DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-05-2018 17:01
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.05.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute im Süden und in Teilen der Mitte Gewitter mit Unwettergefahr durch
heftigen Starkregen, vereinzelt auch Hagel. Morgen in einem Streifen vom
Rheinland bis nach Südostdeutschland erneut Schauer und Gewitter, kaum noch
Unwettergefahr. Am Samstag weitere Entspannung, am Sonntag wahrscheinlich aber
wieder im Südwesten und ganz im Süden auflebende Gewitteraktivität.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland zwischen einem blockierenden Höhenhoch über
Fennoskandien und einem Höhentief unmittelbar westlich des Ärmelkanals, das
Bestandteil eines Langwellentroges über Westeuropa ist. Von diesem Höhentief
ausgehend ist ein Trog nach Südwest- und Westdeutschland gerichtet, der
allmählich nordwärts schwenkt. Vorderseitige Hebung löst in der über der Mitte
und dem Süden liegenden labil geschichteten Luftmasse hoch reichende Konvektion
aus, was zu einer Vielzahl von Gewittern führt. Die Schichtung ist nicht allzu
labil, auch Scherung ist kaum vorhanden, aber der Gehalt an niederschlagbarem
Wasser erreicht in einem breiten Streifen vom Westen Deutschlands in den
Südosten 25 bis 35 mm. In Verbindung mit der straßenartigen Anordnung der
Konvektionszellen sind trotz der gegenüber höheren Verlagerungsgeschwindigkeit
im Vergleich mit den Vortagen Niederschlagssummen bis weit in den
Unwetterbereich hinein zu erwarten. Im Vogtland (von Bad Elster aus
nordwestwärts) sowie in der Nähe vom Bayerischen Wald traten in schmalen
Streifen sogar extreme Niederschlagssummen bis weit über 100 mm innerhalb von 6
Stunden auf.
In der Nacht zum Freitag tendiert der über Deutschland hinweg nach Osten
gerichtete Sekundärtrog zum Austropfen, wodurch die dynamischen Antriebe
geringer werden (und auch nicht mehr so hoch sind, wie anhand von weiter
zurückliegenden Modellläufen noch zu erwarten gewesen wäre). Hierdurch dürfte in
der Nacht, spätestens in der zweiten Nachthälfte, die Gewitter zum Erliegen
kommen bzw. ab dem späten Abend nicht mehr unwetterrelevant sein.
In den Gebieten, wo es zuvor viel geregnet hat, können sich flache, aber teils
dichte Nebelfelder bilden. Dies ist auch in Gebieten der Fall, in welchen die
Bewölkung nicht so richtig auflockert.
Im Norden und Nordosten hält sich der Einfluss des wetterbestimmenden Boden- und
Höhenhochs über Fennoskandien. In diesen Gebieten bleibt es durchweg trocken und
es klart längere Zeit auf.

Freitag ... schwenkt der von dem Höhentief über Cornwall ausgehende Resttrog
über Deutschland hinweg in die Nordsee. Nachlassende Dynamik dürfte eine
Entspannung der Gewitterlage bringen; nennenswerte Hebungsantriebe lassen sich
nicht mehr ausmachen. Dennoch verbleibt eine Region mit feuchtlabiler Luft, die
sich vom Rheinland nach Südostdeutschland erstreckt. Entrainment von trockenerer
Luft aus dem über Nordeuropa liegenden Hoch lässt aber den Flüssigwassergehalt
auf 25 bis 30 mm sinken. Innerhalb dieses Streifens, der sich vom Niederrhein
bis zum Bayerischen Wald und zum Inn erstreckt, können sich im Tagesverlauf
erneut einzelne Gewitter entwickeln. Die Unwettergefahr ist aufgrund der kaum
noch vorhandenen dynamischen Antriebe deutlich geringer als heute. Somit sind
Unwetter nahezu unwahrscheinlich.
Ganz im Südwesten und im Süden deutet sich durch Überströmen der Alpen eine
leichte Austrocknung an, was sich in einem bis auf rund 2000 m erhöhten
Kondensationsniveau äußert und dort hochreichende Konvektion weniger
wahrscheinlich werden lässt. Dennoch sind mit Hilfe der Orografie
(Hochschwarzwald, unmittelbarer Alpenrand) konvektive Umlagerungen nicht
auszuschließen.
Im Norden und Nordosten hält sich trockene Warmluft, die aus dem über
Fennoskandien liegenden Hoch ausfließt. Somit bleibt es dort niederschlagsfrei.
Absinken unterdrückt Konvektion weitgehend, so dass nahezu ungehinderte
Einstrahlung zu erwarten ist. Allerdings kann tagesgangsbedingt in diesen
Gebieten der Wind etwas auffrischen. Ob Warnschwellen erreicht werden, ist noch
nicht sicher.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Sonnenscheindauer 23 bis 28 Grad.
Unmittelbar an der See und im höheren Bergland bewegen sich die Temperaturen um
20 Grad.
In der Nacht zum Samstag greift auf Nordwestpolen ein Kaltlufttropfen über.
Vorderseitige Kaltluftadvektion und das hieraus resultierende Absinken lässt den
Himmel aufklaren. Die in einem Streifen vom Rheinland bis nach Südostdeutschland
zunächst noch vorhandene Konvektion sollte alsbald zum Erliegen kommen.
Im Westen und Süden, aber zu Teil auch in den mittleren Gebieten, können sich
flache, aber zum Teil dichte Nebelfelder bilden, die in den Frühstunden des
Samstags alsbald verschwinden dürften.

Samstag ... schnürt sich der Trog vor Westeuropa ab, das Höhentief etabliert
sich dann über der Biskaya. Der über Nordwestpolen liegende Kaltlufttropfen
verlagert sich ins Oderhaff und somit kaum. Dazwischen liegt Mitteleuropa, das
von leichtem Geopotentialgewinn profitiert. Allerdings beginnt im Südwesten und
ganz im Westen die Strömung auf Südwest zu drehen, d.h. die bisher eher
gemäßigte Luftmasse wird in diesen Gebieten durch Subtropikluft abgelöst. Dabei
steigt CAPE auf ca. 1500 J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser wieder
auf rund 30 mm. Noch ist das Kondensationsniveau relativ hoch und liegt meist
oberhalb von 800 hPa, auch fehlt jeglicher dynamischer Antrieb, so dass die
Auslösung am ehesten mit Hilfe der Orografie erfolgen dürfte. Am
wahrscheinlichsten wäre dies im Hochschwarzwald und im westlichen Allgäu. Sollte
es zu hochreichender Konvektion kommen, wären Unwetter durch heftigen Starkregen
und auch größeren Hagel vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist jedoch
gering.
Im Nordosten macht sich der Einfluss des Kaltlufttropfens bemerkbar. Dort können
sich mit Unterstützung durch den Tagesgang ebenfalls Schauer und einzelne
Gewitter entwickeln. Diese dürften allenfalls "mit Mühe" die Kriterien für eine
markante Warnung erreichen.
Im weitaus größten Teil Deutschlands sorgt Absinken für längere sonnige
Abschnitte. Hierdurch steigen die Temperaturen noch etwas an, so dass
Höchstwerte zwischen 25 und 31 Grad zu erwarten sind. Dabei wird es am
Niederrhein am wärmsten. An der Küste, im Bergland und ganz im Nordosten wird es
mit 18 bis 24 Grad nicht so warm.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Kaltlufttropfen ein wenig nach
Westen. Ein von dem Höhentief über der Biskaya und der Bretagne ausgehender
breiter Trog schwenkt nach Nordfrankreich, wodurch über dem Westen teils
mehrschichtige Bewölkung aufzieht. Für nennenswerte Niederschläge reicht es
jedoch kaum. In weiten Teilen Deutschlands klart es auf, wobei sich erneut Nebel
bilden kann.

Sonntag ... wird der Kaltlufttropfen an der Südflanke des blockierenden Hochs
über Fennoskandien nach Westen gesteuert und überquert das nördliche
Schleswig-Holstein. Einzelne Schauer oder vielleicht auch kurze Gewitter können
ganz im Norden erneut ausgelöst werden. Wahrscheinlich werden dabei nicht einmal
die Schwellenwerte für markante Warnungen erreicht.
Allmählich wird der Kaltlufttropfen in das Zirkulationssystem des über
Westeuropa liegenden Höhentiefs einbezogen, wodurch sich eine allmählich weiter
auf Südwest bis Süd-Südwest drehende Strömung ergibt. Hierdurch arbeitet sich
die feuchtlabile Subtropikluft, die am Vortag nur im äußersten Südwesten und
Süden zu finden war, etwas nach Norden und Osten vor. Dennoch sollte
hochreichende Konvektion auf die Unterstützung durch die Orografie angewiesen
bleiben. Dynamische Antriebe fehlen weitgehend. Das Kondensationsniveau bleibt
unverändert hoch. Sollten sich konvektive Umlagerungen entwickeln, sind die
Kriterien für Unwetter relativ rasch erreicht. Unwettergefahr besteht dann durch
heftigen Starkregen und größeren Hagel, aufgrund der trockenen unteren
Troposphäre wären dann auch Böen bis Sturmstärke nicht ganz auszuschließen.
Immerhin wird von den globalen Modellen in diesen Gebieten Konvektion wieder für
wahrscheinlicher gehalten als am Samstag.
Im weitaus größten Teil Deutschlands hält sich noch Hochdruckeinfluss, der auch
im Nordosten die Schauer- und Gewittertätigkeit einigermaßen dämpft. In einem
breiten Streifen von Niederrhein und Ems bis in den Osten und Südosten
Deutschlands hinein dauert das Absinken an, dort scheint die Sonne längere Zeit
und es bleibt durchweg niederschlagsfrei. Mit Höchsttemperaturen zwischen 25 und
30 Grad bleibt es frühsommerlich warm. Ganz im Norden sowie im Bergland bewegen
sich die Temperaturen zwischen 18 und 24 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Hinsichtlich der aktuellen Gewittertätigkeit ist bemerkenswert, dass
zumindest für einige Gebiete, in welchen extrem hohe Starkniederschläge
auftraten, von hoch auflösenden Modellen wie COSMO-D2 von den jüngsten Läufen
Signale gegeben wurden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann