DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-07-2018 17:30
SXEU31 DWAV 161800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis zum Abend im Süden und im Nordosten kräftige Gewitter mit Starkregen. In den
Folgetagen nachlassende Gewitterintensität im Süden. Im Nordosten geringe
Wahrscheinlichkeiten für Stark- oder Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ...
liegt Deutschland weiterhin in einem recht grandientschwachen Umfeld. Über der
Mitte und dem Norden liegt eine Art Potentialrinne, die den meridional
ausgerichteten Trog über dem östlichen Atlantik mit einem zonal ausgerichteten
Höhentief mit Kern über der westlichen Ukraine verbindet. Weiterhin existiert
über Frankreich eine leicht antizyklonale Struktur in der Höhenströmung, die
sich im Lauf der Nacht zu einem flachen Keil entwickelt und nach Deutschland
schwenkt. Der Norden und weite Teile der Mitte profitieren von dem ansteigenden
Potential und die Nacht bleibt dort trocken und warnfrei. Der antizyklonale
Einfluss von Westen her, in Verbindung mit dem Tagesgang, beendet auch die
Gewittertätigkeit am Abend. Nur an den Alpen kann es noch länger andauernd
gewittrigen Regen geben. die Starkregengefahr lässt aber nach.

Im Nordosten wird in der Nacht allerdings eine interessante Entwicklung
eingeleitet, die uns wahrscheinlich noch bis einschließlich Donnerstag
beschäftigen wird. Und zwar weitet sich in der Nacht der Trog über Osteuropa
weiter nach Westen und Nordwesten aus. Unsere TKBs (Frontvorhersagen) markieren
diese Region mit einer Konvergenzlinie. Im Bereich des Troges wird über
Nordwest-Polen von ICON zwar kaum CAPE, dagegen aber sehr hohe PPW Werte bis
über 40 mm, recht niedriges HKN von etwa 600 bis 800 m und leichte Windscherung
prognostiziert. Der aktuelle Lauf von COSMO-D2 hat auch die in Vorläufen
simulierten Gewitterteppich reduziert. Sie greifen bis zum Morgen nicht auf
Vorpommern über. Wie bei ICON greift nur Regen oder Regenschauer auf uns über.
Die hohen Niederschlagssummen über Polen, die von den Vorläufen simuliert
wurden, sind im neuesten Lauf nicht mehr so intensiv. Jedenfalls besteht
ausgangs der Nacht noch die Gefahr, dass konvektive Niederschläge auf den
Nordosten übergreifen.


Dienstag ...
verstärkt sich der Höhenkeil über Ostfrankreich und Westdeutschland und weitet
sich nach Norden aus. Die antizyklonal konturierte Höhenströmung sorgt in weiten
Teilen des Landes für reichlich Sonnenschein. Dabei steigen im Westen und in der
Mitte die Temperaturen über 30 Grad.

Von Nordwesten kommt der Ostatlantiktrog bis in die Nordsee voran. Allerdings
macht sich das laut ICON nicht bei uns bemerkbar. Die externen Modelle
simulieren sehr wohl etwas Niederschlag, der von den Niederlanden bis nach
Niedersachsen vorankommt.

Im Osten und Nordosten schwenkt der o.e. Trog des osteuropäischen Tiefs langsam
nach Süden. Auf der Nordseite des Tiefs wird dabei kräftige WLA in den Nordosten
geführt. ICON prognostiziert 12-stündig bis zum Abend vor allem über
Nordwest-Polen markante Niederschlagsmengen, im Gegensatz zum Vorlauf allerdings
nicht mehr bis in den Unwetterbereich. Der Nordosten Deutschlands wird davon nur
angekratzt. COMSO-D2 ist da schon deutlicher. Es simuliert wahre
Gewitterteppiche über NW-Polen. Dabei können die Gewitter auch Vorpommern
erreichen und dort für Starkregen sorgen. Das erscheint nicht recht plausibel,
da die Schichtung nach ICON eher als stabil eingeschätzt wird. Auch die
Probabilistik gibt keine Hinweise auf signifikante Niederschlagsereignisse im
Nordosten.

Im Süden liegt weiterhin die potentiell instabile Luft, wobei vor allem der
Schwarzwald, der Hochrhein und die Gebiete südlich der Donau davon betroffen
sind. Hier muss im Tagesverlauf wieder mit Gewittern mit Starkregen gerechnet
werden. Bei PPW Werten, die immer noch über 25 mm liegen, muss aufgrund
langsamer Verlagerung auch räumlich eng begrenzt mit unwetterartigem Starkregen
gerechnet werden. Auch in den Mittelgebirgen sind einzelne Schauer oder Gewitter
möglich, insgesamt gesehen trocknet die Luft dort aber allmählich ab.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der östliche Höhentrog über Sachsen hinweg
nach Süden in Richtung Tschechien. Daran wird noch kräftige WLA simuliert. Die
Niederschlagsprognosen des ICON wurden vom aktuellen Lauf deutlich zurück
genommen. Von den ursprünglich bis 80 Litern in 12h simuliert der aktuelle Lauf
im östlichen Vorpommern nur noch maximal 10 bis 15 Liter. Allerdings simuliert
noch EURO4 regional begrenzt über 30 mm/12h, IFS und GFS liegen aber deutlich
darunter.
Ansonsten lassen die Schauer und Gewitter im Süden nach, wobei es an den Alpen
am längsten andauert. Es werden allerdings keine markanten Niederschlagsmengen
simuliert.


Mittwoch ...
kräftigt sich der Höhenkeil über unserer Westhälfte noch etwas, so dass das
gesamte Höhensetup antizyklonal geprägt ist. Da fällt es kaum ins Gewicht, das
von Nordwesten her eine schwache Kaltfront durchgeht, deren Wetterwirksamkeit
nahe null ist. Immerhin wird etwas weniger warme (Rückgang T850 in der
Nordhälfte auf Werte um 10°C), vor allem aber stabilere Luft advehiert, in der
sich verbreitet die Sonne zeigt. Potenzielle Konvektion zieht sich mehr und mehr
an den Alpenrand bzw. das südliche Vorland zurück, wobei die Gewitterneigung
sinkt.
Auch die Regenfälle im äußersten Osten und Nordosten - egal, welcher Intensität
- lassen zusehends nach bzw. ziehen sich nach Polen zurück. Die Tageshöchstwerte
liegen im Norden zwischen 23 und 27°C (auf den Nordseeinseln etwas darunter),
sonst bei 24 bis 29°C in den südwestdeutschen Flusstälern um 30°C.

In der Nacht zu Donnerstag schwenkt die Kaltfront des Tiefs östlich von Island
in den Norden und Westen. Durch die rückseitige Zufuhr von etwas kühlerer Luft
entsteht dadurch im Nordosten ein recht kräftiger Temperaturgradient zwischen
Mecklenburg und der nordwest-polnischen Ostseeküste von immerhin 5 K. Die
Modelle prognostizieren für den äußersten Nordosten etwas Niederschlag. Auch
hier wurden die Mengen gegenüber den Vorläufen deutlich zurück genommen.
Im Rest des Landes macht sich schon Hochdruckeinfluss auf der Rückseite der
Kaltfront bemerkbar. Es bleibt trocken und klart auf bei Tiefstwerten zwischen
17 und 11 Grad.


Donnerstag ...
baut sich erneut ein Keil über Westeuropa auf. Dies stützt die Ausdehnung des
Hochkeils in Richtung Süden und Osten. Folglich ist es aufgrund Absinkens
überwiegend trocken und warnfrei bei reichlich Sonne und Höchstwerten im
Südwesten über 30 Grad. Im Osten gibt aufgrund der Nähe zum osteuropäischen Tief
und den Resten der Kaltfront im Nordosten stärker bewölkt und ganz im Osten kann
es noch etwas Regen geben. So zumindest die Lesart von IFS und GFS. Glaubt man
den ICON Prognosen, dann gibt zwischen Berlin und Oder nochmals bis 10 mm/12h.
Für die Auslösung von Schauern und Gewittern ist die Luftmasse auch im Süden
mittlerweile deutlich zu trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die exorbitanten Niederschlagsmengen der ICON-Vorläufe im Nordosten werden vom
aktuellen Lauf nicht mehr reproduziert. Akkumuliert von heute 12UTC bis
Freitagmorgen werden im äußersten Osten von ICON nur noch Mengen von etwa 5 bis
25 Litern prognostiziert. Die Niederschlagsschwerpunkte liegen dabei meist in
Westpolen und somit hat sich ICON den Vorhersagen des GFS und des IFS angepasst.
Auch die Ensembles liefern keine Hinweise auf markante oder gar unwetterartige
Niederschlagsmengen im Nordosten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich