DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-10-2018 09:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.10.2018 um 10.30 UTC



Ruhiges Herbstwetter; teils schon länger neblig, teils sonnig, sehr mild bis
warm und meist trocken.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 16.10.2018


Zumindest bis einschließlich zum kommenden Wochenende kommt beim täglichen
Studium des Wetterberichtes Langeweile auf, denn es bleibt im Groben alles wie
gehabt: Nach teils zögernder Nebelauflösung scheint oft die Sonne, es bleibt
trocken und das alles bei für die Jahreszeit zu hohen Temperaturen.
Kurz zusammengefasst: Die Blockadelage dauert weiter an.
Am Freitag befindet sich der Schwerpunkt hohen Geopotenzials über dem östlichen
Mitteleuropa. Von dieser ausgehend reicht eine Potenzialbrücke über Mittel- und
Südwesteuropa hinweg südwestwärts bis zu den Kanaren. Flankiert wird sie im
Nordwesten von einem markanten kurzwelligen Randtrog (bzw. einem kräftigen
Sturmtief im Bodenfeld), der sich vom Seegebiet nordwestlich Irlands bis
Samstagmittag zum Ostausgang der Dänemarkstraße verlagert. Diesem System
vorgelagert ist ein schwacher Randtrog, der am Freitag über die Nordsee hinweg
nordostwärts verlagert, sich aber aufgrund von WLA zusehends auffüllt, so dass
eine mit dem Trog korrespondierende Kaltfront zwar auf den Nordwesten
Deutschlands übergreifen kann, sich aber mehr und mehr auflöst und wohl keine
nennenswerten Niederschläge mehr bringt.
Nach Abzug dieses Troges können sich aufgrund der WLA vorderseitig des sich
erneut regenerierenden Höhentrogkomplexes mit mehreren Drehzentren bei Island
bzw. südlich von Grönland im Laufe des Samstags das Höhenhoch über Osteuropa
bzw. die Potenzialbrücke über Mitteleuropa erneut verstärken. Dabei gelangen von
Südwesten her vor allem am Samstag niedertroposphärisch warme Luftmassen
subtropischen Ursprungs (um 14 Grad in 850 hPa) nach Deutschland. Im Bodenfeld
können dabei bei im Tagesverlauf gebietsweise auflebendem Südostwind vor allem
in den Leelagen Südwestdeutschlands die Temperaturen auf über 25 Grad steigen,
einzelne Dekadenrekorde, insbesondere in NRW, nicht ausgeschlossen, während es
in Regionen mit teils zähem Nebel (vor allem Donauraum und Bodensee) deutlich
kühler bleibt.
Im Laufe des Sonntags kommt der Trog unter Amplifizierung mit seiner Achse nur
langsam nach Osten voran und erreicht Montag, 00 UTC die Britischen Ilsen, wobei
er in weiterer Folge über der Iberischen Halbinsel austropft. Das Höhenhoch
bleibt nahezu ortfest mit Schwerpunkt in etwa über der Ukraine, so dass sich die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet etwas aufsteilt und ein wenig verstärkt.
Ein mit dem (abtropfenden) Trog korrespondierendes Frontensystem kommt somit
über Westeuropa zunächst kaum nach Osten voran, zumindest nach Lesart des
aktuellen IFS-Laufes (und auch nach ICON) bleibt es bis Montagfrüh noch trocken.
Die niedertroposphärisch nach Mitteleuropa advehierte Luftmasse ändert sich
somit kaum, dennoch werden im Westen aufgrund bereits im Tagesverlauf
aufziehender hoher und mittelhoher Wolkenfelder wohl nicht mehr ganz die
Höchstwerte des Vortages erreicht.
Am Montag ist der Cut-Off-Prozess vollzogen, der Resttrog verlagert sich unter
Abschwächung bis Dienstag, 00 UTC über die Nordsee und das nördliche
Mitteleuropa hinweg nach Nordskandinavien. Die mit dem Trog korrespondierende
Kaltfront eines von der Norwegischen See nach Nordschweden ziehenden Bodentiefs
erreicht Montagabend den Nordwesten Deutschlands, kommt aber kaum mehr nach
Südosten voran und löst sich in der Nacht zum Dienstag mehr und mehr auf. Vor
allem im Westen und Nordwesten kann es nach Lesart des IFS am Montag auch etwas
regnen (wenige mm), während im Osten und Südosten weiterhin Hochdruckeinfluss
überwiegt. In der Nacht zum Dienstag kommt die Niederschlagstätigkeit im
Nordwesten/Westen wieder mehr und mehr zum Erliegen. Dem Frontensystem folgt
allerdings ein Schwall subpolarer Meeresluft, die Temperaturen in 850 hPa sinken
bis Dienstagfrüh auf 4 Grad im Nordwesten und 10 Grad im Südosten.
Nach Durchschwenken des Troges stellt sich eine vom Seegebiet nördlich der
Azoren bis nach Nordwestrussland verlaufende recht glatt konturierte Frontalzone
ein, an deren Südrand sich die Potenzialbrücke über Mitteleuropa im Laufe des
Dienstags erneut regeneriert. Auch im Bodenfeld verstärkt sich der
Hochdruckeinfluss wieder. Mit der sich auflösenden Kaltfront sind allerdings
niedertroposphärisch etwas feuchtere Meeresluftmassen nach Mitteleuropa
vorgedrungen, so dass die Nebelwahrscheinlichkeit wohl zunimmt, gebietsweise
kann sich vielleicht schon ganztägig Nebel/Hochnebel halten. Außerhalb der
Nebelfelder setzt sich aber vor allem in der Osthälfte sowie an den Alpen wieder
meist die Sonne durch und es bleibt sehr mild, gebietsweise mit Höchstwerten
knapp über 20 Grad auch warm.
In der erweiterten Mittelfrist ist keine signifikante Änderung der
Großwetterlage in Sicht: Über dem nahen Ostatlantik wird erneut ein
Cut-Off-Prozess in Gang gesetzt, auf dessen Vorderseite von Südwesten her
nieder- und vor allem mitteltroposphärisch sehr milde Luftmassen nach
Mitteleuropa geführt werden, die das hohe Geopotenzial dort weiterhin stützen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Dem aktuellen Lauf des IFS kann eine gute Konsistenz zu seinen beiden Vorgängern
bescheinigt werden. Die schwache Trogpassage am Freitag wurde vom gestrigen 00
UTC-Lauf etwas markanter simuliert, die in dem Lauf noch gezeigten leichten
Niederschläge im Nordwesten (in der Nacht zum Samstag dann auch im Osten) wurden
in den beiden aktuellen Läufen aber komplett gestrichen.
Der nächste Versuch eines Randtroges, nach Mitteleuropa vorzustoßen, wurde dann
am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag vom gestrigen 12 UTC-Lauf etwas
progressiver simuliert als im aktuellen Lauf, der diesem Trog dagegen ein wenig
mehr Wetterwirksamkeit in Form leichter Niederschläge im Westen/Nordwesten am
Montag tagsüber zubilligt.
Erst in der erweiterten Mittelfrist werden die Differenzen insgesamt etwas
größer: Der gestrige 00 UTC-Lauf hatte zu Wochenmitte (Mi/Do) für das
Vorhersagegebiet immerhin eine Trogpassage auf der Karte, der gestrige 12
UTC-Lauf hinkte mit der Passage schon etwa 12 Stunden hinterher und zeigte sie
deutlich abgeschwächt bzw. nur noch Norddeutschland betreffend während der
aktuelle Lauf diesen Trog komplett rauslässt und ihn weit westlich über dem
Ostatlantik abtropfen lässt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Alle vorliegenden Modelle zeigen - Mitteleuropa betreffend - bis Sonntagfrüh
eine dem IFS sehr ähnliche Wetterentwicklung. Lediglich GFS simuliert im Vorfeld
der Front am Freitag im Südwesten geringe Niederschläge.
Den nächsten "Trogvorstoß" am Sonntag/Montag hat dann vor allem GFS etwas
progressiver und markanter auf der Karte, da der nach ICON und IFS über der
Iberischen Halbinsel simulierte Cut-Off-Prozess weiter östlich simuliert wird,
so dass der auf Mitteleuropa übergreifende "Resttrog" noch markanter konturiert
ist. Bereits im Laufe des Sonntagnachmittags sollen im Westen im Vorfeld einer
Kaltfront schauerartige Niederschläge einsetzen. Bis Dienstagfrüh überquert die
Front mit (meist leichten) Niederschlägen weite Teile des Vorhersagegebietes und
löst sich erst dann über dem Südosten des Landes allmählich auf. GEM fährt eine
ähnliche Variante, hat allerdings kaum Niederschläge auf der Karte. ICON ähnelt
dagegen dem IFS, wobei die Kaltfront allerdings noch etwas langsamer vorankommt.

In der erweiterten Mittelfrist simulieren vor allem GEM, abgeschwächt aber auch
GFS ein allmähliches Übergreifen der Frontalzone zumindest auf den Norden
Mitteleuropas, während IFS zumindest bis einschließlich der Nacht zum Freitag
noch an der Blockadesituation festhält.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49 Ensembleläufe, Haupt- und
Kontrolllauf erstaunlicherweise auf 6 Cluster, die sich bzgl. der Verteilung der
Geopotenzialgebilde über Mitteleuropa allerdings so gut wie gar nicht
unterscheiden: Alle haben das markante Blockadehoch über Ost- bzw. dem östlichen
Mitteleuropa auf der Karte.
Etwas größere Differenzen zwischen den dann nur noch 4 Clustern (jeweils 16, 15,
13 und 7 Member, Hauptlauf in Cluster 3) sind dann allerdings im nächstfolgenden
Zeitraum (120 bis 168 Stunden, also Sonntag, 00 UTC bis Dienstag, 00 UTC)
auszumachen. Cluster 1 und 4 haben einen noch markanteren und etwas weiter
westlich stattfindenden Cut-Off-Prozess als der Hauptlauf auf der Karte, so dass
der Resttrog das Vorhersagegebiet kaum mehr beeinflussen dürfte und der
Hochdruckblock hält. Cluster 2 lässt den Trog immerhin am Dienstag, 00 UTC
abgeschwächt auf Norddeutschland übergreifen, während Cluster 3 diesbezüglich
die markanteste Variante auf der Karte hat (noch markanter als der
IFS-Hauptlauf, der diesem ja zugeordnet ist) und somit eigentlich eher dem
GFS-Hauptlauf ähnelt.
Die erweiterte Mittelfrist zeigt zwei Cluster (jeweils 29 bzw. 22 Member,
Hauptlauf in Cluster 1). Dabei finden sich im Groben auch die beiden, von den
deterministischen Läufen favorisierten Varianten wiederfinden: Cluster 1 hält -
ähnlich wie der IFS-Hauptlauf - noch länger an der Blockadelage fest, während
Cluster 2 ein zögerndes Übergreifen der Frontalzone zumindest auf das nördliche
Mitteleuropa (siehe GEM, GFS) auf der Karte hat.
Die Rauchfahne für Offenbach bestätigt im Großen und Ganzen die Clusteranalyse:
Leichte Niederschläge mit der "Trogpassage" am Freitag haben nur zwei
Einzelmember auf der Karte. Die Temperatur in 850 hPa geht nach Lesart der
meisten Member vorübergehend etwas zurück (meist zwischen 10 und 13 Grad, wenige
"Ausreißer" nach unten bis 7 Grad). Der nächste Trogvorstoß am Montag wird von
etwa 5 bis 7 Einzelmembern noch markanter simuliert als vom Hauptlauf, der sich
schon im unteren Bereich der sich um den Median eng gebündelten meisten
Einzelmember befindet. Auch simulieren insgesamt weniger als 10 Member
Niederschläge. Ab Mittwoch wird der Spread der 850 hPa-Temperatur dann
allmählich etwas größer.

Fazit: Der Block hält erst einmal, die Versuche atlantischer Frontensysteme, am
Freitag und am Montag auf Mitteleuropa überzugreifen, sind wohl kaum von Erfolg
gekrönt. Erst in der zweiten Wochenhälfte (also in etwa 8 bis 10 Tagen) steigt
die Wahrscheinlichkeit für ein Übergreifen der Frontalzone zumindest auf das
nördliche Mitteleuropa ein wenig an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der Vorstoß warmer Subtropikluft am Samstag schlägt sich auch im EFI nieder,
verbreitet werden Hinweise auf außergewöhnlich hohe Temperaturmaxima gegeben.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass (zumindest in den Leelagen Westdeutschlands)
einige Dekadenrekorde fallen, ist aus heutiger Sicht hoch, wobei die
Nebelproblematik nicht außer Acht gelassen werden darf.
Ansonsten stehen aber kaum markante Wettererscheinungen auf der Karte. Am
Sonntag und Montag stellt sich an den Alpen leichter Föhn ein, eventuell
verbunden mit einzelnen Sturmböen aus Süd auf exponierten Gipfeln.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff