Thema des Tages

14-07-2018 08:50

Erst Dürre, dann Gislinde als Regenbringer - Trockenheit nun beendet?


Gislinde ließ viele Hobbygärtner, Förster und Landwirte aufatmen.
Doch bevor wir zu diesem (Höhen-)Tief kommen, blicken wir auf die
Vorgeschichte zurück. April, Mai und Juni waren nicht nur
ungewöhnlich warm und sonnenscheinreich, sondern auch die
Niederschlagsmengen und deren Verteilung waren bemerkenswert.
Einerseits verursachten schwere Unwetter lokale Sturzfluten,
Überschwemmungen und Hagelansammlungen. Andererseits rückte in den
letzten Wochen eine regional katastrophale Trockenheit zunehmend in
den Fokus.


Betrachtet man die aus Radardaten abgeleiteten Niederschlagsmengen
zwischen 8. Juni und 8. Juli (Abb. 1), erkennt man eine deutliche
Ungleichheit. Große Teile Süddeutschlands bekamen ausreichend
Niederschlag ab, wobei auch hier einige Gebiete zu finden sind, in
denen weniger als 30mm zusammen kamen. Außergewöhnlich regenarm war
es hingegen in weiten Teilen Ost- und Nordostdeutschlands. Nur lokal
öffnete der Himmel in Schauern und Gewittern seine Schleusen. In den
meisten Regionen fielen allerdings nur zwischen 10 und 30mm und damit
deutlich weniger als üblich. Ganz besonders trocken war es im
Großteil Sachsen-Anhalts und in Teilen von Brandenburg, wo lediglich
zwischen 1 und 10mm Regen registriert wurden.


Da dort auch die Vormonate äußerst niederschlagsarm ausfielen,
mündete dies in ein extremes Niederschlagsdefizit. Beim Blick auf den
Jahresniederschlag (Abb. 2) springt einem sofort ins Auge, dass in
einem Gebiet von der Leipziger Tieflandsbucht über Sachsen-Anhalt und
dem Westen Brandenburgs, aber auch in Teilen Vorpommerns bis letzten
Sonntag (8. Juli) lediglich schlappe 120 bis 200mm Niederschlag vom
Himmel kamen. Damit sind teilweise weniger als die Hälfte des bis
dahin zu erwarteten Niederschlags gemessen worden.


Die Folgen der Dürre sind unübersehbar. Auf Wiesen und Rasenflächen
ist vielerorts kaum mehr ein grüner Grashalm zu finden. Selbst an
einigen Bäumen verfärben sich bereits die Blätter und werden
abgeworfen. In der Landwirtschaft kam es zu Getreide-Noternten und
auch dem Mais macht der fehlende Niederschlag zu schaffen. Wald- und
Flächenbrände kamen auch noch hinzu. Eine detailliertere Analyse der
landwirtschaftlichen Auswirkungen sowie eine kurze klimatologische
Einordnung können Sie im unten verlinkten Bericht der Abteilung für
Agrarmeteorologie nachlesen.


Doch in den letzten Tagen fungierte (Höhen-)Tief Gislinde als
Heilsbringerin. Von Dienstag bis Donnerstag bestimmte sie das
Wettergeschehen in weiten Teilen Deutschlands. Spiralförmig
umkreisten mehrere Starkregenbänder das Tiefdruckzentrum. Diese und
einige Gewitter brachten vielerorts den langersehnten Regen. Er war
regional sogar mehr als üppig, beispielsweise prasselten in
Angermünde (Uckermark) 103mm/72h vom Himmel. Im Osten Berlins lösten
heftige Niederschläge am Donnerstagvormittag (z.B. zwischen 4 und 10
Uhr in Berlin-Marzahn 51,3mm [insg. 82mm/72h] und 46,0mm in
Berlin-Buch [insg. 94mm/72h]) sogar Überschwemmungen aus.


Ist damit die Trockenheit beendet? Antwort: jein. Abbildung 3 zeigt,
dass Gislinde von der Niederlausitz bis nach Vorpommern verbreitet
zwischen 30 und 50mm, von der Uckermark bis nach Berlin sogar 70 bis
100mm brachte. Auch von Mecklenburg-Vorpommern über Teile
Niedersachsens und Ostwestfalens bis nach Mittelhessen wurden
zwischen 20 und 60mm registriert. Weitgehend außen vor blieb der
Südwesten und erneut die Dürre-geplagten Gegenden in Sachsen-Anhalt
und Nordthüringen, wo nur der "Tropfen auf dem heißen Stein" oder
nicht einmal dieser gefallen ist. Von Entspannung bezüglich der
verheerenden Trockenheit kann hier keine Rede sein (Abb. 4).
Schließlich hat es bisher in diesem Jahr in Artern (Thüringen)
lediglich 128mm und in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) 136mm geregnet.
Das entspricht nur 45,7% (Artern) bzw. 42,5% (Wittenberg) der
durchschnittlich dort bis zum 13. Juli gefallenen Jahresregenmenge.
Quedlinburg, Jeßnitz, Holzdorf (jeweils Sachsen-Anhalt) und Baruth
(Brandenburg) zählen ebenso zu den Niederschlagsstationen, an denen
weniger als 150mm Niederschlag gemessen wurde.


Auch in den nächsten Tagen ist in diesen Regionen kaum mit Regen zu
rechnen. Schwacher Hochdruckeinfluss sorgt vielerorts für
Sonnenschein und sommerliche Temperaturen. Lediglich im Bergland und
in Süddeutschland bilden sich einzelne kräftige Gewitter. Land- und
Forstwirte in den Dürreregionen werden weiterhin tiefe Sorgenfalten
auf der Stirn haben.


Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.07.2018

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst