DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-07-2018 09:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.07.2018 um 10.30 UTC



Küstenumfeld zeitweise windig und kühler (bzw. angenehmer). Sonst hochsommerlich
warm bis heiß und meist trocken. In weiten Bereichen Deutschlands (und besonders
über der Mitte und im Norden) Andauer der Trockenheit und der hohen bis sehr
hohen Waldbrandgefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 11.07.2018


Die bisher neutral bis leicht negative AO macht innerhalb der Mittelfrist
deutlich an Boden gut und schwenkt in den positiven Bereich. Auf synoptischer
Ebene äußert sich diese Entwicklung durch rege Trogpassagen bzw. den Aufbau
einer progressiven zonal ausgerichteten Strömung zwischen Kanada, Südgrönland
und Island. Äquatorwärts hingegen reagiert das Geopotential auf diese Umstellung
mit einem beständigen Druckanstieg und einem sich weiter kräftigenden
Azorenhoch. Das Zentrum der Geopotentialanomalie liegt nördlich der Inseln und
erstreckt sich nordostwärts bis ins südliche Nordmeer. Die bisher
wetterbestimmenden meridional ausgerichteten Tröge über Europa werden zunehmend
nach Osten abgedrängt bzw. tropfen ab und "eiern" in der Folge am Südrand des
sich kräftigenden Azorenhochs östlich der Azoren und über der Biskaya herum.
Dort werden sie von einem kräftigen Abtropfprozess eingefangen, der sich vor der
Regenerierung des Azorenhochs ereignet. Aus dieser Verschmelzung bildet sich ein
kräftiges Höhentief aus, das sich Westeuropa am Südrand des Azorenhochkeils
allmählich annähert. Die Mittelfrist wird daher bestimmt von den Fragen, wie
weit nach Osten sich das Azorenhoch ausdehnt und welcher Impuls mit welcher
Intensität diesen Keil an seinem Ostrand umrunden und Deutschland beeinflussen
kann, aber auch, welche Geometrie der Azorenhochkeil aufweist (eher zonal
geprägt durch die AO-Umstellung oder meridional geprägt durch die
Höhentiefannäherung).


Die Mittelfrist beginnt am Samstag mit dem erwähnten Abtropfvorgang nördlich der
Azoren, der stromab das Geopotential über Nordwesteuropa deutlich ansteigen
lässt. Die abgetropften Höhentiefs u.a. über der Biskaya schwächen sich zwar
allmählich ab bzw. füllen sich auf, bilden aber zunehmend eine
Geopotentialrinne, die von Nordspanien bis ins nördliche zentrale Mittelmeer
reicht. Mit der Lage des sich kräftigenden Bodenhochs über der südlichen Nordsee
liegt Deutschland in einer schwachen Nordströmung, sodass recht trockene Luft
nach Deutschland gelangt. Einzig der Nordwesten könnte von etwas feuchterer
Nordseeluft erfasst werden, sodass dort immer wieder mit ausgedehnten
Wolkenfeldern gerechnet werden muss. Sonst scheint häufig die Sonne, im Süden
bleibt es wolkenlos und meist trocken. Einzig am Alpenrand besteht ein geringes
abendliches Gewitterrisiko. Die Höchstwerte liegen im Norden zwischen 19 und 24
Grad und sonst zwischen 25 und 30 Grad. Mit dem Bodendruckanstieg nimmt der
Druckgradient über dem äußersten Norden und Nordosten zu, wo ein böiger Nord-
bis Nordwestwind erwartet wird und auch einzelne stürmische Böen sind nicht
ausgeschlossen. Sonst aber weht der Wind im Osten leicht böig, im Westen und
Süden schwach bis mäßig aus Nordwest.
Im Verlauf der Nacht zum Sonntag erreicht eine schwach konturierte Welle den
Osten Deutschlands, die um einen umfangreichen Trog über Osteuropa südwärts
geführt wird. Trotz synoptisch-skaliger Hebung besteht jedoch in diesen
Bereichen bei der vorhandenen trockenen Luftmasse nur ein geringes
Schauerrisiko. Meist bleibt es beim Durchzug dichter Wolkenfelder trocken. Im
Westen und Süden verläuft die Nacht klar oder locker bewölkt und ebenfalls
trocken. Der Wind weht schwach aus Nord bis Nordwest, im Nordosten auch mäßig
mit einzelnen Böen im Umfeld der Ostsee. Die Tiefstwerte liegen zwischen 16 und
10 Grad.


Am Sonntag passiert die Welle den Osten Deutschlands und bringt dort neben
dichten Wolken auch einzelne Schauer oder ein kurzes Gewitter. Derweilen
profitiert der Westen weiterhin von hohem Luftdruck, der aus andauernder
Warmluftadvektion stromab des mittlerweile abgetropften Tiefdruckgebietes
resultiert. Erwähnenswert ist dabei noch, dass die Geopotentialrinne immer mehr
in den zunehmend dominanten Tiefdruckkomplex über den Azoren einbezogen wird und
stromab einen meridional ausgerichteten Rücken über West-/ und Mitteleuropa
etabliert. Daher scheint im Westen und Süden neben harmlosen Schönwetterwolken
weiterhin die Sonne und es bleibt trocken. Die Höchstwerte liegen im Nordwesten
um 23 Grad und sonst bei hochsommerlichen 25 bis 30 Grad. Der Wind weht schwach
bis mäßig aus Nordwest.
In der Nacht zum Montag ändert sich wenig und deutschlandweit wird eine ruhige,
klare und trockene Sommernacht erwartet. Erst nach Mitternacht könnten aus
Nordwesten im Zuge einer Warmfront- oder Okklusionsannäherung zunehmend hohe
Wolkenfelder aufziehen. Bei einem schwachen und im Küstenumfeld mäßigen West-
bis Nordwestwind liegen die Tiefstwerte bei 17 bis 10 Grad.


Am Montag nähert sich das Höhentief zögernd der Iberischen Halbinsel und sorgt
besonders über Südwesteuropa für eine weitere Keilaufwölbung, belässt aber auch
über Frankreich, Benelux und dem Westen Deutschlands relativ hohes Geopotential.
Derweilen wird um den Trog über Osteuropa ein kräftiges Randtief von Norwegen
zur westlichen und südlichen Ostsee geführt. Die dieses System begleitenden
Frontensysteme erfassen besonders Nord- und Ostdeutschland in Form dichter
Wolkenfelder, aus denen es aber aus heutiger Sicht kaum Niederschläge gibt. Im
Westen und Süden hingegen bleibt es sonnig oder locker bewölkt und das bei
Höchstwerten von 26 bis 31 Grad, im Norden von 21 bis 24 Grad. Der Wind weht
mäßig aus Nordwest und frischt mit der Passage des Randtiefs über der Ostsee
stark böig auf.
In der Nacht zum Dienstag zieht das Randtief rasch über die südliche Ostsee nach
Nordwestpolen. Einhergehend mit Hebung und Abkühlung in der mittleren
Troposphäre müsste im Norden und Osten mit Schauern und einzelnen Gewittern
gerechnet werden, sonst macht sich die Randtiefpassage meist nur durch dichte
Wolkenfelder bemerkbar. Südlich der Donau bleibt es klar und trocken und die
Tiefstwerte liegen deutschlandweit zwischen 15 und 11 Grad. Der Nordwestwind
weht schwach, im Küstenumfeld mäßig und im Oberharz auch stürmisch.


Am Dienstag zieht das Randtief zügig weiter nach Südpolen und lässt ein
West-Ostgefälle des Geopotentials über Deutschland bestehen, da der Keil im
Westen weiterhin durch das Höhentief vor der Iberischen Halbinsel gestützt wird.
Da gleichzeitig mit der nördlichen Strömung ein Schwall trockener Luft
Deutschland erfasst, beschränken sich einzelne Schauer auf den Osten von
Deutschland. Sonst scheint meist die Sonne und es bleibt trocken. Die
Höchstwerte liegen im Norden bei 22 bis 25 Grad und sonst zwischen 25 und 30
Grad. Der Nordwestwind weht schwach, im Küstenumfeld auch mäßig.
Die Nacht zum Mittwoch verläuft deutschlandweit klar und trocken. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 16 und 11 Grad und der Nordwestwind weht schwach.

Am Mittwoch verbleibt Deutschland zwischen den Stühlen zwischen dem sich über
die südliche Biskaya nach Frankreich verlagernden Höhentief und dem
umfangreichen Tiefdruckkomplex über dem Baltikum. Somit beherrscht weiterhin
hohes Geopotential das Wetter in Deutschland und im Zusammenspiel mit der
eingeflossenen trockenen Luft ist bei meist wolkenlosen oder nur locker
bewölkten Bedingungen mit keinerlei Niederschlag zu rechnen. Die Maxima legen
besonders im Südwesten wieder zu und liegen dort zwischen 28 und 32 Grad und
sonst zwischen 25 und 29 Grad. Einzig im Küstenumfeld bleibt es bei auflandigem
Wind mit 20 bis 24 Grad etwas frischer. Der Nordwestwind weht schwach bis mäßig.


Von daher bleibt die hohe bis sehr hohe Waldbrandgefahr trotz einzelner Schauer
besonders über der Mitte und dem Norden weiterhin bestehen und ein Ende der
anhaltenden Trockenheit ist während dieser Mittelfrist ebenfalls nicht
abzusehen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Am Wochenende besteht innerhalb der IFS-Läufe noch eine insgesamt gute
Übereinstimmung der großskalig synoptischen Strukturen. Eine schwache Welle, die
den Nordosten und Osten streifen soll, wurde erst innerhalb der vergangenen zwei
Modellläufe erfasst und im letzten Lauf bezüglich der Amplitude bzw.
Wetterwirksamkeit wieder deutlich zurückgenommen. Abgesehen von dichteren
Wolkenfeldern und einem lokalen Schauerrisiko im äußersten Osten dürfte diese
Welle daher keinen Wettereinfluss auf das Deutschlandwetter ausüben.
Zum Wochenbeginn erfasst ein kräftigeres Randtief den Nordosten, das von Lauf zu
Lauf immer intensiver gerechnet wird und das auch immer weiter nach Westen (bzw.
Deutschland) ausgreifen soll. Mit diesem Trend besteht für den gesamten Osten
Deutschlands nun ein doch nicht zu vernachlässigendes Schauerrisiko, das
allerdings die Trockenheit und Waldbrandgefahr aus heutiger Sicht nicht
großartig mindern dürfte.
In der Folge nehmen die Unsicherheiten über West- und Mitteleuropa weiter zu,
was vor allem auf die Intensitätsfrage eines Höhentiefs über Westeuropa
zurückzuführen ist und wie stark der stromab über Mitteleuropa aufgewölbte Keil
letztendlich ausfällt. Niederschläge sind in allen Lösungen keine zu erwarten,
eher fallen diese Differenzen bei der Bewölkungsfrage ins Gewicht. Tendenziell
schwächt sich das Höhentief über Westeuropa von Lauf zu Lauf ab, sodass die
Meridionalisierung über Mitteleuropa auch immer schwächer gerechnet wird. Dies
würde eine zu diesem Zeitpunkt beginnende kurze aber kräftige Hitzewelle vorerst
unwahrscheinlicher machen, wenngleich es auch mit einer weniger meridional
ausgerichteten Strömung weiterhin hochsommerlich warm bzw. heiß und trocken
bleiben würde.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Innerhalb der weiteren Globalmodelle ist von einer Einigkeit leider wenig zu
sehen, sodass die Mittelfrist aus der Sichtweise auf nicht sehr sicheren Beinen
steht. Bereits die Welle am Wochenende wird von GFS und IFS gesehen, von ICON
allerdings vollkommen negiert bzw. mit einem Keil gar konträr gesehen. Da aber
IFS und GFS übereinstimmend diesen Trog zeigen, wird momentan mehr Gewicht auf
diese Lösung gelegt.
In der Folge jedoch tauschen die Modelle ihre Partner, sodass sich mit dem
zweiten und "schärferen" Randtief zum Wochenbeginn IFS und ICON annähern,
während GFS mit einer Keillage eine konträre Lösung zeigt. Zudem wird die
Passage des Randtiefs bei ICON etwas zügiger als bei IFS gezeigt. Die
Unsicherheiten mit dieser Randtiefpassage sind also noch hoch.
Noch unsicherer gestaltet sich die nachfolgende Wetterentwicklung mit einer
Differenz der Höhentiefposition über Westeuropa zwischen IFS und GFS von rund
800 km. Entsprechend unterschiedlich fällt das Druckmuster über Westeuropa aus.
Deutschland liegt allerdings bei allen Lösungen ein einer mehr oder weniger
stark zyklonal konturierten nördlichen und trockenen Höhenströmung, sodass sich
die erheblichen Modellunterschiede auf das Deutschlandwetter nur geringfügig
auswirken. Von Interesse sind diese Diskrepanzen mit Blick auf dem Grad der
Meridionalisierung der Strömung und dem einhergehenden Potential eines kräftigen
Warmlufteinschubs von nordafrikanischen Luftmassen. Dabei unterschieden sich GFS
und der Rest der Modellwelt beim Blick auf die 850 hPa Temperaturwerte um 5 bis
10 Kelvin über Westeuropa. Entscheidend wird sein, wie intensiv der
Abtropfprozess und das daraus resultierende und nach Westeuropa driftende
Höhentief ausfallen werden. Da dieser Prozess über dem datenarmen Nordatlantik
noch nicht mal begonnen hat, ist es wenig verwunderlich, dass die Diskrepanzen
innerhalb der Modellwelt noch so groß sind.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zum Beginn der Mittelfrist ist ein Cluster mit dem klimatologischen Mittel
"Blockadelage" vorherrschend. Es wird die stark positive Geopotentialanomalie
nördlich der Azoren bis nach Westeuropa reichend gezeigt. Deutschland liegt
dabei am Ostrand und kann u.U. von schwachen Wellen eines großräumigen Troges
über Osteuropa gestreift werden.
Auch in weiterer Folge bleibt ein Cluster mit demselben klimat. Mittel bestehen.
Weiterhin ist eine stark positive Geopotentialanomalie nördlich der Azoren zu
sehen, die sich zunehmend nach Nordosten in Richtung Nordmeer ausweitet. Für
Deutschland hat das insgesamt ein Geopotentialabbau zur Folge, der nach Osten zu
in einer zyklonal geprägten Höhenströmung am deutlichsten ausfällt. Hier können
einzelne Randtiefs den Nordosten und Osten erfassen.
An dieser Clusterverteilung ändert sich auch zum Ende der Mittelfrist nichts und
die positive Geopotentialanomalie weitet sich wieder zunehmend nach Deutschland
aus.
Beim Blick auf die Meteogramme in Deutschland ist besonders beim Niederschlag
zum Wochenbeginn ein West- Ostgefälle zu erkennen. Während einzelne Member in
Leipzig und auch in Hamburg am Montag und Dienstag etwas Niederschlag andeuten
(mit konvektiv erhöhten Spitzen) bleibt es im Süden und Westen trocken. Das
hochsommerliche Temperaturniveau ändert sich nicht, was sich auch bis
einschließlich Montag durch stark gebündelten Member äußert. Die am Dienstag
erwartete kleine "Delle" ist noch mit großen Unsicherheiten behaftet und bereits
zum Mittwoch nähern wir uns wieder dem alten Temperaturniveau in 850 hPa an.
Wenig überraschend sehen die ENS von GFS bezüglich der Randtiefentwicklung und
der einhergehenden Niederschläge und der geringfügigen Abkühlung anders aus, da
die Wetterentwicklung wie bereits besprochen eine andere ist. Hier wäre der
gesamte Mittelfristabschnitt als überwiegend trocken und hochsommerlich warm zu
bezeichnen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die einzige signifikante Wettererscheinung während der Mittelfrist dürfte
abgesehen von einzelnen Wärmegewittern am Alpenrand am Samstag der am Wochenende
zeitweise stark böig auffrischende Nordwestwind über dem äußersten Norden und da
besonders im Küstenumfeld sein. Signifikant fallen die EFI-Werte aber auch hier
nicht aus, sodass wohl nur zeitweise mit einzelnen stürmischen Böen zu rechnen
ist, was bei COSMO-LEPS am Samstag mit 40-60% Wahrscheinlichkeiten für Bft 8
Böen an der Westküste von Schleswig-Holstein gestützt wird (geringer bei
IFS-EPS). Auch am Montag bestehen in derselben Region leicht erhöhte
Wahrscheinlichkeiten, was aber noch von der endgültigen Stärke des Randtiefs
abhängt.

Abgesehen davon sind jedoch die Trockenheit und die hohe bis sehr hohe
Waldbrandgefahr in weiten Bereichen Deutschlands (besonders über der Mitte und
dem Norden) weiterhin das dominante Thema.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy