DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-08-2018 17:30
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.08.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen BM (Brücke Mitteleuropa) und Wa (West antizyklonal)

Markante Entwicklungen: In den südlichen Mittelgebirgen sowie am unmittelbaren
Alpenrand lokale Gewitter, teils auch unwetterartig bzgl. Starkregens.
Weiterhin im Süden und in der Mitte starke Wärmebelastung.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... Rückseitig einer nach Osteuropa abgezogenen Kaltfront, fließt vor
allem in den Norden Deutschlands eine etwas kühlere und trocknere Luftmasse ein.
Im Süden des Landes bleibt die sehr warme bis heiße Luftmasse weiterhin
wetterbestimmend. Von Westen her setzt sich nun aber zunehmend Hochdruckeinfluss
durch, so dass der am Abend teils noch frische Nordwestwind im
Ostseeküstenbereich sich nach und nach abschwächt und letztlich nicht mehr
warnwürdig sein wird. Auch klingen letzte lokale Schauer und Gewitter in der
Südosthälfte rasch ab.
In der Nacht zum Montag wölbt sich im Geopotentialfeld über Deutschland ein
flacher Rücken auf, während sich gleichzeitig aus dem Bodenhochkeil eine
eigenständige Parzelle löst, die Mitternacht mitten über Deutschland liegt.
Somit steht einer verbreitet klaren oder nur gering bewölkten Nacht nichts im
Wege. Die Temperaturen gehen daher auf erträgliche Werte von 18 bis 12 Grad
zurück. Lediglich im Südwesten könnte es punktuell noch bei Minima um 20 Grad
und somit bei einer tropischen Nacht bleiben. Dafür wird es in einigen
Mittelgebirgstälern und im Nordosten mit Tiefstwerten um 10 Grad noch etwas
frischer.

Montag ... zieht ein von der Irminger See kommendes Höhentief ins Seegebiet
südlich von Island. Dadurch kommt es über dem Ostatlantik zu einer leichten
Austrogung respektive stromab über Mitteleuropa zur Bildung eines breiten
Höhenrückens. Trotzdem, unter dem Strick weist die großräumige
Potenzialverteilung am Ende des Tages noch eine vergleichsweise zonale Struktur
auf, die Amplituden der genannten Gebilde haben noch viel Luft nach oben. Auf
alle Fälle fällt der Luftdruck bei uns vor allem diabatisch bedingt, so dass
sich das Hoch unter Abschwächung zum östlichen Mitteleuropa verlagert und sich
über Frankreich und Benelux eine meridional exponierte (Hitze)Rinne bildet, die
allmählich auch auf unsere westlichen Landesteile übergreift.
Mit der auf südliche Richtungen drehenden bodennahen Grundströmung macht sich
die heiße Luft aus dem Süden wieder auf nach Norden. Aber auch
niedertroposphärisch sorgen Absinken sowie auf Südwest rückdrehender Wind für
steigende Temperaturen, so dass am Ende des Tages 850-hPa Werte zwischen 13°C im
äußersten Norden und 20°C im Südwesten auf dem Zettel stehen. In Verbindung mit
nahezu ungehinderter Einstrahlung erhitzt sich die Luft verbreitet auf 30 bis
35°C, im Westen und Südwesten lokal bis 37°C. Nur ganz im Norden sowie in
höheren Lagen wird die 30°C-Marke verfehlt.
Tendenziell wird die Luftmasse durch die starke Erhitzung zwar fast überall
wieder labiler, es mangelt aber erheblich an Feuchtigkeit. So beschränkt sich
auch zu Wochenbeginn potenzielle Konvektion auf Einzelzellen über dem
süddeutschen Bergland, wo sich die Luftmassenqualität gegenüber heute wenig
ändert. Folglich sind auch die möglichen Begleiterscheinungen ähnlich. Unter dem
Strich ist aber von einer geringen Gewitterneigung auszugehen.

Die Nacht zum Dienstag bleibt ruhig, wird mit 15 bis 22°C aber wieder wärmer als
die vorangegangene Nacht. Nur vereinzelt wird zum besseren Durchlüften nochmals
die 15°C-Schwelle unterschritten.


Dienstag ... trogt es über dem nahen Ostatlantik deutlich stärker aus als das
zuvor der Fall war. Folgerichtig wölbt sich auch der Rücken über Mitteleuropa
auf (trogvorderseitige WLA), wobei die Hauptachse zum Tagesende wahrscheinlich
schon knapp östlich des Vorhersageraums zu finden ist. Dieser Sachverhalt ist
nicht ganz unwichtig, gelangen wir dadurch doch zunehmend unter eine
südwestliche Höhenströmung, die spätestens in der Nacht zum Mittwoch vornehmlich
im Westen und Nordwesten einen zyklonalen Touch bekommt mit potenziellen, nach
Nordosten ablaufenden sehr flachen Wellen. Doch der Reihe nach.
Zunächst mal wandert der Hochschwerpunkt im Tagesverlauf weiter nach Osten,
während sich bei uns gleichzeitig eine flache und vergleichsweise strukturlose
Druckverteilung mit Werten um 1010 hPa einstellt. Wahrscheinlich erleben wir
damit den Höhepunkt der neuerlichen Hitzewelle, schließlich erreicht die
850-hPa-Temperatur verbreitet Werte um 20°C. Unter dem Strich bedeutet das bei
reichlich Sonnenschein Tageshöchstwerte von 32 bis 38°C, lokal vielleicht sogar
39°C. Einzig in höheren Lagen sowie an Küstenabschnitten mit über längere Zeit
auflandiger Windkomponente wird es nicht ganz so mollig.
Durch die starke Erhitzung nimmt die Labilität zwar noch etwas zu (steilere
Lapse-Rates), allein der Feuchtegehalt der Heißluft bleibt in den meisten
Regionen gering (spez. Feuchte in der Grundschicht meist unter 10 g/kg). Eine
Ausnahme bildet der Süden, von wo aus etwas feuchtere Luft bis in die östliche
Mitte vorstößt. Die CAPE-Werte steigen z.T. auf über 1500 J/kg, die durch den
anfangs noch vorhandenen Rücken aber stark gedeckelt sind. So sind vor allem
wieder über dem süddeutschen Bergland Überentwicklungen zu erwarten mit
Starkregen, Hagel und Sturmböen bis hin zu lokalen Unwettern. Später können dann
im Süden auch durch Outflowboundarys einzelne Gewitter ausgelöst werden. Ob es
am Ende vielleicht sogar auch in den fränkischen Mittelgebirgen, dem Erzgebirge
und dem Thüringer Wald für Blitz und Donner reicht, kann heute noch nicht
abschließend beantwortet werden.

Interessant könnte es - wie bereits angedeutet - in der Nacht zum Mittwoch
werden. Über die Höhenströmung wurde schon berichtet, nun greift auch noch eine
Bodenrinne von Frankreich und Benelux her auf den Westen und Norden über. Dazu
kommt es zu einer merklichen Feuchteakkumulation und auch die Scherungswerte
steigen deutlich an. Kurzum, das Setup für starke und vor allem auch
organisierte Konvektion nimmt vornehmlich im Westen und Nordwesten Formen an,
die die Meteorologenschaft in erhöhte Alarmbereitschaft setzen sollte. Dabei
geht es gar nicht mal so sehr um Neuentwicklungen vor Ort sondern viel mehr um
bereits bestehende Gewittersysteme, die von unseren westlichen Nachbarn zu uns
reinlaufen. Ob es tatsächlich schon so weit kommt oder wir noch auf
Mittwoch/Donnerstag warten müssen, kann jetzt noch nicht abschließend
beantwortet werden. Die Numerik jedenfalls ist unterschiedlicher Meinung:
während GFS seine ureigene offensive Variante vertritt, gibt sich IFS deutlich
defensiver. ICON liegt schließlich zwischen den Stühlen.


Mittwoch ... liegt Deutschland vorderseitig eines westeuropäischen
Langwellentroges bzw. auf der Rückseite eines osteuropäischen Höhenkeils in
einer schwachen südwestlichen Höhenströmung. Mit ihr wird schwülheiße
Mittelmeerluft (Temp. 850 hPa teils >20 Grad) nach Deutschland verfrachtet. Im
Bodendruckfeld kommt es in Deutschland zum Aufbau einer Tiefdruckrinne, in der
sich konvergente Strukturen wiederfinden werden, woran kräftige konvektive
Entwicklungen gekoppelt sein dürften. Dabei werden weiterhin CAPE-Werte von z.T.
auf über 1500 J/kg simuliert, so dass bei Auslösung lokal unwetterartige
Entwicklungen wie heftiger Starkrengen, größerer Hagel und Sturmböen zu
befürchten sind. Auch bleibt die Wärmebelastung durch allmähliche Feuchtezufuhr
und Höchsttemperaturen zwischen 30 und 39 Grad sehr hoch. Einzig in höheren
Lagen sowie an Küstenabschnitten mit über längere Zeit auflandiger
Windkomponente wird es nicht ganz so heiß.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die globalen Modelle zeigen generell die gleichen synoptischen Strukturen,
laufen allenfalls ab der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch im Detail etwas
auseinander. Auch die neuen 12 Uhr Läufe können dabei noch keine abschließende
Sicherheit bringen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Stefan Külzer