DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-09-2018 07:01
SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.09.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: alternierend NWa (Nordwest antizyklonal) und BM (Brücke Mitteleuropa)

Tendenziell ruhiges Frühherbstwetter ohne die großen Wetterkracher. An der See
mitunter windig, in den Nächten Bodenfrostgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland am südlichen Rand der relativ weit im
Norden verlaufenden Frontalzone, die über Mitteleuropa zumindest tagsüber noch
einen stark antizyklonalen Touch aufweist. Das liegt an einem gewaltigen
Höhenhoch mit Zentrum über Südwesteuropa, das sich nur langsam abschwächt.
Dieses Höhenhoch sowie sein weit nach Osten gerichteter Keil stützen eine
langgestreckte Hochdruckzone, die zonal exponiert vom mittleren Nordatlantik bis
zum Schwarzen Meer bzw. noch etwas darüber hinaus reicht. Trotz leichten
Druckfalls übersteht sie den heutigen Tag und sorgt in weiten Teilen des Landes
für einen sonnenscheinreichen und trockenen Tag. Der anfangs von den südlichen
Niederlanden über das südliche Niedersachsen bis nach Sachsen reichende
Hochnebel sollte sich noch im Laufe des Vormittags auflösen. Die inzwischen
gealterte und ziemlich trockene Subpolarluft (Td im unteren einstelligen
Bereich, teils sogar negativ) hat sich durch Absinken zumindest
niedertroposphärisch merklich erwärmt (heute früh mit Sonde gemessene 9 bis 14°C
in 850 hPa, Tendenz noch etwas steigend), was heute auch der 2m-Temperatur
zugutekommt. Die steigt bis zum Nachmittag mit Ausnahme höherer Lagen verbreitet
auf über 20°C, in Baden-Württemberg ist punktuell (vor allem im südlichen
Oberrheingraben) sogar noch mal ein Sommertag mit 25°C drin).
Etwas zurückhaltender in Sachen "Temperatur" präsentiert sich auch der äußerste
Norden, was nicht nur der wassernahen Exposition, sondern zumindest teilweise
auch der dort vorhandenen Bewölkung geschuldet ist. Sie tritt innerhalb eines
breiten Warmsektors auf, der sich an einer Welle aufgespannt hat. Diese Welle
korrespondiert mit einem nachfolgenden KW-Trog, der im Nordteil der Frontalzone
nach Osten abläuft. Auf ihrem Weg über die nördliche Nordsee in Richtung
Südschweden intensiviert sich die Welle zu einem kleinen Tief (HELENA), das am
Tagesende mit einem Kerndruck von rund 995 hPa (ICON) die Inseln Saaremaa und
Hiiumaa vor der Rigaer Bucht erreicht. Die zugehörige Kaltfront greift in den
späten Abendstunden auf die Küste und das küstennahe Binnenland über, wobei sich
ihre Wetterwirksamkeit im Wesentlichen auf starke Bewölkung, weniger auf Regen
beschränkt (nur ein paar Tropfen).
Zuvor nimmt der Gradient im Warmsektor graduell zu, so dass der Südwestwind im
äußersten Norden etwas an Stärke zulegt. Warnwürdige Böen 7 Bft beschränken sich
aber auf den unmittelbaren Küstensaum, die vorgelagerten Inseln sowie das
nördliche SH.

In der Nacht zum Freitag verschiebt sich die Frontalzone peu a peu nach Süden
und die o.e. Kaltfront überquert die Norddeutsche Tiefebene langsam südwärts.
Dabei bleibt sie wettermäßig ziemlich handzahm, will heißen, es fällt nur wenig
bis gar kein Regen. Rückseitig wird ein Schwall frischer Meeresluft subpolaren
Ursprungs herangeführt, in der die 850-hPa-Temperatur auf rund 1°C zurückgeht.
Darüber hinaus dreht der Wind postfrontal auf Nordwest bis Nord, wobei er
insbesondere an der Ostsee etwas zulegt, so dass dort exponiert auch einzelne
Böen 8 Bft auftreten. Im Binnenland sollte es aber warnfrei bleiben.
Der Süden und Teile der Mitte bleiben von der Entwicklung trotz Druckfalls
zunächst noch unangetastet, was bei gering bewölktem oder klarem Himmel
vereinzelt leichten Bodenfrost und an den Flussläufen das eine oder andere
Nebelfeld bedeutet.

Freitag... schwenkt von Nordwesten ein relativ breit angelegter Höhentrog nach
Deutschland, der die Kaltfront über die Mitte hinweg bis nach Süddeutschland
anschiebt. Trotz der Präsenz des Troges bleibt die Front relativ harmlos, was
mehrere Gründe hat. Zum einen mangelt es an der konfluenten Trogvorderseite an
dynamischer Unterstützung, im Gegenteil, gesamttroposphärische KLA greift schon
früh weit nach Süden aus, was wiederum starken Druckanstieg zur Folge hat.
Dieser überläuft die Front, was in den seltensten Fällen zu einer Aktivierung
derselben führt, was auch im vorliegenden Fall zutrifft. An der
Bodenvorhersagekarte für 12 UTC (T+36h) kann man sehr schön sehen, in welch
antizyklonalem Umfeld sich die Front nach Süden "quält", dehnt doch das westlich
von Irland positionierte kräftige Hoch seinen Keil unter Intensivierung immer
weiter nach Osten aus.
Lange Rede, kurzer Sinn, die Kaltfrontpassage wird sich im Wesentlichen auf
starke Bewölkung, hier und da ein paar Tropfen (im Mittelgebirgsraum durch
orografische Unterstützung auch mal ein paar mehr Tropfen) sowie einen
kurzzeitig etwas auflebenden, auf nördliche Richtungen drehenden Wind bemerkbar
machen. Warnwürdige Böen aus Nordwesten treten zunächst vor allem noch an der
See und auf den Inseln auf, bevor der Gradient dort etwas auffächert. Ob die bis
zum Vormittag an der Ostsee gültige Windwarnung eine Verlängerung erfährt,
bleibt abzuwarten (Tagesgang + leicht supergeotrophische Komponente vs.
Gradientauffächerung).
Ansonsten soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Bewölkung in der postfrontal
einfließenden subpolaren Meeresluft auflockert, die Temperatur trotz
zeitweiligen Sonnenscheins aber eher mit dezenter Zurückhaltung aufwartet. Mehr
als 14 bis 17°C sind angesichts T850-Werte von rund 0°C eben nicht drin. Anders
die Situation im Süden, wo präfrontale Einstrahlung (es dauert, bis die
Bewölkung von Norden her ankommt) die Temperatur noch mal auf über 20°C
ansteigen lässt (T850 am Mittag 7 bis 10°C).

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhentrog nach Osten durch und die
Kaltfront erreicht die Alpen, die sie aber kaum noch zu überqueren in der Lage
sein wird, da sie sich vorher auflöst. Trotzdem wird es am Alpenrand mit
orografischer Hilfe (Stau) längere Zeit regnen (und in höheren Lagen auch
schneien), für mehr als maximal 5 mm innert 12 h wird es wahrscheinlich aber
nicht reichen.
Ansonsten folgt auf den Trog ein neuer Höhenrücken, dessen Achse am Morgen vom
Ärmelkanal über die Nordsee bis nach Skandinavien reicht. Er kräftigt den vom
mittleren Nordatlantik bis zum nahen Osteuropa ausgreifenden und über
Deutschland verlaufenden Bodenkeil, trotzdem sind an der See einzelne Schauer
nicht auszuschließen. Ansonsten präsentiert sich die Nacht vielerorts gering
bewölkt oder klar und entsprechend frisch, lokalen Bodenfrost inclusive. Die
Nebelgefahr hält sich in der vergleichsweise trockenen Luft stark in Grenzen.
Noch ein Wort zum Wind, der südlich der Divergenzachse des Hochkeils besonders
in den Hochlagen des Schwarzwaldes (evtl. kommen noch Low-Level-Effekte hinzu)
stark bis stürmisch aus Nordosten auffrischt.

Samstag... verlagert sich der o.e. Höhenrücken langsam südostwärts, wodurch
quasi der gesamte Vorhersageraum - zumindest tagsüber - von ihm überdeckt wird.
Bodennah bleiben wir im Bereich des zonal nach Osten ausgerichteten Hochkeils,
dessen Divergenzachse zur Mittagszeit über die Mitte Deutschland verläuft.
Südlich der Achse scheint häufig die Sonne, an den Alpen halten sich am
Vormittag allerdings noch dichte Restwolken aus der Nacht. Dort bleibt es mit
maximal 15°C auch relativ frisch, während sonst die Temperatur auf 15 bis 19°C,
am Oberrhein lokal vielleicht bis 20°C steigt. Im äußersten Südwesten stellt
sich eine mäßige Bise ein, die im Bergland Böen 7-8 Bft aus Nordosten bringen
kann.
Nördlich der Divergenzachse wird mit Unterstützung leichter WLA etwas feuchtere
Nordseeluft in den Norden und Nordwesten advehiert, die sich im Tagesverlauf
allmählich ostwärts ausbreitet. Zunächst scheint im Osten aber noch längere Zeit
die Sonne. Ansonsten wird es zwar nicht durchweg bedeckt sein, für einen
wolkigen bis stark bewölkten Wettercharakter reicht es bei Tagesmaxima um 15°C
aber schon. Leichter Druckfall sorgt im äußersten Norden für eine schleichende
Gradientverschärfung, in deren Zuge der Südwest- bis Westwind zum Abend und zur
Nacht hin an der Küste warnwürdig auffrischt (Böen 7 Bft).

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist sicher, kleine Unschärfen in der Regel nicht warnrelevant
(außer vielleicht die Windentwicklung an der See nach morgen Vormittag).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann