DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-06-2016 21:00
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.06.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wiederholt Schauer und Gewitter, teils mit Starkregen bis hin zum Unwetter. Am
Samstag geringere Unwettergefahr, ab Samstagabend am Alpenrand einsetzender
Dauerregen, in Staulagen unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Langwellentroges, dessen
Hauptachse über die Nordsee hinweg zur Iberischen Halbinsel verläuft. Ein
kräftigerer Sekundärtrog schwenkt von Ostpolen über die Baltischen Staaten
hinweg nordwärts. Dieser ging aus dem Vb-artigen Tief hervor, das heute über
Ostpolen hinweg nordwärts gesteuert wurde und mehr und mehr auch die
Höhenströmung deformierte.
Dieses Tief wurde ein wenig weiter östlich nach Norden gesteuert als
vorhergesagt, wodurch sich Niederschlagssummen ergaben, für welche eine
Unwetterwarnung nicht erforderlich war.
Deutschland gelangt mehr und mehr in den Bereich des Troges, was sich heute in
einer regen Schauer- und Gewittertätigkeit äußerte. Da von einer feucht-warmen
Luft nicht mehr so recht die Rede sein konnte, erwiesen sich die Gewitter in
Bezug auf Starkregen nur noch selten als unwetterartig.
In der Nacht zum Samstag kommt der Trog in seinem nördlichen Teil etwas rascher
nach Osten voran. Leichte Kaltluftadvektion und der damit einhergehende
Druckanstieg sollte aber zu einer weitgehenden Wetterberuhigung führen. Ganz
einschlafen wird die Schauer- und Gewittertätigkeit vor allem im Nordwesten und
Westen, d.h. zur Trogachse hin, jedoch nicht.

Samstag ... nähert sich die Hauptachse des o.g. Troges dem Nordwesten, ohne aber
auf Deutschland überzugreifen. Mit einer südwestlichen Strömung gelangt erneut
labil geschichtete Luft in das Vorhersagegebiet. CAPE erreicht etwa 600 J/kg
(mit den höheren Werten im Osten und Südosten). Der Gehalt an niederschlagbarem
Wasser liegt zwischen 20 und 25 mm. Somit werden sich nach einer vorübergehenden
Ruhephase, die zum einen durch den Tagesgang, zum anderen durch eine leichte
Antizyklonalität bedingt ist, erneut Schauer und Gewitter entwickeln. Dabei sind
im Westen und Südwesten die heftigsten konvektiven Umlagerungen zu erwarten.
Aber auch in den anderen Regionen entwickeln sich Schauer und Gewitter, die
durchaus nicht wesentlich schwächer sind (weil dort CAPE am höchsten sind), aber
aufgrund der schwächeren dynamischen Antriebe sollten diese nicht so verbreitet
wie im Westen und Südwesten Deutschlands auftreten.
Die Unwettergefahr ist geringer als an den Tagen zuvor. Dies ist durch die
relativ rasche Verlagerung der konvektiven Zellen bedingt. Sollten aber mehrere
starke Schauer- und Gewitterzellen hintereinander ein und denselben Ort
überqueren, ist kleinräumig und eng begrenzt die Überschreitung der
Unwetterschwellen in Bezug auf Starkregen vorstellbar.
Auflockerungen und Aufheiterungen sind nach Osten hin am wahrscheinlichsten.
Dort wird es auch mit 22 bis 24 Grad am wärmsten. Ansonsten bewegen sich die
Temperaturen zwischen 17 und 21 Grad.
In der Nacht zum Sonntag erreicht der Trog das Vorhersagegebiet und tropft dabei
in mehreren Schritten aus. Rückseitig setzt im Nordwesten ganz im Westen eine
Stabilisierung ein. Zum einen hierdurch, zum anderen durch den dann nicht mehr
wirksamen Tagesgang sollte die Schauer- und Gewittertätigkeit abklingen.
An den Alpen setzt jedoch Dauerregen ein. Dieser resultiert aus einer
Gegenläufigkeit der Strömung (aus Süd in der mittleren Troposphäre und darüber,
aus Nord-Nordwest in Bodennähe). Dabei wird der Hebungsantrieb durch Stau
verstärkt. Das Modellportfolio liefert 12-std. Summen von etwas über 10 bis über
100 mm. Aber selbst ein Wert aus dem mittleren Bereich liegt bereits deutlich
über der Unwetterwarnschwelle.

Sonntag ... vollendet sich der Abtropfprozess des Langwellentroges, was ein
Höhentief über Südeuropa entstehen lässt. Der verbleibende Resttrog wird mehr
und mehr zugeschüttet. Dieser lässt sich allerdings noch als Struktur, die vom
Nordosten Deutschlands in den Südwesten verläuft, ausmachen. Reste der
bisherigen Luftmasse verbleiben noch an der Vorderseite dieser Struktur, wodurch
vom Erzgebirge bis zum Hochrhein und zu den Alpen noch einmal Konvektion in Gang
kommen kann. Da aber die Schichtung bei Weitem nicht mehr so labil ist wie
bisher und mit einer nördlichen bis nordwestlichen Strömung zusehends trockenere
und kühlere Luft beigemischt wird, sind unwetterartige Entwicklungen wohl eher
unwahrscheinlich.
Von Westeuropa her greift ein Bodenkeil auf Deutschland über, der dem Azorenhoch
zuzuordnen ist und Verbindung zu dem über dem Nordmeer liegenden Hoch aufnimmt.
Hierdurch setzt sich mit einer nordwestlichen bis nördlichen Strömung trockenere
und stabilere Luft auch im gesamten Norden, Westen und in den mittleren Regionen
sowie südlich der westlichen Mittelgebirge durch. Absinken lässt verbreitet die
Wolken auflockern, wenngleich sich über weiten Teilen Deutschlands Sc-Bewölkung
(Sc Cu gen) ausbreiten kann. Längere sonnige Abschnitte sind nach Osten hin am
wahrscheinlichsten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 16 bis 21, im Osten und südlich der
Mittelgebirge bis 23 Grad.
In der Nacht zum Montag setzt sich auch mitteltroposphärisch vollends
antizyklonaler Einfluss durch. Dies sollte die Konvektion im Süden und Südosten
Deutschlands zum Erliegen bringen. Eine Ausnahme (bzgl. der Niederschläge)
stellt der östliche Alpenrand dar. Bedingt durch Stau kommt es dort noch zu
länger andauernden Niederschlägen, so dass zu den bereits gefallenen
Niederschlagssummen noch einmal bis etwa 20 mm hinzukommen können.
Ansonsten klart es verbreitet auf, so dass sich streckenweise flache Nebelfelder
bilden können.

Montag ... hält sich zunächst noch antizyklonaler Einfluss. Im Bodendruckfeld
bleibt eine Hochbrücke bestehen, die vom Südwesten Deutschlands in den östlichen
Mittelgebirgsraum gerichtet ist.
Über dem Nordatlantik kommt eine Zonalisierung in Gang. Aus dieser Zonalströmung
läuft ein Kurzwellentrog heraus, der bis zum Abend auf Ostengland übergreift.
Diesem Trog ist ein Frontensystem vorgelagert. Die Warmfront dieses Systems
erfasst bei stabiler Schichtung im Tagesverlauf mit Niederschlägen den
Nordwesten und Westen Deutschlands. Warnrelevante Summen oder schauerartige
Verstärkungen durch eingelagerte Konvektion sind nicht zu erwarten.
Im weitaus größten Teil Deutschlands hält sich noch antizyklonaler Einfluss, der
für Absinken und somit Auflockerungen und auch Aufheiterungen sorgt.
An den Alpen sollten somit ebenfalls die Niederschläge aufhören. Einzelne
Schauer oder (schwächere) Gewitter sind dennoch im Südosten sowie im östlichen
Mittelgebirgsraum nicht ganz auszuschließen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 20 bis 25, unmittelbar an der See und im
Bergland Werte um 18 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Unterschiedliche Ergebnisse zeigen sich hauptsächlich in Bezug auf die Frage,
wieviel Niederschlag in Verbindung mit der erneuten Dauerregenlage an den Alpen
zusammenkommt. Da sind zum einen Modelle zu nennen wie ICON und EZMW, die
24-std. nicht wesentlich mehr als 30 mm erwarten, was noch nicht einmal die
Kriterien für eine Dauerregenwarnung erfüllen würde. Auf der anderen Seite
stehen Modelle der Starkniederschlagsfraktion (COSMO-EU, EU4 und GFS), die
zwischen 60 und etwa 100 mm Niederschlag erwarten (wenn man mal die exorbitant
hohen Summen von EU4 außen vor lässt).
Zu berücksichtigen sind noch die probabilistischen Verfahren. Hier stützt
COSMO-LEPS eindeutig die Fraktion der Starkniederschläge und zeigt beim 90
Prozent-Perzentil bis etwa 180 mm Niederschlag innerhalb von 48 Stunden. Selbst
das EPS des EZMW deutet noch mehr als 80 mm am Alpenrand an. Daher bietet sich
die Ausgabe einer entsprechenden Unwetter-Vorabinformation an.
Uneinigkeit besteht auch darüber, wann und wie weit am Montag die Niederschläge
auf Deutschland übergreifen. Während sich die deutschen Modelle und GFS in etwa
einig sind, zeigt EZMW eine verzögerte Version und lässt gerade mal gegen Abend
ein Einsetzen der Niederschläge im Emsland zu.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann