DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-08-2018 17:30
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.08.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute Nacht nachlassender Wind, am Dienstag nix, ab Mittwoch von Westen her
Rinne mit Regenfällen und Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... fällt dem aufmerksamen Beobachter beim Blick auf die großräumige
Strömungskonfiguration eine leicht mäandrierende Frontalzone auf, die allerdings
ernstzunehmende Anstrengungen unternimmt, wieder mehr Meridionalität ins Spiel
zu bringen. Als Taktgeber fungiert das hochreichende und gut austrainierte
(unter 990 hPa) Tief VERONIQUE, das heute Mittag am Südrand der Irminger See
lag, von wo aus es bis morgen zum Seegebiet südlich Islands zieht. Ausgehend von
diesem Tief kommt es zu einer Austrogung, die stromab das Aufwölben eines
Rückens zur Folge hat. Dieser Rücken greift im Laufe der kommenden Nacht von
Westen her auf Deutschland über, wo er für Absinken und leichten Druckanstieg
sorgt. Gleichzeitig füllt sich das Tief UTE vor der Südspitze Norwegens auf.
Dafür hat sich an der zugehörigen Okklusion vor der Nordspitze Jütlands ein
Teiltief gebildet, das über den Kattegat nach Südschweden, wobei es zunehmend an
Substanz verliert.
Bemerkbar macht sich das zum einen dadurch, dass der Gradient im Norden immer
weiter aufweicht ergo der westliche Wind immer schwächer wird. Am längsten
halten einzelne 7er-Böen an der vorpommerschen Küste durch, doch spätestens aber
Mitternacht sollte auch dort Schluss sein mit lustig. Des Weiteren kommt die
zugehörige teilokkludierte Kaltfront, an der schon heftig der Zahn der
Frontolyse nagt, über der Mitte mangels frontsenkrechter Windkomponente kaum
noch nach Süden voran. So fallen im Umfeld der Front bzw. präfrontal nur noch
ein paar bedeutungslose Tropfen Regen oder Nieselregen, zudem kommt es über und
an der immer noch vergleichsweise warmen Nord- und Ostsee zu einzelnen,
diabatisch getriggerten Schauern.
Trotz der zunehmenden Absinkbemühungen entpuppt sich die Bewölkung unterhalb
einer sich bei 800 hPa etablierenden Absinkinversion als ziemlich zähe Materie,
will heißen, etwaige Auflockerungs- oder gar Auflösungstendenzen, wie sie sich
z.B. von Nordwesten her andeuten, haben es schwer, den Himmel so richtig blank
zu putzen. Und wenn es doch mal an der einen oder anderen Stelle für längere
Zeit gelingen sollte, drohen in der feuchten Grundschicht Nebelfelder.

Dienstag ... legt sich besagter Höhenrücken genau über den Vorhersageraum,
wodurch das Absinken andauert. Dabei wird die Inversion in der Mitte und im
Süden z.T. auf rund 850 hPa gedrückt, was zunehmende Wolkenauflösungstendenzen
zur Folge hat. Nach vielfach schleppendem Beginn stellt sich im Tagesverlauf ein
relativ sonniger Tag ein, an dem nur noch flache Quellungen das Himmelsbild
zieren. Die Temperatur steigt teils absinkbedingt, teils advektiv (das flache
Bodenhoch über Süddeutschland verlagert sich langsam nach Osten) an und erreicht
in 850 hPa am Abend Werte von rund 10°C in der Mitte und bis zu 15°C im
äußersten Südwesten. Entsprechend legt auch die 2m-Temperatur wieder ein paar
Grad drauf, 24 bis 29°C stehen als Maxima auf der Karte mit den höchsten Werten
an Hoch- und südlichem Oberrhein.
In Norddeutschland ist das mit der Wolkenauflösung nicht ganz so einfach, was
zum einen am schwächeren Absinken liegt (die Inversion bleibt bei 800 hPa
liegen), zum anderen an der andauernden, wenn auch nur schwachen westlichen
Grundströmung, mit der immer noch relativ feuchte Luft advehiert wird.
Nichtsdestotrotz, im Großen und Ganzen bleibt es niederschlagsfrei, und für ein
paar mehr oder weniger große Lücken wird es im Tagesverlauf wohl auch reichen.
Müßig zu erwähnen, dass es im Norden mit 19 bis 24°C weniger warm wird als
weiter südlich.

Die Nacht zum Mittwoch wird ruhig, auch wenn der Höhenrücken sich als rastloser
Geselle entpuppt und beginnt, uns schon wieder in Richtung Osten zu verlassen.
In gleichem Atemzug rückt der o.e. Trog dichter an den Kontinent heran, wodurch
der Luftdruck über Westeuropa anfängt zu fallen. Ausgehend vom Tief VERONIQUE -
mittlerweile schon weitgehend um Island herum und auf dem Weg in Richtung
Europäisches Nordmeer - bildet sich eine bis nach Frankreich reichende
Tiefdruckrinne.
Wie gesagt, auf das Geschehen vor Ort hat das alles noch keinen nachhaltigen
Einfluss, so dass meist eine gering bewölkte oder klare Nacht ins Haus steht, in
der sich auch die Wolken im Norden mehr und mehr auflösen. Örtlich kann sich
Nebel bilden.

Mittwoch ... stößt der Höhentrog bis nach Frankreich vor, so dass besonders die
westlichen Landesteile zunehmend auf die diffluente Vorderseite gelangen.
PVA-bedingt kommt es dort zu dynamischen Hebungsprozessen, die später aber durch
die Trogachse überlaufende KLA teilkompensiert wird. Es reicht aber, um weiteren
Druckfall zu induzieren, der sich in leichter Progression der o.e.
Tiefdruckrinne widerspiegelt. Sie erreicht etwa in den Abendstunden die
mittleren Landesteile.
Vor und in der Rinne kommt es vor allem im Süden und Südwesten zu einer
Anfeuchtung respektive Labilisierung der Luftmasse, ohne dass dabei aber die
ganz große Advektion subtropischer Luftmassen in Gang kommt. Vielmehr wird die
hausgemachte Warmluft (die ursprünglich vom Ostatlantik kommt) modifiziert, was
u.a. an den stark limitierten ML-CAPE-Werten deutlich wird, die nach heutigem
Ermessen nur gebietsweise über 500 J/kg und nur vereinzelt 1000 J/kg erreichen.
Immerhin nehmen die spezifische Feuchte in der Grundschicht auf bis zu 13 g/kg
und das PPW vereinzelt bis zu 40 mm zu, was mehr als veritabel ist.
Die große Frage wird sein, was die Natur aus diesen Rahmenbedingungen macht. Die
Numerik sieht etwa ab Mittag auf den Westen und Südwesten übergreifende bzw. vor
Ort einsetzende Konvektion in Form schauerartiger Regenfälle (nach Norden hin,
wo die Luft stabiler ist) oder Gewitter (eher nach Süden hin) vor, die sich
langsam ost-nordostwärts ausbreiten. Während z.B. ICON die Gewitter auf die
Rückseite der Rinne legt (eine alte numerische Schwäche), sehen andere,
hochauflösende Modelle (WRF, SuperHD) auch im Bereich der Hauptwindkonvergenz
eine stattliche (und teils linienartig angeordnete) Aktivität, was der Realität
häufig (aber nicht immer) näher kommt. Von daher ist es müßig, die
Gedankenspiele an dieser Stelle ad infinitum zu führen, zumal auch noch ein Teil
wichtiger Modellergebnisse aufgrund ihres limitierten Zeithorizonts gar nicht
vorliegt (COSMO-D2, EURO4). Hinzu kommt, dass evtl. schon frühzeitig in die
westlichen Landesteile reinziehende Bewölkung als Hemmschuh für (substanzielle)
konvektive Umlagerungen fungieren könnte.
Fakt ist, dass die Gewitter aufgrund des limitierten Energiegehalts der
gehobenen Luftmasse in der Basis markant ausfallen (Starkregen, Hagel und
Sturmböen), in Einzelfällen aber auch mal ein Unwetter (Starkregen, Hagel) nicht
auszuschließen ist. Fakt ist auch, dass die Osthälfte bis zum Abend hinsichtlich
Konvektion noch außen vor bleibt bei sommerlichen Verhältnissen mit viel Sonne
und Höchsttemperaturen von 27 bis 31°C, im Südosten vielleicht 32°C. Sonst
stehen 23 bis 27°C, bei spätem Wolkenaufzug im Südwesten vielleicht sogar bis
30°C auf der Karte.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht der Trog die westlichen Landesteile,
während die Rinne weiter nach Osten vorankommt. In ihr soll sich ein flaches
Tief bilden, das unter leichter Intensivierung langsam in Richtung Mecklenburger
Bucht/Wagrien (SH) zieht (ICON). Wie so oft bei flauer Druckverteilung ist das
letzte Wort diesbezüglich freilich noch nicht gesprochen. Gleichwohl kann es als
unstrittig angesehen werden, dass sich schauerartige Regenfälle und Gewitter
langsam ostwärts vorarbeiten, wobei die Gewitter möglicherweise mehr und mehr zu
teils gewittrigen Regenfällen verclustern. Laut ICON und IFS (00 UTC) liegen die
Schwerpunkte der Regenfälle an den Alpen (10 bis 25 mm innert 12 h) und im
Westen/Nordwesten (gleiche Größenordnung, laut ICON punktuell noch etwas mehr).
GFS ist tendenziell etwas progressiver aufgestellt, so dass das westliche
Maximun in dieser Version in der Mitte auftaucht. Immerhin suggerieren alle
Modelle, dass sich Teile Deutschlands tatsächlich mal über etwas intensiveren
(aber natürlich nicht ausreichenden) Regen freuen können, der über den Status
des lokalen Schauer- oder Gewitterregens hinausgeht. Je weiter man allerdings
Richtung Oder und Neiße kommt, desto unwahrscheinlicher, dass bis zum Morgen
überhaupt ein Tropfen fällt.
Mit Passage der Rinne respektive des flachen Tiefs frischt der auf West bis
Nordwest drehende Wind etwas auf, Böen der Stärke 7 Bft oder gar etwas mehr
sollten zunächst aber noch die Ausnahme sein.

Donnerstag ... schwenkt der mittlerweile etwas verkümmerte Höhentrog
ost-nordostwärts über Deutschland hinweg, wobei er die Rinne bzw. das flache
Tief mit den gewittrigen Regenfällen vor sich hertreibt oder sagen wir besser
langsam vor sich herschiebt. Bis zum Abend soll das Tief über Seeland bis vor
die schwedische Südküste gezogen sein, wobei es sich noch etwas vertieft (auf
etwas unter 1010 hPa).
Dahinter folgt ein flacher Höhenrücken, der den Luftdruck steigen lässt. Mit
auflebendem, an der See in Böen stürmischem Wind aus Nordwest gelangt ein
Schwall Nordseeluft in den Vorhersageraum, in der die 850-hPa-Temperatur auf
10°C (Süden) und 6°C (äußerster Westen/Nordwesten) sinkt und die am Nachmittag
Höchstwerte von 19 bis 24°C zulässt. Die Regenwahrscheinlichkeit nimmt dabei
immer mehr ab, während das Auflösen der Bewölkung ein eher zähes Unterfangen
werden dürfte. Gleichwohl darf man bei insgesamt wechselnder bis starker
Bewölkung vornehmlich im Südwesten auf die eine oder andere Auflockerung hoffen.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Grundmuster sind bei allen relevanten Vorhersagemodellen sehr ähnlich,
wirkliche Abweichler sind nicht auszumachen. Das schließt aber auf der anderen
Seite nicht aus, dass insbesondere bei der Entwicklung ab Mittwoch (Passage der
Rinne) noch ein paar Unbekannte im Gleichungssystem auftreten, die vor allem
Intensität, Timing und räumliche Verteilung der erwarteten Regenfälle und
Gewitter betreffen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann