DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-12-2018 09:01
SXEU31 DWAV 170800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.12.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: WW (Winkel West)

Von Westen zeitweise etwas Niederschlag, dabei vor allem im Osten und Süden
Gefahr von Glatteis (aber wahrscheinlich kein Unwetter). Am Dienstag
Zwischenhocheinfluss, aber allmählich etwas auflebender südöstlicher Wind (vor
allem Küste, Hoch- und Leelagen).


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... Zu Beginn der vierten Adventswoche zeigt sich dem aufmerksamen und
regelmäßigen Betrachter von Wetterkarten ein für dieses Jahr altbekanntes
Muster. Vereinfacht gesagt wird die europäische Wetterbühne lediglich von zwei
Protagonisten besetzt (wenn man mal die Tiefdruckzone über dem zentralen und
östlichen Mittelmeer außen vor lässt), nämlich einem dicken fetten Hoch
(GOTTHARD, heute früh knapp 1040 hPa) über Westrussland und einem nicht minder
fetten Tief (PIA, unter 965 hPa) süd-südwestlich von Island. Petrus, so er denn
tatsächlich für unser Wetter verantwortlich zeichnet, scheint diese
Konstellation sehr zu mögen, zieht er sie doch zum wiederholten Male in diesem
Jahr auf. Dass diese Großwetterlage keine Eintagsfliege ist, ist evident, gehört
sie doch zu den sogenannten Blockierungslagen, zu deren Grundeigenschaften vor
allem Persistenz gehört. So wird es trotz geringfügig vorhandener Progression -
so viel sei an dieser Stelle schon vorweggenommen - auch in diesem Fall sein,
was ein flüchtiger Blick auf die Karten für die kommenden Tage verrät. Ob sich
das Muster auch bis ins letzte Adventswochenende respektive in die
Weihnachtstage schleppt, ist allerdings fraglich, doch dazu mehr heute Mittag in
der "Synoptischen Übersicht Mittelfrist".

Zurück zur Gegenwart, die Deutschland genau zwischen den beiden genannten
Hauptdarstellern in einem relativ gradientschwachen Umfeld sieht, indem
wiederholt meist okkludierte atlantische Fronten von Westen her den
Vorhersageraum ansteuern, um dann aber durch das blockierende Hoch mehr und mehr
ausgebremst zu werden. Gestern, quasi pünktlich zum 3. Advent, hat es eine
solche Okklusion sogar mal geschafft, weiten Teilen Deutschlands etwas
Winterfeeling in Form einer dünnen Schneedecke zu vermitteln, Respekt!
Inzwischen hat die Okklusion unter erheblichem Substanzverlust den Osten und
Nordosten erreicht, wo sie aktuell noch etwas Niederschlag (meist nur 0.1 mm/h
oder weniger) generiert, der mangels Eisphase überwiegend als Nieselregen fällt
- gefrierender Nieselregen wohlbemerkt, sind doch bodennahe Luftschicht und der
Belag derzeit noch negativ temperiert. In den nächsten Stunden dürfte sich die
Lage aber mehr und entspannen, da der Niederschlag tendenziell aufhört und die
Temperatur - langsam, weil Südostwind - steigt.
Während die Frühtemperatur in der Osthälfte sowie im Süden die Frühtemperatur
häufig noch im leichten Frostbereich liegt, hat sich im Westen bereist etwas
mildere, vor allem aber gut gesättigte (Misch)Luft durchgesetzt. Das ist auch
gut so, nimmt doch bereits die nächste Okklusion von Benelux und Frankreich her
Kurs auf den Vorhersageraum. Sie gehört zu einem klitzekleinen Randtief, das den
heutigen Montag mit geringer Nordosttendenz über der Nordsee verbringt. Mangels
ausreichend frontsenkrechter Windkomponente und der blockierenden Wirkung von
Meister GOTTHARD kommt die Okkl. nur schleppend nach Osten voran. Und es würde
wohl noch langsamer gehen, wenn nicht ein Sekundärtrog in der Höhe mithelfen
würde, die Front etwas anzuschieben. Dieser überläuft übrigens einen über
Westeuropa positionierten Höhenrücken, bevor er kommende Nacht in den Schluchten
eines weiteren Höhentroges über Mitteleuropa verschwindet. Wie auch immer, Okkl.
und Sekundärtrog verstehen sich ganz gut, was eine leichte Verstärkung der
frontalen Hebungsprozesse zur Folge hat. Das entsprechende Niederschlagsgebiet
hat den äußersten Westen bereits erreicht, von wo aus es bis heute Abend bis
etwa zur Mitte vorabkommt. Zwar sind Luft- und Belagstemperatur häufig schon im
Plus, trotzdem gibt es anfangs noch ein paar kleine "Kälteinseln" (06 UTC z.B.
bei Bad Neuenahr oder um Kaiserslautern herum), wo leichter Frost im Spiel ist
und entsprechend die Gefahr von Glatteis gegeben ist. Im Tagesverlauf wird die
Temperatur langsam ansteigen, so dass gefrierender Regen immer weniger
wahrscheinlich wird. Gleichwohl gilt es insbesondere in den Mittelgebirgssenken
und -mulden sowie im Süden die Augen offen zu halten, hält sich doch der
Durchmischungsfaktor aufgrund geringer Windgeschwindigkeiten und z.T. fehlender
Drehung auf Südwest in Grenzen, so dass Vieles über die Gegenstrahlung laufen
muss. Da die Feuchte an der Front höherreichend und somit auch die Eisphase
vorhanden ist, fällt etwas oberhalb 600 bis 800 m etwas Schnee.
Die Temperatur geht im äußersten Westenbis auf 6 oder 7°C hoch, sonst stehen 0
bis 5°C auf der Karte. Im Nordosten, in den zentralen und östlichen
Mittelgebirgen sowie auch im Bereich der unteren Donau hält sich leichter
Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag zieht die Okklusion unter Abschwächung langsam
ostwärts voran. Dabei kommt es zu weiteren Niederschlägen, die zwar etwas an
Intensität einbüßen (wobei das Ausgangslevel schon nicht besonders üppig ist),
trotzdem aber ihre Tücken haben. Der Grund liegt am thermischen Umfeld, das nach
Osten hin niedriger temperiert ist als im Westen. Folglich nimmt auch die
Wahrscheinlichkeit für gefrierenden (Niesel)Regen wieder zu. Zwar ist die
850-hPa-Temperatur mit Werten um -4°C relativ niedrig, was in erster Näherung
für Schneefall sprechen würde, man erkennt in den Prognosetemps darunter aber
eine positiv temperierte Fläche, die ausreichend für den erforderlichen
Schmelzprozess sein sollte. Hinzu kommt, dass die mittlere Troposphäre
sukzessive abtrocknet, so dass die gesättigte Schicht mit Temperaturen unter
-10°C immer dünner wird bzw. ganz verschwindet (=> wenig oder keine Eiskeime).
Grenzwertig wird es an den Alpen, wo durchaus ein paar Zentimeter Neuschnee
fallen können (gesättigte Schicht bis -12/13°C). Letztlich läuft ein Großteil
des Warnmanagements auf Nowcasting raus, weil das Zusammenspiel von dem sich
abschwächenden und auch zunehmend zerfleddernden Niederschlagsgebiet mit der
genauen Temperaturentwicklung (Gegenstrahlung vs. kalten Südostwind) mit
größerer Vorlaufzeit kaum erfassbar erscheint.
Fakt ist, dass es im Süden und Osten noch mal gebietsweise leichten Frost gibt.
Dabei muss gebietsweise mit Glätte durch gefrierende Nässe gerechnet werden. Im
Westen und Südwesten, wo der o.e. Höhenrücken näher kommt, lockert die
Wolkendecke teilweise auf. Stellenweise bildet sich Nebel und lokal ist auch in
den westlichen Mittelgebirgen gefrierende Nässe möglich.


Dienstag... schiebt sich der Höhenrücken immer mehr über den Vorhersageraum und
sorgt dabei für leichten Zwischenhocheinfluss. Sowohl advektiv als auch
absinkbedingt steigt die 850-hPa-Temperatur im äußersen Südwesten bis auf +6°C
an, während es im äußersten Osten mit rund -4°C noch recht kalt bleibt. Die
Okkl. über dem Osten und Nordosten löst sich auf, bis in den Vormittag hinein
kann es hier und da aber noch etwas gefrierenden Nieselregen oder ein paar
Schneeflocken geben. Ansonsten ist nicht ganz unbedeutend, dass sich Tief PIA
einige Seemeilen weiter nach Osten verlagert, was es de facto näher an den
Vorhersageraum heranbringt. PIA hat eine weitere Okklusion zu bieten, die für
uns morgen aber noch nicht von Bedeutung ist (am Mittag UK, Biscaya). Relevanter
ist da schon die Tatsache, dass sich der Gradient auf der Vorderseite des Tiefs
verschärft und deswegen aus der Wind etwas aus seiner Lethargie erwacht. Aus Ost
bis Süd kommend lebt er im Tagesverlauf etwas auf, ohne allerdings die
Warnmeteorologen sonderlich zu beunruhigen. Zum Abend hin könnte aber die eine
oder andere exponierte Bergkuppe mit den ersten 7er-Böen aufwarten (der Brocken
protzt gleich wieder mit ´ner "Acht"), und auch über der Deutschen Bucht sollten
dann vermehrt steife Böen 7 Bft aus Südosten anzutreffen sein.
Das Gute am Wind ist seine bereinigende Wirkung hinsichtlich Nebel und
Bewölkung. Nach dem grauen und trüben Wochenstart heute setzt sich morgen vor
allem in Teilen Süd- und Westdeutschlands häufiger die Sonne durch. Besonders in
und an den Alpen sowie im Alpenvorland können Mann und Frau auf mehrere Stunden,
wahrscheinlich sogar den ganzen Tag auf direkte Sonnenstrahlung hoffen. Deutlich
schlechter sieht es im Norden und Nordosten sowie im Luv der Mittelgebirge aus,
wo es mit der Wolkenauflösung nicht so recht klappen will.
So oder so, die Temperatur steigt gegenüber heute an und erreicht Maxima von 1
bis 8°C. Nur in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen hält sich z.T. noch
leichter Frost.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich wenig am großräumigen Strömungsmuster.
Allerdings nähert sich von Westen her die Okkl. an, was mit Bewölkungszunahme
und gegen Morgen im äußersten Westen etwas Regen einhergeht. Da es dort
wahrscheinlich aber frostfrei bleibt, sollte Glatteis kein Thema sein. Sollte
der Regen allerdings etwas weiter nach Osten vorankommen als von den Modellen
gerechnet, wäre Hab-Acht-Stellung angesagt.
Ansonsten gibt es mit Ausnahme Nordwestdeutschlands verbreitet leichten, an den
Alpen, im südlichen Vorland sowie in den östlichen und südöstlichen
Mittelgebirgen über Schnee mäßigen Frost. Der südöstliche Wind erreicht an der
See trotz ablandiger Komponente die eine oder andere Böe 7 Bft, und auch in
exponierten Hoch- und Leelagen sind Böen sind steife Böen wahrscheinlich, auf
dem Brocken sogar Sturmböen.

Mittwoch... nimmt die nächste (also die o.e.) Okkl. Anlauf gegen das
blockierende Hoch über Westrussland an - ein schier unmögliches, fast als
sinnlos zu bezeichnendes Unterfangen. Trotzdem gebührt der Front ein gewisser
Respekt, schafft sie es doch, bis Donnerstagfrüh weite Teile des Landes hinter
sich zu lassen. Einzig im Süden kommt zu der Blockade noch eine zweite Bremse in
Form eines sich über dem westlichen Mittelmeer bildenden Teiltiefs dazu. Der
Höhenrücken wandert nach Osten und macht Platz für einen Trog, der von
Westeuropa langsam nachstößt, seine Achse zunächst aber noch westlich von uns
belässt. Auf seiner Vorderseite werden nur überschaubare dynamische
Hebungsimpulse ausgelöst, so dass der auftretende Niederschlag im Wesentlichen
frontgebunden ist. Er kommt im Tagesverlauf ebenfalls ostwärts voran, wobei er
aber mehr und mehr zerfleddert. Bei positiv temperierter unterer Troposphäre
fällt der Niederschlag als Regen oder Nieselregen. Dabei besteht nach Osten und
Südosten zu die Gefahr von Glatteis, weil Luft- und Belagstemperatur z.T. nur
zögernd aus dem Frostquark kommen. Es gilt aber auch in diesem Fall, dass das
Warnmanagement im Wesentlichen zeitnah erfolgen muss. In der Nacht zum
Donnerstag allerdings deutet sich im Süden und Südosten eine Intensivierung des
Regens an, was der Passage eines vorlaufenden Randtroges geschuldet ist. Dabei
nimmt die Wahrscheinlichkeit von gefrierendem Regen mit Glatteis zu, da sich die
Erwärmung in den genannten Gebieten weiterhin als eine äußerst zähe
Angelegenheit entpuppt.
Ansonsten bleibe noch zu erwähnen, dass die Sonne eher Zurückhaltung an den Tag
legt (präfrontal etwas im Osten und Süden, postfrontal später im Westen und
Nordwesten). Dabei steigt die Temperatur in der Kölner Bucht und im Ruhrgebiet
auf rund 10°C, während es im Südosten dauerfrostig bleibt. Der Süd- bis
Südostwind bleibt an der See sowie in exponierten Hoch- und Leelagen der
zentralen und westlichen Mittelgebirge relativ flott unterwegs mit Böen 7 Bft,
vereinzelt 8 Bft, Brocken 9 Bft.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundsätzliche Entwicklung wird von allen Modellen sehr ähnlich simuliert.
Über die Schwierigkeiten bei den Auswirkungen, vor allem hinsichtlich der
auftretenden Niederschläge und deren Phase, wurde im Text ausführlich berichtet.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann