DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-10-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 01.10.2018 um 10.30 UTC



Sonniges und recht mildes Herbstwetter, zum Sonntag von Westen wechselhafter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 08.10.2018


Mit Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Donnerstag wölbt sich im
Vorfeld einer Sturmtiefentwicklung bei Island mit der verbundenen kräftigen WLA
auf der Vorderseite ein Rücken auf, dessen Achse im Tagesverlauf nach
Mitteleuropa und Skandinavien schwenkt. Korrespondierend befindet sich auf der
Vorderseite des Rückens bodennah eine Hochdruckbrücke, die sich vom Englischen
Kanal über Tschechien bis zur Donaumündung erstreckt. An
dessen Nordrand erreicht die Warmfront des Islandtiefs die deutschen
Küstengebiete. Mehr als ein paar Spritzer Regen sind bei nur schwachem
Hebungsantrieb (schwache WLA) unter antizyklonalem Einfluss aber nicht zu
erwarten. Im Rest des Landes bleibt es freundlich mit zeitweiligem Sonnenschein.
Von Westen schiebt sich allerdings nur sehr
zögernd die 5 Grad-Isotherme landeinwärts, so dass in der langsam alternden
Meereskaltluft die Höchstwerte mit 15 bis 19 Grad noch recht gedämpft ausfallen.


Am Freitag schwenkt die sich immer weiter abflachende Keilachse in der Höhe zwar
ostwärts - bei anhaltend hohem Geopotential verbleibt aber bodennah noch ein
Keil über Deutschland, zumal Druckfall fördernde Prozesse tendenziell nördlich
des Vorhersagegebietes verbleiben. Nichtsdestotrotz streift die Frontalzone im
Norden immer noch die küstennahen Gebiete, so dass der Wettercharakter dort eher
ein bewölkter bleibt - wenn auch ohne signifikante Regenfälle. Bei weiterer
Erwärmung mit der 10 Grad Isotherme über der Mitte des Landes (5 Grad an der
Dänischen Grenze, im Süden bis 13 Grad) steht ein weiterer freundlicher und
milder Herbsttag ins Haus. Mit Sonnenunterstützung sollte die 20 Grad - Marke
doch des Öfteren fallen. Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit und der zu
erwartenden starken nächtlichen Inversion muss man allerdings teils zähe
Nebelfelder beispielsweise entlang der Donau einkalkulieren. Unterdessen
amplifiziert sich der Ostatlantiktrog infolge südwärts gerichteter KLA massiv
(die stromauf rasch von erneuter WLA abgelöst wird) und tropft...

...am Samstag über Westeuropa ab. Die Details sind nach wie vor sehr unsicher,
es verfestigt sich aber die Tendenz des weit westlichen Cut-Offs über dem
Englischen Kanal respektive Nordfrankreich, weshalb weite Teile Deutschlands
noch "Altweiberfeeling" genießen dürfen.

Zum Sonntag und Montag verlagert sich der Schwerpunkt des abgeschlossenen,
achsensenkrechten Höhentiefs allmählich nach Mitteleuropa, womit die
Niederschlagsneigung zunimmt und von Westen etwas kühlere - wenngleich erwärmte
- Atlantikluft einsickert.

Nach dessen Abzug geht der Trend in der erweiterten Mittelfrist bis Mitte
nächster Woche wieder klar zu Hochdruckeinfluss in einer milden, südlichen
Grundströmung (Sa).

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des EZMW ist aufgrund der komplexen Situation am kommenden
Wochenende wirklich überragend (wenn es denn auch so kommt!). So möchte auch der
aktuelle 0z Lauf von einer möglichen Sturmlage nichts wissen und beharrt auf dem
westlichen Abtropfvorgang über Frankreich, bei dem das Höhentief erst am Sonntag
und dann auch nur marginal Auswirkungen auf das Vorhersagegebiet hat. Zumal auch
der Tropensturm LESLIE auf dem offenen Nordatlantik die gesamte Woche über
"umherwabert" und sich für keine vorzugsweise Zugrichtung entscheiden kann.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Samstag sind sich die gängigen Globalmodelle weitgehend einig. Das
sturmfreudige GFS bleibt bei seiner "bissigen" Variante mit einem schweren
Sturmtief über Jütland, wohingegen ICON die Lage deutlich entschärft hat
(Cut-Off Nordsee). Alles steht und fällt mit der Position des Cut-Offs und einer
stark diffluenten Vorderseite (nördliche Variante mit rascher
Ostverlagerung/GFS) oder einer südwärtigen Verlagerung über Frankreich ins
westliche Mittelmeer ohne synoptisch-skalige Antriebe über Deutschland
(EZ-Variante). Das bei der letzten vergleichbaren Lage mit Sturmtief FABIENNE
mit einer guten Performance ausgestattete GEM rückt inzwischen auch von der
Sturmlage ab und schließt sich nahezu identisch der EZ-Lösung an. Damit ist zwar
das Potential für eine signifikante Sturmlage zum kommenden Wochenende weiterhin
vorhanden, aber im Vergleich zu gestern ein Stück weit unwahrscheinlicher
geworden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen sind bis Samstag vergleichsweise gut gebündelt, mit einem
allmählichen Temperaturanstieg auf rund 10 Grad in 850 hPa, weshalb selbst im
Norden durchaus nochmal 20 Grad erreicht werden können. Gleichzeitig fällt das
Geopotential nur leicht, aber dennoch kontinuierlich. Danach ergeben sich
landesweit große Unsicherheiten, da nun die unsichere Position des Cut-Offs ins
Kontor schlägt (Spannen des Geopotentials teils bei 40 gpdm, Spread 850 hPa bei
rund 15K!). Haupt- und Kontrolllauf zeigen dabei weitestgehend einen ähnlichen
Verlauf, wobei gerade der Hauptlauf im Norden am oberen (warmen) Rand zu finden
ist. Das Ensemble fällt hingegen deutlich ab auf rund 0 Grad in 850 hPa (GFS
Lösung), die 50% Mehrheit wird heute aber nicht mehr erreicht. Insofern bröckelt
das EPS langsam und scheint der hoch aufgelösten deterministischen Berechnung
verzögert zu folgen.

Die Cluster haben im Vergleich zum gestrigen 0z Lauf deutlich an Varianz
gewonnen und sind nun aussagekräftiger. In den 5 gebildeten Clustern im
Zeitschritt +120-168h (Samstag-Montag) sind sich die Cluster 1, 2 (inkl. Haupt
und Kontrolllauf) und 5 sehr ähnlich mit einem westlichen Cut-Off, der kaum
Auswirkungen auf Deutschland hat. Zusammengerechnet gehören diesem Regime 34 der
insgesamt 51 Member an, sprich zwei Drittel - inklusive der konsistenten
Deterministik. Das letzte Drittel verteilt sich auf die GFS Sturmlösung in
Cluster 3 (9 Member) und ICON Sturm "light" Variante mit 8 Member in Cluster 4.
Im Folgezeitraum der erweiterten Mittelfrist manifestiert sich bei allen
Clustern eine mehr oder weniger antizyklonal geprägte Südlage.

FAZIT: Der konsistente, deterministische EZ-Lösung, die bröckelnde EPS Mehrheit
sowie das Abmildern/Umschwenken von ICON und GEM legen den Schluss nahe, dass
eine mögliche schwere Sturmlage am kommenden Wochenende unwahrscheinlicher
geworden ist. Da die Unsicherheiten aber noch sehr groß sind und auch das
synoptisch-skalige Umfeld bei nur kleinen Modifikationen wieder äußerst
förderlich für eine rapide Zyklogenese sein können, ist das Thema noch nicht
abgehakt. Im Anschluss geht der goldene Oktober mit hoher Wahrscheinlichkeit in
die Fortsetzung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bis Samstag sind keine markanten Wetterereignisse zu erwarten. Ein mögliches
Sturmereignis zum Sonntag wurde weiter oben ausführlich diskutiert. In den
probabilistischen Verfahren finden sich hierfür keinerlei Hinweise.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen