DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-09-2018 17:30
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.09.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Dienstag im Süden örtlich Nebel. Am Dienstag im Norden starker
bis stürmischer Südwestwind.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einer west-nordwestlichen Höhenströmung, in
die eingebettet ein Randtrog über Jütland nach Nordosten abzieht. Der Randtrog
gehört zu einem Langwellentrog, der sich über dem Nordostatlantik befindet und
mehrere Drehzentren aufweist. Korrespondierend dazu erkennt man am Boden einen
Tiefdruckkomplex, der ebenfalls mehrere Zentren offenbart. Ausgehend von einem
Zentrum über dem südlich Nordmeer erstreckt sich ein Frontensystem mit einer
noch über Deutschland liegenden Kaltfront. Die Wetteraktivität daran hält sich
jedoch stark in Grenzen, da die Kaltfront bei ihrer Südostverlagerung durch
Absinkprozesse einer Hochdruckbrücke, die von den Azoren bis zu den Alpen
reicht, gehemmt wird. Des Weiteren fehlt aber auch die dynamische Unterstützung
aus der mittleren Troposphäre und auch die Baroklinität ist nur schwach. So
beschränkt sich das Wettergeschehen zunächst auf meist dichte Wolken im
Frontbereich im Norden und teils noch in der Mitte sowie auf größere
Auflockerungen im Süden. Dort kann es in der Nacht lokal zu warnwürdigem Nebel
reichen, allerdings senkt eine recht trockene Luftmasse die Wahrscheinlichkeit
dafür. Im Laufe der Nacht zieht die Kaltfront nach Osten ab, gleichzeitig nähern
sich schon die Ausläufer eines neuen, ins Seegebiet südlich von Island ziehenden
Tiefs. Auf der Vorderseite dieses neuen Tiefs ist starke WLA auszumachen, die
trotz schwacher antiyzklonaler Anteile in der westlichen Höhenströmung für jede
Menge Nachschub an Bewölkung im Norden sorgt. An den Küsten kommt in der zweiten
Nachthälfte sogar zeitweiliger Regen auf. Darüber hinaus frischt der Wind mit
Annäherung des Frontensystems und einer damit einhergehenden Zunahme des
Gradienten auf. Auf Helgoland und den Nordfriesischen Inseln (und nicht zu
vergessen natürlich auf dem Brocken) sind in den Morgenstunden erste starke Böen
Bft 7 zu erwarten. Die Tiefstwerte der Nacht liegen unter den Wolken bei 16 bis
10 Grad, bei Aufklaren zwischen 12 und 7 Grad.

Dienstag ... dreht die Höhenströmung etwas zurück auf West-Südwest. Das
Bodentief gelangt in das südliche Nordmeer, während die Ausläufer über den
Norden Deutschlands hinwegziehen. Dort werden weitere Regenfälle ausgelöst, die
weiterhin durch kräftige WLA angefacht werden. Die Warmfront des neuen
Nordmeertiefs überquert im Tagesverlauf rasch den Norden, die nachfolgende
Kaltfront tut sich aber schwer, ins Binnenland vorzurücken. Stattdessen zeigt
sie sich fast isobarenparallel, womit ihr die Schubkomponente fehlt und sie ins
Schleifen gerät. Nach Norden, etwa nördlich einer Linie Niederrhein - Uckermark,
treten dadurch zeitweilige Regenfälle (1 bis 8, in Nordfriesland bis 12 mm in 12
Stunden) auf, dabei stehen weder warnwürdige Mengen in Aussicht, noch Gewitter.
Für Gewitter fehlt vor allem Labilität (keine Höhenkaltluft vorhanden), aber
auch Energie (kein MU-CAPE zu sehen). Warnwürdig wird jedoch der Wind. Dieser
frischt im Norden im Tagesverlauf weiter auf, da mit Durchzug des Frontensystems
der Gradient weiter zunimmt. So treten zunächst an der Nordsee bis ins direkt
angrenzende Binnenland starke Böen Bft 7, an der Küste selber stürmische Böen
Bft 8 und vereinzelt Sturmböen Bft 9 aus Südwest auf. Selbstredend gilt dies
auch für den Brocken. Ab dem späten Vormittag greifen die starken Böen auf die
Ostsee über, dort können exponiert dann ebenfalls stürmische Böen Bft 8
vorkommen. Wesentlich ruhiger und trocken verläuft der Tag in der Mitte mit
etwas und nach Süden hin mit wenig Bewölkung unter Hochdruckeinfluss. Die
Temperatur steigt im Nordwesten auf 19 bis 25 Grad, sonst auf 25 bis 30 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch kommt die Kaltfront über dem Norden bzw. Nordwesten
Deutschlands kaum noch nach Südosten voran. Weiterhin fehlt ihr die
Schubkomponente und auch von der Höhendynamik sind kaum Impulse zu erwarten.
Frontolytische Prozesse bewirken eine Abschwächung der Regenfälle, allerdings
nicht ein komplettes Nachlassen. So fällt nordwestlich einer Linie nördliches
Emsland - Hamburg - Rügen weiterhin zeitweise Regen (1 bis 6 mm in 12 Stunden).
Der Wind lässt wieder nach, da hinter der Kaltfront der Gradient auffächert.
Allenfalls auf dem Brocken reicht es noch für stürmische Böen Bft 8. Weiterhin
ruhig und ohne besondere Vorkommnisse präsentiert sich das Wetter im Süden.
Größere Auflockerungen stehen vereinzeltem Nebel entgegen. Die
Tiefsttemperaturen liegen zwischen 17 und 13 Grad unter den Wolken und zwischen
14 und 8 Grad bei Auflockerungen.

Mittwoch ... erreicht ein weiterer Randtrog die Nordsee. Das Tief der immer noch
über dem Norden Deutschlands liegenden Kaltfront zieht in den nördlichen
Bottnischen Meerbusen. Beide Prozesse bewirken ein langsames Vorankommen der
Frontalzone nach Südosten hin, womit unsere Kaltfront nun wieder ein wenig Fahrt
aufnimmt und bis zum Tagesende etwa die Mittelgebirgsschwelle avisiert. Die an
bzw. knapp hinter der Anacharakter aufweisenden Kaltfront simulierten
Niederschläge betragen meist 1 bis 5 mm in 12 Stunden, nur ICON bzw. ICON-Nest
preschen mit bis zu 12 mm in 12 Stunden vor. Das erscheint derzeit aber etwas zu
hoch gegriffen. Warnwürdig sind die Mengen so oder so nicht, ebenso bleiben
Gewitter Mangelware (weiterhin keine Höhenkaltluft vorhanden). Im Süden
wiederholt sich das Spiel der Vortage, mit anderen Worten: viel Sonnenschein,
trocken und warm bis heiß. Die Höchstwerte liegen dementsprechend im Nordwesten
unter den Wolken bzw. der einströmende Meeresluft subpolaren Ursprungs bei 17
bis 24 Grad, sonst bei 25 bis 32 Grad. Der Wind hingegen spielt kaum noch eine
Rolle, da der Gradient weiter auseinander gezogen wird. An den Küsten und
vielleicht noch an der Kaltfront könnte es bei sehr günstiger Konstellation mal
für eine starke Böe Bft 7 reichen, warnwürdig erscheint die Situation nach
jetzigem Stand jedoch nicht.

In der Nacht zum Donnerstag macht die Kaltfront weiterhin leicht Boden nach
Süden hin gut und liegt ausgangs der Nacht etwa auf einer Linie Saarland -
Südhessen - Lausitz. Ein wenig Regen (1 bis 5 mm in 12 Stunden, auch nach ICON)
wird weiterhin simuliert. Darüber hinaus können vor der Kaltfront im Südwesten
ICON zufolge ab den Abendstunden einzelne Schauer und Gewitter aufkommen. Sie
stehen im Zusammenhang mit dem neuen Randtrog, der sich von den Britischen
Inseln nähert. Beim EZMW ist dieser deutlich schwächer ausgeprägt, sodass es im
Südwesten trocken bleiben würde. In dieser Sache scheint das letzte Wort noch
nicht gesprochen zu sein. In den anderen Bereichen südlich der Kaltfront dagegen
zeugen größere Auflockerungen von weiterhin hohem Druck. Auch im Norden gibt es
einige Auflockerungen, die dort auf zunehmenden Druck beruhen. Der Wind schwächt
sich auf jeden Fall weiter ab. Bei längerem Aufklaren ist Nebel nicht ganz
auszuschließen. Die Temperatur geht auf 16 bis 11, im Norden bis 8 Grad zurück.

Donnerstag ... schließlich rückt die Kaltfront bis in den süddeutschen Bereich
vor. Von EZMW wird sogar eine Wellenbildung angedeutet, die ICON nicht mitträgt.
Am Boden sind bei beiden Modellen kaum zyklonale Strukturen zu erkennen sind, in
850 hPa aber schon. Letztlich ist eine mögliche Wellenbildung auf die weitere
Annäherung des Randtroges des nordostatlantischen Langwellentrogs
zurückzuführen. Dieser bewirkt auch eine Intensivierung der Niederschläge im
Frontbereich. Südlich der Luftmassengrenze sind zudem konvektive Umlagerungen
bzw. Gewitter zu erwarten, da die Luftmasse dort von Südwesten her zunehmend
angefeuchtet wird. Bei MU-CAPE-Werten um 1000 J/kg sind südlich der Donau
durchaus kräftige Gewitter denkbar, bei PPW's um 35 mm spielt dann insbesondere
Starkregen eine Rolle. Unwetterartige Regenmengen scheinen bei langsamer
Zuggeschwindigkeit der Zellen nicht ganz ausgeschlossen zu sein. In der
Nordwesthälfte dagegen sorgt ein neuer Hochkeil für einige Aufheiterungen. Dort
strömt allerdings neuerlich kühlere Meeresluft ein, die die T850 hPa auf 3 bis 9
Grad sinken und die Höchsttemperaturen nur auf 17 bis 23 Grad steigen lässt.
Nach Südosten hin gibt es nochmals teils sommerliche 23 bis 27 Grad (T850 hPa
immer noch bei 15 Grad). Der Wind spielt bei weiterhin schwachen
Luftdruckgegensätzen erneut keine Rolle.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großräumigen Muster sehr ähnlich. Auf Unterschiede
bei den Niederschlagsmengen am Mittwoch bzw. in der Behandlung des Randtrogs ab
der Nacht zum Donnerstag wurde im obigen Text bereits eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler