Thema des Tages

20-07-2018 09:20

Mittelmeersommer im hohen Norden

25,2 Grad - das war die Bilanz vom gestrigen 19. Juli am Leuchtturm
von Makkaur (Norwegen) auf 70,7 Grad Nord, knapp 500 km nördlich des
Polarkreises. Als Tagesmaximum wäre dieser Wert bereits
außergewöhnlich hoch, doch dies war nicht das Maximum, es war das
Minimum der vorausgegangenen Nacht - ein Rekord für die Arktis und
Nordnorwegen. Verantwortlich für diesen extrem hohen Wert waren zum
einen eine ungewöhnlich warme Luftmasse, ein kräftiger Südwind
(föhnige Effekte) und natürlich die Sonne, die dort unter andauerndem
Hochdruckeinfluss derzeit noch 24 Stunden Tag und Nacht scheint.

Doch nicht nur die nächtlichen Temperaturen haben für Rekorde
gesorgt, auch die Tagesmaxima erinnern mehr an die italienische
Riviera als an den Bottnischen Meerbusen oder Lappland. In Rovaniemi
erwärmte sich die Luft am vergangenen Dienstag beispielsweise auf
32,2 Grad, so heiß war es dort noch nie zuvor seit Beginn
verlässlicher Wetteraufzeichnungen. Glaubt man der Legende, dass in
Rovaniemi der Sitz des Weihnachtsmannes ist, so dürfte dieser
ordentlich ins Schwitzen gekommen sein. Zudem wurden auch am Mittwoch
32,2 und am gestrigen Donnerstag kaum weniger heiße 32,1 Grad
erreicht. In Kevo, ebenfalls Lappland, wurden am Mittwoch sogar 33,4
Grad gemessen - Allzeitrekord für Lappland.

Bemerkenswert ist jedoch in diesem Jahr nicht nur die Intensität der
aktuellen Hitzewelle, sondern auch die Andauer, mit der
überdurchschnittlich hohe Temperaturen bisher in Skandinavien und
Finnland aufgetreten sind. Bereits der Mai dieses Jahres brachte in
dieser Region verbreitet neue Rekordwerte. Die damit zusammenhängende
Trockenheit bleibt natürlich nicht ohne gravierende Folgen. In
Schweden kämpfen zahlreiche Feuerwehrleute gegen mehr als 60
Waldbrände. Löschflugzeuge aus Norwegen, Frankreich und Italien
unterstützen die nationalen Kräfte bei der Bekämpfung der Feuer. Die
ausbleibenden Regenfälle haben außerdem zu sehr niedrigen
Wasserständen der Flüsse geführt. In Schweden, aber auch in vielen
weiteren Teilen Nordeuropas, ist mit erheblichen Ernteausfällen zu
rechnen.

Die hohen Lufttemperaturen und die deutlich überdurchschnittliche
Sonnenscheinbilanz haben zudem die Wassertemperaturen der Ostsee in
die Höhe schnellen lassen. Oftmals werden mehr als 20 Grad, teils
sogar 24 Grad gemessen. Im Bottnischen Meerbusen liegen die
Wassertemperaturen damit um bis zu 8 Grad über den für diese
Jahreszeit üblichen Werten. Zum Vergleich: an der deutschen
Ostseeküste ist das Wasser aktuell etwa 20 Grad warm und damit 2 bis
3 Grad wärmer als üblich.
Ein Ende der ungewöhnlich heißen und trockenen Witterung ist derzeit
noch nicht in Sicht. Nach einer kurzen Schwächephase in den kommenden
Tagen verstärkt sich nächste Woche der Hochdruckeinfluss in
Nordeuropa wieder. Aus Süden wird zudem weiterhin sehr warme Luft
nach Norden geführt, von einer Entspannung kann also keine Rede sein.


Auch in Norddeutschland setzt sich das extrem trockene und sehr warme
Wetter bis auf Weiteres fort. Nur in den südlichen Landesteilen kommt
es (wie so oft in diesem Sommer) in den nächsten Tagen zu
nennenswerten Niederschlägen, die aber oft in Form von Schauern und
Gewittern fallen und somit sehr ungleich verteilt sein werden.

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.07.2018

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