DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-05-2018 08:01
SXEU31 DWAV 250800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 25.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFa (Hoch Nordmeer-Fennoskandien antizyklonal)

Heute in einem diagonal von NW nach SO verlaufenden Streifen Gewitter, meist
markant, lokale Unwetter (vor allem durch Starkregen) nicht ausgeschlossen, bei
weitem aber nicht so schlimm wie gestern.
Morgen relative Ruhe, am Sonntag wieder etwas mehr Gewitter (Bergland Süden und
Westen).

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland nach wie vor am Südrand einer
langgestreckten, vom Ostatlantik bis nach Fennoskandien reichenden
Hochdruckzone. Dabei wird mit einem schwachen bis mäßigen, Richtung Küste sich
mitunter auch mal etwas stärker bemerkbar machenden (Böen 6-7 Bft; für Teile der
Nordseeküste und den Bereich der Unterelbe bietet sich sogar eine kleine
Windwarnung an, weil dort erhöhte EPS-Wahrscheinlichkeiten für Windstärke 7 Bft
auftreten) Ost-Nordostwind relativ trockene, aus dem Hoch ausfließende Warmluft
(T850 um 10°C) in weite Teile Nord- und Ostdeutschland gelenkt. Diese ist stabil
geschichtet und folgerichtig scheint dort einmal mehr die Sonne von einem
wolkenlosen oder nur locker bewölkten Himmel, was die Temperatur auf 24 bis 28°C
hochtreibt (abzüglich der küstennahen Regionen mit beständig auflandigem Wind,
wo es nicht ganz so warm wird) und für die Andauer der Trockenheit sorgt.
Weiter süd-südwestlich schließt sich ein Streifen an, in dem die Luftmasse nicht
nur deutlich feuchter (Taupunkte gebietsweise um oder etwas über 15°C, PPW 25
bis 30 mm), sondern auch labiler ist, auch wenn die Lapse-Rates nicht mehr so
niedrig sind wie das gestern noch der Fall war. Und noch etwas hat sich
gegenüber gestern grundlegend geändert, was die Hoffnung auf deutlich schwächere
konvektive Umlagerungen substanziell nähert - die Potenzialverteilung. Schwenkte
gestern noch ein ausgeprägter Randtrog über den Vorhersageraum nordwärts,
gelangen wir heute - bei extrem schwacher Höhenströmung - in einen antizyklonal
geprägten Sattelpunktbereich. Er wird generiert durch einen aus dem
fennoskandischen Höhenhoch nach Süden gerichteten Höhenkeil, dem ein weiterer,
vom westlichen Mittelmeer über die Alpen nach Norden reichender Keil gegenüber
steht. Bei so viel antizyklonaler Präsenz nehmen sich Tröge und Höhentiefs heute
vornehm zurück, sprich, eines liegt heute Mittag im Bereich Cornwell/Westeingang
des Ärmelkanals, das andere als klassischer Kaltlufttropfen (KLT) über
Nordpolen. Damit sind die Rahmenbedingungen oder besser die Strömungsbedingungen
der mittleren und oberen Troposphäre zumindest für schwere Konvektion deutlich
schlechter geworden, was nach den Ereignissen von gestern eine gute Nachricht
ist.
Nichtsdestotrotz werden sich auch heute wieder Gewitter entwickeln, wobei sich
ein etwa vom westlichen Niedersachsen über die Mitte bis nach Ostbayern
verlaufender Korridor als die Area entpuppt, in der die konvektiven Umlagerungen
am wahrscheinlichsten sind. In den meisten Fällen wird es zu langsam ziehenden
bis stehenden Einzelzellen kommen, die vor allem mit Starkregen einhergehen
können. Bei ML-CAPE gebietsweise über 500 J/kg, in der Spitze auch mal bei 800
J/kg ist kleinkörniger Hagel, vereinzelt vielleicht auch mal Hagel mit rund 2 cm
Durchmesser möglich, darüber hinaus Böen 7 Bft (weniger 8 Bft). Zwar können
Unwetter insbesondere durch Starkregen nicht ausgeschlossen werden, die
Wahrscheinlichkeit ist aber deutlich geringer als gestern. Zum einen dürften die
Gewitter heute weniger verclustern, zum anderen deuten sich keine definierten
Gewitterstraßen mit schier unerschöpflicher Wasserversorgung an, wie das am
Donnerstag z.B. in Teilen Sachsens der Fall war.
Süd-südwestlich des genannten Korridors ist die Gewitterneigung tendenziell
wieder geringer, auch wenn über dem Bergland (Alpen, Schwarzwald, Alb) einzelne
Überentwicklungen nicht ausgeschlossen sind. In den Prognosesoundings zeichnet
sich aber etwa zwischen 650 und 500 hPa eine merkliche Stabilisierung der
Schichtung an, die zudem mit einer Abtrocknung einhergeht, was hochreichende
Konvektion fast unmöglich macht.

In der Nacht zum Samstag tut sich relativ wenig an der Großwetterlage, wenn man
mal davon absieht, dass der o.e. KLT sich ganz allmählich dem Oderhaff nähert,
ohne aber das Wetter im Nordosten unseres Landes nachhaltig zu beeinflussen. Auf
der anderen Seite fallen die anfänglich noch auftretenden Schauer und Gewitter
mangels Organisation relativ zügig zusammen, so dass die Nacht ruhig über die
Bühne geht mit einigen dichten Nebelfeldern, besonders aber nicht ausschließlich
dort, wo es tagsüber geregnet hat.

Samstag... schmeißt der KLT nicht weit von der Odermündung entfernt seinen
Anker, um dort den Samstag zu verbringen. Gleichzeitig sorgt er im Nordosten für
ein etwas zyklonaleres Umfeld, das mit einer Labilisierung respektive
Feuchteanreicherung der dort weiterhin befindlichen Warmluft sorgt. Unter dem
Strich kommen insbesondere in MV und im nördlichen BB seit längerer Zeit mal
wieder ein paar mehr Wolken an den Start, die sogar für einzelne Schauer,
weniger wohl für ein Gewitter gut sind. Das Trockenheitsproblem kommt dadurch
aber nicht mal annähernd ins Wanken.
Der große Rest des Vorhersageraums bleibt im Großen und Ganzen leicht
antizyklonal beeinflusst, so dass trotz einiger lockerer Wolken häufig die Sonne
scheint. Vorderseitig des über Westeuropa liegenden Höhentrogs (er besteht aus
dem o.e. Höhentiefs am Westeingang des Kanals und einem zweiten über der
Iberischen Halbinsel) beginnt der Luftdruck über Frankreich zu fallen, was dort
die Bildung einer Tiefdruckrinne zur Folge hat, worüber auch bei uns noch zu
reden sein wird.
Zunächst gilt es hier aber festzuhalten, dass die Luftmasse im heute
gewittergefährdeten Korridor deutlich abtrocknet, was dort mögliche Konvektion
erheblich dämpft. Lediglich GFS simuliert für die zentralen Mittelgebirge noch
einige Schauer oder Gewitter. Im Süden und Südwesten nehmen Feuchte und
Labilität zwar wieder zu (Anstieg T850 auf bis zu 15°C), was sich auch in einem
nicht unbedeutenden Anstieg des ML-CAPEs widerspiegelt. Z.T. steigen die Werte
auf über 1000 J/kg, allerdings ist die Grundschicht noch vergleichsweise
trocken, was das hohe HKN bzw. KKN erklärt (um 800 hPa). Was außerdem fehlt sind
die entsprechenden Zündmechanismen, die den Treibstoff in Schwung bringen
könnten. So sorgt der immer noch präsente, vom westlichen Mittelmeer nach
Westdeutschland gerichtete Höhenkeil für eine nicht unerhebliche Deckelung, und
auch die Einstrahlung sowie das sonst so verlässliche Bergland dürften morgen
Schwierigkeiten haben, nennenswerte Konvektion zu generieren. So steht aus
heutiger Sicht eine geringe Schauer- und Gewitterneigung über dem süd- und
südwestdeutschen Bergland auf dem Zettel, meist wird es aber trocken bleiben.
Die Temperatur steigt verbreitet auf 25 bis 29°C, im Westen sowie am Oberrhein
reicht es auch mal für 30 oder 31°C. Dagegen wird im wolkigeren Nordosten die
25°C-Marke häufig nicht überschritten.

In der Nacht zum Sonntag setzt sich der KLT nur äußerst langsam in Bewegung in
Richtung Westen. Im äußersten Norden und Nordosten muss dabei mit einzelnen
Schauern oder Gewittern gerechnet werden. Sollte es gewittern, könnte es lokal
eng begrenzt für Starkregen reichen (PPW bis zu 26 mm).
Mit leichter Annäherung der Tiefdruckrinne sowie einer geringfügig zyklonaleren
Höhenströmung gelangt nicht nur mehrschichtige Bewölkung in den Südwesten und
Westen, dort sind dann auch erste Schauer oder Gewitter in den frühen
Morgenstunden nicht ganz ausgeschlossen.

Sonntag... wird die o.e. langgestreckte Hochdruckzone zusehend unterbrochen
durch die sich von Frankreich bis nach Irland ausweitende Tiefdruckrinne. Übrig
bleibt ein Hoch über dem Nordmeer respektive Fennoskandien, auf dessen Südflanke
der mäßige Ostwind den besagten KLT langsam aber sicher über Jütland hinweg zur
Nordsee steuert. Damit bleibt die leichte Schauer- und Gewitterneigung im
äußersten Norden und Nordosten erhalten, wobei natürlich noch Fragen offen sind
(wo genau schauert oder gewittert es wie stark und gewittert es überhaupt) -
typisch KLT eben.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Warmluft im Süden und Westen weitere
Feuchtigkeit aufnimmt (PPW teils über 30 mm) bei gleichzeitiger Zunahme der
potenziellen Instabilität. Das ML-CAPE erreicht in der Spitze Werte über 1500
J/kg (Oberrhein, Westseite des Schwarzwalds), was nicht ohne ist. Damit werden
die Voraussetzungen für (kräftige) konvektive Umlagerungen von Seiten der
Luftmasse zwar deutlich besser, das Setup in der Höhe hingegen passt aber noch
nicht. So findet man auch am Sonntag immer noch den flachen Höhenkeil über
weiten Teilen des Landes, der sich von den Alpen bis in den Nordwesten
erstreckt. Er sorgt dafür, dass von der Dynamik keine Hebungsimpulse zu erwarten
sind (eher das Gegenteil ist der Fall). Da auch in der untersten
Troposphärenschicht keine wirklich konfluenten Strukturen auszumachen sind,
ruhen die "Hoffnungen" auf zündende Impulse einmal mehr auf diabatische
(Erreichen der Auslösetemperatur) und orografische (Bergland) Komponenten.
Auffallend ist das nach wie vor hohe KKN (meist über 850 hPa), was nicht gerade
für verbreitet auftretende Gewitter spricht.
So sollten wir aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass sich ausgehend vom
Bergland mehr Gewitter als am Samstag entwickeln, die ganz große Nummer (in
räumlicher Hinsicht) aber noch ausbleibt (einzelne Zellen). Dort, wo sich
Gewitter entwickeln, können Unwetter durch Starkregen oder größeren Hagel nicht
ausgeschlossen werden, da die Zellen kaum Mobilität aufweisen und eher durch
Stehversuche auffallen.
Abschließend noch ein Wort zur Temperatur, die verbreitet auf 25 bis 30°C
steigt. Vor allem im Südwesten nimmt die Schwüle respektive Wärmebelastung durch
steigende Taupunkte (auf über 15°C) zu. Im äußersten Norden wird es mit 19 bis
24°C nicht ganz so warm.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene Entwicklung wird von den externen Modellen sehr ähnlich
gesehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann