DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-05-2018 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.05.2018 um 10.30 UTC



Leicht unbeständig, vor allem nach Süden hin wiederholt Gewitter, die vor allem
von Starkregen begleitet sein können. Mäßig warm bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 23.05.2018


Nachdem gestern an gleicher Stelle fast schon promoviert wurde über das Thema
"Höhentiefs (HT)", kommt der Verfasser auch heute nicht drum herum, diese
besondere Spezies atmosphärischer Gebilde der geneigten Leserschaft zu
präsentieren. Schon zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden
Samstag wagt sich ein erstes kleines HT von der Nordsee her bis in die
Niederlande, später dann bis nach Westdeutschland vor, um im Laufe des Sonntags
Richtung Paris zu ziehen, wo es am Ende des Tages ankommen soll.
Im Bodenniveau spiegelt sich das HAT nicht wider, dort findet man zum gleichen
Zeitpunkt eine brückenartige, von der Biscaya bis nach Nordeuropa reichende
Hochdruckzone, in der sich am Sonntag über Südskandinavien respektive der Nord-
und Ostsee eine eigenständige Parzelle mit etwas über 1025 hPa bildet. Auf ihrer
Südflanke wird von Osten mäßig warme bis warme (T850 5 bis 9°C) und trockene
Kontinentalluft in die nördlichen und östlichen Landesteile gesteuert, die die
zuvor dort lagernde potenziell instabile Luftmasse mehr und mehr in den Westen
und Süden abdrängt.

Zu Beginn der neuen Woche verbleibt besagtes HT im Raum Paris, während sein
kongenialer Partner, mit dem es ein Dipol beschreibt, vom Löwengolf gen Italien
wandert, wo er am Dienstag anlandet. Doch damit nicht genug, der findige
Höhenkartenexplorer detektiert noch zwei weitere HTs, von denen das eine als
Cut-Off-Tief über der Iberischen Halbinsel anlandet, während das andere - wir
sprechen jetzt schon über Nummer 4 - von Weißrussland nach Südschweden zieht.
Deutschland verbleibt quasi zwischen den zahlreichen HT-Stühlen unter extrem
schwacher Höhenströmung. Bodennah wird mit östlicher Grundströmung (Hoch
Nordmeer-Fennoskandien vs. Tief über Südwesteuropa) wieder wärmere Luft
herangeführt (T850 zwischen 7°C in Küstennähe und bis zu 13°C im Süden), die im
Norden trocken und stabil geschichtet, im Süden dagegen potenziell instabil und
sehr konvektionsfreudig ist.
Wo genau am Mittwoch letztlich die Demarkationslinie zwischen dem trockenen
Norden und dem gewittrigen Süden (wo die Hauptgefahr aufgrund langsamer oder
überhaupt keiner Verlagerung der Gewitterzellen von Starkregen ausgeht) zu
liegen kommt, muss abgewartet werden (siehe dazu auch die kommenden Kapitel).

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag tut sich bei flauen Druck- und
Potenzialverhältnissen vergleichsweise wenig am Wettergeschehen, bevor sich zum
Samstag von der Nordsee her eine Kaltfront ankündigt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Wie fast nicht anders zu erwarten, werden die für die mittelfristige Entwicklung
relevanten Höhentiefs heute wieder etwas anders simuliert als in den Läufen
zuvor. Dabei macht es wenig Sinn, ihre Zugbahn bis ins Detail zu vergleichen
bzw. zu bewerten, da es morgen sehr wahrscheinlich sowieso wieder anders
aussieht.
Tatsache ist, dass die Temperaturabweichungen des heutigen Modelllaufs gegenüber
den Vorläufen nicht so groß sind wie gestern noch. Tendenziell ist eine leichte
Erwärmung gegenüber dem gestern verkauften Temperaturen zu erkennen.
Sensibler als die Temperatur reagiert der Niederschlag (incl. Gewitter) auf die
unterschiedliche Simulation der Höhentiefs. So sind im aktuellen Lauf die
Schauer und Gewitter am Samstag für den Süden und Südosten sowie Teile
Norddeutschlands vorgesehen, während in der gestrigen 00-UTC-Version vornehmlich
die Westhälfte im Visier der Numerik lag. Für Sonntag und Montag passen sich die
Modellläufe vorübergehend an, bevor zur Wochenmitte hin die Streuung abermals
zunimmt. Während in der heutigen Variante die gewittrigen Niederschläge von
Süden her nur bis zur Mitte ausgreifen sollen (weiter nördlich nur schwache
Signale), standen gestern auch für den Norden stärkere konvektive Umlagerungen
auf der Karte. Kurzum, auch wenn die Grundmuster der Druck- und
Potenzialverteilung auf den ersten (flüchtigen) Blick gar nicht so
unterschiedlich aussehen, sind die Folgen bei der Niederschlags- und
Gewitterprognose z.T. immens.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch hier gilt, die Grundmuster sind ähnlich, im Detail offenbaren sich aber
Unschärfen, vor allem nach hinten raus. Nimmt man für den Vergleich die
Niederschlags- und Gewitterverteilung als einen der bestimmenden Parameter der
Vorhersage, so fällt auf, dass ICON nach einem zunächst noch recht agilen
Wochenende tendenziell am wenigsten Konvektion zulässt (am ehesten über dem
süddeutschen Bergland). GEM befindet sich auf ähnlichem Level wie IFS (ECMF),
was anfangs auch für GFS gilt. Vor allem am Dienstag lässt dieses Modell dann
aber vermehrt Gewitter im Nordosten zu, während die anderen davon nichts wissen
wollen.

FAZIT: Für das Wochenende, bedingt auch noch für den Montag (ist ja auch noch
Wochenende) sind die Prognosen gar nicht mal so weit auseinander. Danach nehmen
die Unsicherheiten insbesondere bei der Regen- und Gewittervorhersage zu, wobei
GFS grundsätzlich zur Übertreibung neigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis incl. Montag
einen gutmütigen Verlauf ohne größere Streuung. Erst danach nimmt der Spread zu,
wobei sich aber noch ein gut erkennbarer Median zeigt mit relativ hohen T850-
und Pot500-Werten, im dem sich auch der Hauptlauf bewegt. Einer Minderzahl von
Ensembles scheint es aber zu warm zu sein, sie stürzen von einem Niveau von
7-10°C auf 0°C, vereinzelt sogar darunter ab - egal ob im Norden oder im Süden.
Bestätigung findet der Hauptlauf darin, dass der Pfingstsonntag und -Montag im
Norden und Osten sehr wahrscheinlich trocken bleiben. Das setzt sich auch danach
mehrheitlich so fort, auch wenn ein paar wenige Ensembles leichte bis mäßige
RR-Peaks offerieren. Im Süden hingegen (hier am Beispiel Ulm) fällt der über den
gesamten Vorhersagezeitraum andauernde Tagesgang der Konvektion ins Auge, was
auf einen sehr schauer- und gewitterträchtigen Witterungsabschnitt hindeutet. In
der Mitte (hier Offenbach) wird dieses Phänomen nicht so klar abgebildet, was
ein Maß der Unsicherheit ist (trocken oder Schauer/Gewitter).
Für Montag bis Mittwoch (T+120...168h) werden satte fünf Cluster (13, 12, 12,
11+HL/KL, 3 Fälle) angeboten, die sich für unsere Region aber durchaus ähneln.
Einzig CL 2 lässt zum Mittwoch hin einen Trog zu uns schwenken, der den o.e.
Absturz der Temperatur erklärt. Beim überwiegenden Teil der Ensembles bleibt es
aber warm.
Am Donnerstag (T+192...240h) wird nur noch ein einziger Cluster angeboten, der uns
am Rande einer vom Ostatlantik bis zum Nordmeer reichenden Hochdruckzone sieht
(überwiegend warme Ostströmung).

FAZIT: IFS-EPS stützt im Großen und Ganzen den Hauptlauf, die Abkühlung ab
Wochenmitte stellt derzeit eine Außenseiterlösung dar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Über den gesamten Mittelfristzeitraum hinweg besteht die Gefahr kräftiger
GEWITTER, vornehmlich im Süden. Aufgrund überschaubarer CAPE-Werte und nicht
oder kaum vorhandener Dynamik steht Starkregen als begleitender Parameter ganz
weit oben auf der Agenda, wobei die Unwetterschwelle schnell gerissen ist.
Kleiner bis mittelgroßer Hagel und/oder Sturmböen 8-9 Bft können zwar ebenfalls
auftreten, stehen summa summarum aber hinter dem Starkregen zurück.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMF-MOS mit ECMF-EPS und IFS (det.).
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann