Thema des Tages

30-07-2018 07:20

Eismitte

Nach der tropischen letzten Woche und der vorübergehenden "Abkühlung"
am Wochenende (mit gebietsweise heiß ersehntem Regen) klettern die
Temperaturen aktuell (Montag, 30.07.) schon wieder nach oben. Die
Prognosen deuten dabei an, dass mindestens bis zum kommenden Mittwoch
verbreitet mit einer hohen Wärmebelastung zu rechnen ist.

An dieser Stelle setzt das heutige "Thema des Tages" einen eisigen
Kontrapunkt. Es dreht sich um die sogenannte Station "Eismitte" in
Grönland und die dazugehörige schauerliche Geschichte einer
gescheiterten Polarexpedition.

Die Station Eismitte liegt bzw. lag im Grönländischen Inlandeis auf
71 Grad, 11 Minuten Nord und 39 Grad, 56 Minuten West (siehe Grafik).
Sie bestand im Wesentlichen aus einer Höhle im Eis, deren Eingang von
einer Art Iglu geschützt wurde. Sie diente als Überwinterungsstation
einer Expedition, die der deutsche Physiker, Meteorologe und Astronom
Alfred Wegener im Winter des Jahres 1930/31 plante.

Die Expedition stand allerdings von Anfang an unter keinem guten
Stern. Schon bei der Landung an Grönlands Westküste kam es durch
ungünstige Wetter- und Eisverhältnisse zu massiven Verzögerungen.
Aufgrund dieser gelang es dem Stationsleiter, dem Frankfurter
Meteorologen Johannes Georgi sowie seinem Partner, dem Glaziologen
Ernst Sorge, nicht, die Station ausreichend mit Lebensmitteln und
Ausrüstung zu versorgen. Um diese Probleme zu lösen, unternahm Alfred
Wegener höchstpersönlich den Versuch, weiteres Material nach Eismitte
zu bringen. Aber die Unterstützungsexpedition scheiterte. Zwar
erreichte Wegener mit 2 Begleitern, dem Meteorologen und Glaziologen
Fritz Loewe und dem einheimischen Partner Rasmus Villumsen, am 30.
Oktober Eismitte, wegen des schlechten Wetters musste der Transport
von Lebensmitteln und Material aber schon vorher aufgegeben werden.

Doch es kam noch schlimmer. Während Fritz Loewe mit erfrorenen Zehen
ebenfalls in Eismitte überwintern musste, trat der Expeditionsleiter
mit seinem verbleibenden Begleiter Villumsen die Rückreise an, die
beide nicht überleben sollten. Wegeners Todestag ist nicht genau
bekannt, er liegt aber wohl in der Novembermitte des Jahres 1930.
Sein Grab wurde am 12 Mai 1931 gefunden. Villumsen hatte das Grab
angelegt, dieser blieb nach der Expedition aber selbst verschollen.

Georgi unternahm unterdessen als Stationsleiter meteorologische, sein
Partner Sorge glaziologische Messungen. Letzterer grub dabei mit den
begrenzten technischen Möglichkeiten einen 16 Meter tiefen Schacht
ins Eis. Die meteorologischen Messungen Georgis ergaben u.a.
Temperaturextreme zwischen -2,8 Grad und -64,9 Grad, der kälteste
Monat (Feb. 1931) wies eine Durchschnittstemperatur von -47,2 Grad
auf (Angaben in Grad Celsius).

Während Georgi unter den Vorwürfen litt, Schuld am Tod Wegeners zu
sein, wurde Wegeners bahnbrechendste Entdeckung erst posthum adäquat
gewürdigt. Seine 1912 vorgestellten Überlegungen zur
Kontinentalverschiebung wurden erst in den 60er Jahren des letzten
Jahrhunderts anerkannt. Nach ihm ist das das 1980 gegründete und in
Bremerhaven angesiedelte Alfred-Wegener-Institut für Polar- und
Meeresforschung benannt.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.07.2018

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