DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-08-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.08.2018 um 10.30 UTC



Zunächst GWL-Typus West antizyklonal bzw. Brücke Mitteleuropa, später
wahrscheinlich Kaltfront- bzw. Trogpassage.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 23.08.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag sowie
Anfang nächster Woche befindet sich Deutschland am Südrand der vergleichsweise
glatten, nur mit sehr flachen kurzwelligen Störungen versehenen Frontalzone, die
sich vom mittleren Nordatlantik kommend über Skandinavien bis nach
Nordwestrussland erstreckt. Als Gegenpart fungiert ein zonal exponierter
Höhenrücken, der vom Atlantik her über Frankreich bis nach Mitteleuropa,
zeitweise sogar noch etwas weiter nach Osten reicht und dabei einen Keil des
Azorenhochs stützt.
Während der Azorenhochkeil vor allem im Süden und in Teilen der Mitte für sehr
warme bis heiße (T850 meist 11 bis 17°C) und sonnenscheinreiche, aber nicht
gänzlich störungsfreie (einzelne Schauer oder Gewitter über dem Bergland)
Verhältnisse sorgt, präsentiert sich das Wetter weiter im Norden und Nordwesten
leicht wechselhaft. Noch weiter nördlich durchziehende Tiefs und Wellen bzw.
ihre Ausläufer lassen es hin und wieder regnen, führen dabei aber milde bis
warme Luftmassen (T850 meist 9 bis 12°C) heran.

Am Mittwoch erreicht dann die Kaltfront eines von Südnorwegen nach Nordfinnland
ziehenden Tiefs den Küstenraum, von wo aus sie mangels frontsenkrechter
Schubkomponente (=> Schleifen) zunächst nur wenig Boden landeinwärts gutmachen
kann. Erst am Freitag, wenn die zuvor nur halbherzig angestoßene Austrogung über
UK bzw. dem nahen Ostatlantik Fahrt aufnimmt und der resultierende Höhentrog via
Nordsee nach Mitteleuropa schwenkt, erfolgt die Passage in Richtung Alpen, wo
sie in der Nacht zum Samstag anlanden soll. Rückseitig gelangt ein Schwall
polarer Meeresluft in den Vorhersageraum (T850 unter 5°C in der Nordhälfte), die
sich auf ihrem Weg über die Nordsee aber merklich erwärmen kann und im Laufe des
Wochenendes rasch unter Hochdruckeinfluss gelangen soll.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis etwa kommenden Dienstag zeigen die jüngsten Läufe von IFS (ECMF) eine solide
Übereinstimmung, wobei auf das Großwetterlagenmuster Wa (West antizyklonal)
respektive BM (Brücke Mitteleuropa) gesetzt wird. Danach laufen der gestrige
00-UTC- und der heutige 00-UTC-Lauf diametral auseinander. Wurde am Mittwoch -
nach markanter Kaltfrontpassage von Mittwoch zu Donnerstag - auf eine Omegalage
mit dem Hoch über Mitteleuropa gesetzt, geht es heute genau anders herum. Zwar
wird auch heute (und übrigens auch vom gestrigen 12-UTC-Lauf) ein
Kaltfrontdurchgang simuliert, allerdings etwas später (Freitag zu Samstag) und -
Hauptunterschied - folgen nicht etwas ein Rücken mit Bodenhoch, sondern eine
veritable Austrogung über Mitteleuropa bzw. Deutschland, auch wenn der Trog
wahrscheinlich stark progressiv aufgestellt ist.
So gesehen bleibt der Trend, die anfänglich weitgehend zonal ausgerichtete
Strömungskonfiguration zu meridionalisieren zwar erhalten, allerdings, bezogen
auf die Wellenlänge, zumindest für anderthalb bis zwei Tage um 180° verschoben.


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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Großen und Ganzen simulieren die meisten vom Verfasser begutachteten
Globalmodelle eine ähnliche Entwicklung wie IFS. Daran ändert auch die Tatsache
nichts, dass GFS den Höhentrog nicht schon am Freitag (Beginn der erweiterten
Mittelfrist), sondern erst im Laufe des übernächsten Wochenendes auf Deutschland
übergreifen lässt. Bei den "Kanadiern" (GEM) könnte es zuvor sogar zu einer
Abtropfung kommen.
Etwas gegen den Strom schwimmt das deutsche ICON, das in der nächsten Woche über
Mitteleuropa einen breiten Höhenrücken aufspannt, was im ganzen Land weitgehend
störungsfreies und sehr warmes bis heißes Sommerwetter zur Folge hätte.

FAZIT: Das von IFS vorgeschlagene Szenario wird von den meisten Modellen trotz
kleiner Unschärfen bis mindestens Wochenmitte mitgegangen. Die ICON-Lösung ist
zwar nicht ausgeschlossen, geht aber als Außenseiter an den Start.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis einschließlich Dienstag zeigen die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener
deutscher Städte einen eng gebündelten Kurvenverlauf. Danach nimmt die Streuung
erst wenig, am Freitag und Samstag dann deutlich zu. Dabei signalisiert das Gros
der Ensembles einen Potenzial- und Temperaturrückgang, der insbesondere bei der
Temperatur in 850 hPa aber häufig nicht so stark ausfällt wie vom Hauptlauf
gerechnet. Im Norden (Referenz HH) werden ab Sonntag vermehrt und tagtäglich
RR-Peaks unterschiedlicher Intensität angeboten, während in den übrigen
Landesteilen bis Wochenmitte weniger oder überhaupt keine Signale auf der Karte
stehen. Die GFS-EPS-Kurven haben ein ähnliches Aussehen wie IFS-EPS, wobei der
Haupt- und Kontrolllauf nach hinten raus jeweils am unteren Rand der Ensembles
kratzen.
Der Blick auf die IFS--EPS-Clusterung zeigt für den Zeitraum T+120...168h (Dienstag
bis Donnerstag) sechs Muster (12, 10+KL, 8, 7, 7, 7+HL Fälle), die sich aber für
Mitteleuropa stark ähneln. Ein erkennbarer Unterschied liegt aber darin, dass
die Strömungskonfiguration im Norden auch mal antizyklonaler abgebildet wird als
im Hauptlauf von IFS, was wiederum die Außenseiterchancen von ICON etwas erhöht.

Auch im weiteren Verlauf (Freitag bis Sonntag, T+192...240h) bleibt die
Clusterzahl mit sechs auf höchstmöglichem Stand (13, 11, 8+KL, 8+HL, 7, 4).
Dabei ähneln sich CL 2 und CL 4, während bei CL 5 der Trog westlich von uns
abtropft. Bei CL 3 bleibt die Amplitude flacher, bei CL 1 zonalisiert die
Strömung zum Ende hin wieder (Wa) und bei CL 4 wölbt sich über Mitteleuropa ein
flacher Rücken auf (was der gestrigen 00-UTC-Lösung noch am nächsten kommt).
Lange Rede, kurzer Sinn, mittelfristig wird das Muster Wa bzw. BM von den
Ensembles gestützt mit dem Fragezeichen, wie stark Norddeutschland zyklonal
beeinflusst wird. Ab Freitag spricht Vieles für eine trogbeeinflusste
Wetterlage, wie auch immer sie en detail aussehen mag.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Tendenziell stellt ab Sonntag für einige Tage eine wenig warnintensive
Wetterlage ein, bei der am ehesten auf Gewitter an und über dem süddeutschen
Bergland (vornehmlich Alpen) zu achten ist. Aufgrund geringer Zuggeschwindigkeit
steht dabei vor allem Starkregen als Begleitparameter im Fokus.
Ob es an der Küste mal für ´ne stürmische Böe reicht, ist sehr fraglich, zeigen
doch die relevanten Tiefs noch keine wirklich herbstlichen Züge. Fraglich ist
auch, ob es trotz verbreitet hoher Tagestemperaturen für eine starke
Wärmebelastung im medizinmeteorologischen Sinne reicht. Die apostrophierten
nächtlichen Tiefstwerte dürften meist niedrig genug sein, um für Entspannung zu
sorgen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-IFS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann