auf der Suche nach winterlich (gestörten) Zirkulationsmustern wird man auch in
der erweiterten Mittelfrist bis Freitag, dem 28. Dezember nicht fündig. Demnach
ist eine vergleichsweise kühle Nordwestlage mit annähernd winterlichen
Verhältnissen im Bergland "das Höchste der Gefühle".
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Unmengen an signifikanten Wettererscheinungen hat der bevorstehende
Mittelfristzeitraum nicht zu bieten. Am markantesten ist noch die DAUERREGEN-
respektive TAUWETTERlage am Freitag. So zeigt das COSMO-LEPS für den
Südschwarzwald satte 90% für mehr als 30 l/qm und sogar noch bis knapp 50% für
mehr als 50 l/qm (Unwetter). EZ-EPS und ICON-EPS sind da etwas defensiver
aufgestellt (40-60% für mehr als 30 l/qm, 10-20% >50 l/qm), wenngleich aus der
Erfahrung solche Wahrscheinlichkeiten mehr als deutliche Signale darstellen. In
der Deterministik werden warnwürdige Schwellen bisher allenfalls angekratzt.

Die STURMBÖEN beziehungsweise auf den Gipfeln auch orkanartigen Böen mit jedem
neuerlichen Tiefdurchgang sind jahreszeitentypisch. Tiefe Lagen sind vor allem
in den westlichen und südlichen Landesteilen am Freitag und Samstagvormittag
betroffen (COSMO-LEPS immerhin 10-20% im Flachland für stürmische Böen, auf den
Bergen 50-90%). Eine ausgewachsene Sturmlage im Flachland droht nach derzeitigem
Stand nicht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen