DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-09-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.09.2018 um 10.30 UTC



Im Norden zeitweise regnerisch und stürmisch. Im Süden oft freundlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 06.10.2018


Der kommende Dienstag - der den heutigen Beginn des Mittelfristzeitraums
darstellt - ist vorhersagetechnisch noch am eindeutigsten zu beschreiben. Zu
diesem Zeitpunkt liegt Deutschland zwischen einem kräftigen Rücken mit Zentrum
westlich der Biskaya und einem Tiefdruckkomplex über Skandinavien in einer
strammen nordwestlichen Strömung. Die Frontalzone verläuft dabei genau über uns,
so dass im Tagesverlauf ein im Okklusionsprozess befindliches Frontensystem
(kleiner Warmsektor im Westen wohl noch vorhanden) südostwärts über Deutschland
hinwegschwenkt. Es gehört zu einem vorzeigbaren Sturmtief, das sich bereits am
Sonntag bei Kap Farvel formiert und rasch ostwärts gesteuert wird. Während in
der Nordhälfte bei zeitweiligem Regen, stürmischen Böen und Temperaturen unter
15 Grad Herbstfeeling pur angesagt ist, bleibt es im Süden noch länger
freundlich mit etwas Sonne.

Am Mittwoch erreicht das Sturmtief das Baltikum und dessen inzwischen
vollständig okkludierte Front in den Frühstunden in abgeschwächter Form die
Alpen. Signifikante Niederschläge bringt sie dort allerdings kaum noch mit sich.
Rückseitig gelangt von Norden ein Schwall frischer Meereskaltluft mit
Temperaturen um 0 Grad in 850 hPa zu uns, mit der wir uns in den letzten Tagen
und auch aktuell ja schon häufiger anfreunden durften. An der vorpommerschen
Küste erfolgt gar ein nächtlicher Streifschuss des Höhentroges mit Temperaturen
um minus 25 Grad in 500 hPa, weshalb bei Wassertemperaturen von 15 bis 18 Grad
ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen ist. Südlich der Donau hält sich
teilweise noch die gealterte, etwas mildere Luftmasse der Vortage (Theta über 30
Grad, 850 hPa über 5 Grad).

Zum Donnerstag schwenkt von Westen der inzwischen deutlich abgeflachte Rücken
des Ostatlantikhochs nach Mitteleuropa, wodurch sich am Boden eine
Hochdruckbrücke bis zum Balkan ostwärts ausweitet. An dessen Nordrand bleiben
die küstennahen Gebiete anfällig für schwache frontale Streifschüsse in der
lebhaften westlichen Strömung. Im Großteil des Landes herrscht abseits von Nebel
und Hochnebel sonniges Herbstwetter und die Luftmasse kann es unter Absinken auf
Werte zwischen 5 und 10 Grad in 850 hPa erwärmen. Daher kann bei ausreichend
Einstrahlung die 20 Grad-Marke anvisiert werden.

Zum Ende der Mittelfrist amplifiziert sich über dem Nordatlantik ein neuer Trog,
der spätestens am Samstag die Britischen Inseln erfasst. Dadurch wechselt das
zonal geprägte Zirkulationsmuster wieder mehr zu einem meridional geprägten
Charakter, womit der vorläufige Abgesang des vergleichsweise milden und
freundlichen Herbstwetters eingeläutet wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch verhält sich der aktuelle EZ-Lauf konsistent
gegenüber seinen Vorgängern. In der Folge kommt es durch veränderte
Phasenverschiebungen des Trog-/Keilmusters doch zu deutlichen Unterschieden. Der
flache Keil am Donnerstag ist dabei stärker ausgeprägt und langsamer in seiner
Verlagerung (Achse Do 12z Ostfriesland, gestrige Läufe bereits Baltikum). Im
Bodendruckfeld wird sogar ein flacher Keil Richtung Küste mit satten 10 hPa mehr
als in den Vorläufen am Donnerstag simuliert. In der Konsequenz würden
Regenfälle am Donnerstag und Freitag nur den unmittelbaren Grenzbereich zu
Dänemark betreffen und die 20 Grad Marke würde selbst im Norden nochmals
überschritten werden, im Süden lokal 25 Grad - wahrscheinlich ein doch etwas zu
optimistischer Ansatz.

Die Amplifizierung und ostwärtige Verlagerung des Troges am Samstag wird
ebenfalls progressiver gerechnet, so dass schauerartige Regenfälle nach
aktuellem Stand bereits auf ganz Deutschland übergreifen würden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Gegensatz zum EZ bleiben GFS, ICON und GEM am Donnerstag im Norden zyklonaler
und kühler aufgestellt. Unter Berücksichtigung der Vorläufe kann man in dem Fall
von einer Ausreißerlösung des EZ 00z Laufs ausgehen.

Die Tendenz zur Wetterlage Trog Mitteleuropa am kommenden Wochenende haben mehr
oder weniger alle im Programm, wobei die Details noch sehr unterschiedlich sind
(zeitlicher Ablauf, Position, Stärke). GFS zeigt den Trog am schwächsten und nur
über die Nordsee ostwärts hinwegschwenken, EZ hingegen mit unter minus 30 Grad
über Deutschland abtropfen. Die Umstellung sollte in jedem Falle mit einer
deutlichen Abkühlung und Niederschlägen einhergehen - möglicherweise erneut in
Verbindung mit einer markanten Sturmlage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


In den Rauchfahnen der Temperatur und des Geopotentials erfährt der Hauptlauf
zwar vom Kontrolllauf und von der Mehrzahl der Ensemble Unterstützung, der
Spread geht allerdings schon zum Mittwoch derart auseinander (Beispiel Hamburg:
Lösungen zwischen 540 und 575 gpdm!), dass sich belastbare, detaillierte
Aussagen verbieten. Deutschlandweit einheitlich setzen ab Freitag von Westen
Abkühlung (ca. von 10 Grad auf 0 Grad in 850 hPa) und Potentialfall (knapp 580
gpdm auf rund 550 gpdm) ein, wobei die Version des Hauptlaufs mit schnellerer
Progression in den EPS nicht negativ auffällt und somit nicht unwahrscheinlich
ist.

In den Clustern (120-168h Do-Sa) wird die antizyklonale, warme Version des
Hauptlaufs für Donnerstag/Freitag in Norddeutschland in Cluster 1 von 19 der
insgesamt 51 Member mitgetragen. Die anderen 2 Cluster favorisieren eher die
zyklonalere, kühlere Variante der anderen Globalmodelle, was somit auch die
wahrscheinlichste Lösung bleibt.

Interessanterweise sind Cluster 2 und 3 (Haupt-/ und Kontrolllauf in Cluster 1)
noch progressiver in der Ostverlagerung des Troges hinten raus am Samstag,
weshalb bezüglich dieser Tendenz (Stichwort Konsistenz) das Ende der
Fahnenstange womöglich noch gar nicht erreicht ist und alles noch früher kommt.

In den Cluster der erweiterten Mittelfrist Anfang übernächster Woche kann sich
die Troglage nicht lange behaupten und wird rasch von West zyklonal (Wz, 28
member) oder aber Südwest antizyklonal (SWa, 23 Member) abgelöst.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:

Markante Wettererscheinung stellt im gesamten Mittelfristzeitraum eigentlich nur
der Wind dar. Aufgrund der Nähe zur Frontalzone bleibt er in Küstennähe
anhaltend lebhaft, so dass immer mal wieder mit Sturmböen zu rechnen ist.
Fehlende oder nur schwache Signale im EFI verdeutlichen allerdings, dass es sich
hierbei keineswegs um ein außergewöhnliches Ereignis handelt. Vor allem mit
Frontpassage sind am Dienstag und auch noch Mittwoch im Trogbereich laut
COSMO-Leps Sturmböen mit 50-80% sehr wahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit,
dass sich am Mittwoch in Verbindung mit einzelnen Schauern auch in der
Norddeutschen Tiefebene mal eine stürmische Böe "verirrt", liegt bei 10-30% und
sollte daher nach aktuellem Stand nur vereinzelt und/oder exponiert auftreten.
Dass auf dem Brocken und Fichtelberg zeitgleich schwere Sturmböen bis 100 km/h
(Bft 10) auftreten, soll nicht unerwähnt bleiben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, ICON-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen