DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-04-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.04.2018 um 10.30 UTC



Wechselhaft, dabei am Sonntag noch vielerorts warm, am Montag dann
Kaltfrontpassage und nachfolgend zögernder Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 03.05.2018


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag befindet
sich Deutschland auf der Vorderseite eines LW-Troges über dem nahen Ostatlantik,
der seinen Einfluss im Tagesverlauf langsam aber sich nach Osten ausdehnt. Dabei
steilt sich die südwestliche Höhenströmung bei uns nicht nur auf, sie verliert
auch zunehmend von ihrer anfänglich noch stark ausgeprägten antizyklonalen
Krümmung, insbesondere nach Westen hin. Bodennah befinden wir uns innerhalb
einer von Südwest- bis nach Mitteleuropa gerichteten Tiefdruckrinne, in der sich
über Frankreich ein kleines eigenständiges Tief bildet. Es zieht bis Tagesende
in den äußersten Norden des Landes, wobei es sich auf etwas unter 995 hPa
vertieft. Bei uns wird dadurch potenziell instabile Warmluft nach Norden
verfrachtet, am Abend liegt die 10°C-Isotherme in 850 hPa über der Norddeutschen
Tiefebene (zonal) bzw. an der Grenze zu F und Benelux (meridional). Im Süden
steigt die Temperatur mit föhniger Unterstützung z.T. auf etwas über 15°C. Die
Abgrenzung zu kühleren Luftmassen wird im Norden durch eine Warmfront, im Westen
durch eine schleifende Kaltfront markiert. Dort deuten sich (gewittrige)
Regenfälle an, und auch an der Warmfront kann es gebietsweise (Nordosten) etwas
regnen. Die Gefahr konvektiver Umlagerungen in der Warmluft wird von der Numerik
summa summarum als gering eingeschätzt, was möglicherweise mit der föhnbedingten
Abtrocknung (=> Deckelung) und der über weite Strecken des Tages antizyklonal
konturierten Höhenströmung zusammenhängt.

Am Montag zieht das kleine Sturmtief auf die Nordsee knapp nördlich des
Ijsselmeers (24 UTC), wobei es sich mehr und mehr bis hoch in die mittlere und
höhere Troposphäre bohrt. Gleichzeitig schwenkt ein ausgewiesener Randtrog von
Frankreich her nord-nordostwärts, der die o.e. Kaltfront "anstößt". Sie
überquert Deutschland bis zum Abend ostwärts, wobei sich ihre Wetterwirksamkeit
stark in Grenzen halten soll (wenig Regen, wenig präfrontale Konvektion). Die
Haupthebungsprozesse spielen sich im Norden in der um das Tief Osten
herumgeholten Warmluft ab, wo es zu schauerartig verstärkten und möglicherweise
auch gewittrigen Regenfällen kommt, die im Tagesverlauf nach Norden abziehen.
Postfrontal strömt ein Schwall subpolarer Meeresluft in den Vorhersageraum, in
der die 850-hPa-Temperatur bis Tagesende auf rund +6°C in und um Sachsen und bis
zu -5°C im Westen zurückgeht. Hinzu kommt besonders in der Westhälfte ein stark
auffrischender, in Böen bis Sturmstärke reichender südwestlicher Wind. Ein Stück
weit erinnern die synoptischen Merkmale (z.B. Feuchteverteilung, relativ
schwache Kaltfront) an eine Shapiro-Keyser-Zyklone, allerdings spricht der
Verlauf der Frontalzone (kommt trogvorderseitig von Süden, der klassische
trockene Oberstrom von Nordwesten her findet nicht statt) eher dagegen.

Am Dienstag zieht das Tief via Jütland gen Skagerrak, wodurch der Luftdruck bei
uns beginnt zu steigen. Es bildet sich ein schmaler Hochkeil, der als
verlängerter Arm des Azorenhochs interpretiert werden kann und in dem die
eingeflossene Meeresluft mit Ausnahme Norddeutschlands (Gradient am Südrand des
Tiefs) zur Ruhe kommt. Da der LW-Trog über der Iberischen Halbinsel abtropft und
das nördliche Residuum unter Abschwächung in den Norden und Westen zieht,
gestaltet sich der Wetterablauf besonders im Norden und Nordwesten wechselhaft
mit schauerartigen, vereinzelt auch gewittrigen Regenfällen.

Zur Wochenmitte verstärkt sich der Hochkeil zu einer echten Brücke, die das
relativ weit nach Westen verschobene Azorenhoch mit einem Hoch über Russland
verbindet. Die Luftmasse kann sich allmählich erwärmen, was sie aber recht
ungleichmäßig tut. So bleibt es im Norden mit 850iger-Temperaturen um 0°C
ziemlich frisch, wohingegen südlich der Donau ein Anstieg auf Werte um oder
sogar etwas über 10°C erfolgt.
Am Donnerstag bleiben die Brückensituation und das thermische Süd-Nord-Gefälle
bestehen. Zwar schwenkt über den Norden ein flacher Höhentrog hinweg, seine
Wetterwirksamkeit soll sich aber auf wenige schwache Schauer beschränken.

Die Zeichen in der erweiterten Mittelfrist bis Sonntag stehen laut IFS ganz klar
auf Hochdruckeinfluss, ausgehend von einem sich über Mitteleuropa aufplusternden
Höhenhoch. Die Folge wäre häufig sonniges und trockenes Wetter bei deutlich
steigenden Temperaturen. Lediglich der unmittelbare Alpenrand wäre demnach noch
mit einer geringen Schauer- und Gewitterneigung ausgestattet.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Betrachtet man den Modelllauf des IFS (ECMF) von heute 00 UTC, so findet man
alle wesentlichen synoptischen Bestandteile der gestrigen Läufe an ähnlichen
Stellen wieder. Das ist insofern beruhigend, als dass ein Ausscheren in eine
ganz andere Prognoserichtung eher unwahrscheinlich ist.
Gleichwohl offenbaren sich ein paar Unterschiede, von denen im Folgenden die
vermeintlich wichtigsten angesprochen werden sollen. Zunächst mal soll sich das
kleine Sturmtief am Sonntag über Frankreich etwas weiter südlich bilden, ein
längeres Leben bekommen und dieses auf einer etwas nach Osten verschobenen
Zugbahn verbringen. Die Folge wären u.a. deutlich mehr Wind in den westlichen
Landesteilen und mehr Regen am Dienstag im Norden und Nordwesten.
Als nächstes wird die weiterhin für Montag avisierte Kaltfrontpassage etwas
schwächer gerechnet, was die Gefahr schwerer Gewitter im Süden und Osten (also
vor der Front) verringern würde. Aber Vorsicht, es wäre nicht das erste Mal,
dass die Numerik die Gewittertätigkeit in Verbindung mit einer Frontpassage
unterschätzt.
Letztlich sei noch erwähnt, dass das Zwischenhoch am Mittwoch etwas stärker
sein soll (=> weniger oder sogar überhaupt keine Schauer) bzw. sich letztlich
sogar zu nachhaltigem Hochdruckeinfluss mausern soll.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen etablierten Globalmodelle simulieren zunächst keine substanziell vom
IFS abweichenden Entwicklungen. Dass es dabei im Kleinen Unschärfen gibt, ist
normal. Zum Ende hin (Mittwoch/Donnerstag) fällt auf, dass GFS, bedingt auch GEM
auf eine zyklonalere Variante setzen. Vor allem bei GFS fällt im Zuge einer
Vb-ähnlichen Entwicklung im Süden und Osten teils länger andauernder und
gebietsweise kräftiger Regen.
In der erweiterten Mittelfrist setzt dann aber auch GFS auf Hochdruckeinfluss,
während GEM das Hoch weiter in den Norden setzt.

FAZIT: Der Generalkurs steht, zum Ende hin nehmen die anfänglich kleinen
Unsicherheiten allerdings zu.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Der Kurvenverlauf der EPS-Rauchfahnen von IFS ist vergleichsweise eindeutig,
auch wenn die Streuung im Laufe der nächsten Woche zunimmt. Die Trends sind aber
eindeutig, d.h. nach dem Temperatur- und Potenzialmaximum am Sonntag folgt
unweigerlich er "Absturz" am Montag (bei T850 markanter als bei Pot500), Danach
zeigt der Kompass wieder eindeutig nach oben, bevor es zum nächsten Wochenende
uneinheitlich wird. Bemerkenswert der Verlauf von Haupt- und Kontrolllauf im
Kontext zum Ensemble: Während der Anstieg bei der Temperatur gemächlicher
erfolgt als bei den meisten EPS-Kurven, ist es bei POT500 genau umgekehrt. Dort
schießen die deterministischen Läufe zum Ende hin aus der Kurvenschar nach oben
raus, was gegen die oben beschriebene Lösung mit dem Höhenhoch über Mitteleuropa
spricht.
Die Clusterung wartet für T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) mit der
Höchstzahl sechs auf, die sich für unseren Raum gar nicht so stark unterscheiden
(weswegen hier auch auf die Besetzungszahlen verzichtet wird). Letztlich setzen
alle Muster auf zunehmenden Hochdruckeinfluss, allerdings mit leicht
variierender Intensität.
Von Freitag bis Sonntag (T+192...240h) verringert sich die Zahl der Cluster zwar
auf fünf, die Streuung nimmt aber zu. CL 2, mit 11 Fällen und HL/KL besetzt,
setzt mit CL 1(14 Fälle) und CL5 (7 Fälle) Hochdruckeinfluss, während die
anderen beiden Cluster (11 und 9 Fälle) zyklonaler strukturiert sind.
Die GFS-EPS-Rauchfahnen sind ähnlich gestrickt wie die von IFS-EPS. Die
Kaltfrontpassage wird nun eindeutiger gezeigt als das gestern noch der Fall war.
Die Niederschläge am Mittwoch und Donnerstag werden nur bedingt supportetd.

FAZIT: Die Ensembles stützen weitgehend die Vorschläge des Hauptlaufs. Der
zunehmende Hochdruckeinfluss zum Ende hin ist allerdings etwas wackelig.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Sonntag besteht in den westlichen Landesteilen die Gefahr gewittriger
Starkregenfälle oder einzelner kräftiger Gewitter. Vor allem GFS liefert
Hinweise darauf, während IFS und ICON etwas, aber nicht wesentlich weiter
westlich sehen. Im Gegensatz zu den deterministischen Prognosen operiert die
Probabilistik (bisher) deutlich zurückhaltender. In der eigentlichen Warmluft
weiter östlich wird die Gewitterwahrscheinlichkeit insgesamt als gering
eingeschätzt. Das gilt übrigens auch für den Montag, wenn die Kaltfrontpassage
ansteht. Gleichwohl sollte man dieses Thema noch nicht von der Agenda streichen
sondern weitere Modellläufe bzw. die kurzfristige Entwicklung beobachten. Im
Norden und Nordwesten besteht zu Wochenbeginn noch eine geringe
Wahrscheinlichkeit für Stark- oder Dauerregen, am Dienstag dann nur noch für
kurze Kaltluftgewitter.

Zweites Thema neben Regen/Gewitter ist der Wind, der mit Verlagerung des o.e.
Tiefs von Frankreich zur Nordsee insbesondere am Montag in Teilen der Westhälfte
merklich auffrischt. Vor allem IFS-EPS zeigt hohe Wahrscheinlichkeiten für das
Überschreiten der 8-Bft-Schwelle und moderate Anzeichen für 9er-Böen. Es gilt
aber zu bedenken, dass die Wirkung des Sturmtiefs zwar groß sein kann, der
eigentliche Radius (also die flächenmäßige Ausdehnung des Starkwindfelds) aber
limitiert ist. Ergo, sollte die Zugbahn nur etwas von der beschriebenen
abweichen, sieht die Angelegenheit schon anders aus. Weitermonitoren heißt die
Devise!
Am Anfang tritt auf den Alpengipfeln Föhnsturm auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann