DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-07-2018 17:01
SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 31.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin verbreitet heiß und trocken. In der Nacht nur vereinzelte, am Mittwoch
wieder mehr Gewitter (Osten, Süden, Mitte), lokal unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin auf der Vorderseite eines
umfangreichen Höhentrogs mit Drehzentrum knapp südlich von Island. Die daraus
resultierende, nur mäßig ausgeprägte und recht glatt konturierte südwestliche
Höhenströmung überdeckt die westlichen und nördlichen Landesteile, während sich
der Rest unter einem schmalen Höhenkeil befindet, der ein Höhenhoch über
NW-Afrika mit einem weiteren über Fennoskandien/NW-Russland verbindet.
Im Nordwesten kommt die schleifende, im Satellitenbild quasi nicht erkennbare
Kaltfront einer von den Shetland-Inseln (heute Mittag 12 UTC) zur Norwegischen
See ziehenden Welle nur wenig landeinwärts voran, was im Wesentlichen ihrer
strömungsparallelen Exposition sowie der blockierenden Wirkung des Höhenkeils
geschuldet ist. Die anfänglich in ihrem Bereich aufgetretene Konvektion im
Bereich der Nordsee ist bereits schon wieder Geschichte. Ob es dann in der Nacht
noch mal zu einem lokalem "Aufflackern" (möglicherweise induziert von extrem
flachen, nordostwärts ablaufenden Trog-Keil-Strukturen in der Höhe) in Form
schauerartigen Regens und/oder einzelner Gewitter kommt, ist fraglich. Jedes
Modell beantwortet diese Frage etwas anders, so dass am Ende nichts anderes
übrigbleibt, als die Nachtdienste in Hab-Acht-Stellung (Nowcasting) zu
versetzen. Sollten sich tatsächlich Schauer oder Gewitter entwickeln, gilt es
besonders auf Starkregen zu achten (PPWs über 30 mm).
Etwas unsicher ist auch die Entwicklung im Osten, wo die tagsüber detektierte
vorlaufende Rinne langsam ostwärts zieht, wahrscheinlich aber noch auf deutscher
Seite den Morgen erlebt. Besonders COSMO-D2 (ältere Läufe) und GFS simulieren
zwischen der Rinne und der weiter westlich positionierten Kaltfront im Laufe der
Nacht eine erhöhte Schauer- und Gewitteraktivität, die nicht zuletzt anders
lautender Meinungen anderer Modelle fraglich scheint. Auch hier bleibt uns
nichts anderes übrig, als auf klassisches Nowcasting zu setzen.
Sicherer erscheint auf alle Fälle die Temperaturprognose, die für weite Teile
des Landes Minima zwischen 18 und 23°C vorsieht. Lediglich im nordwestdeutschen
Binnenland, wo postfrontal stabilere und weniger heiße Luft angekommen ist, wird
es mit 14 bis 17°C etwas erträglicher.

Mittwoch ... schwenkt von der Biscaya her ein Randtrog nach Frankreich, dessen
Achse am Abend über dem Osten "Les Bleus" und Belgien liegt. Wir verbleiben
tagsüber auf der Vorderseite, ohne dass sich gegenüber der Vornacht besonders
viel an der Höhenströmung tut. Oder mit anderen Worten, der schmale Höhenkeil
über dem Süden und Südosten entpuppt sich als äußerst robust und macht keinerlei
Anstalten, seine Position nachhaltig zu verändern.
Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen auf die wellende Kaltfront, die zwar in
ihrem Nordteil geringfügig nach Osten vorankommt, sich sonst aber die Zähne am
blockierenden Rücken ausbeißt. Von daher verbleibt der ganze Süden und Südosten
auch im Bereich potenziell instabiler Heißluft (T850 um 20°C) und lediglich der
Nordwesten (grob vom Niederrhein bis nach SH) verzeichnet einen "echten"
Luftmassenwechsel hin zu stabilerer, trockenerer und weniger heißer Luft (T850
11 bis 14°C). Postfrontal steigt der Luftdruck leicht an, was sich in Form einer
schmalen, von der Biscaya bis zur Nordsee reichenden Hochdruckzone (etwas über
1020 hPa) widerspiegelt. Vor allem direkt an der Nordsee zeigt sich morgen
wieder verstärkt die Sonne bei Temperaturen um 25°C, auf den Inseln sogar etwas
darunter - beneidenswert!
Im großen Rest des Landes stellt sich luftdrucktechnisches Niemandsland ein, in
dem man froh sein kann, wenn man einer Isobare begegnet. Trotzdem zeigen die
hochauflösenden Modelle eine Hauptwindrichtung (Nord, im Süden teils Ost), wenn
man angesichts kaum vorhandener Luftbewegung überhaupt davon sprechen kann. Eine
klare Rinne mit möglicher Konvergenz jedenfalls ist nicht mehr auszumachen,
allerdings schließt das nicht aus, dass sich nicht irgendwo kleinräumige, teils
orografisch getriggerte Konfluenzzonen bilden.
Tatsache ist, dass sich in der heißen Luft durch Einstrahlung ML-CAPE zwischen
500 und 1000 J/kg, teils sogar um 1500 J/kg aufbaut, das teilweise aber
gedeckelt ist. Besonders im Südosten macht sich das vom o.e. Höhenkeil
induzierte Absinken konvektionshemmend bemerkbar. Ansonsten entwickeln sich aber
im Süden, in der Mitte und im Osten trotz fehlender Dynamik einzelne kräftige
Gewitter (diabatisch, orografisch oder durch kleine Konvergenzen ausgelöst), die
mit Starkregen, Hagel und Sturmböen einhergehen können. Lokale Unwettergefahr
besteht dabei vor allem durch Starkregen (PPWs über 30 mm, vereinzelt um 40 mm)
und/oder Hagel mit Korngrößen um 3 mm. Wie genau am morgigen Nachmittag das
großflächige Radar- und Blitzbild aussieht, ist freilich noch offen. Von
numerischer Seite hat jedes Modell so seine eigene Vorstellung. Für eine
linienartige Organisation dürfte es nicht reichen, für einzelne längerlebige
Einzel- oder Multizellen wohl schon.
Während es an der Front sowie deren Peripherie mal mehr, mal weniger stark
bewölkt ist, scheint vor allem im Osten und Süden wieder ordentlich die Sonne.
Dort wird es dann auch am heißesten mit Maxima von 33 bis 37°C, vereinzelt
vielleicht auch ein paar Zehntel darüber. Dagegen wird im Westen und Nordwesten
bis hinüber zur Ostsee die 30°C-Marke meistens verpasst, dort stehen 24 bis 29°C
auf der Karte.

In der Nacht zum Donnerstag driftet der o.e. Trog unter Gesichtsverlust nach
Deutschland rein, wobei noch nicht ganz klar ist, zu welchen "Schandtaten" er
dann noch in der Lage sein wird. Einiges wird davon abhängen, ob und wie er mit
der weiterhin zur Wellenbildung neigenden, ansonsten aber wenig beweglichen
Kaltfront zusammenarbeitet. Völlig ereignislos dürfte die Nacht aber nicht über
die Bühne gehen. C-D2, EURO4, bedingt auch SuperHD und GFS simulieren im
Südwesten einen Gewittercluster mit Starkregengefahr bis in den Unwetterbereich
und darüber hinaus noch Schauer und Gewitter auf der warmen Seite der Front. IFS
sieht sogar gebietsweise Regen auf der kalten Seite (Anacharakter) im Westen und
Nordwesten, was aber eine Außenseiterlösung darstellt.
Auf alle Fälle bleibt die Nacht mit Ausnahme des Nordwestens abermals warm mit
Tiefstwerten, die verbreitet um oder sogar über 20°C liegen.

Donnerstag ... ändert sich das Strömungsmuster etwas. Während der Randtrog
weiter an Kontur verliert, steigt das Potenzial von Frankreich her an. Am Ende
des Tages können wir einen monumentalen Höhenrücken bewundern, der sich über
tausende Kilometer von NW-Afrika über SW- und Mitteleuropa bis nach Westrussland
erstreckt mit einem kleinen Nebenarm hoch zum Nordkap -Respekt!
Korrespondierend dazu findet man eine relativ schmale Hochdruckzone, die vom
Azorenraum kommend zonal über Deutschland bis ins nahe Osteuropa verläuft. Die
potenziell instabile und feuchteste Luft wird peu a peu in den Osten und Süden
zurückgedrängt, wo es mit dem Tagesgang und Unterstützung der Orografie zu
konvektiven Umlagerungen kommt, obwohl das Geopotenzial darüber zusehends
ansteigt. Bei PPWs über 30, teils um 40 mm und ML-CAPE bis 1500 J/kg (oder etwas
darüber) sind trotz geringer Scherung örtlich kräftige Entwicklungen bis in den
Unwetterbereich wahrscheinlich (Starkregen/Hagel), in puncto Starkregen ist
sogar extremer Starkregen nicht ausgeschlossen.
Ansonsten scheint in weiten Teilen des Landes die Sonne und es bleibt trocken.
Bei 850-hPa-Temperaturen von 13°C im Norden und bis zu 20°C bleibt es sehr warm
bis heiß, expressis verbis, zwischen 28°C und lokal 36°C lautet die Spanne der
Tageshöchstwerte.

In der Nacht zum Freitag kräftigt sich der antizyklonale Einfluss, hinzu kommt
der Tagesgang, so dass die Konvektion alsbald zusammenbrechen dürfte

Freitag ... verbleibt Deutschland unter dem zonal orientierten Höhenrücken in
einer ebenfalls von West nach Ost verlaufenden Bodenhochdruckzone. Beides
garantiert uns sonnenscheinreiches und heißes Sommerwetter mit verminderter
Gewitterneigung. Am ehesten könnte es im Süden und Südosten und dort vor allem
aus dem Bergland heraus punktuell zünden, meist ist aber Trockenheit angesagt
bei verbreitet 30 bis 36°C, im SW lokal etwas darüber, ganz im Norden etwas
darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Verfasser macht keinen Hehl daraus, dass es langsam nervig wird, tagtäglich
über gnadenlose Hitze, extreme Trockenheit und "Schrottkonvektion" (gemeint sind
unorganisierte, meist pulsierende Gewitter, bei denen man im Vorfeld nicht so
genau weiß, wo genau sie hochschießen) zu berichten. Aber nun, wie sagt doch der
Volksmund so schön, Wetter ist kein Wunschkonzert.
Also werden wir uns auch in den nächsten Tagen und Nächten mit genau diesen
Schlagworten herumschlagen, wobei die Modelle im Hinblick auf Niederschlag und
Gewitter nur eine bedingte Hilfe darstellen, was aber kein Vorwurf sein soll.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann